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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 11.12.2007
Aktenzeichen: I-10 W 160/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ZVG


Vorschriften:

BGB § 117
BGB § 566
ZPO § 731
ZVG § 57
ZVG § 93
1. Zur Annahme eines Scheinmietvertrages i.S. des § 117 BGB, wenn ein im Haushalt seiner Eltern lebender, einkommensloser 18.-jähriger Sohn mit seinem Vater einen auf 10 Jahre befristeten Mietvertrag über ein im Elternhaus gelegenes Schlafzimmer mit Dusche + WC, sowie einen Arbeitsraum abschließt, der ihm zusätzlich ein Nutzungsrecht an sämtlichen Räumen des Hauses (einschließlich Garten und Keller) einräumt und mit dem zugleich sämtliches Inventar des Grundstücks zu einer bar zu zahlenden Gesamt-Bruttomiete von monatlich 90,00 € überlassen werden soll.

2. Es fehlt an der für den gesetzlichen Vermieterwechsel i. S. des § 566 BGB notwendigen Identität zwischen Vermieter und Veräußerer, wenn Vermieter lediglich einer von zwei Miteigentümern (hier: Eheleute) ist.


Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 8. August 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Die gemäß §§ 91 a Abs. 2, 577 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Beklagten mit zutreffender Begründung die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Gemäß § 91 a ZPO hat der Senat wie das Landgericht nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden. Diese Entscheidung hat zwar den bisherigen Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Sie erfolgt aber zugleich auch nach billigem Ermessen. Der Senat kann sich deshalb auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage beschränken und darauf verzichten, alle für den Ausgang des Rechtsstreits bedeutsamen Rechtsfragen zu überprüfen (BGHZ 67, 343, 345; BVerfG NJW 1993, 1060, 1061). Die Klage war hiernach bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses nach § 731 ZPO zulässig und begründet. Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die der Senat sich zu eigen macht, fehlte der Klage entgegen der Auffassung der Beklagten nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der Senat teilt insbesondere die Auffassung des Landgerichts, dass aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls davon auszugehen ist, dass jedenfalls der vorgelegte und auf den 28.11.2002 datierte Mietvertrag zwischen dem ursprünglichen Eigentümer U. B. und dessen Sohn L. B. (nachfolgend als Hauptmietvertrag bezeichnet) - und nur hierauf kommt es an - fingiert war, §§ 117 Abs. 1, 138 Abs. 1 BGB. Die hierauf beruhende Nichtigkeit dieses Vertrages hat zur Folge, dass die Beklagte aufgrund des zwischen ihr und L. B. geschlossenen Untermietvertrages (angebliches Datum 15.12.2004) kein der Zwangsvollstreckung der Klägerin nach § 93 Abs. 1 Satz 2 ZVG entgegenstehendes, abgeleitetes Besitzrecht erlangt hat, so dass der Klauselerteilungsklage ohne das erledigende Ereignis hätte stattgegeben werden müssen. Bereits das Amtsgericht hat mit Urteil vom 05.03.2007 (GA 88 ff.) ausführlich und überzeugend die Gründe dargestellt, die die Annahme nahe legen, der Hauptmietvertrag sei fingiert. Das Landgericht hat sich diesen Ausführungen angeschlossen. Die Beschwerde zeigt keine Umstände auf, die eine hiervon abweichende Beurteilung rechtfertigen. Die Beklagte hat während des gesamten Verfahrens keinen nachvollziehbaren Grund vorgetragen, der die nach den besonderen Umständen des Streitfalls auf der Hand liegende Annahme eines fingierten Hauptmietvertrages ausräumen könnte. Ein plausibler Grund, warum ein im Haushalt seiner Eltern lebender, einkommensloser 18.-jähriger Sohn mit seinem Vater einen auf 10 Jahre befristeten Mietvertrag über ein im Elternhaus gelegenes Schlafzimmer mit Dusche + WC, sowie einen Arbeitsraum abschließt, der ihm zusätzlich ein Nutzungsrecht an sämtlichen Räumen des Hauses (einschließlich Garten und Keller) einräumt und mit dem zugleich sämtliches Inventar des Grundstücks zu einer bar zu zahlenden Gesamt-Bruttomiete von monatlich 90,00 € überlassen worden sein soll, ist nicht erkennbar. Unter diesen Umständen mag es dahinstehen, ob der ohne vorherige Anhörung der Beklagten übernommene Klägervortrag, aufgrund einer polizeilichen Durchsuchung vom 22.02.2007 stehe fest, dass Mietvertrag und Untermietvertrag erst am 13.10. bzw. 19.10.2006 auf einem Laptop erstellt worden seien, zutrifft oder nicht. Einer Beweisaufnahme durch die von der Beklagten zum Beweis des Gegenteils benannten Zeugen bedurfte und bedarf es im Rahmen der nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung nicht.

Unabhängig von vorstehenden Ausführungen ist die Klägerin aber auch nicht durch den Zuschlag gemäß §§ 57 ZVG, 566 BGB in den Hauptmietvertrag eingetreten, so dass der Beklagten auch aus diesem Grund kein Recht i.S. des § 93 Abs. 1 Satz 2 ZVG zustand. Bereits das Amtsgericht hat darauf hingewiesen, dass es an der für den gesetzlichen Vermieterwechsel notwendigen Identität zwischen Vermieter und Veräußerer fehlt. Abgesehen davon, dass die Beklagte eine angebliche Zustimmung der früheren Miteigentümerin H. B. nicht substanziiert vorgetragen hat, ist der Mietvertrag nach seinem ausdrücklichen Rubrum allein zwischen Herrn U. B. als Vermieter und Herrn L. B. als Mieter geschlossen worden. Eine etwaige nachträgliche Zustimmung zu einem ohne ihre Beteiligung abgeschlossenen Mietvertrag über die im hälftigen Eigentum der Eheleute stehenden Räume, machte Frau H. B. aber noch nicht zur Mitvermieterin bzw. Mitveräußerin i.S. des § 566 BGB (BGH, WM 1974, 908, 909 unter I 2; Staudinger /Emmerich, 2006, § 566 BGB, RdNr. 22).

Schließlich teilt der Senat unter den dargestellten besonderen Umständen des Streitfalls auch die Auffassung der Kammer, die Beklagte habe sich durch die Räumung und Rückgabe der Räume freiwillig in die Rolle der Unterlegenen begeben und sei auch aus diesem Grund im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits verpflichtet. Dass die Beklagte die Räume an ihren Vermieter, den ehemaligen Beklagten zu 1), und nicht unmittelbar an die Klägerin herausgegeben hat, ändert hieran nichts.

Auf eine unzulässige Abtrennung des Verfahrens kann sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil das Amtsgericht den Rechtsstreit bindend an das Landgericht Düsseldorf verwiesen und sich das Verfahren im Übrigen übereinstimmend erledigt hat. Die zitierten Entscheidungen des BGH (NJW 1995, 3120) und des OLG München (NJW 1984, 2227) betreffen kein Verfahren nach § 91 a ZPO und rechtfertigen im Streitfall keine abweichende Beurteilung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Streitwert: bis 3.500,00 €

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