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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.02.2004
Aktenzeichen: I-10 U 73/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
Zur Frage der Verlagerung des Verwendungsrisikos vom Mieter auf den Vermieter unter dem Gesichtspunkt einer über das übliche Maß hinausgehenden Einschränkung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, wenn ein Parkhaus nicht in dem erwarteten Umfang frequentiert wird.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. Februar 2002 verkündete Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Zinsausspruch teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu zahlen:

1. einen Betrag von 344.901,94 EUR;

2. 5 % Zinsen aus 251.121,64 EUR für den Zeitraum 15. Mai 2002 bis 18. Mai 2003;

3. 5 % Zinsen aus 60.060,65 EUR ab 19. Mai 2003;

4. 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank aus 48.205,62 EUR ab 15. Mai 2002.

Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zu Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzüglich 191.060,99 EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Mit Vertrag vom 5.2.1997 (Bl. 21 ff. d.A.) vermietete die B. Immobilienbeteiligungsgesellschaft mbH & Co. Objektverwaltungs KG B. der Beklagten das auf dem Grundstück H. 29-31 zu errichtende Parkhaus, das über ca. 440 Stellplätze verfügen sollte, nebst Außenanlagen, Zugängen, Zufahrten u. ä. Rechtsnachfolgerin der Vermieterin ist die T. Immobilienverwaltungs GmbH & Co. KG - L. Fonds Zwölf. Der Nettomietzins wurde mit 52.800 DM monatlich vereinbart und erhöhte sich aufgrund mehrerer Änderungsvereinbarungen schließlich auf 63.941,80 DM einschließlich Umsatzsteuer. Hinzu kam eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung von 2.992,80 DM einschließlich Umsatzsteuer, so dass sich die monatliche Gesamtbelastung der Beklagten auf 66.934,60 DM belief.

Die Übergabe des Parkhauses erfolgte am 13.11.1998, die Inbetriebnahme des gleichzeitig errichteten benachbarten Multiplex-Kinos am 16.12.1998.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagte aufgrund einer Vereinbarung vom 7.9./14.9./10.10.2001 (Bl. 57 ff. d.A.) aus abgetretenem Recht nach der Rechtsnachfolgerin der eingangs bezeichneten Vermieterin auf Zahlung restlichen Mietzinses für den Zeitraum vom 16.12.1998 bis zum 31.12.2000 in Höhe von insgesamt 585.433,24 DM = 299.327,26 EUR in Anspruch. Hinzu kommen kapitalisierte Zinsen in Höhe von 89.136,33 DM = 45.574,68 EUR, so dass sich die Klageforderung auf insgesamt 344.901,94 EUR zuzüglich Zinsen beläuft.

Die Beklagte hat mit der Begründung Klageabweisung begehrt, die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages vom 5.2.1997 sei teilweise entfallen, so dass der Vermieterin über die insgesamt geleisteten Zahlungen hinaus keine weitergehenden Mietzinsansprüche zustünden, die an die Klägerin hätten abgetreten werden können. Der im Rahmen der Vermietung des streitgegenständlichen Parkhauses erwartete Umsatz von jährlich 1.108.224 DM habe infolge unzureichender Auslastung bei weitem nicht erreicht werden können, weil vor allem infolge von Versäumnissen der Stadt D. bei der Bewirtschaftung des öffentlichen Parkraums im Umfeld des Mietobjekts und schlechter Verkehrsführung insbesondere die Besucher des Multiplex-Kinos ihre Fahrzeuge anderweitig abgestellt hätten. Im Hinblick darauf sei sie - die Beklagte - im Umfang der einbehaltenen Beträge zur Minderung des Mietzinses berechtigt, weil die ordnungsgemäße Parkraumbewirtschaftung im Bereich der in Rede stehenden Tiefgarage Vertragsgrundlage gewesen sei.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe für Umsatzeinbußen der Beklagten nicht einzustehen.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 344.901,94 EUR nebst 5 % Zinsen aus 251.121,64 EUR und 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz aus weiteren 48.205,62 EUR seit dem 15.5.2002 verurteilt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin, deren Aktivlegitimation von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen werde, könne innerhalb des streitgegenständlichen Anspruchszeitraums den vollen, der Höhe nach unstreitigen Mietzins von 299.327,26 EUR verlangen. Mangels Vorhandenseins eines Mangels und Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft stehe der Beklagten kein Minderungsrecht zu. Auch unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sei sie nicht berechtigt, den vereinbarten Mietzins zu kürzen. Dabei könne dahinstehen, ob ihre Umsatzerwartungen oder die Annahme, die Stadt D. werde verstärkt Verkehrskontrollen durchführen und die Grundflächen um das Multiplex-Kino sperren, überhaupt Geschäftsgrundlage geworden sei. Der Nichteintritt der diesbezüglichen Erwartungen falle nämlich in den Risikobereich der Beklagten. Daran ändere auch nichts die Tatsache, dass die diesbezüglichen Erwartungen der Vermieterseite bekannt gewesen und von ihr sogar geteilt worden seien. Dass vorliegend ausnahmsweise die Vermieterin das wirtschaftliche Risiko der schlechten Auslastung des Parkhauses und der damit verbundenen Umsatzeinbußen habe tragen sollen, lasse sich weder dem Vertrag vom 5.2.1997 entnehmen noch könne eine solche Annahme aus sonstigen Umständen des Vertragsschlusses hergeleitet werden. Insbesondere sei die Beklagte nicht in einer Weise in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt worden, dass daraus gefolgert werden könne, die Vermieterin habe das unternehmerische Risiko für den Parkhausbetrieb übernommen. Schließlich sei der Anspruch der Klägerin auf Mietzinsnachzahlung nicht dadurch verwirkt, dass sie auf die Kürzungen der Beklagten lange nicht reagiert habe. Diese habe nämlich nicht dargetan, dass sie sich darauf eingestellt habe, dass die Klägerin ihre Ansprüche nicht mehr geltend machen werde.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, soweit sie zur Zahlung von mehr als 130.327,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 18.157,64 EUR sowie Zinsen vom 15.5.2002 bis zum 25.4.2003 in Höhe von 5 % aus 111.945,10 EUR sowie in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus 18.382,08 EUR verurteilt worden ist. Dazu wiederholt und ergänzt sie ihr Vorbringen erster Instanz. Die von ihr vorgenommene Übersendung zweier Schecks über insgesamt 191.060,99 EUR am 25.4.2003 (Bl. 213 d.A.), deren Wertstellung am 19.5.2003 erfolgt ist (Bl. 366 d.A.), diente erklärtermaßen der Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem landgerichtlichen Urteil. Hilfsweise beantragt der Beklagte, den Rechtsstreit unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils in die erste Instanz zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Deren ergänzendem Vorbringen tritt sie entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Parteien, die bei den Akten befindlichen schriftlichen Unterlagen und den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist sachlich nicht gerechtfertigt. Ihre Verurteilung zur Zahlung von insgesamt 344.901,94 EUR ist auch unter Berücksichtigung ihres zweitinstanzlichen Vorbringens nicht zu beanstanden. Lediglich der Zinsausspruch des angefochtenen Urteils bedurfte im Hinblick auf die Zahlung der Beklagten vom 19.5.2003 in Höhe von insgesamt 191.060,99 EUR der Korrektur.

Der Senat teilt die eingehenden, nachvollziehbaren und überzeugenden Erwägungen des Landgerichts, die insgesamt keinen Rechtsfehler erkennen lassen und zum richtigen Ergebnis führen. Sie halten auch den Berufungsangriffen stand. Es bedarf daher lediglich einer kurzen Zusammenfassung der entscheidungserheblichen Gesichtspunkte insbesondere im Hinblick auf das ergänzende Berufungsvorbringen der Beklagten. Insoweit gilt folgendes:

1.)

Die Aktivlegitimation der Klägerin ist auch weiterhin außer Streit, so dass sich Ausführungen hierzu erübrigen.

2.)

Die Klageforderung ist der Höhe nach ebenfalls unstreitig. Die Beklagte stellt nicht in Frage, dass restlicher Mietzins für die Zeit vom 16.12.1998 bis zum 31.12.2000 in Höhe von insgesamt 299.327,26 EUR und kapitalisierte Zinsen in einer Größenordnung von 45.574,68 EUR, insgesamt also 344.901,94 EUR offenstehen. Die Übersendung von Schecks über insgesamt 191.060,99 EUR und deren Gutschrift am 19.5.2003 hat nicht zu einer teilweisen Tilgung der Klageforderung geführt, weil sie ausdrücklich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt ist.

3.)

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter grundsätzlich letzterer das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt (vgl. statt aller BGH NJW 1981, 2405, 2406). Es fällt daher in den Verantwortungsbereich des Mieters, als Unternehmer die Erfolgsaussichten eines Geschäfts in der gewählten Lage abzuschätzen. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist daher in der Regel kein Raum, wenn es sich darum handelt, dass sich Erwartungen nicht erfüllt haben, die diesem Verantwortungsbereich zuzurechnen sind, und zwar selbst dann nicht, wenn diese Erwartungen beim Vertragsschluss vom Vermieter geteilt worden sind (so zum Beispiel BGH NJW 1979, 1818 m.w.N.). Die vorstehend gekennzeichnete Risikoverteilung schließt demnach grundsätzlich für den Mieter die Möglichkeit aus, sich bei der Verwirklichung dieses Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen. Etwas anderes gilt allenfalls in extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existenziell bedeutsamen Folgen eintritt (so ausdrücklich BGH NJW 2000, 1714, 1716). Ein solcher extremer Ausnahmefall ist vorliegend in Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Urteil nicht gegeben.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt die Auslegung des Mietvertrages vom 5.2.1997 nicht, dass die Parteien die übliche Risikoverteilung in der Weise geändert haben, dass die Vermieterin das Geschäftsrisiko der Beklagten ganz oder teilweise übernommen hätte, so dass eine Klageforderung lediglich in Höhe eines Betrages von 130.327,26 EUR gerechtfertigt wäre. Vielmehr geht der Umstand, dass das von der Beklagten betriebene Parkhaus nicht in der erwarteten Weise frequentiert wurde, so dass es zu erheblichen Umsatzeinbußen kam, ausschließlich zu deren Lasten. Die vertragliche Ausgestaltung und die Begleitumstände des Vertragsschlusses bieten keine konkreten Anhaltspunkte für eine Risikoverlagerung zu Lasten der Vermieterin, weil die Beklagte über das übliche Maß hinaus in ihrer wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt worden wäre. Die Regelungen, auf die sie sich insoweit beruft, sind bei Vermietungen der vorliegenden Art keineswegs ungewöhnlich und hatten daher nicht zur Folge, dass die Vermieterin ein eigenes unternehmerisches Risiko übernommen hätte, aus dem ein Recht zur Minderung des Mietzinses unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage hergeleitet werden könnte (vgl. auch dazu BGH a.a.O. Seite 1717).

Das der Beklagten in § 5 Ziffer 4 des Mietvertrages vom 5.2.1997 (Bl. 24 d.A.) für den Fall, dass "das Kino" seinen Betrieb "ganz oder größtenteils" einstellte, eingeräumte Kündigungsrecht beinhaltet keine derart gravierende Einschränkung ihrer unternehmerischen Gestaltungsfreiheit, dass sich die Klägerin die mit dem Nichterreichen der erwarteten Besucherzahlen verbundenen Umsatzeinbußen entgegenhalten lassen müsste. Das ergibt sich gerade daraus, dass dieser Fall im Gegensatz zu dem der völligen oder überwiegenden Betriebseinstellung gerade nicht vertraglich geregelt worden ist, was darauf hindeutet, dass es insoweit bei der üblichen Risikoverteilung sein Bewenden haben sollte. Darüber hinaus verblieben der Beklagten genügend Möglichkeiten, auf unzureichende Besucherzahlen des Kinos in geeigneter Weise zu reagieren und den damit verbundenen Umsatzeinbußen entgegenzuwirken.

Die in § 4 Nr. 3 des Mietvertrages (Bl. 23 d.A.) vorgesehenen Öffnungszeiten sind in einem vergleichbaren Umfeld ebenfalls gebräuchlich und darüber hinaus im Rahmen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung eines Parkhauses sachbezogen. Auch sie waren daher von vornherein nicht geeignet, die Beklagte über Gebühr in ihrer unternehmerischen Gestaltungsfreiheit zu beeinträchtigen und eine vom Normalfall abweichende Risikoverteilung zu rechtfertigen.

Dies gilt auch insoweit, als sich die Beklagte auf die Regelungen des Garagenzuschussvertrages zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Landeshauptstadt Düsseldorf (Anlage B 2 zur Klageerwiderung vom 4.9.2002) beruft, dessen Bestimmungen nach § 4 Nr. 4 des Mietvertrages (Bl. 23 d.A.) "ergänzend gelten" sollten. Diese Regelungen tragen vorwiegend den Interessen und Bedürfnissen der Stadt D. Rechnung, die sich aus der Zahlung eines verlorenen Zuschusses von 2.625.000 DM ergeben, der der Errichtung des Mulitplex-Kinos und von ca. 650 Stellflächen diente und damit die Schaffung des von der Beklagten betriebenen Mietobjekts erst ermöglichte. Dass diese im Gegenzug gewisse Einschränkungen hinnehmen musste, ergab sich aus der Natur der Sache, war von vornherein vorgesehen und wurde dementsprechend von der Beklagten akzeptiert. Dass diese damit eine vom Normalfall extrem abweichende Bindung eingegangen wäre, die allein eine Risikoverlagerung zu Lasten der Klägerin rechtfertigen könnte, ist auch nicht andeutungsweise erkennbar. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass der Abschluss des Garagenzuschussvertrages geeignet gewesen wäre, die Ertragssituation nachteilig zu beeinflussen. Dementsprechend macht die Beklagte selbst nicht geltend, auch nur den Versuch unternommen zu haben, im Hinblick auf damit verbundene Beeinträchtigungen auf die Vereinbarung eines niedrigeren Mietzinses hinzuwirken. Sie hat vielmehr mangels gegenteiliger Anhaltspunkte den tatsächlich vereinbarten Mietzins in Kenntnis des Garagenzuschussvertrages hingenommen. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist es daher insbesondere ohne Bedeutung, dass die Beklagte innerhalb des Anspruchszeitraums "so gut wie keine" Dauerparkmietverträge hat abschließen können. Entsprechendes gilt auch insoweit, als sie bei der Bemessung des Mietentgelts der Zustimmung der Stadt D. bedurfte. Dass diese den diesbezüglichen Vorschlägen jemals die Zustimmung versagt hätte, macht die Beklagte zudem selbst nicht geltend. Ebenso wenig lässt ihr Vorbringen erkennen, dass sich die Stadt D. der einvernehmlichen Einführung einer Abendpauschale jemals widersetzt hätte. Die bloße Möglichkeit, die Beklagte in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit einzuschränken, hatte noch keine derartige Bindung zur Folge, dass eine (teilweise) Verlagerung des Verwertungsrisikos auf die Klägerin geboten wäre. Die Möglichkeiten der Beklagten, auf die schlechte Auslastung des Parkhauses "betriebswirtschaftlich zu reagieren", waren auch unter Berücksichtigung der ihr auferlegten Einschränkungen nicht in einem Maße begrenzt, dass es gerechtfertigt wäre, der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage lediglich einen geringeren als den vereinbarten Mietzins zuzubilligen.

Dass die gemeinsamen Umsatzerwartungen, die - wie ausgeführt - für sich allein eine Risikoverlagerung nicht zu bewirken vermögen, vorliegend ausnahmsweise zu einer solchen geführt hätten, hat das Landgericht zutreffend verneint. Die Tatsache, dass die Vermieterin 70 % des den Jahresnettomietzins von 1,2 Millionen DM übersteigenden Betrages erhalten sollte, rechtfertigt nicht die Annahme, dass ihr weniger als der vereinbarte Mietzins deswegen zustehen sollte, weil die von dem Architekten S. unter dem 15.5.1996 (Anlage B 1 zur Klageerwiderung) auf ca. 1,1 Millionen DM geschätzten Mieteinnahmen nicht erreicht wurden. Dies gilt um so mehr, als der Anspruchszeitraum innerhalb der sogenannten Anlaufphase des von der Beklagten betriebenen Parkhauses lag, innerhalb derer regelmäßig niedrigere Einnahmen erzielt werden, als dies dauerhaft geschieht. Dies wird dadurch bestätigt, dass inzwischen die Einnahmeentwicklung ausweislich des Testats der Steuerberaterin J. vom 8.11.2000 (Anl. B 3 zur Klageerwiderung) auch nach Einschätzung der Beklagten zufriedenstellend verläuft. Entscheidend ist jedoch, dass die Vertragsparteien zwar von gewissen Einnahmevorstellungen ausgegangen sind, gleichwohl jedoch keine Vereinbarung für den Fall getroffen haben, dass sich diese Erwartungen (zunächst) nicht erfüllten. Es kann demnach keine Rede davon sein, dass die Parteien einen bestimmten Umsatz zur Grundlage der Vereinbarung des Mietzinses gemacht hätten, dessen Nichterzielung Anlass zu dessen Herabsetzung sein könnte.

Dass die Beklagte schließlich nach § 7 Abs. 3 und 4 des Mietvertrages zur Mitteilung der von ihr erzielten Umsätze verpflichtet ist, findet seine Erklärung darin, dass die Vermieterin, wie ausgeführt, an einem 1,2 Millionen DM übersteigenden Umsatz zu beteiligen ist. Dagegen ist diese Regelung erkennbar hinsichtlich einer etwaigen Verlagerung des Geschäftsrisikos ohne jede Aussagekraft.

4.)

Hinsichtlich des vom Landgericht verneinten Vorliegens des Verwirkungstatbestandes hat die Beklagte keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt. Insbesondere hinsichtlich des sogenannten Umstandsmoments lassen sich daher keine hinreichenden Feststellungen treffen. Darüber hinaus fehlt es aber auch bereits an dem für das Vorliegen des Verwirkungstatbestandes zunächst erforderlichen Zeitmoment. Der streitgegenständliche Anspruchszeitraum endete, wie bereits mehrfach erwähnt, am 31.12.2000. Mit Schreiben vom 6.11.2001 (Bl. 59 d.A.) hat die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 15.11.2001 Mietzinsansprüche in Höhe von 599.781,29 DM per 15.10.2001 geltend gemacht, nachdem bereits unter dem 28.3.2000 (Anlage B 23 zur Klageerwiderung) seitens der Vermieterin rückständige Mietzinsen in Höhe von 528.201,21 DM angemahnt worden waren, wobei ausweislich der Formulierung "bekanntlich" die Rückstände auch anderweitig Gegenstand früherer Gespräche oder früherer Korrespondenz gewesen waren. Bei einem derart kurzen Zeitraum kann indes keine Rede davon sein, dass die Beklagte darauf hätte vertrauen können, dass sich die Klägerin mit den tatsächlich geleisteten Zahlungen zufrieden geben und keine Nachforderungen mehr stellen werde.

5.)

Die Änderung des Zinsausspruchs des landgerichtlichen Urteils trägt der Wertstellung von Schecks über insgesamt 191.060,99 EUR am 19.5.2003 Rechnung.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 344.901,94 EUR - 45.574,68 EUR (kapitalisierte Zinsen) - 130.327,26 EUR (nicht angefochten) = 169.000 EUR.

Ende der Entscheidung

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