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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 08.10.2009
Aktenzeichen: I-10 W 108/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 3
ZPO § 269 Abs. 4
ZPO § 269 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 04.08.2009 - Einzelrichter - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 269 Abs. 5 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht gemäß § 269 Abs. 3 und Abs. 4 ZPO auf Antrag der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Eine Prozesspartei, deren Parteifähigkeit im Streit ist, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bis zur Entscheidung des Streits hierüber als parteifähig zu behandeln (BGH, Urteil vom 11. April 1957 - VII ZR 280/56, BGHZ 24, 91, 94; vom 13. Juli 1993 - III ZR 17/93, NJW 1993, 2943, 2944, jeweils m.w.N.). Durch die Fiktion soll erreicht werden, dass die Partei die Frage der Existenz selbst klären lassen kann. Das bedeutet, dass sie auch in Bezug auf einen Kostenantrag nach § 269 Abs. 4 ZPO als existent zu behandeln ist, wenn der Kläger die Klage - wie hier - zurück nimmt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die beklagte Partei im Rechtsstreit - wie hier - ihre mangelnde Existenz geltend gemacht hat und dadurch Kosten entstanden sind. Dabei sind auch die Kosten desjenigen zu berücksichtigen, der für die nicht existente Partei einen Rechtsanwalt beauftragt hat (BGH, Beschluss vom 27.09.2007, VII ZB 23/07).

Dieser Fall ist hier gegeben. Vorliegend hat sich für die Beklagte Rechtsanwalt H. bestellt und mit Schriftsatz vom 06.03.2009 auf deren fehlende Existenz hingewiesen. In diesem Hinweis ist eine Tätigkeit des Rechtsanwalts für die Beklagte zu sehen, auch wenn er zugleich deutlich machen wollte, dass er für sie nicht in der Sache auftreten könne. Die Kammer hat hierauf einen Handelsregisterauszug eingeholt und mit Beschluss vom 09.03.2009 darauf hingewiesen, dass die Klage mangels Prozess- und Postulationsfähigkeit der Beklagten unzulässig sei. Der Kläger hat die Klage daraufhin zurückgenommen, so dass die Beklagte im Hinblick auf den Kostenantrag des Rechtsanwalts H. vom 14.09.2009 als parteifähig zu behandeln und demgemäß - wie geschehen - über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden war (BGH, a.a.O.). Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine hiervon abweichende Entscheidung. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO findet zugunsten des Klägers keine Anwendung. Soweit sich danach auch bei Nichtzustellung der Klage die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen bestimmt, wenn der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin zurückgenommen wird, gilt dies nach dem Zweck der Norm nicht zu Lasten der nicht existenten Partei. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ist durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 1887) neu eingeführt worden. Die Vorschrift stellt eine Ausnahme von dem - unverändert gebliebenen - Grundsatz dar, dass der Kläger, der seine Klage zurückgenommen hat, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Diese "Kostenautomatik" galt nach bisheriger Rechtslage selbst dann, wenn der Beklagte Anlass zur Erhebung der Klage gegeben hatte, der Anlass - etwa durch Leistung des Beklagten - vor Zustellung der Klage weggefallen war und der Kläger daraufhin die Klage zurückgenommen hatte. In derartigen Fällen war dem Kläger auch der Weg über eine Erledigungserklärung mit dem Ziel einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO verschlossen, da diese Möglichkeit eine Erledigung des Rechtsstreits nach Rechtshängigkeit voraussetzt. Es blieb ihm deshalb lediglich die Geltendmachung eines materiellen Kostenerstattungsanspruchs in einem neuen Prozess. Diese unbefriedigende und mit dem Gedanken der Prozeßökonomie nicht zu vereinbarende Rechtslage hat den Gesetzgeber veranlasst, durch die Einfügung des neuen Satzes 3 in § 269 Abs. 3 ZPO dem Gericht einen Weg zu eröffnen, einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch Rechnung zu tragen, ohne dass ein neues Verfahren erforderlich wird (BGH, Beschl. v. 18.11.2003, VIII ZB 72/03; vgl. dazu im einzelnen die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 269 Abs. 3 ZPO, BT-Drucks. 14/4722, S. 80 f.). Die Vorschrift verfolgt dagegen nicht den Zweck zugunsten der Klagepartei eine Kostengrundentscheidung gegen eine nicht existente Partei zu ermöglichen.

Hieran gemessen liegen die Voraussetzungen einer Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zugunsten des Klägers im Streitfall nicht vor. Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch, den das Landgericht nach der Intension des Gesetzgebers im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO hätte berücksichtigen können, besteht gegen die nicht existente Beklagte nicht. Eine nicht existente Partei gibt keinen Anlass zur Klage, sodass sie auch nicht nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO mit Kosten belastet werden kann, wenn der Kläger die nicht zugestellte Klage zurücknimmt. Dass dem Kläger der Wegfall der Existenz seiner ehemaligen Mieterin nicht bekannt war, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Wenn der Kläger eine Klage einreicht, ohne sich vorab über die Partei- und Prozessfähigkeit des Prozessgegners zu informieren, handelt er auf eigenes Risiko. Der Entscheidung des BGH vom 27.09.2007 ist Gegenteiliges nicht zu entnehmen. Soweit der BGH die nicht existente Partei in seiner Entscheidung vom 27.09.2007 auch im Kostenfestsetzungsverfahren als parteifähig behandelt, diente dies allein dem Zweck zugunsten desjenigen, der für die nicht existente Partei einen Rechtsanwalt beauftragt hat, eine Kostenerstattung zu ermöglichen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Beschwerdewert: bis 4.000,00 €

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