Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.06.2008
Aktenzeichen: I-10 W 25/08
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 20 Abs. 1
KostO § 18
KostO § 44
1. Nach der Änderung des Umsatzsteuerrechts mit Wirkung zum 01.04.2004 ist bei einer Umsatzsteueroption in einem Grundstückskaufvertrag die Umsatzsteuer nicht mehr als Teil des vom Käufer geschuldeten Kaufpreises im Sinne des § 20 Abs. 1 KostO anzusehen.

2. Für die Beurkundung des vom Verkäufer im Grundstückskaufvertrag erklärten Verzichts auf die Steuerbefreiung und die Option zur Umsatzsteuer nach § 9 UStG fällt keine gesonderte, nach § 36 Abs. 1 KostO unter Berücksichtigung von § 44 Abs. 2b KostO zu bemessende Gebühr an.


Tenor:

Die auf Weisung des Beteiligten zu 3) erhobene weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11.01.2008 wird zurückgewiesen.

Gebühren und Auslagen werden von dem Beteiligten zu 1) nicht erhoben.

Gründe:

I.

Die auf Weisung des Beteiligten zu 3) erhobene weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 18.02.2008 (Bl. 97 GA) gegen den im Tenor genannten Beschluss ist zulässig, da das Landgericht die weitere Beschwerde ausdrücklich zugelassen hat, § 156 Abs. 2 KostO. Sie hat jedoch keinen Erfolg und ist daher zurückzuweisen. Der angefochtene Beschluss lässt keine Rechtsfehler erkennen.

1.

Bei der Bestimmung des für die berechneten Gebühren maßgeblichen Geschäftswertes hat das Landgericht zutreffend gemäß § 20 Abs. 1 KostO auf den "Kaufpreis" abgestellt. Diesen hat es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise und in Übereinstimmung mit der beanstandeten Kostenrechnung anhand des notariellen Kaufvertrages ermittelt und mit EUR 19.250.000,- bemessen.

In § 2.1 des notariellen Kaufvertrages heißt es ausdrücklich:

"Der Kaufpreis beträgt EUR 19.250.000,- (..) netto."

Eine andere Beurteilung war auch nicht deshalb geboten, weil in § 2.6 des notariellen Vertrages bestimmt ist:

"Der Verkäufer verzichtet hiermit auf die Umsatzsteuerfreiheit des Verkaufs des Kaufgegenstandes nach § 3 Nr. 9 UStG und erklärt hiermit die Option zur Umsatzsteuer nach § 9 UStG. Nach § 13b UStG ist der Käufer verpflichtet, die gesetzliche Umsatzsteuer einzubehalten und an die Finanzverwaltung abzuführen. Der Verkäufer verpflichtet sich entsprechend, eine Rechnung nach § 13b UStG i.V.m. § 14a UStG auszustellen. Im übrigen verpflichtet sich der Käufer, den Verkäufer von jeglicher Inanspruchnahme durch die Finanzverwaltung auf Zahlung der Umsatzsteuer freizustellen."

Hieraus ergibt sich nicht, dass auch die Umsatzsteuer, die auf den in § 2.1 des Vertrages genannten Kaufpreis entfällt, Bestandteil des nach § 20 Abs. 1 KostO für die Bemessung des Geschäftswertes maßgeblichen "Kaufpreis" ist. Der Kaufpreis ist die Leistung, die der Käufer als Gegenleistung für die vertraglich vereinbarte Leistung des Verkäufers zu erbringen hat. Nach dem bis zum 31.03.2004 geltenden Umsatzsteuerrecht war der Verkäufer Schuldner der Umsatzsteuer. Verpflichtete sich der Käufer in dem Kaufvertrag gegenüber dem Verkäufer, die Umsatzsteuer zu zahlen, war diese nach einhelliger Auffassung dem vereinbarten Kaufpreis hinzuzurechnen, um den Geschäftswert nach § 20 Abs. 1 KostO zu ermitteln. Aufgrund der mit Wirkung vom 01.04.2004 eingetretenen Änderung des Umsatzsteuerrechts ist die Umsatzsteuer für Grundstückskaufverträge - wenn der Verkäufer wie hier zur Umsatzsteuer optiert - nicht mehr vom Verkäufer, sondern vom Käufer zu zahlen. Er ist als Leistungsempfänger bei der Lieferung von Grundstücken selbst und allein Steuerschuldner; er schuldet die Umsatzsteuer kraft Gesetzes unmittelbar gegenüber den Finanzbehörden. Die dem Verzicht des Verkäufers nachfolgende Regelung in § 2.6 des Vertrages hat insoweit lediglich hinweisende und klarstellende Bedeutung; der Käufer übernimmt insoweit keine Verpflichtung gegenüber dem Verkäufer. Die Umsatzsteuer kann unter diesen Umständen nicht mehr als Teil der vom Käufer gegenüber dem Verkäufer für die Übertragung des Grundbesitzes geschuldeten Gegenleistung angesehen werden (vgl. auch OLG Hamm, JurBüro 2007, 538 mwN; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 20 KostO Rn. 24 "Umsatzsteuer"; Rohs/Wedewer, KostO, § 20 Rn. 3; Korintenberg/Lappe/Bengel/Tiedtke, KostO, 16. Aufl., § 20 Rn. 29c).

Aus den dargelegten Gründe vermag der Senat der abweichenden Meinung des OLG Celle (OLGR 2005, 667) nicht zu folgen, wonach die steuerrechtliche Gesetzesänderung zur Person des Umsatzsteuerschuldners bei Umsätzen, die unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen, den Umfang der dem Verkäufer geschuldeten Gegenleistung nicht verändert habe.

2.

Für die Beurkundung des vom Verkäufer im Grundstückskaufvertrag erklärten Verzichts auf die Steuerbefreiung und die Option zur Umsatzsteuer nach § 9 UStG (§ 2.6 Satz 1 des Vertrages) fällt keine gesonderte, nach § 36 Abs. 1 KostO unter Berücksichtigung von § 44 Abs. 2b KostO zu bemessende Gebühr an (vgl. ebenso: Korintenberg/Lappe/Bengel/Tiedtke, aaO; Streifzug durch die Kostenordnung, 6. Aufl., Rn. 1294; a.M.: Rohs/Wedewer, § 44 Rn. 7; Klein RNotZ 2005, 160f; Wudy NotBZ 2005, 103f). Damit erhöht sich die Beurkundungsgebühr nicht auf einen Betrag von EUR 37.322,- (netto), der noch innerhalb des Antrages der Weisungsbeschwerde liegen würde und damit vom Prüfungsumfang in der Beschwerdeinstanz umfasst ist.

Eine Gegenstandsverschiedenheit im Sinne des § 44 Abs. 2 KostO ist nicht gegeben (vgl. ebenso: Korintenberg/Lappe/Bengel/Tiedtke, aaO; Streifzug durch die Kostenordnung, aaO; a.M.: Rohs/Wedewer aaO; Klein aaO; Wudy aaO). "Gegenstand" im Sinne des § 44 KostO ist das Rechtsverhältnis und nicht die Sache oder Leistung, auf die sich die beurkundeten Erklärungen beziehen; je mehr das mitbeurkundete weitere Rechtsverhältnis mit dem anderen Rechtsverhältnis - das nach seinem Gewicht das Hauptgeschäft sein kann, aber nicht sein muss - innerlich zusammenhängt, desto eher ist Gegenstandsgleichheit anzunehmen (vgl. Rohs/Wedewer, § 44 Rn.5). Hier bezieht sich die Verzichtserklärung auf die mit dem Kaufvertrag verbundenen steuerrechtlichen Folgen, die die Kaufvertragsparteien in einer bestimmten Weise geregelt wissen wollten. Die Verzichtserklärung steht damit in einem inneren Zusammenhang mit dem Kaufvertrag. Die mit ihr verbundenen öffentlich-rechtlichen Wirkungen gegenüber dem Umsatzsteuerfinanzamt sind lediglich deren Folge und führen nach Auffassung des Senats nicht zu einer Gegenstandverschiedenheit mit dem Kaufvertrag.

Die Verzichtserklärung des Verkäufers betrifft lediglich einen Nebengegenstand, namentlich die Steuertragungspflicht, der gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 KostO bei der Geschäftswertbemessung unbeachtet bleibt (vgl. ebenso: Korintenberg/ Lappe/Bengel/Tiedtke, aaO; Streifzug durch die Kostenordnung, a.a.O.). Die Verzichtserklärung führt dazu, dass der Kaufpreis für den Käufer umsatzsteuerpflichtig wird. Mithin wird dadurch die Frage geregelt, wer die Steuerlast für das mit dem notariellen Kaufvertrag beurkundete Geschäft trägt. Durch die in § 9 Abs. 3 UStG vorgeschriebene Aufnahme in den Kaufvertrag hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass dem Käufer die Rechtsfolgen der Erklärungen des Verkäufers bewusst werden (so auch Klein RNotZ 2005, 161). Der Verzichtserklärung kommt damit nach Auffassung des Senats gegenüber dem Kaufvertrag nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Das wirtschaftliche Interesse des Verkäufers an einer solchen Regelung vermag die Bestimmung nicht zu einem Hauptgegenstand zu erheben.

3.

Eine Divergenzvorlage an den BGH gemäß § 156 Abs. 4 S. 4 KostO, § 28 Abs. 2 FGG kommt nicht in Betracht. Vorliegend vertritt der Senat keine von der Rechtsprechung eines anderen Oberlandesgerichts abweichende Auslegung einer bundesgesetzlichen Norm, namentlich des Begriffes "Kaufpreis" in § 20 Abs. 1 KostO. Vielmehr geht es um die unterschiedlich beurteilte Frage, was aufgrund der konkreten vertraglichen Regelungen im Einzelfall als "Kaufpreis" anzusehen ist; dies ist allein eine Frage der Subsumtion. Ob für die Beurkundung des vom Verkäufer im Grundstückskaufvertrag erklärten Verzichts auf die Steuerbefreiung und die Option zur Umsatzsteuer nach § 9 UStG (§ 2.6 Satz 1 des Vertrages) eine gesonderte, nach § 36 Abs. 1 KostO unter Berücksichtigung von § 44 Abs. 2b KostO zu bemessende Gebühr anfällt, ist - soweit ersichtlich - noch nicht abweichend von einem anderen Oberlandesgericht entschieden worden.

II.

Der Kostenausspruch folgt aus § 156 Abs. 6 Satz 3 KostO.

Ende der Entscheidung

Zurück