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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 10.11.2004
Aktenzeichen: I-15 U 219/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ProdHaftG


Vorschriften:

BGB §§ 433 ff.
BGB § 459 Abs. 1 Satz 1 a.F.
BGB § 459 Abs. 2 a.F.
BGB § 462 a.F.
BGB § 463 Satz 1 a.F.
BGB § 463 Satz 2 a.F.
BGB § 480 Abs. 1
BGB § 480 Abs. 2 a.F.
BGB § 483
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
ZPO § 256
ProdHaftG § 1
ProdHaftG § 1 Abs. 1
ProdHaftG § 4
ProdHaftG § 4 Abs. 1 Satz 2
ProdHaftG § 4 Abs. 2
ProdHaftG § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 5. August 2003 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf - 32 O 22/03 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.

Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe: I. Die Klägerin stellte unter anderem aus Granulat Führungsschienen für Rollläden und Fensterzusatzprofile her. Sie bezog über viele Jahre von der Fa. G. in Italien, heute als H. s.r.l. firmierend und seit 1997 dem Konzern der Beklagten angehörig, hergestelltes Granulat mit der Bezeichnung .... (weiß ....) von der Fa. G. Deutschland GmbH in .... Diese wurde 1998 von der Fa. J. GmbH übernommen, die die Klägerin weiter mit dem Granulat belieferte und deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte wurde. Ab November 1999 erhielt die Klägerin, die ihrerseits mit der Montage von Fensteranlagen befasste Unternehmen belieferte, über diese Reklamationen von Endverbrauchern bezüglich mit dem vorgenannten Granulat hergestellter Führungsschienen und Fensterzusatzprofile mit der Begründung, diese Teile hätten sich nach einer gewissen Zeit gelbrötlich bis gelblichgräulich verfärbt. Die Klägerin ging diesen Reklamationen durch Nachlackierung und Austausch der Teile oder Aufklebung neuer Schienen nach. Die Klägerin hat behauptet, das Granulat habe nicht die geschuldete Farbbeständigkeit aufgewiesen. Der Beklagten sei der sogenannte Pinking-Effekt bekannt gewesen; dies folge aus der Übersetzung einer nicht datierten schriftlichen Stellungnahme der Beklagten zum Thema "Pinking - Verfärbung bei Hart-PVC-Profilen für Außenanwendungen", in welchem der "Pinking-Effekt" als bevorzugt in Nordeuropa und Nordseegebieten auftretende Erscheinung der Gestalt beschrieben ist, dass sich das Erscheinungsbild weiß eingefärbter PVC-Profile in Richtung "Pink" verändere. Ihren Grund habe die Verfärbung, so hat die Klägerin behauptet, in der Verwendung nicht ausreichend stabilisierter Titandioxydtypen durch den Hersteller. Die Klägerin behauptet, ihr seien durch Reklamationen von Montagefirmen und Endkunden Schäden entstanden: Sie habe ihren Kunden, also den Montagefirmen, fünfjährige Garantien eingeräumt; bei der Fa. K. GmbH habe es sich um ihre, der Klägerin, eigene "Abteilung" gehandelt. Sie hat ihren bisherigen Reklamationsbeseitigungsaufwand im einzelnen wie folgt beziffert: 1. Austausch von gelblich verfärbten Rollladenführungen am Bauvorhaben ... aufgrund einer Reklamation der Fa. M. vom 31. Juli 2002: 734,00 EUR; 2. Austausch und Überlackierung von verfärbten Rollladenführungen am Bauvorhaben.... .aufgrund einer Reklamation der Fa. M.: 1.102,00 EUR; 3. Austausch von verfärbten Schienen am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. O. vom 14. Mai 2002: 952,00 EUR; 4. Austausch von nach dem Schriftsatz der Klägerin vom 10.2.2003 gelb, nach dem Schriftsatz der Klägerin vom 27. Mai 2003 rosa verfärbten Schienen aufgrund einer Reklamation der Fa. M. vom 22. Juli 2002: 854,00 EUR; 5. Austausch nicht näher beschriebener Teile wegen Rosa-Verfärbung am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. Q. GmbH: 1.007,00 EUR; 6. Gutschrift zugunsten des Kunden .... aufgrund einer Pink-Verfärbung für den Austausch von Fenstern und Türen aufgrund einer Reklamation der Fa. Q. GmbH: 6.013,89 EUR; 7. Nicht näher bezeichnete Arbeiten am Bauvorhaben .....wegen einer Verfärbung: 444,00 EUR; 8. Nicht näher bezeichnete Arbeiten am Bauvorhaben .... wegen der Verfärbung von Rollladenschienen aufgrund einer Reklamation der Fa. L. GmbH vom 22. April 2002: 1.058,80 EUR; 9. Nicht näher bezeichnete Arbeiten im Haus der Familie .... wegen einer Rosaverfärbung: 614,00 EUR; 10. Nicht näher bezeichnete Arbeiten am Bauvorhaben .... wegen einer nach dem Schriftsatz vom 10. Februar 2003 Beige-, nach dem Schriftsatz vom 27. Mai 2003 Rosaverfärbung der ursprünglich weißen Rollladenführung aufgrund einer Reklamation der Fa. T. GmbH vom 19. März 2002: 1.170,00 EUR; 11. Austausch von pink verfärbten Rollladenschienen am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. U. vom 15. März 2002: 2.420,00 EUR; 12. Nicht näher bezeichnete Arbeiten am Bauvorhaben .... wegen einer Pink-Verfärbung aufgrund einer Reklamation der Fa. T. GmbH: 822,00 EUR; 13. Austausch von Rollladenschienen am Bauvorhaben .... wegen einer Rosa-Verfärbung aufgrund einer Reklamation der Fa. T. GmbH vom 6. Dezember 2001: 997,00 EUR; 14. Austausch von Rollladenschienen bei der Familie .... wegen des "Pinking-Effekts": 917,50 EUR; 15. Hinsichtlich dieser Schadensposition hat die Klägerin die Klagerücknahme angekündigt; 16. Nicht näher bezeichnete Arbeiten am Bauvorhaben .... wegen gelblicher Verfärbung von Aufsatzelementen aufgrund eines Schreibens der Fa. V. vom 26. Oktober 2000: 616,50 EUR; 17. Nicht näher bezeichnete Arbeiten am Bauvorhaben .... wegen einer Verfärbung ("Pinking-Effekt") aufgrund einer Reklamation der Fa. K.: 770,00 EUR; 18. Nicht näher bezeichnete Arbeiten am Bauvorhaben .... wegen einer Vergilbung der Rollladenführung aufgrund einer Reklamation der Fa. W. GmbH vom 19.9.2001: 1.326,75 EUR; 19. Nicht näher bezeichnete Arbeiten am Bauvorhaben .... wegen einer Verfärbung ("Pinking-Effekt") am Bauvorhaben q) aufgrund einer Reklamation der Fa. K. 1.028,00 EUR; 20. Austausch der Rollladenschienen wegen einer Gelbfärbung am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. M. vom 23. Oktober 2001: 1.242,00 EUR; 21. Lackierung von verfärbten ("Pinking-Effekt") Aufsatzkästen und Schienen am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. X. GmbH vom 14. August 2000: 1.170,00 EUR; 22. Nicht näher bezeichnete Arbeiten wegen einer nach dem Schriftsatz vom 10. Februar 2003 gelblichen, nach dem Schriftsatz vom 27. Mai 2003 rosafarbenen Verfärbung der Rollladenführung: 794,00 EUR; 23. Austausch von Schienen am Bauvorhaben .... wegen einer Verfärbung ("Pinking-Effekt) aufgrund eines Schreibens der Schreinerei Y. vom 20. Oktober 2000: 848,00 EUR; 24. Überlackierung verfärbter Rollladenführungsschienen am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. T. GmbH vom 4. März 2002: 1.152,00 EUR; 25. Austausch von verfärbten Rollladenschienen am Bauvorhaben .... ("Pinking-Effekt") aufgrund einer Reklamation der Fa. K: 133,00 EUR; 26. Nicht näher bezeichnete Arbeiten am Bauvorhaben .... wegen einer Rosafärbung aufgrund einer Reklamation der Fa. Z.: 734,00 EUR; 27. Austausch von Rollladenschienen am Bauvorhaben .... infolge einer nicht näher beschriebenen Verfärbung aufgrund einer Reklamation der Fa. K.: 810,00 EUR; 28. Austausch von Rollladenschienen am Bauvorhaben .... infolge einer Verfärbung ("Pinking-Effekt") aufgrund einer Reklamation der Klägerin selbst: 486,00 EUR; 29. Austausch von gelblich verfärbten Rollladenschienen am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. M. vom 12. März 2002: 819,00 EUR; 30. Nicht näher bezeichnete Arbeiten wegen einer nicht beschriebenen Verfärbung am Bauvorhaben ....: 1.644,44 EUR; 31. Nicht näher bezeichnete Arbeiten wegen angeblichen Pinking-Effekts an nicht näher bezeichneten Teilen am Bauvorhaben ...., ...., ...., .... und ...: 3.336,13 EUR; 32. Austausch von Rollladenschienen wegen nicht näher beschriebener Verfärbung am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. AA. GmbH vom 27. März 2002: 697,27 EUR; 33. Gutachterkosten und eine Kundengutschrift infolge einer nicht näher beschriebenen Verfärbung am Bauvorhaben .... nach einer Reklamation der Fa. BB, GmbH: 1.300,94 EUR; 34. Nicht näher bezeichnete Arbeiten an nicht näher bezeichneten Teilen wegen einer gelblichen Verfärbung am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. T. GmbH vom 23. Mai 2001: 1.243,00 EUR; 35. Nicht näher bezeichnete Arbeiten wegen einer nicht beschriebenen "starken" Verfärbung nicht bezeichneter Teile am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Schreinerei CC. vom 14. Februar 2001: 1.324,00; 36. Nicht näher bezeichnete Arbeiten an nicht näher bezeichneten Teilen wegen extremer Verfärbung ("Pinking-Effekt") am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. DD. vom 21. Februar 2000: 1.370,00 EUR; 37. Nicht näher bezeichnete Arbeiten an nicht näher bezeichneten Teilen wegen nicht konkret bezeichneter Mängel am Bauvorhaben .... aufgrund einer Reklamation der Fa. K.: 1.230,00 EUR; 38. Austausch von 108 m Laufnuten am Bauvorhaben .... wegen Verfärbung ("Pinking-Effekt") nicht näher bezeichneter Teile aufgrund einer Reklamation der Klägerin selbst: 2.008,00 EUR. Die Klägerin hat beantragt, 1. die Beklagte zur verurteilen, an sie 51.427,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11. Dezember 2002 zu zahlen, 2. festzustellen, dass die Beklagte für den durch die Verfärbung der Rollladenführungsschienen und Fensterzusatzprofile, die sie, die Klägerin, aus dem von der Fa. J. GmbH gelieferten Granulat mit der Bezeichnung .... (weiß ....) seit Ende 1996 hergestellt hat, entstehenden Schaden, sowie zum Ersatz sämtlicher für den Austausch oder die Nachlackierung der damit hergestellten Rollladenführungsschienen bzw. Fensterzusatzprofile sowie für die sonstigen Reklamationsbehebungen anfallenden Kosten ersatzpflichtig ist, soweit diese Verpflichtung nicht vom Klageantrag zu Ziffer 1. erfasst ist. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat behauptet, dass das Granulat in seiner chemischen Zusammensetzung stets der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit entsprochen habe, farbliche Verunreinigungen im Prozess der Herstellung der Führungsschienen und Zusatzprofile entstanden seien. Überdies hat die Beklagte bestritten, dass Schienen und Zusatzprofile überhaupt mit dem von ihr gelieferten Granulat hergestellt worden seien. Zudem seien Farbveränderungen des gelieferten PVC-Granulats ein üblicherweise auftretendes Phänomen, das sich zwingend aus dem Einwirken der Witterung auf die Endprodukte ergebe. Weiterhin hat die Beklagte geltend gemacht, die Klägerin habe bei Beginn der Geschäftsbeziehungen mit der Fa. G. Deutschland GmbH lediglich vereinbart, dass die chemische Zusammensetzung der Granulate unverändert bleibe. Die Auswahl aus der Vielzahl von Granulaten obliege stets dem Abnehmer unter Beachtung des von diesem gewünschten Verarbeitungszwecks. Dem entsprechend entscheide der Abnehmer regelmäßig nach Durchführung eigener Tests darüber, welches Granulat verwendet werde. Bei Farbveränderungen von PVC-Granulaten handele es sich, so hat die Beklagte behauptet, um ein üblicherweise auftretendes Phänomen. Sie hat zudem geltend gemacht, dass es sich bei den von den Klägerin beschriebenen farblichen Veränderungen gerade nicht um Erscheinungen des "Pinking-Effekts" handele. Über Probleme im Zusammenhang mit der Farbechtheit von PVC-Granulaten habe die Klägerin stets genaue Kenntnisse gehabt. Die Beklagte hat bestritten, dass der von der Klägerin geltend gemachte Reparaturaufwand tatsächlich erforderlich gewesen sei. Vielmehr habe die Klägerin in Ansehung der zur damaligen Zeit geltenden Verjährungsvorschriften eigentlich nicht notwendige Kulanzentscheidungen getroffen. Die Beklagte hat überdies die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus §§ 483, 480 Abs. 2 BGB a.F. scheitere am Fehlen einer Zusicherung, zudem seien kaufrechtliche Sachmängelgewährleistungsansprüche verjährt. Die Verjährung beziehe sich auch auf etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen schuldhafter Schlechterfüllung. Die engen Voraussetzungen, unter denen ein Händler, der nicht Hersteller sei, für Mängel hafte, seien nicht erfüllt. Im Grundsatz treffe den Händler keine Prüfungspflicht im Hinblick auf Konstruktions- und Fabrikationsmängel. Hiergegen wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, mit der diese geltend macht: Eine Produzentenhaftung der Beklagten komme unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass sie die einzige Repräsentantin des Herstellers des Granulats in Deutschland sei und Herstellerin und Beklagte demselben Konzern angehörten. Das Landgericht habe zudem verkannt, dass eine Eigenschaftszusicherung dahin vorgelegen habe, dass das gelieferte Granulat dem Stand der Technik entsprechend farbbeständig sei. Weiterhin habe die Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen. Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 5. August 2003 verkündeten Urteils der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf, 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 51.427,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11. Dezember 2002 zu zahlen, 2. festzustellen, dass die Beklagte für den durch die Verfärbung der Rollladenführungsschienen und Fensterzusatzprofile, die sie, die Klägerin, aus dem von der Fa. J. GmbH gelieferten Granulat mit der Bezeichnung .... (weiß gemeint ist wohl "..." statt "....") seit Ende 1996 hergestellt hat, entstehenden Schaden, sowie zum Ersatz sämtlicher für den Austausch oder die Nachlackierung der damit hergestellten Rollladenführungsschienen bzw. Fensterzusatzprofile sowie für die sonstigen Reklamationsbehebungen anfallenden Kosten ersatzpflichtig ist, soweit diese Verpflichtung nicht vom Klageantrag zu Ziffer 1. erfasst ist. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie die zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und die Sitzungsniederschriften verwiesen. II. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 1. Im Besonderen ist auch der Feststellungsantrag nach § 256 ZPO zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist regelmäßig gegeben, wenn der Schadensersatzanspruch nur dem Grunde nach geltend gemacht werden kann, weil sich die Höhe des entstandenen Schadens nicht beziffern lässt. So liegt es hier: Die Klägerin kann ihren Schaden nicht abschließend angeben, da sie sich einer erheblichen Anzahl von Reklamationen gegenübersieht. Es kann dahin stehen, ob im Verlaufe des Prozesses eine Änderung dahin eingetreten ist, dass sich über die geltend gemachten hinaus zusätzliche Schadenspositionen etwa deshalb beziffern lassen, weil weitere Reklamationen abgearbeitet worden sind. In zweiter Instanz ist der Kläger nicht gehalten, zur bezifferten Leistungsklage überzugehen, wenn diese nachträglich möglich wird (Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 24. Aufl. § 256 ZPO, Rn. 7c m.w.N.). 2. Jedoch ist die Klage unbegründet, weil der Kläger keinen Schadensersatzanspruch hat. Die vertraglichen Beziehungen der Parteien beurteilen sich nach §§ 433 ff. BGB des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis 31. Dezember 2001 gültigen Fassung. a) Bei Unterstellung eines Mangels nach § 459 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. wegen fehlender Farbechtheit des von der Beklagten gelieferten Granulats hätte die Klägerin nach §§ 480 Abs. 1, 462 BGB a. F. einen Anspruch auf Wandlung, Minderung oder Nachlieferung. Dies würde ihr indessen nicht helfen können, da sie nicht diese Rechtsfolge, sondern Schadensersatz begehrt. b) Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach §§ 480 Abs. 2, 463 Satz 2 BGB a.F. scheitert daran, dass sich ein arglistiges Verschweigen einer etwa fehlenden Farbechtheit des Granulats durch die Beklagte nicht feststellen lässt. Die Klägerin bezieht sich zur Begründung ihres Anspruchs auf den sogenannten "Pinking-Effekt" als angeblichen Mangel der gelieferten Granulate Sie legt nicht dar, dass der Beklagten dieser Effekt bereits im Zeitpunkt des Abschlusses der Kaufverträge über die Granulate bekannt war; fehlte der Beklagten indessen die Kenntnis des Mangels, so kann sie mit dem Verschweigen des Mangels nicht arglistig gehandelt haben, denn Arglist erfordert einen Täuschungswillen (Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Auflage, § 123 BGB Rn. 11). Es kommt hier darauf an, ob Repräsentanten der Beklagten beim Verkauf der Granulate wussten, dass sie sich nach Verarbeitung zu Rollladenführungsschienen oder Fensterzusatzprofilen im Laufe der Zeit von weiß in Richtung des Farbtons pink verfärbten. Aus dem von der Klägerin gestellten Feststellungsantrag ergibt sich, dass die Kaufverträge über das Granulat, dessen Verwendung zu den schadensauslösenden Reklamationen führte, spätestens aus der Zeit ab 1996 stammten: Die Klägerin begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für Verfärbungen, denen die Herstellung unter Verwendung des Granulats seit Ende 1996 zu Grunde liegt. Die zur Begründung der Schadensersatzforderungen aufgeführten Reklamationen stammten aus der Zeit ab dem Jahr 2000. Dass es bereits zu einem früheren Zeitpunkt Reklamationen anderer Abnehmer der Beklagten gab und dieser die Verfärbungen deshalb auch schon früher bekannt waren, folgt aus dem Vorbringen der Klägerin nicht. Die von dieser vorgelegte Stellungnahme der Beklagten zum Thema "Pinking-Verfärbung bei Hart-PVC-Profilen für Außenanwendungen" ist nicht datiert und lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass der Beklagten das Phänomen beim Abschluss der für den Streitfall maßgeblichen Kaufverträge bekannt war. Die Ausführungen der Beklagten, bekanntermaßen verursachten Witterungseinflüsse Farbveränderungen, begründet ihre Kenntnis hinsichtlich des speziellen Pinking-Effekts nicht. Denn dieser Effekt ist als lokal begrenzte bevorzugt in Nordeuropa und den Nordseegebieten wegen der dortigen speziellen klimatischen Verhältnisse und einer besonderen - niedrigen - Sonnenlichteinstrahlung auftretende Erscheinung beschrieben. Nach den von der Klägerin in Bezug genommenen Kundenreklamationen machten sich Verfärbungen in ganz Deutschland bemerkbar. Die Kenntnis der Beklagten, dass der Pinking-Effekt auch südlich der Nordseeküste auftreten könnte, lässt sich aus der Stellungnahme nicht ableiten. Vielmehr handelt es sich bei der von der Beklagten als allgemein bekannt beschriebenen Veränderung tatsächlich um eine solche. Es ist gemeinhin bewusst, dass im Außenbereich verwendete Kunststoffprodukte der Alterung unterliegen und deshalb im Laufe der Zeit ihr Aussehen verändern und unansehnlicher werden. Damit steht der von der Klägerin bemängelte spezielle Pinking-Effekt, der eine spürbare Rosafärbung des ursprünglich weiß eingefärbten Kunststoffs innerhalb weniger Jahre beschreibt, in keinem notwendigen Zusammenhang. c) Einem Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 463 Satz 1 BGB a.F. wegen des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft steht entgegen, dass für eine dahingehende Zusicherung der Beklagten, die mit den Granulaten hergestellten Rollladenführungsschienen und Fensterzusatzelemente blieben dem Stand der Technik entsprechend farbtreu, nichts ersichtlich ist. Zugesichert ist eine Eigenschaft im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB a.F., wenn der Verkäufer durch eine ausdrückliche oder stillschweigende zum Vertragsinhalt gewordene Erklärung dem Käufer zu erkennen gibt, dass er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft und alle Folgen ihres Fehlens einstehen will (Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 459 BGB Rn. 15). Eine derartige ausdrückliche Vereinbarung legt die Klägerin nicht dar. Sie kann zwar grundsätzlich auch stillschweigend getroffen werden; derartige stillschweigende Zusicherungen sind jedoch nur mit Zurückhaltung anzunehmen, im Besonderen, wenn sie zugleich dazu dienen, die Kaufsache zu beschreiben. Speziell beim Verkauf neu hergestellter Sachen ist die Annahme einer stillschweigenden Zusicherung die Ausnahme, die der besonderen Begründung anhand der Umstände des Einzelfalls bedarf (BGH, NJW 1996, 831). An Umständen, welche die Annahme einer stillschweigenden Zusicherung erlauben, fehlt es. Die Farbbezeichnung des Granulats als "weiß ...." hatte beschreibenden Charakter, ein nach außen hervortretender Wille der Beklagten, für alle Folgen einer etwa nach Verarbeitung des Granulats eintretenden Farbveränderung einzustehen, ergibt sich aus ihr nicht. Konkrete sonstige Vereinbarungen vertretungsberechtigter Organe der Parteien über die Haftung für bestimmte Eigenschaften der Granulate lassen sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht herleiten. Für die Beurteilung kaufrechtlicher Sachmängelgewährleistungsansprüche der Klägerin kommt es danach nicht mehr darauf an, inwieweit den für den Streitfall erheblichen Granulatlieferungen überhaupt Kaufverträge der Parteien oder der Klägerin mit der J. GmbH zu Grunde liegen. Es ergeben sich insoweit erhebliche Zweifel, als die Klägerin auf der einen Seite Schäden geltend macht, die auf der Verwendung spätestens im Jahre 1996 gelieferten Granulats beruhen, sie auf der anderen Seite aber überhaupt erst ab 1998 von der J. GmbH mit Granulaten beliefert wurde. d) Nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung kann sich ferner ein Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer ergeben, wenn durch schuldhafte Lieferung einer mangelhaften Sache ein Schaden entsteht, der über den den Mangel begründenden Nachteil an der verkauften Sache hinausgeht, im Besonderen, wenn sich der Mangel erst nach Verarbeitung der Kaufsache bemerkbar macht (Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 459 BGB Rn. 6 m.w.N.). Von einem derartigen Mangelfolgeschaden mag hier ausgegangen werden können. Es fehlt jedoch an der für den Anspruch erforderlichen Pflichtverletzung, denn diese kann nicht in der bloßen Lieferung gesehen werden, hinzutreten muss die schuldhafte Verletzung einer Verhaltenspflicht des Verkäufers (Palandt/Putzo ebenda). So hat der Verkäufer zwar nur ganz ausnahmsweise eine Pflicht zur Untersuchung und Prüfung der Ware. Er muss jedoch warnen und aufklären, wenn von der Sache ersichtlich dem Käufer unbekannte Gefahren ausgehen (Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl. § 433 BGB, Rn. 17ff.), es sei denn, dem Verkäufer sind diese Gefahren unbekannt und die Unkenntnis beruht nicht auf Fahrlässigkeit. Hier entscheidet zunächst wiederum der Gesichtspunkt, dass der von der Klägerin zur Begründung ihrer Ansprüche angeführte "Pinking-Effekt" aus den bereits dargelegten Gründen nicht als beim Abschluss der Kaufverträge bekannt vorausgesetzt werden kann. Hinzu tritt der Umstand, dass hinsichtlich zahlreicher der von der Klägerin angeführten Reklamationen nicht einmal ersichtlich ist, ob diese ihren Grund tatsächlich im "Pinking-Effekt" haben. Die Klägerin begründet etliche der von ihr angeführten Reklamationen mit Verfärbungen, legt aber nicht dar, dass sich diese in Richtung der Farbtöne Pink oder Rosa bewegt hätten, so bei den Schadenspositionen Nr. 1, 2, 3, 7, 8, 16, 18, 20, 24, 27, 29, 30, 32, 33, 34, 35 und 37. In weiteren Fällen ist der Vortrag der Klägerin widersprüchlich. Sie behauptet zunächst eine gelbliche oder beige, dann aber in einem späteren Schriftsatz ohne eine Begründung dieser Abweichung in ihrem Vortrag eine pinke Verfärbung, so in den Reklamationsfällen Nr. 4, 10 und 22. e) Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch aus § 1 ProdHaftG. Zwar schreibt § 1 Abs. 1 ProdHaftG vor, dass der Hersteller eines Produkts unter bestimmten Voraussetzungen für durch Fehler des Produkts verursachte Schäden haftet. Zudem sind Hersteller nach § 4 ProdHaftG unter Umständen auch mit dem Hersteller nicht identische Dritte. Um einen solchen Dritten handelt es sich aber bei der Beklagten nicht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Beklagte im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 ProdHaftG als Hersteller ausgegeben hat; vielmehr war der Klägerin bekannt, dass die Granulate von einem italienischen Unternehmen produziert wurden. Da Italien zum Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gehört, sind die dort produzierten Granulate nicht nach § 4 Abs. 2 ProdHaftG von der Beklagten in den Geltungsbereich des Europäischen Wirtschaftsraums importiert worden. Schließlich handelt es sich auch nicht um einen Fall nach § 4 Abs. 3 ProdHaftG, in dem nicht festgestellt werden kann, wer Hersteller des Produkts ist. f) Einem Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB steht schon entgegen, dass infolge des Fehlers der Granulate, sofern er als gegeben unterstellt wird, keine Verletzung ihres Eigentums eingetreten ist. Die Granulate hat die Klägerin von vornherein nur mängelbehaftet erhalten. Es liegt auch kein Fall eines sogenannten weiterfressenden Mangels vor, also eine Situation, in der ein Fehler an einem funktionell abgrenzbaren Teil geeignet ist, das hergestellte Endprodukt zu zerstören oder zu beschädigen. Daran fehlt es, wenn sich der geltend gemachte Schaden mit dem im Augenblick des Eigentumsübergangs dem Produkt anhaftenden Mangelunwert, d.h., der im Mangel verkörperten Entwertung der Sache für das Äquivalenz- und Nutzungsinteresse, deckt (Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 823 BGB, Rn. 177 m.w.N.). Für die Beurteilung der Frage, in welchen Fällen sich der geltend gemachte Schaden mit einem der Sache von Anfang an anhaftenden Mangelunwert deckt, hat der Bundesgerichtshof das Kriterium der "Stoffgleichheit" entwickelt. Sie ist in den Fällen zu bejahen, in denen das fehlerbehaftete Einzelteil mit der Gesamtsache bzw. dem später beschädigten (zunächst aber einwandfreien) anderen Teil zu einer nur unter Inkaufnahme von erheblichen Beschädigungen trennbaren Einheit verbunden worden ist, sowie in den Fällen, in denen der Mangel nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise behoben werden könnte (BGH, NJW 2001, 1347). So liegt es hier: Die Granulate sind in den von der Klägerin hergestellten Rollladenführungsschienen und Fensteraufsatzelementen chemisch gebunden und können aus diesen nicht ohne Zerstörung der Schienen und Elemente gelöst werden. Es kann deshalb dahin stehen, ob eine nach § 823 BGB haftungsbegründende Handlung der Beklagten überhaupt vorliegt. Importeur, Vertriebshändler und Lieferant haften als solche für durch Fehler der Ware verursachte Schäden grundsätzlich nicht deliktsrechtlich; allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Verkehrssicherungspflichtverletzung kann eine derartige Haftung in Betracht kommen, denn inländische Vertriebsgesellschaften von Produkten ausländischer Hersteller treffen passive Produktbeobachtungspflichten, wenn sie als einzige Repräsentanten des ausländischen Herstellers auf dem deutschen Markt in Erscheinung treten (BGH, NJW 1987, 1009, 1010; Palandt/Sprau, 63. Aufl. § 823 BGB, Rn. 180). Es fehlt jedoch an einer ausreichend dargelegten Verletzung der Produktbeobachtungspflicht durch die Beklagte, denn auch hier entscheidet der Gesichtspunkt, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass die Beklagte den "Pinking-Effekt" beim Verkauf der Granulate an die Klägerin kannte. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Ein begründeter Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird wie folgt festgesetzt: Klageantrag zu Ziffer 1: 51.437,35 EUR; Klageantrag zu Ziffer 2:8.562,65 EUR; insgesamt: 60.000,00 EUR

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