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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 15.12.2004
Aktenzeichen: I-15 U 239/02
Rechtsgebiete: ZPO, StGB, StPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 139 Abs. 1
ZPO § 256
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Ziffer 1
ZPO § 531 Abs. 2 Ziffer 2
ZPO § 531 Abs. 2 Ziffer 3
StGB § 32
StPO § 127 Abs. 1
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2 a.F.
BGB § 847
BGB § 847 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 15. November 2002 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 1.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. November 2001 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden, der ihm noch dadurch entstehen wird, dass der Beklagte zu 1) ihn am 15. Juni 2001 in einem Garten an der Sstraße in N. im Gesicht verletzt hat, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind oder übergehen; bei der Berechnung von künftigen Ersatzansprüchen des Klägers ist ein Mitverschuldensanteil von 50% zu berücksichtigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben dieser selbst 90% und der Beklagte zu 1) 10% zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) haben dieser selbst 20% und der Kläger 80% zu tragen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Ersatz entstandener und künftiger materieller und immaterieller Schäden in Anspruch. Die Parteien sind Spätaussiedler aus Kasachstan und waren miteinander befreundet. Am 15. Juni 2001 gegen 18.00 Uhr suchte der Kläger die Beklagten in einem von dem Beklagten zu 1) gemieteten Garten auf der Sstraße in N auf. Dort hielt sich auch die frühere Freundin des Klägers, die erstinstanzlich als Zeugin vernommene Frau R, geborene H, auf. Der Kläger hatte zunächst eine erregte Auseinandersetzung mit seiner früheren Freundin, in deren Verlauf er nach seinem eigenen Vorbringen Beschimpfungen ausstieß und Frau R "mit der flachen Hand gegen das Gesicht drückte". Der Kläger hat behauptet, er habe daraufhin das Gartengelände verlassen wollen und sich zum Tor begeben. Bevor er dort angekommen sei, habe er sich auf Zuruf des Beklagten zu 1) umgedreht und unmittelbar danach mehrere Faustschläge von diesem erhalten. Dieser habe sodann ihn, den Kläger, gepackt und ihn von hinten festgehalten. Der Beklagte zu 2) habe ihm weitere Fausthiebe ins Gesicht versetzt. Dann sei es ihm, dem Kläger, "ohne jede Gegenwehr" gelungen zu fliehen. Durch die Schläge der Beklagten habe er eine doppelseitige Kieferfraktur, eine tiefe Collumfraktur links und eine Querfraktur im Bereich der Zähne 41 bis 43 erlitten; die Zähne 41 und 42 seien später extrahiert worden. Infolge der erlittenen Verletzungen habe er starke Schmerzen gehabt und sei mindestens 6 Monate arbeitsunfähig gewesen. Der Kläger hat beantragt, 1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld in Hohe von mindestens 8.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. November 2001 zu zahlen, 2. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm als Gesamtschuldner sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Vorfall vom 15. Juni 2001 gegen 18.00 Uhr in Neuss, Sstraße, zu erstatten, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen. Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben bestritten, den Kläger körperlich verletzt zu haben. Nachdem der Kläger die Zeugin Rath körperlich bedrängt habe, so haben die Beklagten behauptet, habe der Beklagte zu 1) ihn lediglich des Geländes verwiesen. Hierbei habe er ihn möglicherweise aus dem Garten gedrängt, indem er ihn weg geschoben habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen: Nach der Vernehmung der Zeugin Rath stehe nicht fest, dass der Kläger von den Beklagten geschlagen worden sei. Die Zeugin habe nicht wahrgenommen, was zwischen den Parteien geschehen sei, nachdem diese den Garten verlassen hätten. Zwar habe der Beklagte zu 1) im Rahmen seiner Einlassung im Ermittlungsverfahren eingeräumt, es habe im Wald eine tätliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien gegeben. Diese Hergangsschilderung habe sich der Kläger aber nicht zu eigen gemacht. Es spreche auch keine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit des vom Kläger geschilderten Geschehensablaufs, weil die von ihm behaupteten Verletzungen weder am 15. Juni 2001 im Lkrankenhaus noch am 18. Juni 2001 von dem ihn behandelnden Arzt Dr. M festgestellt worden seien. Mit der Berufung macht der Kläger geltend, die zeitnah zum Vorfall festgestellten Verletzungen in dem Notfallbehandlungsschein des Lkrankenhauses in N stünden im Widerspruch zur Einlassung des Beklagten zu 1). Dieser habe bei seiner polizeilichen Verletzung am 26. Juni 2001 ausgesagt, er habe den Kläger mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Die Schilderung des Klägers stimme mit der Darstellung der Beklagten überein. Der Akteninhalt unter Einbeziehung der Beiakten rechtfertige jedenfalls die ergänzende Parteivernehmung des Klägers. Denn dieser habe hinsichtlich des haftungsbegründenden Tatbestands bereits einigen Beweis für die Richtigkeit seines Vorbringens erbracht. Dies folge daraus, dass der Kläger zeitnah zu dem streitgegenständlichen Vorfall notfallmäßig wegen Gesichtsverletzungen behandelt worden sei und der Beklagte zu 1) sich im Ermittlungsverfahren dahin eingelassen habe, er habe den Kläger ins Gesicht geschlagen. Für den haftungsausfüllenden Tatbestand, also die Frage, welche Verletzungsfolgen im Einzelnen aus der von dem Beklagten zu 1) begangenen Körperverletzung herrührten, sei ein geringerer Beweisgrad ausreichend. Er, der Kläger, habe im Anschluss an die ihm von den Beklagten am 15. Juni 2001 zugefügten körperlichen Misshandlungen keine weiteren Verletzungen von anderer Seite erlitten. So seien die Frakturen auf den am 15. Juni 2001 im Lkrankenhaus gefertigten Röntgenbildern zu erkennen. Eine Gesamtschau der Umstände begründe auch für Außenstehende die starke Vermutung, dass sich der Beklagte an seiner, des Klägers, Misshandlung aktiv beteiligt habe. Dieser habe ihn am 17. Juni 2001 besucht und sich dafür entschuldigt, dass er ihn geschlagen habe. Der Kläger beantragt, 1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 8.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 14. November 2001, 2. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagten ihn am 15. Juni 2001 in seinem Garten an der Sstraße in N mit Schlägen u. a. ins Gesicht verletzt haben, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind oder übergehen. Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Sie wiederholen ihr Vorbringen aus der ersten Instanz und bestreiten weiterhin, dass sie den Kläger geschlagen hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils sowie auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Der Senat hat durch Einholung eines von Dr. Z erstatteten Gutachtens Beweis darüber erhoben, ob auf den am 15. Juni 2001 im Lkrankenhaus N gefertigten Röntgenbildern Kieferfrakturen erkennbar sind. Die Akte Staatsanwaltschaft Düsseldorf 908 Js 1555/01 ist zur Information des Senats beigezogen worden und hat bei den Verhandlungsterminen im Berufungsrechtszug vorgelegen. II. Die Berufung hat nur zum geringeren Teil Erfolg. Die Klage ist, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 1) richtet, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahmen teilweise begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. 1. Der Kläger hat infolge einer körperlichen Auseinandersetzung mit dem Beklagten zu 1) am 15. Juni 2001 eine Kieferfraktur erlitten, die schließlich eine Extraktion der Zähne 41 und 42 und deren Ersatz durch eine Brücke zur Folge hatte. Es steht aufgrund des Gutachtens fest, dass der Kläger eine nicht dislozierte - die Knochenbruchstücke waren also nicht gegeneinander verschoben - Unterkieferfraktur erlitten hat. Diese war medio-rechts-lateral gelegen und verlief bis zu den Schneidezähnen im Unterkiefer. Die gezogenen Zähne 41 und 41 lagen in dem betroffenen Quadranten. Eine Erklärung dafür, dass sich der Kläger die Verletzung bei einer anderen Gelegenheit als der Auseinandersetzung am 15. Juni 2001 zugezogen haben könnte, gibt es nicht: Die Röntgenbilder wurden zeitnah noch am Abend der Auseinandersetzung am 15. Juni 2001 aufgenommen. Der für die Notfallbehandlung zuständige Arzt attestierte eine Lockerung der unteren Schneidezähne (Bl. 2 der Akte StA Düsseldorf 908 Js 1555/01). Es erscheint ausgeschlossen, dass der Kläger sich die Verletzung innerhalb des Zwischenraums von drei Stunden zugezogen hat. Genauso unwahrscheinlich ist es, dass er die Verletzung bereits vor der Auseinandersetzung hatte. Der Vortrag des Beklagten zu 1), der Kläger habe gegenüber Zeugen einige Zeit vom dem 15. Juni 2001 erklärt, er sei soeben aus dem Urlaub in Kasachstan zurückgekehrt, wo er von Mafia-Leuten überfallen und verprügelt worden sei, dabei habe er Zahn- und Kieferverletzungen erlitten, ist unerheblich. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass der Kläger wegen einer in Kasachstan irgendwann einmal erlittenen Verletzung ausgerechnet am Tage der Auseinandersetzung der Parteien das Krankenhaus zum Zwecke einer Notfallbehandlung aufsuchte. Die dort festgestellte Gesichtsverletzung war akut. 2. Der der Verletzung zu Grunde liegende Sachverhalt ist streitig. Es steht nur eine Gewalteinwirkung des Beklagten zu 1) fest. Der Kläger hat seine schriftsätzlich vorgetragene Version des Geschehens, vor dem Verlassen des Gartengeländes habe er sich auf Zuruf der Beklagten umgedreht, unmittelbar darauf habe er mehrere Fausthiebe des Beklagten zu 1) erhalten, sodann habe der Beklagte zu 1) ihn festgehalten, der Beklagte zu 2) habe ihm mehrere Fausthiebe ins Gesicht versetzt, nicht bewiesen. Sie steht schon im Gegensatz zu seiner Schilderung bei der Polizei (Bl. 1R der Akte Staatsanwaltschaft Düsseldorf 908 Js 1555/01). Dort ist von einem gleichzeitigen Zuruf nicht die Rede. Der Beklagte zu 1) soll ihn nach dieser Schilderung vielmehr zunächst dreimal auf die linke Wange geschlagen haben. Erst später sei der Beklagte zu 2) dazu gekommen und habe ihn mit der Faust einen Schlag ins Gesicht versetzt. Nach der Aussage der Zeugin R ist der gleichzeitige Zuruf der beiden Beklagten ebenfalls unwahrscheinlich, denn nach ihren Angaben ist zunächst der Beklagte zu 1) aus dem Garten gelaufen, erst einige Minuten später, so hat die Zeugin angegeben, sei der Beklagte zu 2) gefolgt. Es kann dahin stehen, ob der Kläger sich hilfsweise seine Angaben bei seiner polizeilichen Vernehmung zu eigen gemacht hat. Der dort geschilderte Geschehensablauf ist jedenfalls hinsichtlich der Beteiligung des Beklagten zu 2) nicht bewiesen. Die dortigen Angaben des Klägers stimmen zwar mit dem Verletzungsbild überein. Beide Beklagten haben jedoch die Beteiligung des Beklagten zu 2) in Abrede gestellt. Der Beklagte zu 2) - im Verfahren StA Düsseldorf 908 Js 1555/01 als Zeuge vernommen - will nur einen Schlichtungsversuch unternommen haben (Bl. 8 der Beiakte). Der Beklagte zu 1) hat dies bei seiner Beschuldigtenvernehmung bestätigt. Für die fehlende Beteiligung des Beklagten zu 2) spricht die Rücknahme der gegen ihn gerichteten Strafanzeige des Klägers (Bl. 3 der Beiakte). Es ist zwar unstreitig, dass der Beklagte zu 2) sich am 17. Juni 2001 beim Kläger wegen des Vorfalls entschuldigt hat. Der Inhalt der Entschuldigung ist allerdings streitig: Der Beklagte zu 2) gibt an, er habe sein Bedauern darüber, was sich in "seinem" Garten abgespielt habe, zum Ausdruck gebracht. Der Kläger behauptet zwar erstmals in der zweiten Instanz - unter Beweisantritt -, der Beklagte zu 2) habe sich dafür entschuldigt, dass er ihn, den Kläger, geschlagen habe. Der Kläger ist mit diesem Beweisantritt jedoch nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Es handelt sich um ein neues Angriffsmittel. Die Voraussetzungen nach § 531 Abs. 2 Ziffer 1 - 3 ZPO für die ausnahmsweise Zulassung neuer Angriffsmittel im Berufungsrechtszug sind nicht erfüllt. Die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme diente ersichtlich der Klärung des Hergangs der Verletzung des Klägers. Es ist unverständlich, warum der Kläger den Zeugen nicht bereits in Vorbereitung jener Beweisaufnahme benannt hat. Nach alledem steht lediglich eine Gewaltanwendung des Beklagten zu 1) fest. Dieser hat schriftsätzlich und anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung eingeräumt, er habe den Kläger mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen (vgl. Bl. 4 der Beiakte). Es handelt sich letztlich um die einzige als Ursache der Verletzung des Klägers in Betracht kommende Einwirkung, denn der Beklagte zu 1) selbst hat einen Faustschlag des Beklagten zu 2) gegen den Kläger ausgeschlossen. Aus der Verletzung des Klägers ist zu schließen, dass die Darstellung, der Schlag des Beklagten zu 1) sei nur mit der flachen Hand erfolgt, die Dinge beschönigt. Tatsächlich handelte es sich um mindestens einen Faustschlag, denn ein solcher war zur Herbeiführung eines Unterkieferbruchs erforderlich. Der Kläger hat sich die Darstellung des Beklagten zu 1) bei dessen polizeilicher Vernehmung spätestens in der Berufungsbegründung hilfsweise zu eigen gemacht. Der dortige Vortrag ist entsprechend auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Der Kläger vertritt die Auffassung, dass unter Würdigung des gesamten Akteninhalts, damit ist auch derjenige der Beiakte gemeint, feststehe, dass der Beklagte zu 1) ihm ins Gesicht geschlagen habe und kritisiert die Feststellung des Landgerichts, er habe sich diesen Vortrag nicht zu eigen gemacht. Die erst in der Berufungsbegründung erfolgte Bezugnahme des Klägers auf die polizeiliche Vernehmung des Beklagten zu 1) ist nach § 531 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO zuzulassen. Das Landgericht hätte den Kläger nach § 139 Abs. 1 ZPO darauf hinweisen müssen, dass die pauschale Bezugnahme auf die Beiakte nicht ausreiche und konkretisiert werden müsse, welche Stellen der Beiakte als Sachvortrag oder Beweismittel in den Prozess eingeführt werden sollen. 3. Die Verletzungshandlung des Beklagten zu 1) war nicht nach § 32 StGB oder § 127 Abs. 1 StPO gerechtfertigt. Der Angriff gegen des Klägers gegen die Zeugin R war abgeschlossen. Ein Angriff des Klägers gegen den Beklagten zu 1) lag nicht vor. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte zu 1) bei seiner polizeilichen Vernehmung angegeben hat, der Kläger habe mit angewinkelten Ellenbogen nach ihm geschlagen (Bl. 4 der Beiakte). Der Kläger befand sich vor dem Beklagten zu 1) auf der Flucht. Er "ging recht schnell weg" (Bl. 4 der Beiakte), der Beklagte zu 1) folgte ihm. Hieraus ergibt sich eine Bedrohung des Klägers durch den Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 1) wollte den Kläger auch nicht nach § 127 Abs. 1 StPO festnehmen. Es kann dahin stehen, ob die Voraussetzungen des Festnahmerechts vorlagen. Dagegen spricht, dass die Identität des Klägers bekannt war. Jedenfalls ergibt sich aus dem weiteren Ablauf, dass es dem Beklagten zu 1) nicht um die Festnahme des Klägers ging, denn sonst hätte er die Polizei gerufen. 4. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nach § 847 BGB in der am 15. Juni 2001 geltenden Fassung ist die Funktion des Anspruchs zu berücksichtigen. Der Anspruch ist vorrangig auf den Ausgleich der Schäden des Verletzten gerichtet, der durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden soll, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten an Stelle derer zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht wurde. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld auch zu einer Genugtuung führen (Palandt/Thomas, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Auflage, § 847 BGB, Rn. 4 m.w.N.). Der Kläger hat einen Kieferbruch erlitten, er musste sich einer einwöchigen stationären Behandlung unterziehen, letztlich mussten ihm die Zähne 41 und 42 gezogen werden, er hat jetzt dort eine Brücke. Der Kläger war nach einer von ihm vorgelegten Stellungnahme der Klinik für Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums bis zum 20. Juli 2001 arbeitsunfähig. Bei hinsichtlich der Verletzungsfolgen vergleichbar gelagerten Fällen wurden Schmerzensgelder zwischen 3.000,00 EUR und 3.500,00 EUR angenommen (vgl. Hacks, Ring, Böhm, Schmerzensgeldbeträge, 22. Aufl., Nr. 1197, 1171, 1144, 1134, 1124, 1126). Eine derartige Größenordnung ist für die weiteren Überlegungen zu Grunde zu legen. Im vorliegenden Fall darf allerdings nicht außer Betracht bleiben, dass der Kläger die Auseinandersetzung mit dem Beklagten zu 1) durch eine vorsätzlich begangene Straftat gegen die Zeugin R provoziert hatte. Er hatte - wohl aus Eifersucht - der Zeugin derart ins Gesicht geschlagen, dass diese blutete. Nach ihrer Aussage lief der Beklagte zu 1), als er dessen gewahr wurde, hinaus; so wie es die Zeugin schilderte, handelte es sich um eine spontane Reaktion des Beklagten zu 1). Der Kläger musste im Moment seiner Entgleisung mit durchaus heftigen Gegenmaßnahmen der Beklagten rechnen, für die sich das Zulassen der Misshandlung eines weiblichen Gastes in ihrem Milieu als Gesichtsverlust darstellen konnte, dem durch entsprechende "Zurechtweisung" des Klägers zu begegnen war. Hier gilt, dass sogar ein vollständiger Ausschluss des Schmerzensgeldes in Betracht kommen kann, wenn der Verletzte eine dem Anlass vollkommen unangemessen gefährliche Auseinandersetzung selbst mit provoziert und die erlittenen Verletzungen nicht außer Verhältnis zu den offen liegenden Gefahren der eingegangenen Auseinandersetzung standen (so OLG Frankfurt/M., NJW 2000, 1424). § 847 Abs. 1 BGB spricht die Billigkeit des Schadensausgleichs an und formuliert damit nicht nur einen Entschädigungsmaßstab der Höhe nach. Das Postulat der Billigkeit der Entschädigung verdeutlicht vielmehr, dass der Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen der Folgen einer Körperverletzung schon in seiner rechtsgedanklichen Grundlage von dem Ziel bestimmt ist, einen unerlaubten Eingriff in die körperliche Integrität "billig", nämlich in einer Weise auszugleichen, die dem verletzten Rechtsgefühl des Geschädigten Genugtuung verschaffen kann. Ist bei abgewogener Betrachtung für eine Genugtuung kein Raum, so kann dies unter Umständen dazu führen, dass auch ein Ausgleich des "Nicht-Vermögensschadens", eine Entschädigung wegen erlittener Schmerzen oder sonstiger Leiden schon im Ansatz nicht mehr als "billig" eingeschätzt werden kann. Es liegt hier insofern anders als in dem vom OLG Frankfurt/M. entschiedenen Fall, als der Kläger die Auseinandersetzung mit dem Beklagten zu 1) nicht begonnen hat, der Beklagte zu 1) sie viel mehr dadurch gesucht hat, dass er den Kläger verfolgte. Die vom Kläger erlittenen als erheblich zu bezeichnenden Verletzungen dürfen ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben. Der Rechtsgedanke der Billigkeit darf gleichwohl hier nicht außer Acht gelassen werden und gebietet die erhebliche Reduzierung des Betrags, der dem Kläger zustünde, hätte ihn der Beklagte zu 1) völlig grundlos traktiert. Bei sachgerechter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger die Gefahrenlage durch die durch nichts gerechtfertigte Misshandlung der Zeugin Rath überhaupt erst schuf, erscheint ein Schmerzensgeld von nur 1.500,00 EUR angemessen. Es trägt der unangemessenen Reaktion des Beklagten zu 1) und den erheblichen Beeinträchtigungen des Klägers Rechnung, berücksichtigt aber auch sachgerecht die Rolle des Klägers als Streitverursacher. 5. Der Anspruch ist nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ab dem 14. November 2001 zu verzinsen. Der Beklagte zu 1) hat den Vortrag des Klägers zum Verzugseintritt nicht bestritten. 6. Der Feststellungsantrag ist nur teilweise zulässig. Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor, soweit sich der Feststellungsantrag auf den künftigen materiellen und immateriellen Schaden bezieht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Kläger zur Behandlung der Verletzungsfolgen zu einem späteren Zeitpunkt nochmals in ärztliche Behandlung begeben muss, so etwa, wenn zahnärztliche Arbeiten an der eingesetzten Brücke erforderlich werden. Das Rechtsschutzinteresse fehlt hingegen, soweit der Kläger die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für bereits entstandene Schäden begehrt. Am erforderlichen Feststellungsinteresse mangelt es regelmäßig, wenn die Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist (Zöller/Greger, ZPO, 24. Auflage, § 253 ZPO, Rn. 7a). Das gilt erst recht dann, wenn - wie im Streitfall - die entstandenen Schäden schon Gegenstand einer Leistungsklage sind und der Kläger nicht einmal ansatzweise Schadenspositionen darlegt, die zwar entstanden sind, sich aber gleichwohl noch nicht beziffern lassen. Der danach als zulässig verbleibende sich auf künftige materielle und immaterielle Schäden beziehende Feststellungsantrag ist nur in Bezug auf den Beklagten zu 1) teilweise begründet. Es ist ein mitwirkendes Verschulden des Klägers nach § 254 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Dass der Kläger die Ursache für die Auseinandersetzung der Parteien durch die vorsätzliche rechtswidrige Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin R überhaupt erst schuf, darf auch hier nicht außer Betracht bleiben und führt zu einer hälftigen Kürzung seiner Ansprüche. Die Provokation des Geschehens durch den Kläger und der Umstand, dass der Beklagte zu 1) sich zu seinem brutalen Handeln hat provozieren lassen, sind als etwa gleichgewichtige Ursachen zu werten. 7. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO. Ein begründeter Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird wie folgt festgesetzt: Zahlungsantrag: 8.000,00 EUR Feststellungsantrag: 1.000,00 EUR

Ende der Entscheidung

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