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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.01.2005
Aktenzeichen: I-10 U 86/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB a.F. § 537 Abs. 1
BGB a.F. § 536
BGB § 387
BGB § 389
BGB § 812 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Mai 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.894,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 586,67 EUR seit dem 05.04.2003 sowie aus je 654,08 EUR seit dem 05.05. und 05.06.2003 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 65%, die Beklagte zu 35 %.

Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 89 %, die Beklagte zu 11 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über rückständige Mietzinsansprüche der Klägerin. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der getroffenen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (GA 186 ff.). Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 17.300,58 EUR nebst Zinsen stattgegeben und ein Minderungsrecht der Beklagten wegen der behaupteten Minderfläche des von der Klägerin gemieteten Ladenlokals ebenso verneint wie eine hierauf gestützte Aufrechnung wegen überzahlter Miete.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und macht unter Bezugnahme auf die Entscheidung OLG Karlsruhe (NJW-RR 2002, 586) geltend, eine Minderung trete unabhängig von einer etwaigen Gebrauchsbeeinträchtigung immer dann ein, wenn - wie hier - hinsichtlich der Fläche eine Toleranzgrenze von 10 % überschritten sei. Sie beanstandet die Auffassung des Landgerichts, dem von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten B. könne hinsichtlich der Ermittlung der Fläche für das Zwischengeschoss nicht gefolgt werde, weil ein Abzug von 50 % von der Grundfläche gemäß der II. BV und der DIN 283 nicht gerechtfertigt sei. Es entspreche den im Mietrecht allgemein anerkannten Grundsätzen bei der Flächenermittlung, dass nach Maßgabe des Gutachtens gerechnet werde. Hilfsweise macht sie geltend, es bestehe ein Rückforderungsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, mit dem - wie geschehen - die Aufrechnung erklärt werden könne. Ferner rechnet die Beklagte hilfsweise mit der nach ihrer Behauptung bei Beginn des Mietverhältnisses gezahlten Kaution in Höhe von 1.574,78 EUR zzgl. Zinsen auf. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie sich desweiteren unter Vorlage eines Kontoauszugs der C. D. vom 30.7.2003 auf eine Zahlung für Juli 2003 in Höhe von 500 EUR berufen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 19.10.2004 (GA 260 ff.) und bittet um Zurückweisung der Berufung. Sie hält das Vorbringen der Beklagten zur angeblich geleisteten Kaution für verspätet und trägt vor, dass sie - sollte die Beklagte eine solche geleistet haben - ein etwaiges Guthaben im Rahmen der Zwangsvollstreckung berücksichtigen werde. Hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten weiteren Zahlung von 500 EUR trägt sie in ihrem insoweit nachgelassenen Schriftsatz vom 16.12.2004 vor, die Klägerin befinde sich nach wie vor in stationärer Krankenhausbehandlung, so dass eine Überprüfung deshalb nicht möglich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen sowie auf die Akten im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache in Höhe von 15.405,75 EUR Erfolg, in Höhe weiterer 1.894,83 EUR ist sie unbegründet. Entgegen der Annahme des Landgerichts ist die Beklagte berechtigt, die vereinbarte Nettomiete von 787,39 EUR wegen einer i.S. der §§ 537 Abs. 1 a.F., § 536 BGB erheblichen Flächenabweichung von insgesamt 16,93 % um 133,31 EUR zu kürzen, so dass eine von ihr zu zahlende Restmiete von 654,08 EUR monatlich verbleibt. Für den streitgegenständlichen Zeitraum errechnet sich hieraus ein Zahlungsrückstand zugunsten der Klägerin von insgesamt 14.101,17 EUR, der gemäß §§ 387, 389 BGB in Höhe von 10.131,56 EUR durch Aufrechnung der Beklagten mit einem Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 BGB wegen in der Zeit von März 1995 bis Juni 2001 zuviel gezahlter Miete sowie durch die (Hilfs-) Aufrechnung mit einem Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von 1.574,78 EUR und mit einem Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung der Miete für Juli 2003 in Höhe von 500,00 EUR erloschen ist. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:

1.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch auf rückständige Miete lediglich in Höhe von 1.894,83 EUR zu. Die von der Beklagten zu zahlende monatliche Nettomiete von 787,39 EUR (= 1.540 DM) war in der Zeit von März 1995 bis Juni 2003 gemäß § 537 Abs. 1 a.F. bzw. § 536 Abs. 1 BGB um 16,93 % gemindert. Das der Beklagten vermietete Ladenlokal war i.S. der §§ 537 Abs. 1 a.F. bzw. 536 Abs. 1 BGB mit einem erheblichen Mangel behaftet, weil die vermietete Fläche entgegen den Angaben des Mietvertrags nicht 98 qm, sondern tatsächlich lediglich 81,41 qm betrug.

(a) Nach dem von der Beklagten vorgelegten Aufmaß des Dipl.-Ing. Wolfgang B. vom 11.3.2002, dem die Klägerin im Einzelnen weder hinsichtlich der zugrunde gelegten Flächenmaße noch hinsichtlich der Flächenermittlung nach dem Ortstermin vom 22.9.2003 entgegengetreten ist und das gemäß § 138 Abs. 3 ZPO insoweit als zugestanden und unstreitig anzusehen ist, weist das Ladenlokal im Erdgeschoß ohne Treppe eine Fläche von 43,17 qm auf. Für das Zwischengeschoß ist demgegenüber entgegen der Berechnung des Sachverständigen von einer Fläche von 38,24 qm und nicht nur von deren Hälfte auszugehen. Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass der Abzug von 50 % von der Grundfläche des Zwischengeschosses nicht gerechtfertigt ist, da das Zwischengeschoss als Lagerfläche vermietet war und sich die Angabe der Fläche im Mietvertrag bei verständiger Würdigung gemäß §§ 157, 242 BGB auf die Grundfläche im Erd- und im Zwischengeschoss bezieht. Damit liegt hinsichtlich der dem Aufmaß zugrunde zu legenden Flächenermittlung eine vertragliche Vereinbarung vor, die vorrangig zu berücksichtigen ist (BGH, VIII ZR 44/03, Urt. v. 24.3.2004) und insoweit einen Rückgriff auf eine hiervon abweichende Flächenermittlung durch den Sachverständigen nach den Grundsätzen der DIN 283 bzw. der II. Berechnungsverordnung ausschließt. Hiervon ausgehend weisen Erd- und Zwischengeschoss eine zu berücksichtigende Fläche von insgesamt 81,41 qm (43,17 + 38,24 qm) auf, so dass die Abweichung zu der im Mietvertrag angegebenen Fläche von 98 qm insgesamt 16,59 qm beträgt. Dies entspricht einer Minderfläche von 16,93 %. Dass auch die Treppe vereinbarungsgemäß in die Flächenberechnung einfließen sollte, ist dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen.

(b) Eine Flächenabweichung von mehr als 10 % stellt nach der neuen Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 24.3.2004, NJW 2004, 1947, VIII 295/03 + Urt. v. 24.3.2004, WuM 2004, 268, VIII 133/03), auf die der Senat Bezug nimmt, einen erheblichen Mangel der Mietsache nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. und einen Fehler nach § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. dar, ohne dass der Mieter zusätzlich darlegen muss, dass infolge der Flächendifferenz die Tauglichkeit des Mietobjekts zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist. Bei einem erheblichen Flächenmangel spricht bereits eine tatsächliche Vermutung für eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit, die der Mieter nicht gesondert belegen muss. Zwar liegen den Entscheidungen des BGH vom 24.3.2004 (VIII 295/03 + VIII 133/03) jeweils Sachverhalte zugrunde, die ein Wohnraummietverhältnis betreffen. Dass der BGH diese Grundsätze aber nicht lediglich auf die Wohnraummiete beschränken wollte, ergibt sich zum einen aus der Bezugnahme auf die zum Gewerberaummietrecht ergangenen Entscheidungen des OLG Karlsruhe (NZM 2002, 218) und des KG Berlin (GE 2002, 257) und zum anderen aus dem Verweis auf die Rechtsprechung zum Kauf- und Werkvertragsrecht. Ein zur Minderung berechtigender Sachmangel wird auch bei einem Vertrag über den Kauf oder die Errichtung eines Hauses bzw. einer Eigentumswohnung im Falle einer Unterschreitung der vereinbarten Wohnfläche von mehr als 10 % anerkannt (BGH, Urteil vom 11. Juli 1997 - V ZR 246/96, NJW 1997, 2874 ; vgl. auch Urteil vom 8. Januar 2004 - VII ZR 181/02, EBE/BGH 2004, 111). Gründe für eine andere Bemessung der Wesentlichkeitsgrenze im gewerblichen Mietrecht liegen nicht vor und werden von der Klägerin auch nicht aufgezeigt.

(c) Die Klägerin zeigt auch keine ausreichenden Umstände auf, die geeignet sind, die zugunsten der Beklagten streitende Vermutung einer Tauglichkeitsbeeinträchtigung zu widerlegen. Soweit die Klägerin insoweit auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils (S. 10 - 16, GA 195 - 201) verweist, ist die darin zum Ausdruck kommende Auffassung der Kammer, es liege kein erheblicher Mangel vor, durch die aktuelle Rechtsprechung des BGH überholt. Weder der Umstand, dass der Mieter das Objekt nach vorhergehender Besichtigung angemietet hat noch dass ihm die geringere Fläche vor der Nachmessung nicht aufgefallen ist, schließen danach die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs aus.

Dass die Beklagte die im ersten Vertragsentwurf angegebene Fläche von 148 qm beanstandet hat, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass sie eine nach Korrektur der Angaben verbleibende Flächendifferenz von 16,59 qm bei Abschluss des Mietvertrags erkannt hatte und hiermit einverstanden war. Auch der Umstand, dass die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 6.4. und 15.5.2001 (GA 68 ff.) nicht auf eine fehlerhafte Flächenberechnung, sondern auf ihre schlechte wirtschaftliche Lage abgestellt hat, streitet nicht gegen die Vermutung der Tauglichkeitsbeeinträchtigung, zumal sich das tatsächliche Ausmaß der Flächenabweichung erst aus dem von ihr veranlassten Aufmaß vom 11.3.2002 erkennen ließ.

Soweit es in § 22 des schriftlichen Mietvertrags heißt, "das Ladenlokal wird wie besichtigt übernommen", lässt die gewählte Formulierung bereits nicht erkennen, dass die Fläche des Ladenlokals nach dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien hiervon erfasst sein sollte. Dass die Formulierung " wie besichtigt" nach dem Vorbringen der Klägerin (GA 65) "hier deshalb gewählt worden sei, um jeden (erneuten) Streit um die tatsächliche Größe der Mietsache während des Mietverhältnisses auszuschließen", ist zum einen hinsichtlich des Zustandekommens eines gemeinsamen Konsenses unsubstantiiert und zum anderen beweislos.

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Angabe betreffend die Größe des Ladenlokals auf einer eigenen Vermessung der Beklagten vor Abschluss des Mietvertrags beruhen soll, deren Ergebnis diese der Klägerin mitgeteilt haben soll. Zwar hat die Klägerin erstinstanzlich eine entsprechende Behauptung aufgestellt und hierfür Beweis durch Parteivernehmung der Beklagten angetreten (GA 64). In der Folgezeit hat sie diesen Beweisantritt aber nicht weiter verfolgt und hält hieran - wie der Senat der Berufungserwiderung entnimmt - offensichtlich auch nicht mehr fest. Selbst wenn die Klägerin aber eine Flächenangabe der Beklagte übernommen hätte, wäre eine Minderung hierdurch nicht ausgeschlossen, denn mit der - ungeprüften - Übernahme des Flächenmaßes in den Vertrag hat sich die Klägerin dieses zu eigen gemacht und hätte sich hiervon nur durch Anfechtung gemäß § 119 BGB lösen können. Eine solche hat sie aber nicht erklärt. Konkrete Anhaltspunkte, dass die Beklagte sich insoweit arglistig verhalten würde, so dass ihr eine Berufung auf die Flächenabweichung nach Treu und Glauben verwehrt wäre, sind nicht dargetan.

2.

Der Höhe nach ist die Minderung entsprechend der prozentualen Flächenabweichung gerechtfertigt (BGH, VIII ZR 295/03, Kraemer, NZM 1999, 156, 161), so dass sich auf dieser Grundlage bei einer Minderfläche von 16,93 % und ausgehend von einer monatlichen Grundmiete von 787,39 EUR (= 1.540 DM) eine Minderung in Höhe von 133,31 EUR (= 260,72 DM) monatlich errechnet. Hieraus folgt eine zu zahlende geminderte Monatsmiete von 654,08 EUR .

Danach beträgt der Mietrückstand der Beklagten für den streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt 14.101,17 EUR. Der Rückstand errechnet sich im Einzelnen wie folgt:

* Juli, August und November 2001: 365,49 EUR

Nach den in zutreffender Weise getroffenen Feststellungen, an die der Senat gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gebunden ist und die insoweit auch von den Parteien nicht angegriffen werden, hat die Beklagte in den Monaten Juli, August und November 2001 statt der nach den Ausführungen zu 1) geschuldeten (geminderten) monatlichen Miete von 654,08 EUR jeweils nur 532,25 EUR gezahlt. Die Differenz beträgt 121,83 monatlich, für drei Monate insgesamt 365,49 EUR .

(b) September, Oktober und Dezember 2001: 1.962,24 EUR

Für diesen Zeitraum hat die Beklagte nach den getroffenen Feststellungen keine Zahlungen erbracht. Ihr Rückstand beträgt 3 x 654,08 EUR = 1.962,24 EUR .

(c) Januar 2002 bis Juni 2003: 11.773,44 EUR

Da die Beklagte nach den getroffenen Feststellungen auch in den Monaten Januar 2002 bis Juni 2003 keine Miete gezahlt hat, beläuft sich der Rückstand auf 18 x 654,08 EUR = 11.773,44 EUR.

3.

Die der Klägerin danach zustehende Mietforderung ist gemäß §§ 387, 389 BGB durch Aufrechnung der Beklagten mit einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 BGB in Höhe von 10.131,56 EUR erloschen. Da die Beklagte wegen der Minderfläche von 16,93 % - wie dargelegt - zur Minderung berechtigt war, kann sie den von ihr seit Mietbeginn bis Juni 2001 an die Klägerin zuviel geleisteten Mietzins nach Bereicherungsrecht kondizieren. Insgesamt ergibt sich eine Zuvielzahlung für 76 Monate [ (3/95 - 6/01) á 133,31 EUR ] von insgesamt 10.131,56 EUR.

Die in § 8 Mietvertrag auch als Allgemeine Geschäftsbedingung in zulässiger Weise vereinbarten Aufrechnungsbeschränkung in Form einer vorherigen schriftlichen Ankündigung der Aufrechnung (OLG Hamburg, NZM 1998, 265; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rn. 468 m.w.N.) steht der Wirksamkeit der Aufrechnung nicht entgegen. Eine Vertragsbestimmung, die eine vorherige Ankündigung der Aufrechnung verlangt, verliert nach Vertragsende und Rückgabe der Mietsache - hier in Form der einverständlichen Überlassung der Mieträume an einen Nachmieter - ihren Sinn, wenn nur noch wechselseitige Ansprüche aufzurechnen sind (BGH, NZM 2000, 336).

4.

Die restliche Mietforderung ist desweiteren gemäß §§ 387, 389 BGB durch die (Hilfs-) Aufrechnung der Beklagten mit einem Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von 1.574,78 EUR erloschen.

(a) Gemäß der zusätzlichen Vereinbarung in § 22 Mietvertrag hatte die Beklagte sich verpflichtet, eine Kaution in Höhe von zwei Monatsmieten = 1.574,78 EUR (= 3.080 DM) mit der ersten Miete zu zahlen. Ihre erstmals in zweiter Instanz erklärte Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch enthält die konkludente Erklärung, diese Vertragspflicht erfüllt zu haben. Ein erhebliches Bestreiten der Klägerin i.S. des § 138 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Die Klägerin hat lediglich die Verspätung gerügt und die Kautionszahlung mit den Worten "sollte die Beklagte eine solche geleistet haben" entgegen der ihr obliegenden Erklärungspflicht nur unzureichend bestritten, so dass der Senat es gemäß § 139 Abs. 3 ZPO als zugestanden und unstreitig ansieht, dass die Beklagte die Kaution - wie vertraglich - vereinbart geleistet hat. Hierfür spricht auch, dass die Klägerin die Nichtzahlung der Kaution - was nahe gelegen hätte - offensichtlich zu keinem Zeitpunkt während des Bestehens des Mietverhältnisses gerügt hat.

(b) Die Aufrechnung ist gemäß § 533 ZPO zuzulassen, weil sie zur endgültigen Abrechnung der beiderseitigen Ansprüche im Hinblick auf das wegen der Folgevermietung spätestens seit 30.6.2003 beendete Mietverhältnis der Parteien sachdienlich ist und der erstmals in der Berufung geltend gemachte Kautionsrückzahlungsanspruch als neue Tatsache i.S. des § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu behandeln ist. Ein Fall des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO liegt schon deshalb nicht vor, weil der Kautionsrückzahlungsanspruch vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz jedenfalls wegen der offenen Nebenkostenfrage auch in bezug auf die Jahresabrechnung 2003 nicht fällig war.

(c) Soweit die Aufrechnung auch mit den Kautionszinsen erklärt ist, fehlt der Aufrechnungserklärung mangels Bezifferung der Zinsen die erforderliche Bestimmtheit i.S. der §§ 387, 389 BGB. Da der Mietvertrag hinsichtlich der Verzinsung der Kaution keine Regelung enthält, ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung davon auszugehen, dass der Vermieter die Kaution vom Empfang an zu dem für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist üblichen Zinssatz zu verzinsen hat. Es ist nicht Aufgabe des Senats, die Höhe der danach zugrunde zu legenden Zinsen selbst zu ermitteln.

5.

Die Mietforderung ist schließlich gemäß §§ 387, 389 BGB durch (Hilfs-)Aufrechnung der Beklagten mit einem Anspruch auf Rückzahlung der Miete für Juli 2003 in Höhe von weiteren 500 EUR erloschen. Die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung unter Vorlage des Kontoauszugs der C. auf eine Mietzahlung für Juli 2003 in Höhe von 500 EUR berufen, die der Klägerin nicht mehr zustand, da das Mietverhältnis der Parteien zum 30.6.2003 beendet war. Hierin liegt den Umständen nach eine Aufrechnung mit einem Bereicherungsanspruch gemäß § 812 BGB, den der Senat gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und unstreitig behandelt, weil die Klägerin hierzu keine Stellungnahme abgeben hat. Der Hinweis auf einen stationären Krankenhausaufenthalt der Klägerin ist nichtssagend und lässt nicht erkennen, warum die Klägerin zu der behaupteten Zahlung selbst oder durch einen Vertreter keine Erklärungen abgeben kann. Entsprechend den unter II. 4 dargelegten Erwägungen ist die Aufrechnung auch hier gemäß § 533 ZPO als sachdienlich zuzulassen. Als unstreitiges Vorbringen ist die erstmals zweitinstanzlich behauptete Zahlung entgegen § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu berücksichtigen.

6.

Der Zinsanspruch, dessen zuerkannte Höhe die Beklagte nicht im Einzelnen angegriffen hat, folgt aus §§ 284, 286, 288 BGB, wobei die ohne Anrechnungsbestimmung wirksam zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen gemäß §§ 396 Abs. 1 Satz 2, 366 BGB auf die jeweils älteren Hauptforderungen zu verrechnen waren.

7.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 a ZPO, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Im Rahmen der einheitlichen Kostenentscheidung hat der Senat unter Zugrundelegung der erstinstanzlichen Streitwertfestlegung hinsichtlich der erstinstanzlich übereinstimmend für erledigt erklärten Räumungsklage und der durch den Teilvergleich vom 14.4.2004 erledigten Nebenkosten folgendes berücksichtigt: Die anteiligen Kosten der Räumungsklage sind der Beklagten aufzuerlegen. Die Räumungsklage war zur Zeit der Erledigung begründet, weil die fristlose Kündigung vom 3.4.2002 im Hinblick auf die Mietrückstände berechtigt war. Die mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 9.4.2002 erklärte Aufrechnung mit dem in Höhe von 10.131,56 EUR begründeten Bereicherungsanspruch wegen überzahlter Miete konnte die Kündigungsfolge gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB wegen der Aufrechnungsbeschränkung in § 8 des Mietvertrages nicht in Fortfall bringen. Hinsichtlich der Nebenkosten sind die anteiligen Kosten nach § 98 ZPO zu verteilen.

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 19.375,36 EUR (= 17.300,58 + gemäß § 19 Abs. 3 GKG: 1.574,78 + 500 EUR)



Ende der Entscheidung

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