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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.04.2006
Aktenzeichen: I-15 U 116/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 28. Juni 2005 (3 O 76/05) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Mieter eines Hauses in R.. Er bat den Beklagten, der im Bereich der Sanitär- und Badinstallation tätig ist, um die Erstellung eines Kostenvoranschlags für die Erneuerung des Bades. Der Beklagte besichtigte das Bad am 10. Februar 2004. Zu diesem Zeitpunkt waren am Rand der Badewanne und der Duschtasse auf je ca. 10 cm Länge die Emailbeschichtungen beschädigt und der darunter liegende Stahl korrodiert. Der Beklagte wandte sich unter dem 12. Februar 2004 schriftlich an den Architekten R., der für die nicht in R. wohnhaften Vermieter das Mietobjekt verwaltet. In dem Schreiben teilte er mit, dass der Kläger von ihm eine Bestätigung erbeten habe, dass das Badezimmer nicht mehr gebrauchsfähig sei. Es habe sich herausgestellt, dass der Kläger das Angebot im Hinblick auf rechtliche Auseinandersetzungen mit dem Vermieter erbeten habe. Deswegen distanzierte sich der Beklagte vor dem Hintergrund langjähriger Tätigkeit für die Vermieter des Klägers von der Erstellung des Angebots, um nicht in rechtliche Auseinandersetzungen verwickelt zu werden. Das Schreiben enthält sodann den folgenden Passus:

"Anzumerken ist auch noch der Zustand der Badewanne und der Duschtasse, diese sind beide im vorderen Bereich oben an den Einstiegskanten zerstört. Diese Zerstörung in dem Ausmaße habe ich in dieser Form selten gesehen und kann nur auf mechanische Fremdeinwirkungen zurückzuführen sein. Es wurde durch Herrn F versucht mir zu suggerieren das dies ja wohl ein normaler Verschleiß wäre und unter dem Mantel der Abnutzung zu sehen sei, dieses kann ich nur verneinen bzw. es liegt sogar die starke Vermutung vor, dass dieser Schaden mit Absicht herbeigeführt wurde. Emaile einer Wanne platzt nicht von alleine ab und schon gar nicht an zwei unterschiedlichen Gegenständen, die physikalisch komplett voneinander getrennt sind."

Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 5/6 GA Bezug genommen.

Einer außergerichtlichen Aufforderung, eine Unterlassungserklärung abzugeben und den Widerruf zu erklären, kam der Beklagte nicht nach.

Die Vermieter kündigten das Mietverhältnis mit dem Kläger fristlos und führten in einem Rechtsstreit zwischen den Mietvertragsparteien in einem Schriftsatz vom 18. November 2004 das Schreiben des Beklagten vom 12. Februar 2004 mit der Behauptung ein, der Kläger habe die Schäden vorsätzlich herbeigeführt, um die Notwendigkeit einer Badsanierung herbeizuführen.

Der Kläger hat behauptet, die Schäden seien korrosionsbedingt, wobei die Korrosion von außen nach innen aufgetreten sei. Die Schäden habe der Beklagte nur beiläufig aus der Ferne gesehen. Er hat die Auffassung vertreten, durch das Schreiben werde er in unwahrer Weise bezichtigt, vorsätzliche Straftaten zu Lasten der Vermieter begangen zu haben.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsstrafe von bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen zu behaupten, der Kläger habe einen Korrosionschaden an der Badewanne und Duschwanne des von ihm gemieteten Hauses in R durch vorsätzliche Sachbeschädigung verursacht, insbesondere auch wenn dies in folgender Form seines Schreibens vom 12.02.2004 an den Architekten B. geschieht:

"Anzumerken ist auch noch der Zustand der Badewanne und der Duschtasse, diese sind beide im vorderen Bereich oben an den Einstiegkanten zerstört. Diese Zerstörung in dem Ausmaße habe ich in dieser Forma selten gesehen und kann nur auf mechanische Fremdeinwirkungen zurückzuführen sein. Es wurde durch Herrn F. versucht mir zu suggerieren das dies ja wohl ein normaler Verschleiß wäre und unter dem Mantel der Abnutzung zu sehen sei, dieses kann ich nur verneinen, bzw. es liegt sogar die starke Vermutung vor, dass dieser Schaden mit Absicht herbeigeführt wurde. Emaile einer Wanne platzt nicht von alleine ab und schon gar nicht an zwei unterschiedlichen Gegenständen die physikalisch komplett voneinander getrennt sind.",

hilfsweise

den Beklagten zu verurteilen, bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsstrafe von bis zu 250.000,00 € ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten es zu unterlassen zu behaupten:

"Anzumerken ist auch noch der Zustand der Badewanne und der Duschtasse, diese sind beide vom vorderen Bereich oben an den Einstiegkanten zerstört. Diese Zerstörung in dem Ausmaße habe ich in dieser Forma selten gesehen und kann nur auf mechanische Fremdeinwirkungen zurückzuführen sein. Es wurde durch Herrn F. versucht mir zu suggerieren das dies ja wohl ein normaler Verschleiß wäre und unter dem Mantel der Abnutzung zu sehen sei, dieses kann ich nur verneinen, bzw. es liegt sogar die starke Vermutung vor, dass dieser Schaden mit Absicht herbeigeführt wurde. Emaile einer Wanne platzt nicht von alleine ab und schon gar nicht an zwei unterschiedlichen Gegenständen die physikalisch komplett voneinander getrennt sind.",

2. den Beklagten zu verurteilen, die in Ziffer 1 genannte Behauptung schriftlich zu widerrufen,

3. den Beklagten zu verurteilen, an ihn der in wegen Ziffer 1 genannten Behauptung einen Geldbetrag als Entschädigung/Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, der Kläger werde durch das Schreiben keiner Täterschaft bezichtigt.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 28. Juni 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Anspruch auf Unterlassung der näher bezeichneten Äußerungen nicht bestehe. Es fehle bereits an einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers, weil er nicht dargelegt habe, dass der Beklagte gerade ihn der vorsätzlichen Sachbeschädigung an der Wanne und der Duschtasse bezichtigt habe. Hierzu fehle es an jeglichem Vortrag. Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung folge auch nicht aus dem Schreiben vom 12. Februar 2004. Denn in diesem Schreiben vermutete der Beklagte zwar, dass der Schaden absichtlich herbeigeführt worden sei, führe aber nicht aus, wer dies gemacht habe.

Auch der Hilfsantrag sei unbegründet. Die darin enthaltene Äußerung sei als Meinungsäußerung zu werten, die grundsätzlich dem Schutz aus Art. 5 Abs. 1 GG unterfielen und nur bei beleidigendem oder schmähenden Charakter untersagt werden dürften. Entscheidend für die Abgrenzung sei, ob die Aussage mit den Mitteln des Beweises auf ihre Richtigkeit überprüft werden könnte - dann Tatsachenbehauptung - oder ob sie durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt und durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werde. Im Rahmen der Abgrenzung sei zunächst aus der Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittspublikums der Aussagegehalt zu ermitteln, wobei auf den Zusammenhang des gesamten Aussagetextes und nicht nur auf die in dem Klageantrag hervorgehobene Äußerung abzustellen sei.

Nach diesen Grundsätzen handele es sich um eine Meinungsäußerung, weil der Beklagte eine subjektive Wertung vorgenommen und eine Stellungnahme zur Schadensursache abgegeben habe. Seine Vermutung, dass die Schäden absichtlich herbeigeführt worden seien, ergäben sich aus einer Schlussfolgerung; die Äußerungen hätten keinen beleidigenden oder schmähenden Charakter.

In dem Schreiben vom 12. Februar 2005 sei auch keine verdeckte Tatsachenbehauptung zu sehen. Eine solche könne angenommen werden, wenn der Autor durch das Zusammenspiel der offenen Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage mache bzw. sie einem nicht unerheblichen Teil des Durchschnittspublikums als unabweisbare Schlussfolgerung nahe lege. Daran fehle es, weil die Äußerung des Beklagten nicht zwingend zu dem Schluss auf eine Schadensverursachung durch den Kläger führe.

Wegen der fehlenden Rechtsgutverletzung seien auch der Widerrufsanspruch und der Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld unbegründet.

Gegen dieses ihm am 01. Juli 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04. Juli 2005 Berufung eingelegt. Er bezieht sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen und vertritt die Auffassung, es handele sich bei der Äußerung um eine - unwahre - Tatsachenbehauptung. Die Äußerung des Beklagte beziehe sich auf ihn - den Kläger - , da entscheidend darauf abzustellen sei, ob alle oder ein erheblicher Teil der Leser die gemeinte Person identifizieren könnten. Dies sei vorliegend wegen seines alleinigen Zugriffs auf die Wanne und Duschtasse und wegen des theoretisch möglichen Motivs der Fall. Ausreichend für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung sei aber jedenfalls, dass er als Hauptverdächtiger zum Kreis der Verdächtigen zähle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Kleve vom 28. Juni 2005 - 3 O 76/05 - aufzuheben und nach den vom ihm beim Landgericht Kleve in der mündlichen Verhandlung vom 08. Juni 2005 zuletzt gestellten Haupt- und Hilfsanträgen zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und vertritt insbesondere die Ansicht, aufgrund der Äußerung müsse der Kläger nicht zwangsläufig als Täter angesehen werden, da auch Vormieter oder andere Dritte den Schaden hätten verursachen können.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

1.

Der mit dem Hauptantrag zu 1) verfolgte Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB ist unbegründet. Es fehlt bereits an einer Persönlichkeitsrechtsverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB.

Ersichtlich stellt der Kläger allein darauf ab, dass das Schreiben vom 12. Februar 2004 eine Äußerung enthalte, er - der Kläger - habe die Schäden an der Badewanne und der Duschwanne vorsätzlich herbeigeführt. Eine solche Äußerung - die allerdings zumindest abstrakt geeignet wäre, das Persönlichkeitsrecht des Klägers zu verletzen - lässt sich dem vorgenannten Schreiben jedoch nicht entnehmen. Eine ausdrückliche Aussage zu der Frage, wer die Schäden verursacht hat, enthält das Schreiben nicht; es stellt vielmehr nur die Schäden und ihre (mutmaßliche) Ursache fest, ohne Ausführungen über den Verursacher zu machen.

Auch eine versteckte Äußerung des von dem Kläger angenommenen Inhalts ist dem Schreiben im Wege der Deutung nicht zu entnehmen. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung sind weder die subjektive Absicht des Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen. Vielmehr ist entscheidend auf den Sinn der Äußerung abzustellen, der ihr nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums zukommt, wobei fern liegende Deutungen auszuscheiden sind (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 - 1 BvR 1696/98, NJW 2006, 207[208]). Für versteckte Äußerungen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Ehrschutz nicht nur auf eine Würdigung der offen aufgestellten Behauptungen beschränkt ist, sondern sich ebenso auf die Äußerungen erstreckt, die im Gesamtzusammenhang der offenen Einzelaussagen versteckt zwischen den Zeilen stehen. Gerade gegenüber solchen versteckten Aussagen kann die betroffene Persönlichkeit besonders schutzwürdig sein, weil sie hierdurch stärker belastet sein kann als durch offene Beschuldigungen. Vorwürfe, die der Betroffene selbst erst mittels Sinninterpretation eruieren muss, geben ihm eine weniger feste Grundlage in die Hand, von der aus er sich wehren kann. Da die Ermittlung des Aussagegehalts den erkennbar angeregten Schlussfolgerungen des Lesers anheim gegeben ist, ist zudem die Missverständnisbreite erhöht. Auch das kann den Betroffenen zusätzlich belasten.

Andererseits sind der Einbeziehung solcher aus dem Gesamtzusammenhang gewonnenen Sinninterpretationen in die Betrachtung des Persönlichkeits- und Ehrschutzes durch Art. 5 Abs. 1 GG Grenzen gesetzt, die die freie Äußerung von Kritik gewährleisten. Unzulässig wäre eine Sinninterpretation, die im Interesse des Ehrschutzes erwünscht sein könnte, indessen mit Art. 5 GG nicht zu vereinbaren wäre, weil sie auf die bloße Möglichkeit abstellt, dass der Leser Zusammenhänge für versteckte Behauptungen herstellt, die der beanstandete Text nicht mit hinreichender Klarheit liefert (BGH NJW 80, 2801 ff und 2807 ff; NJW-RR 1994, 1242 ff; NJW 2000, 656 ff; OLG Köln NJW-RR 1998, 1175 ff; OLG München NJW-RR 1997, 724 ff).

Die Gefahren, die sich für die Meinungsfreiheit aus der Interpretation einer Äußerung ergeben, die einseitig auf den Schutz des Kritisierten ausgerichtet ist, müssen deshalb das Gericht zu besonderer Zurückhaltung veranlassen. Grundsätzlich kann nämlich der Kritiker erwarten, dass der Leser seine offenen Einzelaussagen zunächst als solche nimmt und ihren Aussagegehalt misst. Er muss nicht durch klärende Zusätze der Gefahr vorbeugen, dass Leser in den Text eine Gesamtaussage hineininterpretieren, wenn sich das tatsächlich Gemeinte aus dem Konzept und dem sprachlichen Duktus hinreichend deutlich ergibt (BGH NJW 1980, 2801, 2803). Demgemäss bedeutet es rechtlich einen Unterschied, ob es der Autor dem Leser überlässt, aus dem Bezugszusammenhang offener Einzelaussagen Schlüsse in Richtung auf einen Sachverhalt selbst zu ziehen, oder ob er solche Schlussfolgerungen versteckt als eigene dem Leser unterbreitet. Im Ehrschutzprozess kann nur im zweiten Fall die verdeckte Aussage eines Autors der offenen Behauptung gleichgestellt werden. Demgegenüber kann sich der Betroffene grundsätzlich nicht dagegen wehren, dass der Leser aus den ihm offen mitgeteilten Fakten selbst Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den zwar die offenen Aussagen Anhaltspunkte liefern, den der Autor aber weder offen noch versteckt in seinen Einzelaussagen behauptet.

Nach diesen Grundsätzen enthält das Schreiben vom 12. Februar 2004 keine verdeckte Aussage, dass der Kläger die Wanne und die Duschtasse absichtlich beschädigt habe. Denn der Schluss auf eine absichtliche Verursachung durch den Kläger ist zwar ein möglicher, aber bei weitem kein zwingender oder auch nur naheliegender und wird von dem Beklagten dem Leser des Schreibens auch nicht unterbreitet. Aufgrund der von dem Beklagten mitgeteilten Tatsachen bleibt nämlich nicht nur die Frage, wer die Schäden verursacht hat, sondern letztlich auch die Frage, wie sie verursacht worden sind, offen.

In erster Linie stellt der Beklagte darauf ab, dass die Schäden durch "mechanische Fremdeinwirkungen" verursacht worden seien. Dies umfasst dem Wortlaut wie dem Verständnishorizont des Durchschnittslesers nach eine breite Spanne möglicher Ursachen, die von der völlig schuldlosen Herbeiführung der Schäden (z.B. Fallenlassen eines Gegenstandes wegen einer plötzlichen Schwindelattacke, Beschädigung durch ein Kleinkind) bis eben zu einer absichtlichen Beschädigung reicht. Für sich genommen stellt diese Äußerung keine Ehrverletzung dar, weil sich der Beklagte auf eine bestimmte Art und Weise der Verursachung nicht festlegt. Vielmehr folgt aus dem sich anschließenden Satz, dass der Beklagte die Schäden von solchen Schäden abgrenzen wollte, die sich seiner Auffassung nach nicht (mehr) als "normaler Verschleiß" darstellen. Auch diese Ergänzung führt noch nicht zur Annahme einer Ehrverletzung. Der Senat vermag insoweit nicht zu erkennen, inwieweit es ehrenrührig sein soll darauf hinzuweisen, dass Schäden an einer Mietsache nicht Folge des vertragsgemäßen Gebrauchs sind.

Auch der nun folgende Passus, in dem der Beklagte eine absichtliche Herbeiführung vermutet, stellt sich nicht als ehrverletzend dar. Denn der Beklagte stellt ausdrücklich nur eine - wenn auch "starke Vermutung" - auf und äußert sich mithin nicht abschließend bzw. festlegend über die Art und Weise der Verursachung, so dass im Ergebnis auch andere Deutungsmöglichkeiten zur Schadensverursachung verbleiben. Dies leuchtet auch dem Durchschnittsleser ein: Da aus dem Gesamtzusammenhang des Schreibens ersichtlich ist, dass der Beklagte keine eigenen Beobachtungen zum Schadenshergang gemacht hat und er ausdrücklich nur eine Vermutung aufstellt, drängt sich für den Durchschnittsleser auf, dass der Beklagte ein sicheres Urteil über die Schadensverursachung nicht abgeben kann.

Vor allem aber enthält sich der Beklagte jeglicher Spekulation darüber, von wem die Beschädigung verursacht worden ist. Diese Frage bildet nicht einmal den Schwerpunkt seiner Äußerungen, die sich im Wesentlichen um die Frage der Art und Weise der Verursachung drehen. Dies steht einem Unterlassungsanspruch bereits deshalb entgegen, weil Voraussetzung hierfür ist, dass die streitige Äußerung den Rechtsträger individuell betrifft (Wenzel-Burckhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., § 4 Rdn. 69). Der Senat teilt insoweit nicht die Auffassung des Klägers, dass sich aufgrund des Schreibens der Schluss auf seine Täterschaft zwingend ergebe. Denn eine Beschädigung durch mechanische Fremdeinwirkung könnte auch bei unterstellter absichtlicher Vorgehensweise nicht nur von dem Kläger als Mieter, sondern von einer Vielzahl von Personen begangen worden sein, so sie denn Zutritt zum Badezimmer des Hauses hatten. Hierbei kann es sich um Vormieter handeln, da nicht vorgetragen ist, dass der Kläger das Haus im Wege des Erstbezugs bezog; aber auch um Hauspersonal (etwa Reinigungspersonal) oder um Besucher des Klägers, die anlässlich ihres Besuches das Badezimmer aufsuchen. Weiter kommen selbstverständlich Familienangehörige in Betracht, da der Kläger in der Berufungsverhandlung eingeräumt hat, das Haus mit Frau und Kindern zu bewohnen.

Vor diesem Hintergrund ist die Schlussfolgerung des Klägers, er gehöre zu den Hauptverdächtigen, ebenfalls nicht richtig, da die Zahl der möglichen Täter einer - nicht einmal als sicher dargestellten - absichtlichen Beschädigung undefiniert groß ist. Die bloße Zugehörigkeit zu einem Personenkreis, aus dem sich möglicherweise der Täter einer vorsätzlichen Sachbeschädigung rekrutiert, ist mangels hinreichenden Bezugs auf die Person des Klägers nicht geeignet, ihn in seiner persönlichen Ehre zu verletzen (vgl. BGH Urteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91, NJW 1992, 1314[1315]).

Schließlich ist auch dem Gesamtkontext des Schreibens nicht die - versteckte - Schlussfolgerung zu entnehmen, dass der Kläger die Schäden verursacht und hierbei absichtlich gehandelt habe. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Beklagte durch den Bezug auf den Rechtsstreit, der zwischen den Klägern und den Vermietern schwelte, ein mögliches Motiv für einen solchen Vorwurf liefert. Den möglichen Eindruck, der Kläger verhalte sich vor dem Hintergrund dieses Rechtsstreits unredlich und versuche zu Unrecht Schäden auf die Vermieter abzuwälzen, relativiert der Beklagte jedoch in seinem Schreiben sofort und ausdrücklich. So führt er zwar aus, dass der Kläger - was von diesem nicht in Abrede gestellt wird - ihm "ans Herz gelegt" habe, "diverse nicht mehr technisch richtige Sachen" in das Angebot mit aufzunehmen, führt aber im Folgenden aus, dass die Auffassung des Klägers zum Standard der Sanitärausstattung "wenn überhaupt nur bedingt richtig" sei. Dies erhellt die vorstehenden Ausführungen dahingehend, dass der Kläger über den aktuellen Standard sanitärer Ausstattung anderer Auffassung gewesen ist als der Beklagte, ohne dass die Auffassung des Klägers als falsch oder gar haltlos charakterisiert würde. Gleiches gilt für die weiteren im Zusammenhang mit den Schäden an Badewanne und Duschtasse erfolgten Ausführungen - die gleichfalls vom Kläger nicht in Abrede gestellt worden sind -, der Kläger habe "versucht mir zu suggerieren das dieses ja wohl ein normaler Verschleiß wäre und unter dem Mantel der Abnutzung zu sehen sei". Wie bereits ausgeführt, handelt es sich trotz der negativ phrasierten Formulierung um die Wiedergabe der differierenden Auffassungen des Klägers und des Beklagten um die Frage, was normaler Verschleiß ist. Da hier letztlich um die Frage gestritten wird, was im Rahmen des nach Mietrechts zulässigen ordnungsgemäßen Gebrauchs vom Vermieter entschädigungslos hinzunehmen ist und nach Auffassung mancher Gerichte hierzu auch in gewissem Umfang Beschädigungen durch mechanische Fremdeinwirkungen gehören, lässt sich dieser Äußerung auch nicht der Vorwurf unredlichen Verhaltens entnehmen.

Dass die Vermieter des Klägers das Schreiben vom 12. Februar 2004 in einem anderen Sinn ausgelegt und im Rechtsstreit mit dem Kläger hierauf den Vorwurf einer vorsätzlichen Sachbeschädigung gestützt haben, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Wie bereits ausgeführt ist bei der Deutung auf das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums abzustellen. Nach diesen Grundsätzen ist die Äußerung des Beklagten wie dargelegt eindeutig. Dass die Vermieter des Klägers ihr einen anderen Sinn verleihen wollen, der ihr nach dem genannten objektiven Verständnishorizont nicht zukommt, erklärt sich aus ihrem Interesse am Obsiegen in dem Mietrechtsstreit, ist aber vorliegend unerheblich, weil fernliegende Deutungen bei der Sinnermittlung eines Schreibens außer Betracht zu bleiben haben.

2.

Da sich aus dem Schreiben vom 12. Februar 2004 eine Ehrverletzung des Klägers nicht ergibt, ist auch der Hilfsantrag unbegründet. Gleiches gilt für den geltend gemachten Anspruch auf Widerruf.

Auch der Schmerzensgeldanspruch entfällt mangels Persönlichkeitsrechtsverletzung.

3.

Im Übrigen wäre - ohne dass es hierauf entscheidend ankäme - eine durch das Schreiben vom 12. Februar 2004 erfolgte Persönlichkeitsrechtsverletzung jedenfalls nicht rechtswidrig, da sie durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gerechtfertigt ist.

Die Äußerung stellt sich als Werturteil dar, welche stets dem Schutzbereich des Grundrechts unterfallen.

Wesentliches Kriterium für die Einstufung einer Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäußerung ist, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine Äußerung, die Tatsachenelemente enthält, kann ein Werturteil sein. In solchen Fällen ist entscheidend, ob bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird - dann liegt eine Tatsachenbehauptung vor -, oder ob der Gehalt der Äußerung hingegen so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt mit der Folge, dass die Äußerung in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist - dann liegt eine Meinungsäußerung vor - (vergleiche statt vieler: BGH NJW 1996, 1131, 1133 m.w.N.; BverfG NJW 1995, 3303; Löffler/Steffen, Presserecht, 4. Aufl. 1997, § 6 LPG Rz. 83 ff m.w.N.).

Bei der Abgrenzung von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung durch Ermittlung des Sinns einer Äußerung ist auf das Verständnis des unbefangenen Lesers abzustellen und die Gesamtdarstellung zu berücksichtigen (BGH AfP 1998, 506, 507; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., § 4 Rdn. 40 m.w.N.). Dabei darf die Äußerung nicht aus ihrem Gesamtkontext herausgelöst und einer rein isolierenden Betrachtung zugeführt werden. Vielmehr richtet sich die Einordnung als Tatsachenbehauptung nicht allein nach dem Wortlaut, sondern auch danach, wie die Äußerung von dem angesprochenen Verkehrskreis unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Umstände verstanden wird (BGH NJW 1996, 1131, 1133; 1997, 2513; Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungs-anspruch in Presse, Film, Funk und Fernsehen, 3. Aufl. 1998, Rz. 327 m.w.N.; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rz. 3). Überwiegt für den Durchschnittleser die subjektive Wertung des Mitteilenden so stark, dass er die Äußerung als substanzarm oder pauschale Aussage bewertet, oder ergibt sich aus dem Kontext eine so stark wertende Färbung, dass sie den Gehalt an Fakten zumindest erheblich relativiert, dann liegt eine Meinungsäußerung vor. Ist die Äußerung dahin zu verstehen, dass der sich Äußernde konkrete Vorgänge mitteilen oder Zustände schildern will, ist von einer Tatsachenbehauptung auszugehen (Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 LPG Rz. 85; Wenzel-Burckhardt, a.a.O., § 4 Rdn. 51-53).

Nach diesen Grundsätzen stellt sich die Äußerung, der Kläger habe die Schäden vorsätzlich herbeigeführt, als Meinungsäußerung dar. Sie geht zwar von Tatsachen aus - den Schäden an der Badewanne und der Duschtasse, dem Rechtsstreit zwischen dem Kläger und seinen Vermietern - zieht aus diesen Tatsachen jedoch wertend den Schluss, dass die Schäden nicht Folge normalen Verschleißes seien und vermutlich absichtlich herbeigeführt worden seien. Dass die Äußerung sich auf eine Absicht bezieht, steht der Annahme einer Tatsachenbehauptung zwar nicht entgegen, da auch innere Tatsachen Gegenstand von Tatsachenbehauptungen sein können (Wenzel-Burckhardt a.a.O., § 4 Rdn. 54). Entscheidend ist jedoch zum einen, dass der Beklagte seine Schlussfolgerungen ohne Mitteilung konkreter Anknüpfungstatsachen zieht. Da er nämlich in dem Schreiben jegliche Ausführungen zu Art und Umfang der Schäden unterlässt, ist es dem Leser nicht möglich, die Richtigkeit seiner Bewertung zu überprüfen und ist seine Bewertung mithin nicht dem Beweis zugänglich. Zum anderen äußert der Beklagte hinsichtlich der Schuldform ausdrücklich nur eine Vermutung, die ersichtlich wiederum nur auf die Schlussfolgerung der objektiven Ursache des Schadens gestützt ist und daher eine doppelte - rein subjektive - Bewertung durch den Beklagten wiedergibt. Damit ist die Äußerung an dem entscheidenden Punkt von einer Stellungnahme geprägt und kann sie trotz der auch darin enthaltenen - zum großen Teil unstreitig wahren! - Tatsachenbehauptungen nur als Meinungsäußerung verstanden werden.

Als solche genießt sie den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG, da sie weder eine Schmähung noch eine Formalbeleidigung oder eine Verletzung der Menschenwürfe enthält. Insbesondere ist sie wegen des mehrdeutigen Charakters hinsichtlich der Person des Schädigers nicht als Beleidigung des Klägers im strafrechtlichen Sinne aufzufassen.

Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung geht dem Ehrschutz des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 GG im streitgegenständlichen Fall vor. Dabei ist zu beachten, dass der Eingriff sich nur als geringfügig darstellt, da die Persönlichkeitsrechtsverletzung nur sehr zurückhaltend und verklausuliert zum Ausdruck kommt. Der Beklagte handelt zudem aus ehrenhaften Motiven, da er ausweislich des Schreibens vom 12. Februar 2002 ausdrücklich vermeiden möchte, in die Auseinandersetzung zwischen den Mietvertragsparteien hineingezogen zu werden und sich nicht instrumentalisieren lassen möchte. Die von dem Kläger befürchteten beruflichen Nachteile können im Rahmen der Abwägung außer Acht gelassen werden, da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die Äußerung außerhalb des Mietrechtsstreits Verbreitung finden wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Sätze 1 und 2.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen., § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 6.000,-- €.

Ende der Entscheidung

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