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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 30.11.2006
Aktenzeichen: I-10 W 103/06
Rechtsgebiete: BGB, RPflG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 247
RPflG § 11 Abs. 1
ZPO §§ 91 ff
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 494a
ZPO § 494a Abs. 2
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 567 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Düsseldorf - Rechtspflegerin - vom 17.03.2006 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 07.10.2005 sind von der Klägerin an Kosten EUR 2.931,09 (zweitausendneunhunderteinunddreißig und 09/100 EUR) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 14.10.2005 an die Beklagten zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Gründe:

I.

Die bei Gericht am 11.04.2006 eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten (Bl. 148 GA) gegen den ihnen am 30.03.2006 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Düsseldorf - Rechtspflegerin - vom 17.03.2006 (Bl. 141f, 147 GA) ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig und begründet.

Die mit Antrag der Beklagten vom 22.03.2006 (Bl. 145 GA) zur Festsetzung angemeldeten außergerichtlichen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens AG Neuss 82 H 36/03 gehören zu den notwendigen Kosten dieses Rechtsstreits, die nach der Kostengrundentscheidung im Urteil vom 07.10.2005 (Bl. 86 ff GA) von der Klägerin zu tragen sind.

1.

Voraussetzung für die Festsetzbarkeit der Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens im Rahmen des Kostenausgleichs des Hauptprozesses ist nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs die Identität der jeweiligen Parteien und Streitgegenstände im selbständigen Beweisverfahren und Hauptverfahren (vgl. BGH Beschlüsse vom 18.12.2002, VIII ZB 97/02, Rpfleger 2003, 264; vom 09.02.2006, VII ZB 59/05). Diese Entscheidungen sind zur Frage der Gerichtskosten des außergerichtlichen Beweisverfahrens ergangen. Im hier zu entscheidenden Fall geht es allerdings um außergerichtiche Kosten des selbständigen Beweisverfahrens. Für die außergerichtlichen Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens kann indes nichts anderes gelten als für die Gerichtskosten. Was zu den Kosten des Hauptsache-Rechtsstreits gehört, kann zweckmäßigerweise nur einheitlich entschieden werden.

Vorliegend ist sowohl die Identität zwischen den Streitparteien als auch zwischen den Streitgegenständen gegeben. Beide Verfahren wurden zwischen denselben Parteien geführt und dienten der Durchsetzung von vermeintlichen Ansprüchen der Klägerin in Höhe der Mängelbeseitigungskosten.

2.

Auf die Frage, ob die Akten des selbständigen Beweisverfahrens im Hauptverfahren beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, kommt es ebenso wenig an, wie darauf, ob das aus dem selbständigen Beweisverfahren gewonnene Ergebnis verwertet wurde. Zwar hat der VIII. Senat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 18.12.2002 auf die einhellige Meinung in Rechtssprechung und Literatur Bezug genommen, nach der die Einbeziehung der Kosten des Beweisverfahrens in den Kostenausgleich des Hauptprozesses neben der genannten Identität zwischen Parteien und Streitgegenständen die Verwertung der Ergebnisse des Beweisverfahrens im Hauptprozess voraussetze. Dagegen hat der VII. Senat im Beschluss vom 09.02.2006 ausschließlich auf die Identität der jeweiligen Parteien und Streitgegenstände abgestellt. Im Einklang hierzu hält auch das OLG Karlsruhe mit Beschluss vom 22.12.2004, 15 W 23/04, OLGR 2005, 526 - ebenfalls die Gerichtskosten betreffend - allein die Identität der Parteien und Streitgegenstände für maßgeblich und ausreichend. Zur Begründung wird insoweit ausgeführt: Eine Einschränkung dahingehend, dass die Gerichtskosten nur bei entsprechender Verwertung zu erstatten seien, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen und würde überdies zu Wertungswidersprüchen führen. Für die Kosten eines Gutachtens im Hauptprozess komme es auch nicht auf dessen Verwertung an. Auch ein vorgerichtliches Parteigutachten sei erstattungsfähig, wenn die Einholung des Gutachtens aus der maßgeblichen exante Sicht der Partei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, ohne dass es auf die spätere Verwertung im Prozess ankomme. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Senat aus folgenden Gründen an:

Im selbständigen Beweisverfahren, das zu keiner Streitentscheidung führt und daher keine obsiegende oder unterlegene Partei kennt, findet grundsätzlich kein Kostenausgleich entsprechend §§ 91 ff ZPO statt. Erst im Hauptsacheprozess können und sollen die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in die Entscheidung über die Prozesskosten einbezogen werden (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 25. Aufl., § 494a Rn. 1). Nur wenn die Hauptsacheklage nicht erhoben wird, kann nach § 494 a Abs. 2 ZPO eine selbständige Kostengrundentscheidung ergehen; dies soll dem Antragsgegner des Beweisverfahrens ermöglichen, bei unterbliebener Klage so gestellt zu werden, als habe er in der Hauptsache obsiegt.

Ob § 494a ZPO im Wege der Analogie auf die Fälle auszudehnen ist, in denen die Hauptsacheklage zwar erhoben, jedoch zurückgenommen oder als unzulässig abgewiesen wurde (vgl. Zöller-Herget, § 494a, Rn. 4 mwN), mag hier dahinstehen. Jedenfalls kann § 494a ZPO nicht auch auf diejenigen Fälle erstreckt werden, in denen sich das Gericht mit dem Vorbringen des Antragstellers im Beweisverfahren in der Sache befasst, aus Rechtsgründen aber das Ergebnis des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens nicht verwertet; dies ließe sich mit Sinn und Zweck von § 494a ZPO nicht mehr vereinbaren (vgl. BGH Beschluss vom 22.05.2003 VII ZB 30/02).

In den Fällen, in denen das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens letztlich nicht verwertet wird, muss daher der Weg eröffnet sein, die entstandenen Kosten als Kosten des Rechtsstreits im Hauptverfahren festsetzen zu lassen. Den Antragsgegner des Beweisverfahrens auf einen etwaigen materiellen Kostenerstattungsanspruch zu verweisen, wäre jedenfalls im Falle der hier fraglichen Abweisung der Klage im Hauptsacheverfahren unbillig. Zum Einen hatte die gegen ihn gerichtete Klage, deren Vorbereitung das Beweisverfahren diente, im Ergebnis keinen Erfolg. Zum Anderen stünde ihm allenfalls dann ein materieller Kostenerstattungsanspruch auf Ersatz seiner außergerichtlichen Kosten zu, wenn dem Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens ein Verschulden zur Last fiele. Dies wird aber in den Fällen, in denen eine Identität des Streitgegenstandes gegeben ist, nur selten festgestellt werden können. Für die Frage des Verschuldens käme es darauf an, ob der Antragsteller aus der maßgeblichen exante Sicht bei Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens voraussehen konnte, dass dieses aus Rechtsgründen für das Hauptverfahren nicht erforderlich sein würde. Auch im vorliegenden Fall konnte die Klägerin bei Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens nicht voraussehen, dass ihr die Darlegung einer arglistigen Täuschung im Hauptverfahren nicht würde gelingen können.

Der Fall, dass das Gericht die Akten des Beweisverfahrens noch nicht einmal beizieht, kann nicht anders beurteilt werden als der Fall, dass das Ergebnis des Beweisverfahrens im Hauptsacheverfahren letztlich nicht verwertet wird. Es kann nicht darauf ankommen, wann das Gericht im Hauptverfahren zu der Auffassung gelangt, dass es für die Hauptsacheentscheidung aus Rechtsgründen nicht auf das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens ankommt. Die Entscheidung, die Akten nicht beizuziehen, heißt letztlich nichts anderes, als dass das Gericht das Ergebnis des Beweisverfahrens für die Entscheidung über den Klageanspruch nicht verwerten wird.

3.

Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens sind der Höhe nach zutreffend berechnet und ansatzfähig. Sie sind als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Beklagten im selbständigen Beweisverfahren notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO anzusehen. Dies gilt auch, soweit die Hauptsacheklage hinter dem Verfahrensgegenstand des selbständigen Beweisverfahrens zurückgeblieben ist; auch dann gehören die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Klageverfahrens (vgl. BGH Beschluss vom 09.02.2006).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: EUR 939,60

Ende der Entscheidung

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