Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 14.10.2008
Aktenzeichen: I-10 W 92/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO §§ 91 ff.
ZPO § 99
Zur Anfechtung einer isolierten Kostenentscheidung mit der sofortigen Beschwerde, wenn das Gericht irrtümlich ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den im Urteilsrubrum als Kläger und Beklagten aufgeführten Parteien angenommen hat.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird das im schriftlichen Verfahren am 10.07.2008 verkündete und der Beschwerdeführerin am 17.07.2008 zugestellte Urteil des Landgerichts Mönchengladbach - Einzelrichterin - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Das Versäumnisurteil vom 03. April 2008 wird aufgehoben.

Die Gerichtskosten werden niedergeschlagen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden niedergeschlagen. Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht veranlasst.

Gründe:

Die weitere Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 14.07.2006 im Wege der einstweiligen Verfügung gegen die Beschwerdeführerin u.a. die Wiedereinräumung des Besitzes an einer Lagerhalle beantragt. Gegen die am selben Tag antragsgemäß erlassene Beschlussverfügung hat die Beschwerdeführerin kein Rechtsmittel eingelegt. Auf ihre Beschwerde vom 21.07.2006 hat das Landgericht den Streitwert mit Beschluss vom 17.10.2006 auf 5.175 € herabgesetzt. Nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 19.12.2006 war das Verfügungsverfahren abgeschlossen. Unter dem 03.04.2008 hat das Landgericht die Beschwerdeführerin als Beklagte verurteilt, an die weitere Beteiligte als Klägerin 14.485,61 € nebst Zinsen zu zahlen. Das als Versäumnisurteil bezeichnete Urteil ist "auf die mündliche Verhandlung vom 03.04.2008" ergangen und wurde den Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 14.04.2008 zugestellt. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin am 15.04.2008 Einspruch eingelegt. Mit Beschluss vom 16.04.2008 hat das Landgericht festgestellt, dass das Versäumnisurteil gegenstandlos sei. Es sei versehentlich aufgrund einer fehlerhaften Programmierung ergangen. Tatsächlich war das Versäumnisurteil in der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2008 von der Klägerin des Rechtsstreits 6 O 229/07 beantragt worden. Über den Einspruch der Beschwerdeführerin hat das Landgericht mit Zustimmung der weiteren Beteiligten im schriftlichen Verfahren durch das angefochtene Urteil entschieden. Das Versäumnisurteil wurde aufgehoben, die Gerichtskosten niedergeschlagen und "die übrigen Kosten des Rechtsstreits" der Beschwerdeführerin als "Beklagten" auferlegt. Hiergegen richtet sich ihre sofortige Beschwerde, mit der sie die Aufhebung der gegen sie gerichteten Kostenentscheidung erstrebt.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Zwar ist die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt gemäß § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Mit dem Ausschluss der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung sollen Ungereimtheiten zwischen der Hauptsacheentscheidung und der Kostenentscheidung der höheren Instanz vermieden und verhindert werden, dass das Rechtsmittelgericht die Hauptsacheentscheidung nachprüfen muss, nur um über die Kosten entscheiden zu können (Musielak, ZPO, 6. Aufl., § 99, RdNr. 1). Diese Gefahr widerstreitender Entscheidungen besteht jedoch dann nicht, wenn das Gericht die Kostenentscheidung nicht zwischen den Prozessparteien, sondern gegenüber einem Dritten, der nicht Prozesspartei ist, erlassen hat (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 828; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 29. Aufl., § 99, RdNr. 6). Dementsprechend steht dem Dritten das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zur Verfügung, wenn das Gericht ihm als vollmachtlosem Vertreter oder nichtberechtigtem gesetzlichen Vertreter wegen der Unzulässigkeit der Klage die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat (BGH, NJW 1988, 49, 50). Gleiches muss auch dann gelten, wenn zwischen den im Rubrum des Urteils als Kläger und Beklagten aufgeführten Parteien - wie hier - mangels Einreichung einer Klage kein Prozessrechtsverhältnis besteht und hinsichtlich des titulierten Anspruchs auch nie bestanden hat. Hebt das Gericht in diesem Fall das irrtümlich erlassene Urteil auf ein Rechtsmittel der ohne Veranlassung in den Prozess einbezogenen Partei auf und legt ihr - wie hier ohne Begründung - die Verfahrenskosten auf, muss es der Scheinpartei wie einem vollmachtlosen Vertreter möglich sein, die Kostenentscheidung isoliert mit der sofortigen Beschwerde anzugreifen.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Für die Belastung der Beschwerdeführerin mit den "übrigen Kosten des Rechtsstreits" fehlt eine Rechtsgrundlage. Die Anwendung der §§ 91 ff. ZPO setzt voraus, dass zwischen den Parteien ein Prozessrechtsverhältnis besteht. Hieran fehlt es. Weder wurde die irrtümliche Falschbezeichnung durch ein Verhalten der Beschwerdeführerin verursacht noch erfolgte ihre Aufnahme als beklagte Partei in das Rubrum des Versäumnisurteils vom 03.04.2008 auf Veranlassung der weiteren Beteiligten. Die Aufnahme der Beschwerdeführerin in das Urteilsrubrum als Scheinpartei beruhte vielmehr allein auf der keiner der Beteiligten zuzurechnenden Verwechselung des Landgerichts, so dass über die Kosten - ungeachtet des Einspruchs der Beschwerdeführerin - auch nicht nach dem Veranlasserprinzip (vgl. hierzu BGH, NJW-RR 1995, 764) entschieden werden konnte. Dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Rechtsbehelf die Aufhebung der unrichtigen Kostenentscheidung erstrebt, begründet zwischen ihr und der weiteren Beteiligten kein Prozessrechtsverhältnis, das eine Anwendung der §§ 91 ff. ZPO hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens rechtfertigt. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sind gemäß § 21 Abs. 1 GKG nicht zu erheben.

Ende der Entscheidung

Zurück