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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.09.2007
Aktenzeichen: I-10 W 121/07
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO


Vorschriften:

RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 2 S. 1
ZPO § 91 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 567 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Düsseldorf - Rechtspflegerin - vom 10.04.2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Die am 27.04.2007 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten (Bl. 171 GA) gegen den ihr am 25.04.2007 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Düsseldorf - Rechtspflegerin - vom 10.04.2007 (Bl. 167 f, 170 GA) ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.

Die Klägerin kann über die bereits erfolgte Kostenfestsetzung hinaus keine weiteren Kosten für ihre anwaltliche Vertretung erstattet verlangen. Wie in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, sind weder die geltend gemachten Kosten des für die Wahrnehmung des Termins am 16.08.2006 bestellten Unterbevollmächtigten erstattungsfähig noch wären Kosten für die Anreise ihres Hauptbevollmächtigten zum Termin als notwendig anzusehen.

Die in Düsseldorf ansässige Beklagte hat hier für den vor dem Landgericht in Düsseldorf zu führenden Prozess einen in Hamburg - und damit einen am sog. dritten Ort - ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Die Frage der Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten eines Rechtsanwalts am sog. dritten Ort beurteilt sich nach der Neufassung des § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO - also sowohl für den am Prozessgericht zugelassenen als auch für den nicht am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt - stets danach, ob seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung notwendig war.

Für die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Die Partei darf dabei ihr berechtigtes Interesse verfolgen, die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte zu ergreifen. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. grundlegend BGH Beschluss vom 16.10.2002, VIII ZB 30/02, Rpfleger 2003, S. 98).

In diesem Rahmen ist grundsätzlich die Zuziehung eines am Wohn- und Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 S. 1, Halbs. 2 ZPO anzusehen. Regelmäßig ist der Rechtsanwalt für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung auf die Tatsacheninformation der Partei angewiesen. Diese kann regelmäßig nur in einem persönlichen mündlichen Gespräch erfolgen (vgl. BGH Beschluss vom 16.10.2002, VIII ZB 30/02, Rpfleger 2003, S. 98).

Darf die Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt beauftragen, so ist sie - sofern dessen Reisekosten nicht überschritten werden - nicht daran gehindert, einen an einem sog. dritten Ort ansässigen Rechtsanwalt ihres Vertrauens zu bevollmächtigen (vgl. BGH Beschlüsse vom 18.12.2003, I ZB 21/03, RPfleger 2004, 316, und vom 11.03.2004 VII ZB 27/03). Nur mit dieser Einschränkung hat der BGH bislang die Erstattungsfähigkeit der Mehrkosten eines Rechtsanwalts am sog. dritten Ort bejaht. Nichts anderes geht auch aus dem Beschluss des BGH vom 28.06.2006, IV ZB 44/05 hervor; auch hier hatte die Partei lediglich die Festsetzung der fiktiven Reisekosten des Prozessbevollmächtigten vom Unternehmsitz zum Gerichtsort geltend gemacht (S. 9 des Beschlusses).

Ob auch über diese fiktiven Reisekosten - die hier bei 0 liegen, weil Geschäftssitz und Prozessort zusammenfallen - hinausgehende Kosten infolge der Beauftragung eines Rechtsanwaltes an einem dritten Ort erstattungsfähig sein können, hatte der BGH ausdrücklich offen gelassen (vgl. BGH Beschlüsse vom 28.06.2006, IV ZB 44/05, vom 14.09.2004, VI ZB 37/04, JurBüro 2005, 93, und vom 11.03.2004 VII ZB 27/03). Der Senat hat diese Frage bereits dahingehend beantwortet, dass eine (vollständige) Berücksichtigung der durch die Beauftragung eines an einem dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten entstehenden Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren allenfalls dann in Betracht kommen kann, wenn die Beauftragung des Rechtsanwaltes durch besondere Gründe veranlasst war. Nur dann ist es gerechtfertigt, den Prozessgegner (teilweise) mit den entstehenden Mehrkosten zu belasten. Besondere Gründe können etwa dann vorliegen, wenn es um die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts geht und ein vergleichbarer Anwalt am Wohnort der Partei nicht beauftragt werden kann (vgl. LG Berlin Beschluss vom 09.12.2005, 82 AR 168/05, JurBüro 2006, 425). Eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit genügt dagegen nicht (vgl. BGH Beschluss vom 12.12.2002 1 ZB 29/02, JurBüro 2003, 205; Senatsbeschlüsse vom 11.05.2004, 10 WF 14/04 (Umzug), vom 12.02.2005, 10 W 153/04, vom 24.06.2004, 10 W 64/04, und vom 15.03.2007, 10 W 145/06). Diese Rechtssprechung erfährt im Grundsatz eine Bestätigung durch den Beschluss des BGH vom 22.02.2007, VII ZB 93/906, NZBau 2007, 306, wonach die unterlegene Partei auch bei einer langjährigen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem eingeschalteten Rechtsanwalt nur die Kosten tragen muss, die aus dem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäftsort der Partei andererseits entstehen.

Besondere Gegebenheiten, die die Einschaltung des von ihr beauftragten auswärtigen Rechtsanwalts erforderlich machten, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Die rechtliche Vertretung der Beklagten setzte keine besondere Spezialisierung voraus. Ein entsprechend geeigneter Rechtsanwalt wäre in Düsseldorf sicher aufzufinden gewesen. Bloße langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit rechtfertigt es nicht, die entstandenen Mehrkosten dem unterlegenen Prozessgegner aufzubürden.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: EUR 419,80

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