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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 27.01.2009
Aktenzeichen: I-10 W 120/08
Rechtsgebiete: RVG, RVG VV
Vorschriften:
RVG § 55 | |
RVG § 56 | |
RVG VV Vorb. 3.4 | |
RVG VV Nr. 2300 | |
RVG VV Nr. 2500ff |
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 12.08.2008 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die dem Rechtsanwalt Dr. M. M. aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf EUR 326,24 festgesetzt. Der weitergehende Festsetzungsantrag wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Beschwerde der Landeskasse vom 21.08.2008 (Bl. 71 PKH-Heft) richtet sich gegen den Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 12.08.2008 (Bl. 67f PKH-Heft), durch den die Erinnerung des Bezirksrevisors vom 19.03.2008 (Bl. 53ff PKH-Heft) gegen den landgerichtlichen Beschluss vom 17.12.2007 (Bl. 50 PKH-Heft) zurückgewiesen wurde. Hierin war die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung für den Antragsteller gemäß dessen Antrag vom 15.11.2007 (Bl. 48 PKH-Heft) antragsgemäß mit EUR 628,68 festgesetzt worden.
Mit ihrer Beschwerde macht die Landeskasse geltend, auf die in Höhe von EUR 508,30 berücksichtigte 1,3 Verfahrensgebühr müsse sich der Antragsteller die ausweislich der Klageschrift wohl angefallene 1,3 Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 hälftig anrechnen lassen.
II.
Die Beschwerde der Landeskasse ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig und begründet. Mit Erfolg rügt die Landeskasse, dass eine Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr unterblieben ist.
1.
Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinen Urteilen vom 07.03.2007, VIII ZR 86/06 (Rpfleger 2007, 505) und 11.07.2007, VIII ZR 310/06 (AGS 2008, 41) ausgeführt, dass - sofern nach RVG VV-Vorbem. 3 Abs. 4 eine wegen desselben Gegenstandes entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist - sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr vermindert, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren ebenfalls anfallende Verfahrensgebühr. Mit Beschluss vom 22.01.2008, VIII ZB 57/07 (Rpfleger 2008, 332 = MDR 2008, 592 = AGS 2008, 158) hat der Bundesgerichtshof seine Rechtssprechung dahingehend präzisiert, dass die Verfahrensgebühr gem. RVG VV-Nr. 3100 wegen der in RVG VV-Vorbem. 3 Abs. 4 vorgesehenen Anrechnung eines Teils der bereits vorher entstandenen Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 von vornherein nur in gekürzter Höhe entsteht. Daher kommt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 104 f ZPO keine darüber hinausgehende Erstattung in Betracht. Ob die vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstattende Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist, ist vielmehr ohne Bedeutung. Dieser Rechtsauffassung hat sich der Senat mit Beschluss vom 02.10.2008, I-10 W 58/08 angeschlossen.
2.
Die Frage, ob diese Grundsätze auch auf das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG anzuwenden sind, stellt sich - wie der Senat bereits im Beschluss vom 27.11.2008, I-10 W 109/08 ausgeführt hat - nur dort, wo ein Anwendungsfall der RVG VV-Vorbemerkung 3.4 vorliegt, das heißt eine Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 angefallen ist. Dies ist unter den gegebenen Umständen des vorliegenden Falles anzunehmen.
a.
Der Anfall einer Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 ist ausgeschlossen im Bereich der Beratungshilfe. Wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, unter denen Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, bereits zum Zeitpunkt der vorprozessualen Tätigkeit vorgelegen haben, hatte der Mandant einen Anspruch auf Beratungshilfe, § 1 Abs. 2 BerHG. Ist dem Mandanten ein Beratungshilfeschein erteilt worden, fällt lediglich eine Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2503 in Höhe von EUR 70,- an, die im Innenverhältnis (im Verhältnis zum Gegner gilt § 9 BerHG) hälftig auf die Gebühren eines nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens anzurechnen sind (vgl. Abs. 2). Wird der Anwalt ohne Beratungshilfeschein tätig, obwohl der Mandant sich erkennbar nur im Rahmen der Beratungshilfe an ihn wendet, so steht dem Anwalt lediglich die Gebühr der RVG VV-Nr. 2500 in Höhe von EUR 10,- zu, die nur der Mandant schuldet und die nicht anzurechnen ist; die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren nach RVG VV-Nr. 2501 bis 2508 setzten die Erteilung eines Beratungshilfescheines voraus (vgl. Gerold/ Schmidt-Madert, RVG, 18. Aufl., § 44 RN. 3; Hartung/Römermann/Schons-Hartung, RVG, 2006, § 44 Rn. 50).
Anders als in dem dem Senatsbeschluss vom 27.11.2008, 10 W 109/08 zugrunde liegenden Fall ist hier anzunehmen, dass die Voraussetzungen, unter denen Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, bereits zum Zeitpunkt der vorprozessualen Tätigkeit des Antragstellers vorgelegen haben. Der Antragsteller hat sich vorgerichtlich erstmals unter dem 28.11.2006 an die Gegenseite gewandt und in Beantwortung des noch an den Kläger persönlich gerichteten Schreibens vom 22.11.2008 (Bl. 63f GA) mitgeteilt, dass er "nunmehr" durch den Kläger beauftragt worden sei (Bl. 65f GA). Damit ist eine vorgerichtliche Beauftragung erst nach dem 22.11.2008 anzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt lagen bereits die Voraussetzungen vor, unter denen dem Kläger später gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Prozesskostenhilfe gewährt worden ist. Der Bericht, aus dem sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Insolvenzschuldnerin ergeben, datiert vom 28.08.2006 (Bl. 1 ff PKH-Heft). Mithin hätte dem Kläger gemäß § 1 Abs. 2 BerHG ein Anspruch auf Beratungshilfe zugestanden. Von der Regelung des § 1 Abs. 1 BerHG werden auch andere als natürliche Personen erfasst, namentlich die in § 116 ZPO Bezeichneten (vgl. Schoreit/ Dehn, BerH/PKH, § 1 Rn. 33).
Dennoch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend die anwaltliche Tätigkeit als Beratungshilfe erfolgt ist. Es ist weder ersichtlich, dass ein Beratungshilfeschein erteilt worden ist, noch gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller tatsächlich Beratungshilfe im Sinne des § 2 BerHG gewährt hat.
b.
Liegen - wovon hier auszugehen ist - die Voraussetzungen für die Gewährung der Beratungshilfe an sich vor, erfolgt aber die Tätigkeit des Anwalts nicht als Beratungshilfe, so fällt grundsätzlich eine Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 an, was nach den obigen Ausführungen unter Ziff. 1 für die Anrechnungsvorschrift der RVG VV-Vorbem. 3 Abs. 4 genügt.
Eine Tätigkeit außerhalb der Beratungshilfe, obwohl diese eigentlich zu gewähren gewesen wäre, ist etwa anzunehmen, wenn der Mandant erklärt hat, dass er unabhängig davon, ob ihm ein Anspruch auf Beratungshilfe zustehe, in jedem Fall ein anwaltliches Tätigwerden wünsche, und der Anwalt hierauf eingeht. Entsprechendes gilt, wenn die Bedürftigkeit des Mandanten für den Anwalt nicht erkennbar war, aber auch dann, wenn für den Anwalt im Laufe des Gesprächs erkennbar wird, dass der Rechtssuchende zum Kreis der nach dem BerHG Berechtigten gehört, er aber den gebotenen Hinweis auf die Möglichkeit der Beratungshilfe (vgl. hierzu Gerold/Schmidt-Madert, § 44 Rn. 3f) unterlässt. In all diesen Fällen entsteht die Geschäftsgebühr; es stellt sich allenfalls die Frage, ob der Mandant sich gegenüber der Gebührenforderung auf eine Pflichtwidrigkeit des Anwalts berufen kann, etwa dass der Anwalt die Bedürftigkeit pflichtwidrig nicht erkannt und/oder es pflichtwidrig unterlassen hat, auf die Möglichkeit der Beratungshilfe hinzuweisen. Derartigen Einwendungen ist jedoch im formellen Vergütungsfestsetzungsverfahren zwischen dem Anwalt und der Landeskasse ebenso wenig nachzugehen wie der Frage, ob der Anwalt in diesen Fällen allenfalls auf die Gebühr des RVG VV-Nr. 2500 in Höhe von EUR 10,- zu verweisen ist (OLG Oldenburg Beschluss vom 23.06.2008, 5 W 34/08). Die oben unter Ziff. 1 dargelegte Wirkung der Anrechnungsvorschrift RVG VV-Vorbem. 3 Abs. 4 ist auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG zu beachten. Demgemäß kann es auch hier grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob die Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist.
3.
Eine angefallene Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 27.11.2008, 10 W 109/08) auch bei einem später im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalt nach RVG VV-Vorbemerkung 3.4 uneingeschränkt auf die gerichtliche Verfahrensgebühr nach RVG VV-Nr. 3100 anzurechnen (so auch OLG Braunschweig Beschluss vom 12.09.2008, 2 W 358/08 (JURIS); OLG Bamberg Beschluss v. 01.07.2008, 2 WF 92/08 (JURIS); OLG Oldenburg Beschluss vom 12.06.2008, 13 WF 111/08 (JURIS); OLG Oldenburg Beschluss v. 27.05.2008, 2 WF 81/08 (JURIS). Dies gilt auch dann, wenn die Bedürftigkeit der Partei bereits zum Zeitpunkt der vorprozessualen Tätigkeit vorgelegen hat (vgl. OLG Oldenburg Beschluss v. 08.05.2008, 8 W 57/08 (JURIS).
Es gibt nach Auffassung des Senats keine rechtfertigenden Gründe dafür, im Rahmen der Vergütungsfestsetzung nach § 55 RVG eine Anrechnung nur dann vorzunehmen, wenn der Anwalt die anrechenbare zweite Hälfte der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr tatsächlich erhalten hat (so aber OLG Stuttgart Beschluss vom 15.01.2008, 8 WF 5/08). Der durch die Kürzung entfallende Teil der Verfahrensgebühr lebt nicht nachträglich wieder auf, sofern es dem im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalt nicht gelingt, seinen Vergütungsanspruch hinsichtlich der Geschäftsgebühr gegenüber seinem Mandanten oder dem Gegner zu realisieren; eine solche Ausnahme lässt sich weder der Anrechnungsvorschrift entnehmen (vgl. auch OLG Bamberg Beschluss vom 01.07.2008, 2 WF 92/08 und OLG Oldenburg Beschluss vom 27.05.2008, 2 WF 81/08) noch erscheint sie geboten.
Das Gesetz unterscheidet in RVG VV Vorbemerkung 3.4 nicht danach, ob der Partei im nachfolgenden Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Die Anrechnung hat vielmehr immer dann zu erfolgen, wenn vorprozessual eine Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 entstanden ist und in einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren eine Verfahrensgebühr nach RVG VV-Nr. 3100 anfällt, sei es auch in der verminderten Höhe des § 49 RVG.
Zutreffend ist zwar, dass der im späteren gerichtlichen Verfahren im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt den gegen seinen Mandanten gerichteten Anspruch in aller Regel nicht mit Erfolg wird geltend machen können, weil der Mandant ausweislich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe über eine etwa angeordnete Ratenzahlung hinaus wirtschaftlich nicht leistungsfähig ist. Diesem Risiko kann der Anwalt jedoch begegnen, indem er seinen Vergütungsanspruch durch einen Vorschuss des Mandanten sichert. Sollte die Bedürftigkeit des Mandanten dem Anwalt bislang verborgen geblieben sein, würde sie spätestens bei einer Vorschussanforderung offenbar und der Anwalt könnte sich durch einen Beratungshilfeantrag rechtzeitig sichern. Sollte die Bedürftigkeit erkennbar geworden sein, wäre der Anwalt ohnehin gehalten gewesen, sich über die Vorschriften der Beratungshilfe abzusichern (vgl. auch OLG Braunschweig Beschluss vom 12.09.2008, 2 W 358/08; OLG Oldenburg Beschluss v. 08.05.2008, 8 W 57/08).
Macht der Anwalt von den gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten der Vorschussanforderung bzw. Beratungshilfe keinen Gebrauch, so verdient er keinen besonderen Schutz. Falls die Bedürftigkeit des Mandanten trotz aller Sorgfalt nicht erkannt worden ist, hat der Anwalt wie jeder andere Anwalt auch das Risiko der mangelnden Leistungsfähigkeit des Mandanten zu tragen. Falls die Bedürftigkeit des Mandanten erkennbar war, hat der Anwalt das Risiko einer erfolgreichen Geltendmachung der höheren Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 bewusst in Kauf genommen anstatt den "sicheren" Weg über die Beratungshilfe mit ihren geringeren Gebührenansprüchen zu wählen. In beiden Fällen besteht mithin kein rechtfertigender Grund dafür, das Risiko der Uneinbringlichkeit der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr hälftig auf die Staatskasse abzuwälzen. Dies würde aber erfolgen, wenn man im Falle späterer Prozesskostenhilfe-Bewilligung die gesetzlich vorgeschriebene hälftige Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr davon abhängig machen wollte, ob der Anwalt die Geschäftsgebühr von seinem Mandanten tatsächlich erhalten hat. Überdies gilt es die Gefahr auszuschließen, dass der Anwalt neben der aus der Staatskasse zu erstattenden vollen Verfahrensgebühr auch die vorgerichtliche Geschäftsgebühr durch den Mandanten erhält (vgl. OLG Oldenburg Beschluss v. 08.05.2008, 8 W 57/08).
Die uneingeschränkte Anrechnung steht nicht im Widerspruch zur Forderungssperre nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, weil die Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 vor der Prozesskostenhilfe-Bewilligung entstanden ist. Auch steht § 58 Abs. 2 RVG nicht entgegen, weil es in den hier fraglichen Fällen nicht um die Frage der Verrechnung von Vorschüssen oder Zahlungen geht, sondern um die Frage, welche Gebühren für die einzelnen Verfahrensabschnitte entstehen und festzusetzen sind (so auch OLG Braunschweig Beschluss vom 12.09.2008, 2 W 358/08; OLG Oldenburg Beschluss vom 12.06.2008, 13 WF 111/08 (JURIS).
4.
Die vorzunehmende Anrechung der Geschäftsgebühr gemäß RVG VV-Vorbemerkung 3.4. bewirkt, dass sich die Verfahrensgebühr der RVG VV-Nr. 3100 um den hälftigen Gebührensatz der Geschäftsgebühr vermindert, nicht um deren hälftigen Betrag.
Anzurechnen auf die Verfahrensgebühr des RVG VV-Nr. 3100 ist die Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 "zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75". Dies bedeutet nach der unter Ziff. 1 dargelegten Rechtsprechung, dass die Verfahrensgebühr von vornherein nur in reduzierter Höhe entsteht. Da die Gebühren nach der Konzeption des RVG VV mit einem bestimmten Gebührensatz entstehen und die Anrechnungsvorschrift nach Vorbemerkung 3.4. auf einen maximal abzusetzenden Gebührensatz Bezug nimmt, liegt es nahe, die nach § 49 RVG zu bemessene Verfahrensgebühr nicht um den hälftigen Betrag der nach § 13 RVG berechneten Geschäftsgebühr, sondern um den hälftigen Gebührensatz der angefallenen Geschäftsgebühr zu vermindern (im Ergebnis ebenso LAG Beschluss vom 07.08.2008, 13 TA 185/08: die Höhe der anzurechnenden Geschäftsgebühr ist unter Anwendung der Tabelle des § 49 RVG zu berechnen).
Der Senat vermag der Ansicht nicht zu folgen, dass die für den Fall des § 58 Abs. 2 RVG vorgesehene vorrangige Verrechnung der anteilig anzurechnenden Geschäftsgebühr auf die Differenz zwischen der Regelvergütung und Wahlanwaltsvergütung auch dann vorzunehmen ist, wenn die Geschäftsgebühr noch nicht gezahlt worden ist (vgl. OLG Schleswig Beschluss vom 03.03.2008, 15 WF 9/08, MDR 2008, 947). Die nach RVG VV-Vorbemerkung 3.4. vorgeschriebene Anrechnung würde dann in erster Linie und zu Lasten der Staatskasse der Deckung der über § 49 RVG hinausgehenden Wahlanwaltsgebühren dienen. Dies erscheint bereits deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Anwalt - wie bereits dargelegt - die Gefahr hätte ausschließen können, dass er den Gebührenanspruch gegenüber seinem Mandanten nicht realisieren kann.
5.
Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Antragstellers für seine Tätigkeit in erster Instanz ist auf EUR 326,24 festzusetzen. Die in der beanstandeten Festsetzung berücksichtigte Verfahrensgebühr vermindert sich durch die nach RVG VV-Vorbemerkung 3.4 vorzunehmende Anrechnung auf 0,65. Dies führt zu einem um EUR 254,15 netto, entsprechend EUR 302,44 inklusive 19 % Umsatzsteuer verminderten Vergütungsanspruch des Antragstellers gegenüber der Staatskasse.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.
Ende der Entscheidung
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