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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.10.2006
Aktenzeichen: I-15 U 155/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 119 | |
BGB § 123 | |
BGB § 138 | |
BGB § 142 | |
BGB § 306 II | |
BGB § 776 |
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 03. August 2005 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten, den Alleingesellschafter der Hauptschuldnerin, aus einer Bürgschaft auf Zahlung von - in der Berufungsinstanz noch - 476.125,27 € in Anspruch.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in der oben genannten Höhe durch Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 27. April 2005 stattgegeben und dieses durch das angefochtene Urteil aufrechterhalten. Es hat dies damit begründet, der Beklagte habe eine Bürgschaft bis zum Betrag von 700.000,- € zur Sicherung der Forderungen der Klägerin aus dem der Hauptschuldnerin gewährten Überziehungskredit übernommen. Der Höchstbetrag dieser Bürgschaft habe sich nicht durch die Zahlung von 452.000,- € aus der Rückdeckungsversicherung auf 248.000,- € verringert. Das Vorbringen des Beklagten hierzu sei nicht erheblich. Die behauptete Vereinbarung stehe im Widerspruch zum Wortlaut der Bürgschaftserklärung und sei nicht mit dem Schreiben des Beklagten vom 28. April 2004 in Einklang zu bringen, in dem er sich darauf berufen habe, dass diese Zahlung die Voraussetzung für eine Befreiung im Sinne der Ziff. 7.2 der Bürgschaftserklärung darstellen "könnte". Eine solche Reduzierung widerspreche auch der Interessenlage der Parteien, zumal sich die Summe der der Hauptschuldnerin gewährten Kredite auch nach Zahlungseingang auf 650.000,- € belaufen habe. Zudem bestehe ein Widerspruch zu der zeitgleich behaupteten Reduzierung der Haftung aus den Bürgschaften für den Beklagten und Herrn Rainer F. anteilig auf die Hälfte des Schuldsaldos im Februar bzw. März 2004. Wenn der Höchstbetrag der Bürgschaft vorher reduziert worden wäre, sei nicht nachvollziehbar, weswegen über eine solche Reduzierung auf die Hälfte hätte verhandelt werden sollen. Die Bürgschaft sei auch nicht durch Anfechtung des Beklagten wegen Irrtums oder Täuschung gemäß §§ 142, 119, 123 BGB nichtig. Es fehle jedes Vorbringen des Beklagten dazu, über welche Tatsachen er durch welche Handlung getäuscht worden sein soll. Auch habe der Beklagte nicht dargetan, welchem Irrtum er unterlegen sein wolle. Soweit er sich über die Folgen der Zahlung der Rückdeckungsversicherung geirrt habe, sei dies allenfalls ein Irrtum über die Rechtsfolge. Zudem sei die Anfechtung wegen eines Inhaltsirrtums nicht innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt. Der Beklagte sei durch die Zahlung aus der Rückdeckungsversicherung nicht freigeworden. Diese sei nicht als Zahlung des Beklagten anzusehen, weil Versicherungsnehmerin und Inhaberin der Ansprüche die Hauptschuldnerin gewesen sei. Auch lägen die Voraussetzungen von Ziff. 7.2 des Bürgschaftsvertrages nicht vor, weil kein Zusammenhang zwischen der Bestellung der Sicherheiten und der Kündigung bestehe. Gleiches gelte für die Abtretung der Rechte und Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung oder durch den Verzicht des Beklagten auf sein Pfandrecht. Es sei auch keine Reduzierung des Höchstbetrages auf den hälftigen noch offenen Schuldsaldo durch eine Vereinbarung vom 06. Februar 2004 bzw. 08. März 2004 erfolgt. Diese Behauptung sei schon zeitlich widersprüchlich und erscheine nicht plausibel, weil nicht dargetan sei, aus welchem Grund die Klägerin auf ihre Sicherungsrechte habe verzichten sollen, obwohl der Zahlungsplan verfehlt und im März schon eine Pfändung über rund 678.000,- € vorgelegen habe. Auch spreche es jeder Bankenpraxis zuwider, eine solche Vereinbarung mündlich zu schließen. Der Vereinbarung stehe auch das Schriftformerfordernis aus Ziff. 8 der Bürgschaftsvereinbarung entgegen. Der Zahlungsplan spreche allenfalls dafür, dass die Bürgen zu bestimmten Terminen Leistungen erbringen sollten, um die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin zurückzuführen. Der Sicherungsfall sei eingetreten. Es sei keine Kündigung zur Unzeit erfolgt, weil die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Ablehnung der Verlängerung des Überziehungskredites gehabt habe. Nachdem am 24. Februar 2004 einen Pfändungsverfügung gegen die Hauptschuldnerin über einen Betrag von 678.378,13 € eingegangen und sie aus der Zahlungsgarantie in Anspruch genommen worden sei, sei die Annahme begründet worden, dass die Hauptschuldnerin ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr habe erfüllen können. Die Klägerin habe deswegen von einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage ausgehen dürfen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, mit der dieser die Klageabweisung weiterverfolgt. Der Beklagte ist der Ansicht, der Bürgschaftsvertrag sei wegen Übersicherung der Klägerin nichtig gewesen. Die Klägerin, die von einer zu sichernden Forderung von 700.000,- € ausgegangen sei, habe sich unstreitig eine Bürgschaft über ebenfalls 700.000,- € auch von Herrn Rainer F. und in Höhe von 76.700,- € von Herrn F. senior geben lassen. Dabei habe es sich nicht um eine gesamtschuldnerische Haftung gehandelt. Der Wert der Sicherheiten übersteige das gesicherte Risiko um mehr als 200 %. Etwas anderes würde auch nicht gelten, wenn man auf den gesamten Betrag von knapp 900.000,- € abstellen würde, mit denen sich die Hauptschuldnerin Anfang November im Soll befunden habe. Zudem sei die Bürgschaft nichtig, weil ihm, dem Beklagten, zahlreiche Einwendungen abgeschnitten würden und diese deswegen eine unzumutbare Belastung sich ziehe. Denn er habe auf die Einrede der Vorausklage und die Einrede der Anfechtbarkeit und auf die Einrede der Aufrechenbarkeit, soweit die Forderung nicht unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist, verzichtet. Außerdem habe er keine Rechte aus der Aufgabe von Sicherheiten herleiten können. Diese Bürgschaftsform sei nur zulässig, wenn sie von Banken oder Versicherungen oder von Großunternehmen ausgefertigt würden. Der Beklagte ist der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht den Zeugen E. nicht zu der von ihm behaupteten Reduzierung der Bürgschaft vernommen. Der Wortlaut der Bürgschaftserklärung stehe seinem Vortrag nicht entgegen, weil die Anlage lediglich die Forderung der Klägerin beschreibe und einer Befreiung nach Ziff. 7.2 des Bürgschaftsvertrages nicht entgegenstehe. Es habe sich bei der Zahlung aus der Lebensversicherung - unbestritten - um seine Alterssicherung gehandelt. Er sei nicht gewillt gewesen, auf diese zu verzichten und darüber hinaus in Höhe von weiteren 700.000,- € für Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin zu bürgen, weswegen er auf der Anrechnung bestanden habe. Auch die spätere Vereinbarung über die Reduzierung der Bürgschaftsverpflichtung auf die Hälfte spreche nicht dagegen. Diese Verhandlungen hätten schon einen Sinn in Bezug auf den Zeugen F. gemacht und für ihn, weil dadurch habe erreicht werden können, dass er und der Zeuge F. fortan nur noch als Gesamtschuldner haften sollten. Dieser Vereinbarung stehe auch der von ihm vorgelegte Zahlungsplan nicht entgegen, weil aus diesem nicht habe hervorgehen müssen, dass er und der Zeugen F. nur noch als Gesamtschuldner haften sollten. Der Beklagte ist des Weiteren der Ansicht, er habe auch zur Anfechtung hinreichend vorgetragen. Die Klägerin habe bereits zum Zeitpunkt der Verhandlungen über den Bürgschaftsvertrag beabsichtigt, die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin durch Vereinnahmung der Valuta aus der Rückdeckungsversicherung um die Hälfte zu reduzieren und zum frühestmöglichen Zeitpunkt den Restbetrag gekündigt um die von ihr durch Vorspiegelung des weitergehenden Engagements enthaltene Bürgschaft "zu ziehen". Auch habe die Klägerin eine angemessene Verwertung der Vermögenswerte nicht ermöglichen wollen und stattdessen ohne zwingende Notwendigkeit deren Insolvenz herbeizuführen beabsichtigt. Da die Klägerin entgegen der im November 2003 getroffenen Vereinbarung über die Behandlung der 452.000,- € nicht bereit gewesen sei, diese zu berücksichtigen, sei er auch zur außerordentlichen Kündigung des Bürgschaftsvertrages nach § 123 BGB berechtigt gewesen. Die Zahlung von 452.000,- € sei, wenn man von einer Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrages ausginge, als gleichwertige Sicherheit im Sinne der Ziff. 7.2 i.V.m. Ziff. 6. der Bürgschaftsvereinbarung zu werten, weil diese allein auf Veranlassung des aus der Lebensversicherung Begünstigen gezahlt worden sei. Auch liege die erforderliche Kündigung vor. Ein Zusammenhang zwischen der Bestellung der Sicherheiten und der Kündigung sei nicht erforderlich. Die Kündigung der Klägerin sei zur Unzeit erfolgt. Diese habe die Forderung am 26. März 2004 gekündigt und zum 31. März 2004 fällig gestellt, als die Hauptschuldnerin beabsichtigt habe, einen Teil ihrer Aktivitäten an die VITROCO GmbH zu veräußern.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 27. April 2005 verkündeten Teilversäumnis- und Schlussurteils und unter Abänderung des am 03. August 2005 verkündeten Schlussurteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf das angefochtene Urteil und behauptet, Voraussetzung für den in Höhe von 900.000,- € zugesagten Überziehungskredit sei die Stellung der Bürgschaft in Höhe von 700.000,- € gewesen, die keine Hinweise auf die behauptete Reduzierung gebe. Der Betrag sei mit Bedacht gewählt worden, weil ein wesentlich höherer Kreditbetrag als der vom Beklagten benannte Betrag von 248.000,- € abzudecken gewesen sei. Denn neben der eingeräumten Überziehung sei noch - unbestritten - eine Zahlungsgarantie von 200.000,- € zzgl. Zinsen und Gebühren abzusichern gewesen. Der Mitarbeiter E. habe die Bürgschaftshöhe nicht mündlich reduziert, wozu er nicht berechtigt gewesen sei und wozu kein wirtschaftlicher Anlass bestanden habe. Auch wäre eine solche Bürgschaftsfreigabe nicht mündlich erfolgt. Eine Prolongation der aufgelaufenen Überziehungskredite sei nicht gerechtfertigt gewesen, da eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Hauptschuldnerin ersichtlich gewesen sei. Die Bürgschaft sei nicht wegen Übersicherung sittenwidrig. Es sei ihr, der Klägerin, unbenommen, die Hereinnahme von Bürgschaften mehrerer Bürgen einzufordern und freigestellt, wie sie diese verwerte. Sie sei lediglich daran gebunden, die Bürgen nur in Höhe der abzusichernden Forderung in Anspruch zu nehmen. Die Klausel über den Ausschluss der Gesamtschuldnerschaft regele nur das Außenverhältnis zwischen Gläubiger und Bürge und stelle klar, dass die Zahlung eines Mitbürgen keine schuldbefreiende Wirkung für die übrigen Bürgen habe und diese damit in vollem Umfang weiterhaften, wodurch der Innenausgleich nicht ausgeschlossen werden. Bliebe die Hauptforderung hinter der Summe der Bürgschaften zurück, deckten sich die Bürgschaften teilweise und seien Mitbürgschaften anzunehmen, weil sie dieselbe Forderung sicherten. Diese Vorgehensweise sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unbedenklich.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
1.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 476.125,27 € nebst Zinsen aus dem Bürgschaftsvertrag, weil der Bürgschaftsvertrag wirksam ist, der Höchstbetrag der Bürgschaft nicht durch eine Vereinbarung der Parteien reduziert worden ist und der Geltendmachung der Forderung sonst keine Einwendungen entgegenstehen.
a) Der Bürgschaftsvertrag ist wirksam, insbesondere ist er nicht wegen Übersicherung der Klägerin sittenwidrig nach § 138 BGB.
aa) Zur einer etwaigen krassen wirtschaftlichen Überforderung des Beklagten ist nichts vorgetragen. Im Übrigen gelten die zur Frage der Sittenwidrigkeit von Bürgschaften bei krasser wirtschaftlicher Überforderung von Bürgen entwickelten Grundsätze - unabhängig vom Vorhandensein aller anderen Voraussetzungen - nicht für Bürgschaftserklärungen von GmbH-Gesellschaftern für Verbindlichkeiten der GmbH (BGH Urt. v. 10. Dezember 2002, XI ZR 82/02, www.jurisweb.de Rz. 13 = MDR 2003, 342). Die gängige Bankpraxis, bei der Gewährung von Gesellschaftskrediten Bürgschaften der Gesellschafter zu verlangen, ist nicht zu beanstanden. Vielmehr kann die Bank im allgemeinen davon ausgehen, dass die Beteiligung an der Gesellschaft aus finanziellem Interesse erfolgt und die Bürgschaft für den betreffenden Gesellschafter kein unzumutbares Risiko darstellt (BGH, a.a.O., Rz. 14).
bb) Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Bürgschaft sei wegen Übersicherung der Klägerin unwirksam.
Mit Rücksicht auf den Akzessorietätsgrundsatz unterliegen Bürgschaften weder allein noch im Zusammenhang mit dinglichen Sicherheiten dem Verdikt der Übersicherung. Zwar schließt dieser Grundsatz allein eine anfängliche Übersicherung nicht per se aus (MünchKomm-Habersack, BGB, 4. Auflage 2004, Rz. 30, Fn. 130). Zu berücksichtigen ist aber, dass es bei der Frage, ob eine Übersicherung vorliegt und die Bürgschaft sittenwidrig ist, letztlich um die Gewährleistung und Erhaltung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Sicherungsgebers geht (Wiegand/Brunner, Übersicherung und Freigabeanspruch, NJW 1995, 2513, 2514). Eine anfängliche Übersicherung wird im Falle der Sicherungsübereignung bejaht, wenn bei einem Abstellen auf die realisierbaren Werte im Zeitpunkt der Bestellung 200 % der Deckungsgrenze überschritten werden (Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Auflage 2006, § 138 Rz. 97 m.w.N.). Das OLG Hamm hat in einem Fall, in dem eine Sicherung in Höhe des Vielfachen der ursprünglichen Forderung vorlag, die Sittenwidrigkeit angenommen, weil es um eine im Wege des verlängerten Eigentumsvorbehalts abgetretenen Werklohnforderung ging durch deren Abtretung die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Zedentin wesentlich eingeschränkt worden sei (OLG Hamm, Urt. v. 09. Oktober 2001, 21 U 6/01, www.jurisweb.de Rz. 34 = WM 2002, 451 ff.). Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Bürgen wird durch die Übernahme der Bürgschaft allein als solche jedoch nicht beeinträchtigt (MünchKomm-Habersack, a.a.O., Rz. 30), sieht man davon ab, dass er grundsätzlich mit seiner vollen Inanspruchnahme aus der Bürgschaft rechnen muss und deswegen genau überlegen sollte, welche Bürgschaften in welcher Höhe er insgesamt übernimmt. Soweit das OLG Brandenburg ein einem Fall, in dem der Nominalwert von Grundschulden und Bürgschaften die zu sichernde Forderung um ein Vielfaches überschritten hat, auf diese Entscheidung verwiesen und angenommen hat, diese Überschreitung könne eine Indiz für Sittenwidrigkeit sein, hat es sich letztlich nicht mit der Frage der Sittenwidrigkeit wegen der Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit auseinandersetzen müssen, weil im konkreten Fall weitergehende Anhaltspunkte für eine Übersicherung nicht vorgetragen waren. Das Indiz als solches hatte es nicht als ausreichend erachtet, wenn Anlass für die Annahme bestehe, dass der reale Wert der Sicherheiten nicht ihrem Nominalbetrag entspricht oder die Darlehensgewährung mit besonderen Risiken verbunden ist (OLG Brandenburg, Urt. v. 14. Juni 2006, 4 U 208/05, www.jurisweb.de Rz. 31).
Die Annahme einer Sittenwidrigkeit scheitert hier schon daran, dass der Beklagte nicht hinreichend vorgetragen hat, seine wirtschaftliche Handlungsfreiheit sei durch die Übernahme der Höchstbetragsbürgschaft wesentlich eingeschränkt worden.
Zudem ist auch eine anfängliche Übersicherung nicht hinreichend dargetan. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrages war das Konto der Hauptschuldnerin bereits mit 850.000,- € überzogen. Hinzu kam die von der Klägerin übernommene Zahlungsgarantie von 200.000,- € nebst Zinsen und Kosten, wobei die Klägerin zur Sicherung derselben einen Betrag von weiteren 22.000,- € angesetzt hatte. Selbst unter Außerachtlassung dieser Kosten betrug der zu sichernde Betrag damals unter Berücksichtigung, dass der Kreditrahmen ausgeschöpft werden durfte und mit der Ausschöpfung zu rechnen war, 1.100.000,- €. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Zahlung der Lebensversicherung in Höhe von (nur) 444.000,- € erwartet wurde, der an die Klägerin geleistet werden sollte, musste die Klägerin damit von einem zu sichernden Betrag von 656.000,- € ohne Berücksichtigung von Zinsen und Kosten ausgehen. Bei einer Überziehung von rund 500.000,- € fallen bei dem vereinbarten Überziehungszins von 12 % in einem Monat zudem schon über 5.000,- € Zinsen an. Der Betrag von 700.000,- € für die Höchstbetragsbürgschaft war damit angemessen.
Zwar haben auch der Zeuge F. und sein Vater weitere Höchstbetragsbürgschaften von insgesamt 776.700,- € übernommen. Dies genügt jedoch nicht, um eine Übersicherung anzunehmen, weil nicht ersichtlich ist, dass die Bürgschaften im Nominalbetrag werthaltig waren, also davon auszugehen war, dass einer der Bürgen bei Inanspruchnahme die volle Summe - ohne weiteres - werde zahlen können. Hierzu hat der für die Übersicherung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nichts vorgetragen. Der Beklagte hätte im Hinblick darauf, dass keine dinglichen Sicherheiten gegeben sind, sondern nur Bürgschaftserklärungen, die wesentlich von der Bonität der Bürgen abhängen, darlegen müssen, dass geringere Bürgschaften angesichts der Vermögensverhältnisse der Bürgen ausreichend gewesen wären, um die Forderung abzusichern. Dagegen spricht schon, dass der Beklagte seine Alterssicherung verwerten musste, um einen Teil der Verbindlichkeiten zu begleichen.
Eine andere Beurteilung der Übersicherung ergibt sich auch nicht daraus, dass ausweislich Ziff. 4 der Bürgschaftsurkunde im Verhältnis zu weiteren Bürgschaften keine Gesamtschuld besteht. Denn diese Regelung hat nicht etwa zur Folge, dass damit in der Regel auch der Ausgleich zwischen Mitbürgen entfällt (BGH Urt. v. 14. Juli 1983, IX ZR 40/82, www.jurisweb.de Rz. 10 = BGHZ 88, 185 ff.). Vielmehr wird dadurch lediglich das Außenverhältnis des Gläubigers zu dem jeweiligen Bürgen, nicht aber das zwischen den Mitbürgen bestehende Ausgleichsverhältnis berührt. Auch bleibt davon unberührt, dass wegen derselben Forderung der Gläubiger die Leistung nur einmal verlangen kann (OLG Köln, Urt. v. 10. April 2002, 13 U 73/01, www.jurisweb.de Rz. 23; vgl. auch OLG Brandenburg, Urt. v. 21. Juli 2004, 4 U 3/04, www.jurisweb.de Rz. 24 f.) und umgekehrt der Beklagte auch bei Begründung einer Gesamtschuld auf Rückzahlung des vollen Betrages haftete.
cc) Die vom Beklagten übernommene Bürgschaft ist auch nicht aus anderen Gründen sittenwidrig. Die Sittenwidrigkeit folgt nicht daraus, dass der Beklagte auf Einreden hat verzichten müssen.
Die Verwendung unangemessener formularmäßiger Klauseln könnte allenfalls dann zu einer Sittenwidrigkeit des gesamten Vertrages gemäß § 138 BGB führen, wenn der Vertrag insgesamt aus sittlich verwerflicher Gesinnung so einseitig abgefasst wurde, dass nur der eine Vertragsteil seine Rechte durchsetzt, während wesentliche, berechtigte Belange des anderen Teils missachtet werden (BGH NJW 2001, 2466, 2468). Dies ist nicht schon der Fall, wenn der Bürge auf die Einreden der Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit sowie der Vorausklage und die Rechte aus § 776 BGB verzichtet. Der Verzicht auf die Einrede der Vorausklage ist gerade das Wesen der selbstschuldnerischen Bürgschaft und insoweit nicht zu beanstanden. Zwar hält der BGH den formularmäßigen Verzicht auf die Rechte des § 776 BGB für unwirksam. Die Unwirksamkeit formularmäßiger Einschränkungen kann jedoch durch die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften, die abbedungen werden sollen, nach § 306 II BGB vollwertig ausgeglichen werden (BGH, a.a.O.). Dies ist nicht etwa anders zu bewerten, wenn es sich bei dem Bürgen nicht um ein Großunternehmen oder eine Bank handelt. Vielmehr handelte es sich in dem zitierten Fall bei der dort in Anspruch genommenen Bürgin um eine Hausfrau und Rentnerin. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, diese Bürgschaftsform sei wegen unzumutbarer Belastung des Bürgen nur zumutbar, wenn sie von Banken oder Versicherungen oder von Großunternehmen ausgefertigt würde, übersieht er, dass der von ihm hierzu zitierte Fall keine Höchstbetragsbürgschaft, sondern eine solche auf erstes Anfordern betrifft, bei der aufgrund der Art der Bürgschaft ganz andere Risiken für den Bürgen bestehen (BGH Urt. v. 23. Januar 1997, IX ZR 297/95, www.jurisweb.de Rz. 60 ff = NJW 1997, 1435 ff.).
b) Entsprechend dem Wortlaut der Bürgschaftsurkunde hat sich der Beklagte bis zum Betrag von 700.000,- € verbürgt und haftet für die Hauptforderung bis zu dieser Höhe.
aa) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zweiter Instanz hat der Beklagte nicht bewiesen, dass bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages zugleich eine Vereinbarung über die Reduzierung des Höchstbetrages nach Eingang der Zahlung der Versicherung getroffen worden ist. Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen E. fest, dass eine solche Vereinbarung nicht getroffen worden ist.
Der Zeuge E. hat glaubhaft bekundet, dass er zur Abgabe einer verbindlichen Erklärung über die Reduzierung des Höchstbetrages der Bürgschaft schon nicht berechtigt gewesen wäre, sondern bei der Größenordnung des bewilligten Darlehens der Vorstand hätte eingeschaltet werden müssen und es eines Zweitvotums bedurfte. Dies sei dem Beklagten aus mehreren Gesprächen bekannt gewesen. Es entspricht auch der Erfahrung des Senats aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten, dass Firmenkundenbetreuer einer Bank Entscheidungen über Darlehensgewährungen und diesbezüglich einzufordernde Sicherheiten in der hier in Rede stehenden Größenordnung nicht allein treffen können und allein nicht zeichnungsberechtigt sind, sondern die Entscheidung nur von zwei Zeichnungsberechtigten getroffen werden kann.
Der Zeuge E. hat zudem glaubhaft bekundet, dass er dem Beklagten eine Zusage über die Reduzierung der Bürgschaft auch nicht gegeben hat. Er hat dies damit nachvollziehbar begründet, dass nicht nur die gewünschte Kreditlinie von 900.000,- € sondern auch ein letter of credit in Höhe von 200.000,- € mit zusätzlich 10 % oder 11 % Zinsen abzusichern gewesen sei. Deswegen habe sich die Klägerin auch der Bürgschaften des Mitgesellschafters F. und des Vaters des Beklagten versichert.
Für die Richtigkeit der Bekundung des Zeugen E. sprechen indiziell das Schreiben der Klägerin vom 13. November 2003 und die Schreiben des Beklagten vom 28. April 2004 und 07. April 2004.
Das Schreiben der Klägerin vom 13. November 2003 knüpft die gewünschte Überziehung von unstreitig 900.000,- € an die nachgenannten Voraussetzungen und damit Bedingungen. Eine davon ist die Zahlung der Versicherung in Höhe der damals erwarteten 444.000,- € auf das Treuhandkonto sowie die Stellung der Bürgschaften. Schon das lässt darauf schließen, dass die erwartete Zahlung gerade nicht die Reduzierung des Höchstbetrages der Bürgschaft zur Folge haben sollte. Vielmehr waren alle Bedingungen zusammengenommen Voraussetzung der zunächst bereitgestellten Überziehung. Da sich auch nach Zahlung die zu sichernde Forderung auf mindestens 656.000,- € (ohne Zinsen und Kosten) belief, ist nicht ersichtlich, warum eine in Höhe der zu sichernden Forderung gegebene Bürgschaft hätte reduziert werden sollen. Auch ist es lebensfremd anzunehmen, dass sich der Beklagte in seinen Schreiben vom 28. April 2004 und 07. Mai 2004 nicht auf diese bereits anfangs getroffene Vereinbarung berufen hätte, wenn sie denn getroffen worden wäre. Vielmehr erörtert er die Frage, ob die Regelung der Ziff. 7.2 der Bürgschaftserklärung einschlägig sein könnte.
Auch die Interessenlage der Parteien spricht, wovon auch das Landgericht zutreffend ausgegangen ist, gegen eine Reduzierung. Das Interesse der Klägerin an der Höchstbetragsbürgschaft ergibt sich schon aus der nach Eingang der Zahlung noch bestehenden Hauptforderung nebst Zinsen und Kosten. Wenn der Beklagte demgegenüber darauf abstellt, es sei nicht in seinem Interesse gewesen, auf seine Alterssicherung zu verzichten und darüber hinaus in Höhe von weiteren 700.000,- € für Verbindlichkeiten zu bürgen, greift dies zu kurz. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der Verhandlungen über Bürgschaftsvertrag das Kontokorrent schon über das vereinbarte Limit hinaus überzogen war und insoweit keine ausreichenden Sicherungen bestanden. Aus der vom Beklagten dargestellten Geschäftsentwicklung ergibt sich eine konstante "Verschlechterung" der Kreditlinie im Rahmen der Geschäftsentwicklung. Im Mai betrug der der Hauptschuldnerin tatsächlich gewährte Kredit bereits 900.000,- €, obwohl lediglich eine Kreditlinie von 783.600,- € befristet bis zum 30. November 2003 eingeräumt war. Die Hauptschuldnerin musste deswegen damit rechnen, dass die über die Kreditlinie hinausgehende Überziehung nach Fristablauf nicht mehr geduldet würde, wenn nicht hinreichende Sicherheiten gestellt werden. Ein nicht genehmigtes Überschreiten der Kreditlinie hätte zudem Anlass für eine Kündigung des Kredits geben können. Es lag damit auch im Interesse des Beklagten als Gesellschafter der Hauptschuldnerin dafür Sorge zu tragen, dass eine weitere Kreditgewährung sichergestellt wird.
bb) Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Reduzierung des Höchstbetrages gemäß Ziff. 7.2 der Bürgschaftsbedingungen berufen. Darin ist zwar geregelt, dass der Bürge auf sein Verlangen mit Wirksamkeit der Kündigung des Bürgschaftsvertrages aus der Bürgenhaftung (auch für die Vergangenheit) frei wird, wenn er anstelle der Bürgschaft eine andere gleichwertige Sicherheit stellt. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob die Gestellung der Sicherheit im Zusammenhang mit der Kündigung erfolgen muss. Denn nach den Gesamtumständen, die aus dem Schreiben der Klägerin vom 13. November 2003 und dem oben Gesagten hervorgehen, stellte die Zahlung keine Sicherheit anstelle der Höchstbetragsbürgschaft dar. Vielmehr waren die Zahlung und die Gestellung der Bürgschaft kumulativ Voraussetzung für die Einräumung des Überziehungskredites in der genannten Höhe, was angesichts der auch nach Zahlung noch zu sichernden Forderung auch auf der Hand liegt.
cc) Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei im Februar und/oder März vereinbart worden, dass er und der Zeuge F. nur als Gesamtschuldner hafteten und dies nur in Höhe der Hälfte der damals bestehenden Hauptforderung.
Wie sich aus dem Vorbringen des Beklagten ergibt, hat anscheinend nicht er diese Vereinbarung mit der Klägerin in Gestalt des Zeugen E. getroffen, sondern soll dies der Zeuge F. getan haben, wobei schon nicht ersichtlich ist, ob er diese Verhandlungen auch in Vertretung des Beklagten geführt oder ob er mit der Klägerin insoweit einen Vertrag zugunsten Dritter geschlossen haben soll.
Dies kann dahinstehen, weil der Beklagte schon nicht dargelegt hat, dass der Zeuge E. zu einer Reduzierung des Höchstbetrages der Bürgschaft berechtigt gewesen ist. Die im nachhinein vorgenommene Reduzierung hätte nur dann Wirkungen zu Lasten der Klägerin entfaltet, wenn der Zeuge E. bevollmächtigt gewesen wäre, eine solche Reduzierung - alleine - zuzusagen. Hierzu hat der Beklagte keinen Beweis angeboten. Vielmehr ergibt sich aus der Aussage des Zeugen E., dass er nicht bevollmächtigt war, derartige Zusagen alleine zu geben, sondern dass die Vertretungsregelungen der Klägerin vorsahen, dass bei derartigen Entscheidungen ein Zweitvotum einzuholen war. Dafür spricht auch die senatsbekannte Bankenpraxis.
Zudem sprechen die Umstände - worauf es jedoch entscheidungserheblich nicht ankommt - nicht für eine solche Vereinbarung. Ein Interesse der Klägerin, den Beklagten durch Reduzierung des Höchstbetrages der Bürgschaft zum Teil aus der Haftung zu entlassen, ist nicht ersichtlich. Der vorgelegte Zahlungsplan (GA 143) ist nicht von der Klägerin, sondern von den Gesellschaftern der Hauptschuldnerin gefertigt worden. Dieser sah zwar Zahlungen der Gesellschafter je zur Hälfte des offenen Schuldsaldos vor. Dies kann jedoch auch damit erklärt werden, wie die Klägerin behauptet, dass diese Zahlungen vorgesehen waren, um die Liquiditätsprobleme der Hauptschuldnerin zu lösen.
c) Dagegen, dass die Hauptforderung noch in Höhe von 476.125,27 € bestanden hat, wendet sich der Beklagte nicht.
d) Der Zahlungsanspruch der Klägerin ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Klägerin das Engagement etwa zur Unzeit gekündigt hätte.
aa) Die genehmigte Überziehung war befristet bis zum 31. März 2004. Es bestand keine Verpflichtung der Klägerin, die weitere Überziehung über diesen Zeitpunkt hinaus zu genehmigen, vielmehr war sie zur Kündigung des Gesamtengagements berechtigt, da eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Klägerin eingetreten war.
Nach dem Liquiditätsplan, den der Beklagte der Klägerin im November 2003 eingereicht hat, sollte das Konto der Klägerin ab der 10. KW im Haben geführt werden (GA 81 ff). Die erwarteten Eingänge mit Ausnahme der vereinbarten Leistung der Lebensversicherung sind jedoch ausgeblieben. Dies dürfte daran gelegen haben, dass der beabsichtigte Verkauf eines Teils des Geschäfts an einen Investor in den USA gescheitert ist. Hingegen ist am 24. Februar 2004 eine Pfändung über 678.378,13 € bei der Klägerin eingegangen, die die wesentliche Vermögensverschlechterung belegt. Wie diese Forderung sowie die Überziehung hätte ausgeglichen werden, legt der Beklagte nicht dar.
Vor diesem Hintergrund war die Klägerin berechtigt, das Darlehen zu kündigen. Daran war sie auch nicht deswegen gehindert, weil diese Kündigung die Insolvenz der Hauptschuldnerin herbeiführen konnte. Einen allgemeinen Grundsatz, wonach ein Kreditgeber Kredite dann nicht kündigen darf, wenn dadurch der Zusammenbruch eines Unternehmens herbeigeführt werden könnte, gibt es nicht (OLG Frankfurt WM 1992, 1018, 1022). In der Literatur wird zwar teilweise die Meinung vertreten, dass nicht nur Kreditkündigungen nach Treu und Glauben insbesondere im Hinblick auf das Verbot übermäßiger Schädigungen ausgeschlossen sein können (Canaris, Kreditkündigung und Kreditverweigerung gegenüber sanierungsbedürftigen Bankkunden, ZHR 143, 113, 128, 135) sondern die Bank sogar verpflichtet sein soll, einen unerlässlichen, kurzfristigen Liquiditätsengpass bei Vorhandensein ausreichender Sicherheiten auszugleichen (Canaris, a.a.O., ZHR 143, 113, 133). Hingegen wird in der Rechtsprechung eine Pflicht der Bank, unter bestimmten Umständen eine zusätzlichen Kredit zu gewähren um eine kurzfristige Zahlungsunfähigkeit zu überbrücken, nicht anerkannt und eine Sanierungspflicht der Bank grundsätzlich verneint (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 1519, 1520; OLG Frankfurt, a.a.O.; zum Stand der Rechtsprechung: Schimansky/Bunte/Lwowski-Häuser, Bankrechtshandbuch, 2. Auflage 2001, § 85 Rz. 29 ff, m.w.N.). Der BGH hat diese Frage bisher ausdrücklich offengelassen (BGH Beschl. v. 26.05.1988, III ZR 115/87, www.jurisweb.de S. 3 = WM 1988, 1223; Beschl. v. 21.09.1989, III ZR 287/88, www.jurisweb.de S. 2 = NJW-RR 1990, 110).
Der Senat folgt der herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung. Es kann einer Bank grundsätzlich nicht zugemutet werden, bei einer Verschlechterung der Vermögenslage des Darlehensnehmers eine Stundung oder einen weiteren Kredit zu gewähren und dadurch einen Teil des unternehmerischen Risikos mitzutragen. Dabei kann hier dahinstehen, ob in bestimmten Ausnahmesituationen, etwa dann, wenn abzusehen ist, dass es sich ersichtlich nur um einen kurzfristigen Liquiditätsengpass handelt, weil Zahlungen an den Darlehensnehmer sicher zu erwarten sind, eine Stundung oder eine Zwischenfinanzierung zumutbar erscheint. Dass eine solche Ausnahmesituation vorgelegen hat, hat der Beklagte nicht hinreichend konkret dargelegt. Insbesondere hat er nicht dargelegt, dass ohne die Kreditkündigung die Verhandlungen mit dem amerikanischen Investor positiv verlaufen wären. Die Darlegung des Beklagten, dass der Mitgesellschafter F. sich im März 2004 in den Vereinigten Staaten mit dem Geschäftspartner traf "um fieberhaft die Kooperation voranzutreiben" (GA 61) belegt vielmehr, dass diese anscheinend alles andere als sicher war.
bb) Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Klägerin ihn arglistig getäuscht hätte und ihre Kündigung deswegen gegen Treu und Glauben verstoßen habe.
Es mag sein, dass der Zeuge E. schon im Mai 2003 von der Lebensversicherung wusste. Die Behauptung des Beklagten, die weitere Überziehung sei nur genehmigt worden, um diese Zahlung zu erhalten, lässt sich mit seinem eigenen Vorbringen nicht in Einklang bringen. Schließlich hat der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 05. März 2003 unter Übersendung des Liquiditätsplanes mitgeteilt, dass das Konto ab 2004 im Haben geführt werden würde, weil mit Eingängen zu rechnen sei, wobei sich die prognostizierten Eingänge nicht in der Zahlung der Lebensversicherung erschöpften. Wenn er selber aufgrund der damaligen Geschäftslage jedoch davon ausging, dass dieser Plan realistisch ist - was unterstellt werden muss, weil man nicht davon ausgehen kann, dass der Beklagte die Klägerin täuschen wollte -, ist nicht zu ersehen, warum die Klägerin über besseres Wissen verfügt haben sollte. Sie konnte deswegen davon ausgehen, dass sich die Geschäftslage verbessern würde.
e) Die fristlose Kündigung des Beklagten hat die Bürgschaft nicht in der Weise beendet, dass seine Bürgschaftsverpflichtung auch für die Vergangenheit entfallen wäre, weil schon kein wichtiger Grund zur Kündigung gegeben war. Die angebliche Absicht der Klägerin die Bürgschaft zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu "ziehen", hat er aus oben genannten Gründen schon nicht durch geeignete Tatsachen nachvollziehbar dargelegt. Die angebliche Nichtberücksichtigung der Reduzierung der Bürgschaftssumme gibt keinen Grund zur fristlosen Kündigung, sondern würde allenfalls dazu führen, das nur der geringere Höchstbetrag geltend gemacht werden kann.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben (§ 543 ZPO).
Ende der Entscheidung
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