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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 27.01.2009
Aktenzeichen: I-10 W 76/08
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 36 Abs. 2
KostO § 39 Abs. 4
KostO § 41a Abs. 4 Nr. 1
KostO § 41c Abs. 1
KostO § 47 Satz 1
KostO § 147 Abs. 2
1. Fällt für ein Nebengeschäft zu einem Verschmelzungsvertrag (hier: Einholung der Unbedenklichkeitsbescheinigung der IHK zur Werthaltigkeit der Sacheinlage der Gesellschaft) eine Gebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO an, so ist zu berücksichtigen, dass auch der für die nach § 36 Abs. 2 KostO angefallene Gebühr zu bemessende Wert für das Hauptgeschäft (Beurkundung eines Veschmelzungsvertrages) durch den Höchstwert gemäß § 39 Abs. 4 KostO begrenzt ist.

2. Der Geschäftswert für die Beurkundung eines Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung zu einem Gewinnabführungsvertrag ist grundsätzlich nach § 41c Abs. 1 iVm § 41a Abs. 4 Nr. 1 KostO zu bemessen, da ein Gewinnabführungsvertrag regelmäßig "keinen bestimmten Geldwert" im Sinne des § 41 c Abs. 1 KostO hat.


I-10 W 76/08 I-10 W 81/08

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 17.06.2008 wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten für das Verfahren der weiteren Beschwerde trägt der Kostengläubiger.

Gründe:

I.

Die am 08.07.2008 bei Gericht eingegangene weitere Beschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluss des Landgerichts vom 17.06.2008 ist gemäß § 156 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KostO zulässig; sie ist ausdrücklich im angefochtenen Beschluss zugelassen worden. Die weitere Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass die landgerichtliche Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

1. Kostenrechnung 1)

Mit Vertrag vom 17.08.2005, Urkundenrollen-Nr. T 2324 - 2005, hat der Kostengläubiger die Verschmelzung durch Aufnahme der A...GmbH auf die X....GmbH beurkundet. Im Zuge der Verschmelzung wurde das Stammkapital der übernehmenden Gesellschaft um EUR 104.989.768,32 auf EUR 140.780.200,- erhöht. Für die Beurkundung des Verschmelzungsvertrages hat der Kostengläubiger mit Kostenrechnung 1) eine Gebühr gemäß § 36 Abs. 2 KostO nach dem in § 39 Abs. 4 KostO genannten Höchstwert von EUR 5.000.000,- erhoben, was nicht beanstandet wird. Für die Einholung der Unbedenklichkeitsbescheinigung der IHK zur Werthaltigkeit der Sacheinlage der Gesellschaft hat der Kostengläubiger allerdings unberechtigterweise die Gebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO nach einem Geschäftswert in Höhe von 20 % von EUR 104.989.700,- = EUR 20.997.940,- berechnet.

Nach den Ausführungen des Landgerichts ist auch für die Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO ein Geschäftswert von EUR 5.000.000,- zugrunde zu legen, so dass sich eine Gebühr in Höhe von EUR 3.778,50 (statt EUR 8.898,50) ergibt. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass auch der für die nach § 36 Abs. 2 KostO angefallene Gebühr zu bemessende Wert für das Hauptgeschäft (Beurkundung eines Verschmelzungsvertrages) durch den Höchstwert gemäß § 39 Abs. 4 KostO begrenzt ist. Diese Ausführungen lassen keine Rechtsfehler erkennen.

Das Landgericht hat den Geschäftswert für das Nebengeschäft zutreffend - und insoweit unbeanstandet - auf Grundlage des § 30 Abs. 1 KostO "nach freiem Ermessen" bestimmt, weil sich der Wert nicht aus den Vorschriften des Gesetzes ergibt und auch sonst nicht feststeht. Bei einer Wertbestimmung nach freiem Ermessen kann das Gericht der weiteren Beschwerde nicht prüfen, ob das Gericht der Erstbeschwerde in Ausübung seines Ermessens zu einem angemessenen und zweckmäßigen Ergebnis gelangt ist, ob es von seinem Ermessen in tatsächlicher Hinsicht einen richtigen Gebrauch gemacht oder ob es allen Umständen die richtige sachliche Bedeutung beigemessen, sie also angemessen gewichtet hat. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die vorinstanzliche Ermessensentscheidung vielmehr nur auf ihre Gesetzmäßigkeit nachprüfen, das heißt, ob das Landgericht von seinem Ermessen keinen oder einen rechtlich fehlerhaften Gebrauch gemacht hat oder ob es von ungenügenden oder verfahrenwidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist (vgl. Rohs/Wedewer-Rohs, KostO, § 30 Rn. 3). Entsprechendes ist hier nicht festzustellen.

Erfolglos rügt der Kostengläubiger eine fehlerhafte Ermessensausübung. Er wendet ein, das Landgericht habe nicht auf das objektive Kriterium des Geschäftswertes, sondern auf Fragen der Billigkeit oder Angemessenheit abgestellt, die der Kostenrechnung fremd seien. Der Gesetzgeber habe dort, wo er eine Gebührenbegrenzung für sinnvoll und angemessen hält, dies im Gesetz zum Ausdruck gebracht. Hätte der Gesetzgeber Nebengebühren ebenfalls wertbegrenzen wollen, hätte er dies zum Ausdruck bringen können. Unzulässig sei es, über Zweck und Wortlaut hinaus gesetzlich vorgesehene Gebührenbegrenzungen auf andere Gebührentatbestände auszudehnen; Ausnahmetatbestände seien nicht analogiefähig.

Den Einwendungen des Kostengläubigers kann letztlich nicht gefolgt werden. Sie verkennen, dass das Landgericht den Geschäftswert nicht in Analogie zu gebührenrechtlichen Ausnahmetatbeständen bestimmt hat, sondern auf Grundlage des § 30 Abs. 1 KostO. Im Rahmen der danach vorzunehmenden Ermessenserwägung sind zu berücksichtigen die Bedeutung der Sache für die Beteiligten, insbesondere deren wirtschaftliches Interesse an der Vornahme des Amtsgeschäfts, der Arbeits- und Zeitaufwand des Notars sowie das Ausmaß seiner Verantwortlichkeit und der Umfang seines Haftungsrisikos (vgl. Rohs/Wedewer-Rohs, § 30 Rn. 4). Es ist keine grundsätzlich fehlerhafte Erwägung, bei einem Nebengeschäft auch den nach den gesetzlichen Vorschriften bemessenen Wert des Hauptgeschäftes zu berücksichtigen und damit auch etwaige für diesen geltende Höchstwerte. Dies verstößt dort, wo der Gesetzgeber die Wertbemessung ausdrücklich in das Ermessen stellt, auch nicht gegen die Grundsätze, die bei der Analogiefähigkeit von Ausnahmetatbeständen zu beachten sind. Es ist ferner nicht ermessensfehlerhaft, bei der Bewertung eines Nebengeschäftes auf eine angemessene Relation zum Wert des Hauptgeschäftes zu achten; dies hält sich im Rahmen der Bewertung der "Bedeutung der Sache für die Beteiligten, insbesondere deren wirtschaftliches Interesse an der Vornahme des Amtsgeschäfts".

2. Kostenrechnung 2)

Der Kostengläubiger hat unter der Urkundenrollen-Nr. 2565 - 2005 vom 07.09.2005 einen Gesellschafterversammlungs-Beschluss beurkundet, in dem dem zwischen der AIR LIQUIDE Industriegase GmbH & CO. KG als Organträgerin und der AIR LIQUIDE Deutschland GmbH als Organgesellschaft abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrag zugestimmt wird, wonach die Organgesellschaft mit Wirkung ab 01.01.2005 ihre Gewinne an die Organträgerin abführt. Für die Beurkundung hat der Kostengläubiger mit der Kostenrechnung 2) zu Unrecht die in § 47 Satz 2 KostO genannte Höchstgebühr von EUR 5.000,- erhoben.

Nach den Ausführungen des Landgerichts ist hier für die Berechnung der Gebühr gemäß § 47 Satz 1 KostO ein Geschäftswert von 1% des eingetragenen Stammkapitals von EUR 140.780.200,- = EUR 1.407.802,- zugrunde zu legen, so dass sich eine Gebühr in Höhe von EUR 4.344,- ergibt, mithin die Höchstbetragsbegrenzung nach § 47 Satz 2 KostO auf EUR 5.000,- nicht eingreift. Das Landgericht hat den Geschäftswert für die Beurkundung eines Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung zu einem Gewinnabführungsvertrag nach § 41c Abs. 1 iVm § 41a Abs. 4 Nr. 1 KostO bemessen. Diese Ausführungen lassen keine Rechtsfehler erkennen.

Der Geschäftswert für einen Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung richtet sich nach dem Vertrag, dem zugestimmt wird (Rohs/Wedewer-Rohs, KostO, § 41 c Rn. 34). Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Frage, ob ein Gewinnabführungsvertrag "keinen bestimmten Geldwert" im Sinne des § 41 c Abs. 1 KostO hat, umstritten sei. Es hat sich der herrschenden Meinung in der Rechtssprechung angeschlossen, wonach einem Zustimmungsbeschluss der hier fraglichen Art stets ein "unbestimmter Geldwert" zuzumessen sei, weil die Ergebnisabführungsvereinbarung in die Zukunft gerichtet sei und deshalb unter Berücksichtigung der wechselnden wirtschaftlichen Verhältnisse eine sichere Grundlage für eine Entwicklungsprognose fehle (vgl. OLG Celle ZNotP 2007, 157; OLG Stuttgart Justiz 1997, 216 und Justiz 2008, 335 (betr. Ergebnisabführungsvereinbarung); OLG Karlsruhe BWNotZ 1995, 69; OLG Hamm JurBüro 1994, 355).

Demgegenüber wendet der Kostengläubiger erfolglos ein, die vom Landgericht vorgenommene Auslegung des Begriffs "kein bestimmter Geldwert" verstoße gegen Sinn und Zweck des Gesetzes, der mit der Zugrundelegung eines Geldwertes ersichtlich auf das wirtschaftliche Interesse des Kostenschuldners habe abstellen wollen. "Bestimmter Geldwert" sei nicht im Sinne eines "bestimmten Geldbetrages" gemeint. Es sei ausreichend, dass der "Geldwert" unter Heranziehung des durchschnittlichen Gewinns oder Verlustes des beherrschten Unternehmens in den letzten Jahren geschätzt werden könne, der Geldwert mithin bestimmbar sei. Es könne nicht sein, dass eine engherzige Auslegung des Begriffs bei dem wirtschaftlich starken Kostenschuldner zu einer nicht mehr nachvollziehbaren Vergünstigung führe und dadurch eine Schlechterstellung der Kostenschuldner mit geringer wirtschaftlicher Kraft zwingend die Folge sein werde.

Die vom Landgericht zugrunde gelegte Auslegung des Begriffs "kein bestimmter Geldwert" ist nicht zu beanstanden. Für die Auslegung maßgeblich ist der im Gesetzeswortlaut objektivierte Wille des Gesetzgebers. Dieser ist anhand des Wortlautes, der Systematik sowie nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes zu ermitteln. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 41c Abs. 1 KostO abweichend von anderen Wertevorschriften ausdrücklich den Begriff "kein bestimmter Geldwert" verwandt hat. Es hat damit in erster Linie auf den "Geldwert" abgestellt, nicht auf einen "Wert" oder ein wirtschaftliches Interesse.

Auch die vorgenommene Subsumtion des vorliegenden Sachverhaltes begegnet keinen Bedenken. Bei Organbeschlüssen wird die Vorschrift des § 30 Abs. 1 KostO durch § 41c KostO verdrängt, der nur die Alternative zwischen Beschlüssen mit und ohne einen bestimmten Geldwert kennt (vgl. Rohs/Wedewer, § 41c Rn. 34). Es mag dahinstehen, ob auch ein lediglich "berechenbarer" Geldwert ein "bestimmter" Geldwert ist. Das Landgericht hat mit nachvollziehbarer und zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, maßgeblich hervorgehoben, dass bei Beschlüssen der hier fraglichen Art im Beurkundungszeitpunkt gerade keine verlässlichen Wertermittlungen möglich sind. Der Geldwert der vereinbarten künftigen Gewinnabführung kann vielmehr nur auf Grundlage von in der Vergangenheit erzielten Geschäftsergebnissen prognostiziert werden. Man könnte zwar - wie auch der Kostengläubiger geltend macht - von dem bisherigen durchschnittlichen Jahresgewinn ausgehen und unter Berücksichtigung der allgemeinen Konjunkturaussichten und der speziellen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens auf künftige Gewinne schließen und den so geschätzten Jahresgewinn angemessen vervielfältigen. Dies liefe aber letztlich auf eine Schätzung des Geldwertes auf Grundlage einer nicht gesicherten Zukunftsprognose hinaus. Eine solche Schätzung ist im Rahmen des § 41c KostO nicht zulässig (vgl. auch Rohs/Wedewer, § 41 c Rn. 34). Ein in dieser Weise geschätzter Geldwert ist weder ein bestimmter Geldwert noch ein aufgrund gesicherter Grundlagen errechenbaren Geldwert.

II.

Der Kostenausspruch folgt aus §§ 156 Abs. 5 Sätze 1 und 2, 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO sowie aus § 13 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 1. Alt. FGG; der Kostengläubiger hatte mit seiner weiteren Beschwerde keinen Erfolg.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde:

EUR 6.700,16 (= EUR 5120,- + EUR 656,-, zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer)

Ende der Entscheidung

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