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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.12.2007
Aktenzeichen: I-12 U 39/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Duisburg vom 19.01.2007 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 1.728 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2006 zu zahlen.

Die Berufung der Beklagten gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Teilerkenntnis- und Schlussurteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, soweit diese auf Rückzahlung des restlichen Reisepreises gerichtet ist.

Es hat ausgeführt, der Kläger sei zu der schlüssig ausgesprochenen Kündigung des Reisevertrages berechtigt gewesen, weil die Reise durch Nichteinhaltung einer von der Beklagten gegebenen Zusicherung mit einem Reisemangel behaftet gewesen sei, welcher eine erhebliche Beeinträchtigung dargestellt habe.

Schadensersatz für vertanenen Urlaub stehe dem Kläger und seiner Ehefrau jedoch nicht zu, weil die Reise gar nicht erst angetreten worden sei und nicht ersichtlich sei, dass der Kläger sich keinen Ersatzurlaub zu einem anderen Zeitpunkt habe nehmen können.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren jeweils rechtzeitig selbständig eingelegten und begründeten Berufungen.

Die Beklagte macht geltend, das Landgericht habe die Voraussetzungen einer Kündigung zu Unrecht bejaht, da eine erhebliche Beeinträchtigung des Wertes der gesamten Reise nicht vorgelegen habe. Nichts anderes gelte, wenn man die Beförderung in der "first comfort class" als zugesichert betrachte. Schließlich sei auch nicht erkennbar und insbesondere nicht für die Beklagte bei Vertragsschluss erkennbar gewesen, dass die Beförderung in der Economy class für den Kläger und seine Ehefrau nicht zumutbar gewesen sein solle. Die Economy class sei nicht ausgebucht gewesen, so dass der Ehefrau des Klägers eine freie Sitzreihe zur Alleinbenutzung hätte zur Verfügung gestellt werden können.

Die vom Kläger unterlassene Fristsetzung zur Abhilfe sei nicht entbehrlich gewesen. Eine Abhilfe wäre möglich gewesen, da am Abflugtag von anderen Flughäfen, z.B. Amsterdam und Frankfurt, noch Abflugmöglichkeiten zum Zielflughafen zur Verfügung gestanden hätten und entsprechende Zubringerpassagen sich ohne weiteres hätten beschaffen lassen. Mit Schriftsatz vom 10.10.2007 behauptet die Beklagte, der Kläger habe über eine Frau K. am 25.03.2006 unzweideutig mitteilen lassen, dass für ihn der Antritt der Reise nicht mehr in Betracht komme und er von der Reise zurücktrete.

Es sei zwar richtig, dass an diesem Tage der Umzug der Beklagten in ein neues Verwaltungsgebäude vollzogen worden sei, das Büro der Beklagten sei aber auch samstags besetzt gewesen und es sei daher ohne weiteres möglich gewesen, für Abhilfe zu sorgen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage - soweit nicht teilweise anerkannt - insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.728 € nebst Zinsen i.H.v.

5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2004 zu zahlen.

Er meint, die Beklagte sei wegen der Vereitelung der Reise verpflichtet, eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu leisten. Er und seine Ehefrau hätten die Zeit des gebuchten Urlaubs zuhause verbracht.

Die gegnerische Berufung bittet der Kläger zurückzuweisen.

Er meint, die Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, wann und von wem ihm und seiner Ehefrau eine Beförderung in der Economy class angeboten worden sei.

Soweit die Beklagte sich nunmehr in der Berufungsinstanz darauf berufe, es habe noch andere Flugmöglichkeiten gegeben, werde dies bestritten. Solche seien insbesondere auch nicht angeboten worden. Überdies sei der Vortrag in der Berufungsinstanz verspätet.

II.

Von den zulässigen Berufungen hat nur diejenige des Klägers Erfolg, während die Berufung der Beklagten unbegründet ist.

Mit Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Rückzahlung des vollständigen Reisepreises verurteilt. Das Landgericht ist erstinstanzlich in Übereinstimmung mit den Parteien von einer konkludenten Kündigung des Reisevertrages seitens des Klägers ausgegangen. Hierauf lassen sich die Klageansprüche jedenfalls auch stützen.

Ein Kündigungsrecht des Klägers war gegeben. Die Reise war mit einem erheblichen Mangel behaftet. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Bezug genommen. Die Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass dem Kläger und seiner Ehefrau der Antritt der Reise objektiv nicht zugemutet werden konnte. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass die Beförderung in der First Comfort class nicht nur von der Beklagten in der Reisebestätigung zugesichert, sondern auch in dem Reiseprospekt besonders herausgestellt war. Dem Kläger war die Beförderung in der First Comfort class bei einem Reisepreis von insgesamt 5.042 € einen darin eingeschlossenen Zuschlag von 1.300 € für Hin- und Rückflug wert.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, lediglich der Hinflug sei nicht wie zugesichert möglich gewesen. Unstreitig war es dem Kläger nicht möglich, bis zum Abflug der Maschine einen Mitarbeiter der Beklagten oder einen von ihr Beauftragten oder irgend jemand zu erreichen, der ihm weiterhelfen konnte. Er konnte weder in Erfahrung bringen, weshalb er mit seiner Begleiterin für die First Comfort class nicht gebucht war, noch hat ihm nach seinem Vorbringen jemand gesagt, dass es beim Rückflug anders sein würde, dass er also insoweit die zugesicherte Beförderungsart bekommen würde. Ob die Beklagte letzteres bestreiten will, mag offen bleiben. Selbst wenn dem Kläger gesagt worden sein sollte, dass beim Rückflug dasselbe Problem nicht auftreten würde, musste er darauf nicht mehr vertrauen, nachdem die schriftliche Zusage für den Hinflug bereits gebrochen worden war. Hinzu kommt, dass der Kläger sich vor Reisebeginn über sein Reisebüro bei der Beklagten fernmündlich darüber vergewissert hatte, dass die Beförderung in der First Comfort class gebucht sei, was ausdrücklich für Hin- und Rückflug bestätigt worden war. Der Kläger musste also aufgrund des Verhaltens der Beklagten berechtigter maßen die Befürchtung hegen, er könne auch auf dem Rückflug auf die Economy class verwiesen werden.

Mit Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass es einer Fristsetzung zur Abhilfe nicht bedurfte. Die Ausführungen in der Berufung gehen in Anbetracht des konkret vorliegenden Sachverhalts fehl.

Unstreitig war bis zum Abflug der Maschine um 8.50 Uhr über die Hotline der Beklagten - deren Büro erst ab 9.00 Uhr besetzt war - niemand zu erreichen, so dass eine Fristsetzung schon deswegen unmöglich war. Im weiteren Verlauf war eine Abhilfe ohnehin unmöglich. Erstinstanzlich hat der Kläger unwidersprochen vorgebracht, gegen 13.30 Uhr habe eine Frau F., eine Mitarbeiterin der Beklagten telefonisch erreicht werden können. Diese habe ihm mitgeteilt, dass die Sachbearbeiterin der Beklagten, Frau N., schon vor ein paar Tagen an "der Sache" des Klägers gearbeitet habe. Frau F. habe zugesagt, dass Frau N. zurückrufen werde. Nachdem diese sich nach 1 1/2 Stunden nicht gemeldet gehabt habe, habe er nochmals bei der Beklagten angerufen. Nunmehr habe Frau F. gesagt, dass Frau N. zwischenzeitlich nach Hause gegangen sei. Zweitinstanzlich hat der Kläger dies dahin ergänzt, dass ihm bei einem Anruf über die Hotline um 10.10 Uhr gesagt worden sei, die zuständige Sachbearbeiterin werde sich bei ihm melden. Sodann habe er bei der Beklagten zurückgerufen, nachdem sich bis 13.30 Uhr niemand gemeldet habe. Die Beklagte hat demgegenüber lediglich zweitinstanzlich geltend gemacht, der Kläger habe telefonisch - und zwar über eine Frau K. - mitgeteilt, nunmehr komme für ihn der Antritt der Reise nicht mehr in Betracht. Eine Frau F. oder eine Mitarbeiterin ähnlichen Namens sei bei der Beklagten nicht beschäftigt. Der Kläger hat daraufhin vorgetragen, bei dem Namen F. könne es sich auch um einen Irrtum handeln.

Auch nach dem Vorbringen der Beklagten bestand die einzig mögliche Abhilfe, nachdem der vorgesehene Flug in der First Comfort class von der Beklagten nicht geleistet wurde, darin, von einem anderen Flughafen die Reise in die Karibik anzutreten. Eine solche Möglichkeit hätte nach dem Vorbringen der Beklagten am selben Tage von Frankfurt oder von Amsterdam aus bestanden. Der Kläger und seine Ehefrau mussten sich indes darauf nicht einlassen. Es war für sie unzumutbar, sich im Verlaufe des Tages auf einen Transfer nach Frankfurt oder Amsterdam einzulassen, um von dort aus den Langstreckenflug in die Karibik anzutreten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Kläger auch nach Erreichen von Mitarbeitern der Beklagten nicht erläutert wurde, weshalb er nicht in der First Comfort class mitfliegen konnte. Tatsächlich hat sich die Beklagte noch mit ihrem Schreiben vom 13.04.2006 auf den Standpunkt gestellt, nicht sie, sondern die entsprechende Fluggesellschaft sei für die ordnungsgemäße Beförderung ihrer Kunden verantwortlich, weshalb sie die Reklamation des Klägers an die ...weitergeleitet habe, obwohl es unstreitig so war, dass die Beklagte eine Buchungsbestätigung für die First Comfort class für den Hinflug überhaupt nicht erhalten hatte. Es wäre dem Kläger daher auch unter Risikogesichtspunkten nicht zumutbar gewesen, überhaupt den Transfer zu einem der genannten Abflughäfen auf sich zu nehmen. Eine Fristsetzung wäre daher auch zwecklos gewesen.

Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Infolge der berechtigten Kündigung ist die Reise vereitelt worden, so dass die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch wegen nutzlos vertaner Urlaubszeit vorliegen.

Der vom Kläger beanspruchte Betrag für sich und seine Ehefrau liegt deutlich unter der Hälfte des Reisepreises. Nimmt man, wie zulässig, den Reisepreis als ein wesentliches Bemessungskriterium, so ist der Betrag augenscheinlich gerechtfertigt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11.01.2005, NJW 05, 1047 ff.). Auch auf diesen Betrag stehen dem Kläger die geforderten Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe zu.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst.

Wert der Berufung des Klägers: 1.728 €.

Wert der Berufung der Beklagten: 4.392 €.

Ende der Entscheidung

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