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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 07.02.2009
Aktenzeichen: I-10 W 123/08
Rechtsgebiete: GKG, InsO, JVEG


Vorschriften:

GKG § 23 Abs. 1
InsO § 22 Abs. 1
JVEG § 1 Abs. 1
JVEG § 8
JVEG § 9 Abs. 2
Eine Zweitschuldnerhaftung des Gläubigers kommt in Betracht, wenn und soweit der vorläufige Insolvenzverwalter als gerichtlich beauftragter Sachverständiger nach § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 2. Halbsatz InsO tätig geworden ist. Dann erhält dieser eine Vergütung gemäß §§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 8, 9 Abs. 2 JVEG aus der Staatskasse; die an ihn gezahlten Beträge sind Auslagen im Sinne der GKG KV-Nr. 9005, für die die Beschränkung in § 23 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht gilt.
Tenor:

Die weitere Beschwerde des Zweitschuldners vom 03.09.2008 gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 14.08.2008 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren über die weitere Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die weitere Beschwerde des Zweitschuldners vom 03.09.2008 (Bl. 366 GA) gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 14.08.2008 (Bl. 356ff GA) ist gemäß § 66 Abs. 4 GKG zulässig, jedoch nicht begründet.

Das Gericht der weiteren Beschwerde ist auf eine rechtliche Prüfung beschränkt, § 66 Abs. 4 S. 2 GKG, § 546 ZPO. Der angefochtene Beschluss lässt keine Rechtsfehler erkennen.

1.

Das Landgericht ist - wie auch der Senat im Beschluss vom 18.10.2007 (10W 111/07, Bl. 311ff GA) - zu Recht davon ausgegangen, dass eine Zweitschuldnerhaftung des Gläubigers in Betracht kommen kann, wenn und soweit der vorläufige Insolvenzverwalter als gerichtlich beauftragter Sachverständiger nach § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 2. Halbsatz InsO tätig geworden ist. Dann erhält dieser eine Vergütung gemäß §§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 8, 9 Abs. 2 JVEG aus der Staatskasse. Die an ihn gezahlten Beträge sind Auslagen im Sinne der GKG KV-Nr. 9005, für die die Beschränkung in § 23 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht gilt; dieser nennt ausdrücklich nur die Auslagen gemäß KV-Nr. 9018, mithin die "an den vorläufigen Insolvenzverwalter .. auf der Grundlage der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung zu zahlende Beträge" (s. dort § 11). Hierzu gehören die an den vorläufigen Insolvenzverwalter als Sachverständigen zu zahlende Beträge nicht.

a.

An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Anbetracht der vom Zweitschuldner in Bezug genommenen Entscheidung des BGH vom 13.12.2007, IX ZR 196/06 fest. Diese Entscheidung verhält sich - entgegen der Auffassung der Beschwerde - nicht über die nach dem JVEG aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für die sachverständige Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 2. Halbsatz InsO.

Der BGH hat mit seiner Entscheidung einer Klage des Sequesters gegen die Inhaberin des verwalteten Vermögens (Schuldnerin) auf Zahlung einer Vergütung stattgegeben. Bei der Frage nach dem Rechtsschutzbedürfnis hat der BGH u.a. dargelegt, dass der Sequester keine anderweitige Möglichkeit habe, seinen Vergütungsanspruch festsetzen zu lassen. Im Rahmen der Begründetheit hat der BGH ausgeführt, dass eine Primär- oder Ausfallhaftung des Staates grundsätzlich nicht in Betracht komme; für eine Primärhaftung gebe es keine Grundlage, weil der Sequester - wie nunmehr auch der vorläufige Insolvenzverwalter - kein Geschäft des Staates besorge, sondern im Interesse von Privatpersonen, nämlich der Gesamtheit der Gläubiger, tätig werde (vgl. Pkt. II.2.e.aa.).

Damit hat der BGH ausschließlich zum Vergütungsanspruch für die Tätigkeit als vorläufigen Insolvenzverwalter Stellung genommen, nicht zu der Vergütung für eine darüber hinaus beauftragte Sachverständigentätigkeit. Der vorläufige Insolvenzverwalter, der vom Gericht gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 2. Halbsatz InsO als Sachverständiger herangezogen wird, hat nach den gesetzlichen Regelungen einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nach dem JVEG. Dieser Fall ist aber ersichtlich von den Ausführungen des BGH nicht erfasst.

Überdies hat der BGH bereits in seiner Entscheidung vom 22.01.2004, IX ZB 123/03 ausgeführt, dass der Staat nicht für den Ausfall der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters hafte, wenn das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet wird und das Schuldnervermögen nicht ausreicht, die Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters zu decken. Ausdrücklich hat der BGH allerdings darauf hingewiesen, dass der vorläufige Insolvenzverwalter, wenn er zugleich zum Gutachter bestellt worden ist (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO), für sein Gutachten in jedem Fall aus der Staatskasse nach dem ZSEG entlohnt werde. Hiermit hat der BGH klar zum Ausdruck gebracht, dass der vorläufige Insolvenzverwalter bei zusätzlicher Beauftragung als Sachverständiger keinen einheitlichen Vergütungsanspruch, sondern unterschiedliche Vergütungsansprüche hat.

b.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Argument, eine Differenzierung der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters danach, ob er als gerichtlich beauftragter Sachverständiger oder ausschließlich als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig geworden ist, erweise sich als unpraktikabel. Die Frage der Praktikabilität stellt sich in Anbetracht der klaren gesetzlichen Regelungen nicht.

Der Gesetzgeber hat in § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 2. Halbsatz InsO ausdrücklich die zusätzliche Beauftragung des vorläufigen Insolvenzverwalters "als Sachverständiger" vorgesehen. Erfolgt eine solche Beauftragung, liegt eine gerichtliche Heranziehung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 JVEG vor. Dies bestätigt § 9 Abs. 2 JVEG, der ausdrücklich für den "Fall des § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Insolvenzordnung .. das Honorar des Sachverständigen .." regelt. Die nach dem JVEG zu zahlenden Beträge gehören - wie bereits dargelegt - zu den Auslagen gemäß GKG KV-Nr. 9005 und nicht zu den Auslagen gemäß GKG KV-Nr. 9018, auf die allein sich § 23 Abs. 1 Satz 3 GKG bezieht.

2.

Die Feststellung des Landgerichts, dass die Kosten für den vorläufigen Insolvenzverwalter hier bis auf EUR 16,25 EUR durch sachverständige Tätigkeit im Rahmen des § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 2. Halbsatz InsO angefallen sind, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Das Landgericht hat sich insoweit rechtsfehlerfrei auf das Schreiben des Rechtsanwalts K. vom 26.03.2008 (Bl. 342ff GA) gestützt. Hierin hat dieser im einzelnen dargelegt, wofür der nach dem JVEG abgerechnete Aufwand angefallen ist. Im Schreiben vom 21.01.2008 (Bl. 333f GA) hatte er zudem bereits anwaltlich versichert, dass dieser Aufwand allein im Rahmen der gutachterlichen Tätigkeit erbracht worden sei; hinsichtlich der Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter seien keine Kosten in Ansatz gebracht worden. Es besteht kein Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln.

Zum einen ist zu berücksichtigen, dass das Amtsgericht Krefeld Rechtsanwalt K. mit Beschluss vom 16.11.2004 (Bl. 48f GA) als vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und diesen zudem ausdrücklich beauftragt hat, "als Sachverständiger zu prüfen, ob ein nach der Rechtsform der Schuldnerin maßgebender Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens bestehen". Diesen Auftrag hat Rechtsanwalt K. erfüllt, indem er ein entsprechendes Gutachten gefertigt hat. Dem hieraus folgenden Vergütungsanspruch des vom Gericht als Sachverständigen herangezogenen vorläufigen Insolvenzverwalters kann nicht entgegen gehalten werden, die Erstellung eines Gutachtens sei gar nicht erforderlich gewesen.

Zum anderen gibt es keine Anhaltspunkte, dass der für die gutachterliche Tätigkeit liquidierte Aufwand zu hoch bemessen worden ist oder gar Tätigkeiten enthält, die nicht zum Gutachtenauftrag gehören. Die Entschädigung eines Sachverständigen ist nach der "erforderlichen" Zeit zu bemessen. Welche Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ab. Sie ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen, für den weder die Angaben des Sachverständigen noch die tatsächlich aufgewendete Zeit schlechthin maßgebend sind. Grundsätzlich wird aber davon auszugehen sein, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind. Ein Anlass zur Nachprüfung, ob die von dem Sachverständigen angegebene Zeit auch erforderlich war, wird nur dann bestehen, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Auflage, § 8 Rn. 8.49). Dies ist hier aber bezogen auf die gutachterlich zu beantwortenden Fragen nicht ersichtlich. Vielmehr ist der hierfür liquidierte Aufwand - bis auf den bereits vom Landgericht in Abzug gebrachten Aufwand - nachvollziehbar und spiegelt sich im angefertigten Gutachten wider. Anhaltspunkte dafür, dass der Aufwand auch Tätigkeiten enthält, die Rechtsanwalt K. ausschließlich in seiner Funktion als vorläufiger Insolvenzverwalter oblagen (§ 22 Abs. 1 S.2 Nr. 3 1. Halbs. InsO), bestehen mithin nicht.

II.

Der Kostenausspruch folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.

Ende der Entscheidung

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