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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.02.2009
Aktenzeichen: I-11 U 24/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 812 Abs. 1
BGB § 816 Abs. 1 Satz 1
BGB §§ 823 ff
BGB § 929
BGB § 929 Satz 1
BGB § 929 Satz 2
BGB § 930
BGB § 933
BGB §§ 987 ff
BGB § 989
BGB § 990 Abs. 1
BGB § 1006 Abs. 1
BGB § 1006 Abs. 2
ZPO § 440 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 31.07.2008 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger kommt kein Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten zu.

1.

Der Kläger kann von der Beklagten keinen Schadensersatz in Höhe von 12.200,00 € verlangen.

a.

Ein auf §§ 989, 990 Abs. 1 BGB gründender Schadensersatzanspruch wegen der von der Beklagten - deren Vorbringen sich der Kläger hilfsweise zu eigen macht - behaupteten Veräußerung des streitgegenständlichen Pkw Mercedes Benz an die A. W. GmbH aufgrund Vertrages vom 18.04.2008 ist nicht gegeben.

Mangels Eigentums des Klägers fehlt es an einer zum Zeitpunkt der behaupteten Veräußerung bestehenden Vindikationslage.

aa.

Zwar ist davon auszugehen, dass der Kläger zunächst Eigentümer des streitgegenständlichen Pkw war, da er hieran, ehe er den Pkw der F.H. GmbH übergab, unmittelbaren Besitz besaß und zu seinen Gunsten nach § 1006 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zu vermuten ist, dass er bei Erwerb des Besitzes Eigenbesitz begründete, dabei unbedingtes Eigentum erwarb und es während der Besitzzeit behielt (vgl. BGH, NJW 1994, 939). Hiermit korrespondiert, dass sich der Kläger im Besitz des auf seinen Namen lautenden Fahrzeugbriefs befand.

bb.

Allerdings gelangen zu Gunsten der Beklagten als der dem Kläger nachfolgenden Besitzerin ebenfalls § 1006 Abs. 1 und § 1006 Abs. 2 BGB zur Anwendung mit der Folge, dass zum Zeitpunkt der Weitergabe an die A.W. GmbH ihre Eigentümerstellung zu vermuten ist. Etwas anderes würde lediglich dann gelten, wenn der Kläger diese Vermutung widerlegt hätte. Dies wäre dann der Fall, wenn die Vertragsparteien, wie der Kläger behauptet, einen Eigentumsvorbehalt vereinbart hätten. Hierauf kommt es indes nicht an, da die Beklagte jedenfalls nach §§ 929, 930, 933 BGB gutgläubig Eigentum von der - zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt am 10.01.2007 noch nicht infolge Insolvenzverfahrenseröffnung bzw. Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters verfügungsbeschränkten - F.H. GmbH erworben hat.

(1)

Die Beklagte und die F.H. GmbH haben sich am 06.12.2006 gemäß § 929 Satz 1 BGB darüber geeinigt, dass die Beklagte Sicherungseigentum an dem Pkw Mercedes Benz erwerben soll.

Gemäß Ziffer 8 Abs. 1 und Abs. 4 der dem seinerzeit geltenden Rahmenkreditvertrag vom 25.10.2005 beigefügten Finanzierungsbedingungen (Anl. B 1, Bl. 31 ff GA) haben sich die Beklagte und die F.H. GmbH durch den am 06.12.2006 bei der Beklagten eingegangenen Kreditantrag und die am gleichen Tage erfolgte Annahme desselben sowie die Veranlassung der Auszahlung des Kreditbetrages und die Übersendung des Kfz-Briefs geeinigt, dass die Beklagte zur Sicherung ihrer Kreditforderungen das Sicherungseigentum an dem Pkw erhalten soll.

(2)

Hiermit ging als Übergabesurrogat nach §§ 929 Satz 2, 930 BGB ausweislich Ziffer 8 Abs. 4 der Finanzierungsbedingungen der Abschluss eines Verwahrungsvertrages hinsichtlich des nach Übergabe am 04.12.2006 im unmittelbaren Besitz der F.H. GmbH befindlichen Pkw einher.

(3)

Ungeachtet der Verfügungsberechtigung der F.H. GmbH hat die Beklagte jedenfalls mit Wirkung vom 10.01.2007 durch Übergabe des Pkw Mercedes Benz gemäß § 933 BGB gutgläubig Eigentum an dem Pkw erworben.

Der für die Bösgläubigkeit darlegungs- und beweisbelastete Kläger trägt keine Umstände vor, welche die Annahme begründen, die Beklagte hätte zum Zeitpunkt der Übergabe des Pkw am 10.01.2007 Kenntnis von einer etwaigen fehlenden Eigentümerstellung der F.H. GmbH besessen oder sich hierüber grob fahrlässig in Unkenntnis befunden.

(a)

Zwar mag im Einzelfall, wenn der Veräußernde nicht als Eigentümer im Kraftfahrzeugbrief eingetragen ist - wie hier -, eine besondere Nachforschungspflicht des Erwerbers bestehen (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 932 Rz. 13; BGH, NJW 1996, 314). Eine solche wird allerdings typischerweise lediglich bei einem Verkauf von privat angenommen. Bei einer gewerblichen Veräußerung im Rahmen eines An- und Verkaufs stellt es hingegen keine Besonderheit dar, wenn sich der Käufer und spätere Verkäufer im Hinblick auf die kurze Zeitspanne zwischen An- und Verkauf und zur Vermeidung einer weiteren, dem Verkehrswert abträglichen Voreintragung gar nicht erst im Kraftfahrzeugbrief eintragen lässt. Ungeachtet dessen durfte die Beklagte aufgrund des ihr am 10.01.2007 vorliegenden Kaufvertrages vom 04.12.2006 (Anl. K 1, Bl. 7 GA) davon ausgehen, dass die F.H. GmbH als Berechtigte handelte. Denn der in entsprechender Anwendung von § 440 Abs. 2 ZPO die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit begründende Kaufvertrag wies keinen Eigentumsvorbehalt zu Gunsten des Klägers aus. War mithin der Urkunde keine Vereinbarung eines gegebenenfalls zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigenden Eigentumsvorbehalts zu entnehmen, war die Beklagte auch im Hinblick hierauf nicht gehalten, weitere Nachforschungen anzustellen.

(b)

Keine andere Beurteilung rechtfertigt sich angesichts der finanziellen Situation der F.H. GmbH. Auch wenn der Beklagten bei der Übergabe des Fahrzeuges am 10.01.2007 aufgrund der zuvor erfolgten Mitteilung der F.H. GmbH, die Kredite nicht mehr zu bedienen, die finanzielle Lage der F.H. GmbH bekannt war und dementsprechend nahe lag, dass sich die finanzielle Situation der F.H. GmbH bei Abschluss des Kaufvertrages am 04.12.2006 bereits ähnlich darstellte, lässt sich hieraus nicht auf eine grob fahrlässige Unkenntnis eines etwaigen Eigentumsvorbehalts schließen. Denn der Umstand, dass der F.H. GmbH die Insolvenz drohte, bedeutete aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten nicht, dass hiermit mutmaßlich die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts einherging. Die F.H. GmbH hatte hieran augenscheinlich kein Interesse. Der Kläger seinerseits hätte hierzu lediglich Veranlassung gehabt, wenn er um die finanzielle Situation des Unternehmens gewusst oder die Insolvenz der F.H. GmbH für möglich gehalten hätte. Wäre Letzteres der Fall gewesen, hätte er sich aber gerade nicht auf den im gleichen Zusammenhang erfolgten Erwerb des Pkw Skoda Fabia von der F. Gebrauchthandel GmbH im Wege des verdeckten Leasings eingelassen. Denn diese Vertragskonstruktion setzte gerade den Fortbestand der F.-Gruppe voraus, damit der Kläger den erworbenen Skoda Fabia vor Fälligkeit der sog. Ballonrate an die F.-Gruppe rückveräußern konnte. Wusste aber die Beklagte, wie der Kläger behauptet, um das verdeckte Leasinggeschäft und damit um die vorstehenden Gegebenheiten, musste sie - erst recht angesichts des der F.H. GmbH bereits überlassenen Kraftfahrzeugbriefs - nicht damit rechnen, dass die Vertragsparteien - wie vom Kläger behauptet - einen Eigentumsvorbehalt vereinbart hatten. Ungeachtet dessen war der Beklagten am 10.01.2007 die - die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit begründende - Kaufvertragsurkunde bekannt, der kein Eigentumsvorbehalt zu entnehmen war, mit der Folge, dass sie allein angesichts dessen die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts nicht in Erwägung ziehen musste. Hinzu kommt, dass der Beklagten nach der Darstellung des Klägers aufgrund der Kenntnis des Vertriebssystems bekannt war, dass dieses keine Vereinbarung eines - dem System abträglichen - Eigentumsvorbehalts in dem Verhältnis zwischen Kunden und F.H. GmbH vorsah.

(c)

Soweit der Kläger ein kollusives Zusammenwirken der F.-Gruppe und der Beklagten behauptet, fehlt es - ungeachtet der Frage, weshalb hieraus auf die fehlende Gutgläubigkeit der Beklagten hinsichtlich des Eigentums der F.H. GmbH geschlossen werden können soll - an einer ausreichenden Substantiierung. Vielmehr spricht die Tatsache, dass der Zeuge B. in dem Verfahren vor dem Landgericht Mönchengladbach zum Aktenzeichen 10 O 124/07 einräumen musste, u. a. eine Sonderausstattung in einer Vielzahl von Fällen "hinzugelogen" zu haben und auch im Übrigen Falschangaben hinsichtlich des Kaufpreises und damit der Werthaltigkeit des Sicherungsgutes gemacht zu haben, nachhaltig dagegen, dass die Beklagte in diese Art der Geschäftspraktik der F.-Gruppe einbezogen war. Eine bloße etwaige Kenntnis, dass es sich bei der Verfahrensweise letztlich um ein verdecktes Leasinggeschäft handelte, änderte an der Kenntnis von den Eigentumsverhältnissen aus den vorstehend angeführten Gründen nichts.

(d)

Keine Bedeutung für den Eigentumserwerb der Beklagten erlangt die am 10.01.2007 ausgesprochene Kündigung des Kreditrahmenvertrages. Die zuvor auf dessen Grundlage getroffenen Vereinbarungen entfielen hiermit nicht.

b.

Weitere Anspruchsgrundlagen, aufgrund derer der Kläger Schadensersatz von der Beklagten begehren könnte, sind nicht ersichtlich. Ebenso wie sonstige Ansprüche nach §§ 987 ff BGB wegen der fehlenden Vindikationslage nicht in Betracht kommen, scheidet - unabhängig von der Eröffnung des Anwendungsbereichs der §§ 823 ff BGB - auch eine deliktsrechtliche Haftung im Hinblick darauf aus, dass die Beklagte jedenfalls gutgläubig Eigentum erworben hat.

2.

Ebenso wenig kommen dem Kläger auf die Zahlung des erzielten Veräußerungserlöses in Höhe von 8.700,00 € gerichtete bereicherungsrechtliche Ansprüche zu, wie sie der Kläger mit seinem - als Hilfsvorbringen anzusehenden - sog. weiteren Hilfsantrag verfolgt.

a.

Die Beklagte ist dem Kläger entgegen dessen Auffassung nicht zur Zahlung gemäß § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet. Da die Beklagte zum Zeitpunkt der Veräußerung Eigentümerin des Pkw war, fehlt es an einer Verfügung als Nichtberechtigte.

b.

Im Hinblick darauf, dass die Beklagte Eigentum aufgrund der Sicherungsabrede mit der F.H. GmbH erworben hat, scheiden angesichts des Vorrangs der Leistungskondiktion weiterhin Ansprüche aus § 812 Abs. 1 BGB aus.

3.

Mangels Hauptforderung kommen auch keine Zinsansprüche in Betracht.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlagen in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

5.

Die Beschwer des Klägers liegt unter 20.000,00 €.

6.

Gründe, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.

Streitwert: 12.200,00 €

Ende der Entscheidung

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