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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: I-15 U 86/05
Rechtsgebiete: SGB V, BGB, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

SGB V § 99
BGB § 195 n.F.
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1 Satz 1
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 723
BGB § 730
BGB § 735
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 826
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 280 Abs. 1
ZPO § 296a
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 1056 Abs. 1, 1. Alternative
ZPO § 1056 Abs. 3
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 15. April 2005 1 O 391/04 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Ab 01. April 2002 erhielt er die Zulassung, als Vertragsarzt im Planungsbereich Wesel tätig zu werden. Unter dem 14. Februar 2002 schlossen der Kläger und Frau A. einen Gemeinschaftsarztpraxisvertrag ab, wonach die Vertragsparteien ab dem 01. April 2002 die bis dahin von Frau A. mit einem Partner betriebene Praxis als Gesellschaft bürgerlichen Rechts fortführen wollten. Gemäß § 4 brachte Frau A. das materielle und immaterielle Betriebsvermögen in die Praxis ein, welches mit 230.081,34 € bewertet wurde. Der Kläger erbrachte im Gegenzug eine Zahlung in Höhe von 115.040,67 € an Frau A., wobei je die Hälfte auf den materiellen und den immateriellen Praxiswert entfielen. Nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 - 3 des Gesellschaftsvertrags konnte ein Gesellschafter unter anderem durch ordentliche Austrittskündigung, außerordentliche Austrittskündigung oder Ausschließung ausscheiden. Für diese drei Gründe sah § 25 Abs. 3 Satz 1 vor, dass der verbleibende Gesellschafter eine ordentliche Anschlusskündigung erklären kann und die Gesellschaft dann aufgelöst und nach § 32 auseinandergesetzt würde. Die Zahlung einer Abfindung nach § 29 wurde für diesen Fall ausgeschlossen. Das Recht des Klägers zur außerordentlichen Kündigung wurde für die Zeit, in der Frau A. Gesellschafterin war, in § 26 Abs. 2 ausgeschlossen. § 32 sah für die Auseinandersetzung eine Realteilung vor. Zum Auseinandersetzungsstichtag sollte eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellt werden; Zahlungsansprüche sollten mit der Festsetzung in der Abrechnung fällig sein. Das immaterielle Gesellschaftervermögen sollte durch Übernahme der dem jeweiligen Gesellschafter folgenden Patienten auseinandergesetzt werden. Schließlich sah § 37 für Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit dem Vertrag ein Schiedsgerichtsverfahren vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf Bl. 17-53 GA Bezug genommen.

Nachdem es zu Differenzen zwischen dem Kläger und Frau A. gekommen war, suchte der Kläger am 06. September 2002 die Rechtsanwaltssozietät auf, in der auch der Beklagte tätig ist. Er suchte anwaltlichen Rat, wie er ohne Schaden aus der Gesellschaft aussteigen könne. Zunächst übernahm der Sozius Rechtsanwalt B. die Beratung. Der Kläger teilte diesem mit, dass A. - wovon er vor Vertragsschluss nichts gewusst habe - Schwarzgeldzahlungen an nicht ärztliche Mitarbeiter der Praxis leiste und Abrechnungsbetrug zu Lasten der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein begehe und dass dies bereits vor Gründung der Gemeinschaftspraxis der Fall gewesen wäre. Weiter teilte er Rechtsanwalt B. mit, dass Frau A. eine leistungsmindernde Herzerkrankung verschwiegen habe. Auf Anraten des Rechtsanwalts B. mahnte der Kläger Frau A. wegen dieser und weiterer Verstöße ab. Nachdem auf einer Gesellschafterversammlung vom 23. September 2002 keine Möglichkeit für die gemeinsame Fortsetzung des Praxisbetriebs gefunden worden war, beriet nunmehr der Beklagte den Kläger, der jetzt endgültig aus der Gemeinschaftspraxis ausscheiden wollte. Auf Anraten des Beklagten erklärte der Kläger mit Schreiben vom 24. Oktober 2002 die Anfechtung des Gesellschaftsvertrags wegen arglistiger Täuschung "bezüglich der rechtmäßig zu erzielenden Umsätze und Gewinne" und hilfsweise die außerordentliche Kündigung wegen "Abrechnungsbetruges, unerlaubter gewerblicher Tätigkeit und Aufforderung zur Schwarzgeldzahlung". Frau A. wies die Anfechtung und die Kündigung unter dem 30. Oktober 2002 zurück und erklärte hilfsweise ihrerseits gemäß § 25 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags die Anschlusskündigung. Der Kläger stellte durch Schreiben vom 24. Oktober 2002 seine Kassenarztzulassung ruhend, was von dem Beklagten unter dem 25. Oktober 2002 als sinnvoll bewertet wurde. Ab dem 01. Januar 2003 arbeitet der Kläger als Krankenhausassistenzarzt. Zuvor verzichtete er auf seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.

Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2002 nahm der Kläger, vertreten durch den Beklagten, Frau A. im Wege der Schiedsklage auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Im Termin zur mündlichen Verhandlung des Schiedsverfahrens vom 23. Juli 2003 machte er Zahlung iHv. 183.852,52 € und die Feststellung geltend, dass die noch ausstehenden Regressforderungen der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein an die Gemeinschaftspraxis für die Abrechnung der ersten drei Quartale 2002 ausschließlich Frau A. zur Last fallen. Durch Schiedsspruch vom 24. September 2003 wies das Schiedsgericht die Zahlungsklage als derzeit unbegründet und die Feststellungsklage als unzulässig zurück. Das Schiedsgericht begründete dies damit, dass die Zahlungsansprüche einer Durchsetzungssperre unterfielen, da die Gesellschaft infolge der Anschlusskündigung aufgelöst werden müsse. Da dem Kläger aus dem Praxisbetrieb auch Vorteile erwachsen seien, ließe sich jedenfalls derzeit auch kein Mindestanspruch beziffern. Der Feststellungsantrag sei mangels hinreichender Bestimmtheit der Regressforderungen unzulässig.

Der Kläger wurde mit den Kosten des Schiedsverfahrens in Höhe von 19.951,02 € (Kosten des Schiedsgerichts: 13.423,36 €; Rechtsanwaltsgebühren der Gegenseite : 4.277,66 €; an den Beklagten gezahlter Vorschuss: 2.250,-- €) belastet. Der Beklagte stellte unter dem 20. Oktober 2003 seine außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit für den Kläger mit insgesamt 5.895,18 € zuzüglich 45,95 € Auslagen in Rechnung, auf die der Kläger den Vorschuss von 2.250,-- € gezahlt hatte. Der Restbetrag ist Gegenstand der Widerklage des Beklagten.

Der Kläger hat behauptet, er habe sich von Anfang an in die anwaltliche Beratung begeben, um aus der Gemeinschaftspraxis auszusteigen. Diesen Wunsch habe er mit der Bedingung verknüpft, dass für ihn kein Schaden entstünde. Der Beklagte habe ihm erläutert, er sei infolge der Anfechtung finanziell so zu stellen, wie wenn der Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen worden wäre. Dabei habe er die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur Wirkung der Anfechtung bei in Vollzug gesetzten Gesellschaften übersehen. Er hat die Ansicht vertreten, wegen der Durchsetzungssperre habe der Beklagte zunächst auf die Klärung des Auflösungszeitpunktes der Gesellschaft und anschließend auf die Erstellung einer Auseinandersetzungsabrechnung hinwirken müssen.

Weiter hat er behauptet, dass der Beklagte hinsichtlich der Kündigungswirkung die vertraglich vorgesehene Realteilung übersehen habe. Wäre der Kläger hierauf hingewiesen worden, hätte er auf die Kassenarztzulassung nicht verzichtet. Diesen Verzicht habe er nach Rücksprache mit dem Beklagten erklärt. Er habe den Beklagten auch darüber informiert, dass nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein die Zulassung nur drei Monate zum Ruhen habe gebracht werden dürfen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass der Beklagte ihm zur Durchführung eines Praxisnachfolgeverfahrens nach §§ 99 SGB V habe raten müssen, da er nur auf diese Weise durch den Verkauf seines Praxisanteils an den öffentlich-rechtlich zu bestellenden Nachfolger den immateriellen Wert seines Praxisanteils habe realisieren können. Er hat behauptet - was vom Beklagten erstinstanzlich nicht bestritten worden ist - im Zuge dieser Vorgehensweise hätte er einen Verkehrswert von 57.520,34 € realisieren können.

Der Kläger hat die Aufrechnung gegenüber dem mit der Widerklage geltend gemachten Honoraranspruch des Beklagten in Höhe von 2.111,21 € erklärt, soweit sich das Honorar auf der Tätigkeit des Beklagten im Schiedsgerichtsverfahren bezieht.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 19.951,02 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06. August 2004 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, die aus der fehlerhaften anwaltlichen Beratung durch den Beklagten im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Klägers aus der gemeinsam mit Frau C. betriebenen Gemeinschaftspraxis, L. Str., M., entstanden sind oder zukünftig entstehen werden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat er beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an die Partnerschaftsgesellschaft D., 3.691,13 € nebst Zinsen in Höhe von 8% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. November 2003 zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, der Kläger sei zunächst an einer Fortsetzung der Gemeinschaftspraxis interessiert gewesen. Nach Erhalt eines Schreibens der Bevollmächtigten von Frau A. vom 24. Oktober 2002 sei er fest entschlossen gewesen, die Arbeit in der Gemeinschaftspraxis zu beenden. Der Beklagte habe ihn auf § 25 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags und darauf, dass der Anfechtung keine Rückwirkung zukomme, hingewiesen. Auch die Realteilung habe er dem Kläger erläutert und ihm hierzu geraten. Der Kläger habe jedoch in dem Planungsbereich Wesel nicht mehr selbständig praktizieren wollen und sich zur Beendigung der Gesellschaft eigenverantwortlich entschlossen. Er habe dem Kläger erklärt, ihm helfen zu wollen, ohne größeren Schaden die Gemeinschaftspraxis verlassen zu können, wobei dem Kläger insbesondere an der Rückzahlung des Kaufpreises gelegen gewesen sei. Er habe den Kläger auch darauf hingewiesen, dass es zur Bezifferung der Zahlungsansprüche einer Abschichtungsbilanz bedürfe. Der Kläger habe erklärt, für diese sorgen zu wollen. Die von ihm mit Schreiben vom 27. Januar 2003 überreichte Aufstellung sei jedoch ungenügend gewesen, worauf er den Kläger hingewiesen habe. Dieser habe daraufhin kurz vor dem Termin im Schiedsgerichtsverfahren eine betriebswirtschaftliche Auswertung vorgelegt

Um gegebenenfalls eine Realteilung zu ermöglichen, sei ausdrücklich nur das Ruhen der Kassenarztzulassung vereinbart worden; die Rückgabe der Zulassung sei ohne Wissen des Beklagten erfolgt. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, er habe darauf vertrauen dürfen, dass dem Kläger die kassenarztrechtliche Lage bekannt sei. Er hat schließlich behauptet, den Kläger über den Wert einer kassenärztlichen Zulassung unterrichtet zu haben. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, mangels Ausschlusskündigung finde § 25 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags keine Anwendung. Vielmehr bewende es bei der Regelung des § 723 BGB. Im Übrigen sei es möglich gewesen, die Gesellschaft rückabzuwickeln, jedenfalls aber Schadensersatzansprüche auf der Grundlage einer Abschichtungsbilanz bzw. auch ohne eine solche Bilanz als Mindesbeträge geltend zu machen. Dem Kläger sei wegen der Kosten für das Schiedsgerichtsverfahren kein Schaden entstanden, da das Verfahren noch nicht beendet sei.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 15. April 2005 bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs stattgegeben. Der Widerklage hat es in Höhe von 1.579,92 € entsprochen und sie im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte schulde dem Kläger Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung. Das angestrengte Schiedsgerichtsverfahren sei für den Beklagten erkennbar ohne Aussicht auf Erfolg gewesen. Die gegen Frau A. geltend gemachten Ansprüche unterlägen im Abwicklungsstadium der GbR einer Durchsetzungssperre. Denn die Anfechtung des Gesellschaftsvertrags durch den Kläger habe nur Wirkung für die Zukunft entfaltet, da die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar seien. Daher sei die Anfechtung als Kündigung aus wichtigem Grund anzusehen, die wegen der ordentlichen Anschlusskündigung der Frau A. gemäß § 25 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags die Folge habe, dass die GbR aufzulösen sei. Ansprüche bestünden nur im Rahmen der zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung.

Einzelforderungen könnten allenfalls dann ausnahmsweise vor Feststellung der Schlussrechnung geltend gemacht werden, wenn die Mindesthöhe des Auseinandersetzungsguthabens schon feststehe. Das sei jedoch vom Schiedsgericht zu Recht verneint worden. Dieses habe nachvollziehbar ausgeführt, dass dem Kläger durch die Beteiligung an der Praxis auch Vorteile entstanden seien, die er zur substantiierten Darlegung eines Schadens den Nachteilen hätte gegenüberstellen müssen. Auch der vom Kläger entrichtete Kaufpreis und ein angemessener Arbeitslohn könnten ohne Erstellung einer solchen Gegenüberstellung als Einzelforderungen nicht schon vor Erstellung der Auseinandersetzungsabrechnung ausgekehrt werden.

Der vor dem Schiedsgericht verfolgte Feststellungsantrag sei mangels Bestimmtheit bereits unzulässig gewesen, da die Art der Regressforderung nicht klar bestimmt worden sei. Regressansprüche hätten sich auch aus - unbewussten - Abrechnungsfehlern des Klägers selbst ergeben können. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei das Schiedsgerichtsverfahren infolge des Schiedsspruchs auch beendet, obwohl die Ansprüche dort als "derzeit unbegründet" abgewiesen worden seien. Wegen der anfänglichen Aussichtslosigkeit des Schiedsgerichtsverfahrens habe der Beklagte dem Kläger dessen sinnlos aufgewandte Kosten zu erstatten.

Der Feststellungsantrag sei zulässig, da unsicher sei, ob der Kläger im Hinblick aus der andauernden Auseinandersetzung mit Frau A. noch Ersatz wegen des Verlustes des immateriellen Wertes der Praxis erlangen könnte. Zum Ersatz dieses Schadens sei ihm aber der Beklagte ebenfalls wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung aus § 280 Abs. 1 ZPO verpflichtet. Dem Kläger könne ein Schaden daraus entstehen, dass er von der Neuausschreibung seines Vertragsarztsitzes abgesehen habe. Der Beklagte habe ihn dahingehend beraten müssen, dass er auf die Erhaltung des Vertragsarztsitzes angewiesen sei, um im Rahmen eines Praxisnachfolgeverfahrens den immateriellen Wert seines Praxisanteils verwerten zu können. Denn der Beklagte sei zur umfassenden Beratung verpflichtet gewesen und habe ihm diejenigen Schritte anraten müssen, die zur Verfolgung seiner Ziele geeignet seien und Nachteile für den Kläger vermieden hätten. Unstreitig habe der Beklagte jedoch nicht dargelegt, wie der immaterielle Wert hätte realisiert werden können. Der Beklagte habe auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger diesen Teil der Angelegenheit selber regeln würde, da bei dem Kläger als Mediziner die erforderlichen rechtlichen Kenntnisse nicht vorauszusetzen gewesen seien. Der Beratungspflicht stehe nicht entgegen, dass über die Zulassung als Vertragsarzt öffentlich-rechtlich entschieden werde, da im Rahmen des Praxisnachfolgeverfahrens der Praxisanteil veräußert werde, nicht die Vertragsarztzulassung. Bei ordnungsgemäßer Beratung sei nach den Grundsätzen des beratungskonformen Verhaltens auch davon auszugehen gewesen, dass der Kläger nicht auf seine Zulassung verzichtet hätte, sondern eine Ausschreibung vorgenommen hätte. Die Möglichkeit, sich erneut um eine Zulassung zu bewerben, wäre für die Realisierung des immateriellen Werts des Praxisanteils nicht zielführend gewesen.

Die Widerklage sei nur in Höhe von 1.579,92 € begründet. Insoweit sei der Kläger zu Zahlung einer Besprechungsgebühr nach einem Wert von 187.716,74 € verpflichtet, da schlüssig dargelegt sei, dass bereits bei den Besprechungen mit den Anwälten der Frau A. alle Punkte, die Gegenstand des Schiedsgerichtsverfahrens gewesen seien, zur Sprache gekommen seien. In Höhe weiterer 2.111,21 € sei der Gebührenanspruch infolge der von dem Kläger erklärten Aufrechnung mit seinem Schadensersatzanspruch untergegangen.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 08. und 16. Februar sowie vom 02. März 2005 (Kläger) bzw. vom 08. und 22. Februar sowie 11. März 2005 (Beklagter) seien kein Grund gewesen, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, da sie nur Rechtsansichten bzw. nicht entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag enthielten.

Der Zinsanspruch des Klägers sei nur in der ausgeurteilten Höhe begründet, da § 288 Abs. 2 BGB auf Schadensersatzansprüche nicht anwendbar sei.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerechten Berufung, mit der er die Abweisung der Klage und die vollständige Stattgabe der Widerklage verfolgt.

Er bezweifelt, dass eine etwaige Beratungspflichtverletzung kausal für einen Schaden des Klägers geworden sei und vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass Schadensersatz- und Auseinandersetzungsansprüche nur bei berechtigter Anfechtung bzw. Kündigung bestanden hätten, deren Gründe indes weder unstreitig noch bewiesen seien. Er behauptet, den Kläger auf die Durchsetzungssperre hingewiesen zu haben; dieser habe aber an sein Geld kommen wollen Er hält an seiner Auffassung fest, dass das Schiedsgericht falsch entschieden habe, da die Ansprüche des Klägers auf Verschulden bei Vertragsverhandlungen beruhten und deshalb der Durchsetzungssperre nicht unterfielen. Jedenfalls habe das Schiedsgericht als "minus" zum geltend gemachten Leistungsantrag feststellen müssen, dass die geltend gemachten Einlagen und Auslagen des Klägers bei der Auseinandersetzung zu berücksichtigen seien. Wegen des im Schiedsgerichtsverfahren geltend gemachten Feststellungsantrags habe das Schiedsgericht seine Hinweispflicht verletzt.

Der Beklagte bestreitet, dass es dem Kläger möglich gewesen wäre, seinen Praxisanteil zu verkaufen, da die Frage der Auseinandersetzung - insoweit unbestritten - zwischen dem Kläger und Frau A. im Streit gestanden habe und sich bei pflichtgemäßer Aufklärung über die gegen Frau A. erhobenen Vorwürfe kein Kaufinteressent gefunden hätte. Deshalb sei auch - was vom Kläger nicht bestritten wird - der Zeuge E., der - ebenfalls unbestritten - die Praxis im August 2003 von Frau A. erworben habe, über die Vorwürfe nicht unterrichtet worden. Der Beklagte wiederholt seine Behauptung, dass der Kläger eigenmächtig und ohne ihn zu informieren die Kassenarztzulassung zurückgegeben habe. Ein etwaiger good will habe sich jedenfalls bis zur Klärung der vollständigen Auseinandersetzung verflüchtigt. Er ist im Übrigen der Ansicht, der Feststellungsantrag sei zu unbestimmt.

Der Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Klage abzuweisen und

2. den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an die Partnerschaftsgesellschaft D., weitere 2.111.21 € nebst Zinsen in Höhe von 8% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. November 2003 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt die Ansicht, dass die Schiedsgerichtsentscheidung zutreffend gewesen sei; jedenfalls aber könne der Beklagte sich hinsichtlich seiner Beratungsfehler nicht mit Bezug auf eine angeblich falsche Schiedsgerichtsentscheidung entlasten. Der Geltendmachung von Ersatzansprüchen habe die Klärung, ob und zu welchem Zeitpunkt eine Auflösung der Gesellschaft erfolgt sei, zwingend vorangehen müssen. Eine entsprechende Umdeutung der im Schiedsverfahren geltend gemachten Leistungsanträge habe sich bereits mangels Benennung eines Auflösungszeitpunkts verboten. Die Durchsetzungssperre finde allenfalls bei stillen Gesellschaften keine Anwendung, sehr wohl aber bei einer GbR.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1.

Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 19.951,02 € verurteilt. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen entsprechenden Anspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen anwaltlicher Falschberatung. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Geltendmachung der Zahlungsansprüche und des Feststellungsanspruches in dem Schiedsgerichtsverfahren erkennbar keine Aussicht auf Erfolg hatte. Auch nach Auffassung des Senats stellt sich der Schiedsspruch vom 24 September 2003 als richtig dar, was der Beklagte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. Der Beklagte ist daher zur Erstattung der dem Kläger entstandenen Kosten verpflichtet.

a.

Ansprüche des Klägers auf Erstattung seiner Einlage iHv. 115.040,67 €, von Finanzierungskosten iHv. 7.195,90 €, Arbeitslohn iHv. 65.450,00 €, Erstattung des Vertragsarztsitzes iHv. 57.520,30 € sowie Auslagen iHv. 1.345,65 € abzüglich der Entnahmen iHv. insgesamt 62.700,-- €, wie sie zuletzt Gegenstand des schiedsgerichtlichen Verfahrens waren (vgl. Bl. 5 und 9 des Schiedsspruchs = Bl. 82 und 86 GA), waren zum Zeitpunkt der Geltendmachung im Schiedsverfahren ersichtlich (noch) nicht begründet.

aa.

Mit dem Beklagten ist davon auszugehen, dass die Ansprüche überhaupt nur dann entstanden sein könnten, wenn die seitens des Klägers gegen Frau A. erhobenen Vorwürfe inhaltlich zutreffend gewesen wären. Soweit der Beklagte indes in der Berufungsbegründung mit Bezug hierauf seine Haftung in Frage stellen will, ist dies aus Sicht des Senats nicht nachvollziehbar. Denn der Beklagte hat nicht bestritten, dass die von dem Kläger gegen Frau A. erhobenen Vorwürfe inhaltlich zutreffend waren. Aus seinem Vorbringen ergibt sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass hinsichtlich der Vorwürfe ein Beweisrisiko bestanden habe. Vielmehr geht aus den Schriftsätzen, die der Beklagte im Schiedsverfahren gefertigt hat, hervor, dass die Vorwürfe gegen die Beklagte mit umfangreichen Beweismitteln zu untermauern waren. Dass ein ernstzunehmendes Beweisrisiko bestanden habe, lässt sich der Berufungsbegründung nicht entnehmen, da der Beklagte nur auf die Selbstverständlichkeit hinweist, dass bestrittene Vorwürfe gegebenenfalls vom Kläger hätten bewiesen werden müssen. Es würde auch an seiner Haftung im Ergebnis nichts ändern. Denn zum einen sähe er sich so dem Vorwurf ausgesetzt, ein möglicherweise aus tatsächlichen Gründen aussichtsloses Schiedsverfahren angestrengt zu haben. Zum anderen hätte er in diesem Fall den Kläger auf die Risiken der Beweislage hinweisen müssen; dass er dies getan hat, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

bb.

Wie das Schiedsgericht zutreffend ausgeführt hat, unterlagen die Zahlungsansprüche im Hinblick auf das Abwicklungsstadium, in das die GbR zwischen dem Kläger und Frau A. eingetreten war, einer Durchsetzungssperre.

(1)

Die von dem Kläger unter dem 24. Oktober 2002 erklärte Anfechtung des Gesellschaftsvertrags hat - unterstellt, ein Anfechtungsgrund lag vor - nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft nicht zur Folge gehabt, dass der Gesellschaftsvertrag als anfänglich unwirksam anzusehen sei mit der Folge, dass das gesamte Gesellschaftsverhältnis rückabzuwickeln wäre. Es entspricht vielmehr ständiger Rechtsprechung des BGH und der nahezu einhelligen Auffassung der Literatur, dass die Anfechtungsfolgen wegen der Rückwirkung auf den Abschluss von Gesellschaftsverträgen grundsätzlich nicht passen. Die Anfechtung entwickelt daher nur Wirkung ex nunc. Das wird von Beklagtenseite auch grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen und muss im Hinblick auf die inhaltlich überzeugenden Ausführungen des Schiedsgerichts und des Landgerichts zu dieser Frage hier nicht mehr vertieft werden.

Da die Parteien des Gesellschaftsvertrags den Abschluss eines solchen Vertrags angestrebt hatten und die Gesellschaft auch in Vollzug gesetzt worden ist, finden die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung. Ein Vorrang sonst schutzwürdiger Interessen ist nicht gegeben. Insbesondere ist die Anwendung dieser Grundsätze nicht ausgeschlossen, weil der Kläger arglistig getäuscht worden sei. Denn auch Fälle, in denen der Beitritt aufgrund arglistiger Täuschung erfolgt und deshalb die Anfechtung erklärt worden ist, unterfallen den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1974, Az: II ZR 27/73, www.jurisweb.de Rdn. 24 = BGHZ 63, 338ff.; BGH NJW 2001, 2718[2720]), da den Belangen des getäuschten Gesellschafter mit anderen Ansprüchen - z.B. § 826 BGB, Vertragsanpassung u.ä. - ausreichend Rechnung getragen werden kann (vgl. Münchener Kommentar zum BGB - Ulmer, 4. Aufl, Rdn. 340 zu § 705 BGB m.w.Nw.).

(2)

Als Rechtsfolge der fehlerhaften Gesellschaft sind nach Beendigung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die früheren Gesellschafter grundsätzlich gehindert, ihre jeweiligen Ansprüche gegen die Gesellschaft oder gegeneinander isoliert geltend zu machen. Diese jeweiligen Forderungen sind vielmehr als unselbständige Rechnungsposten in eine Auseinandersetzungsbilanz einzustellen, ein Zahlungsanspruch besteht nur hinsichtlich des abschließenden Saldos (st. Rspr. vgl. BGHZ 37, 299, 304 f.; BGH ZIP 1993, 919 f. = WM 1993, 1340 m. Anm. Müller, BGH ZIP 1993, 1307 m. Anm. Crezelius EWiR 1993, 971; BGH NJW 1995, 188;).

Dieser Durchsetzungssperre unterfallen grundsätzlich alle gesellschaftsvertraglichen Ansprüche und insbesondere auch Schadensersatzansprüche (Ulmer in: Münchener Kommentar zum BGB, Rdn. 52 zu § 730 BGB), also auch Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. So hat der BGH mit Urteil vom 29. Juni 1970 (II ZR 158/69, www.jurisweb.de Rdn. 40 = NJW 1971, 375[377]) entschieden, dass die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch Anwendung finden, wenn ein Gesellschafter durch betrügerisches Verhalten des allein vertretungsberechtigten Gesellschafters zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags bestimmt worden ist.

Denn wie bereits ausgeführt, wird den Interessen des Gesellschafters in den Fällen, in denen sich Mitgesellschafter ihm gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht haben, durch die Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grund und dem hieraus folgenden Schadensersatzanspruch bei der Auseinandersetzung ausreichend Rechnung getragen (BGH a.a.O.). Diese Fallkonstellation ist mit der vorliegenden vergleichbar, da das betrügerische Verhalten vor Vertragsschluss Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragssschluss ebenso begründen kann wie der hier streitgegenständliche Vorwurf, nicht über alle vertragsrelevanten Umstände aufgeklärt zu haben.

Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Durchsetzungssperre der Ansprüche stiller Gesellschafter (vgl. BGH Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, NJW-RR 2004, 1407[1408]; NJW-RR 2005, 627; BGH NJW 2005, 1784 [1786]) seien entsprechend anwendbar, verkennt er, dass - worauf der Kläger mehrfach hingewiesen hat - die Entscheidungen sich auf die "Besonderheiten der stillen Gesellschaft im Gegensatz zu einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts" stützen, also auf die GbR in der Form, wie sie der Kläger mit Frau A. praktizierte, gerade nicht anwendbar sind. Dass die GbR vorliegend zweigliedrig war, steht dem nicht entgegen, da die dargestellten Grundsätze nach der Rechtsprechung des BGH auch für die zweigliedrige GbR gelten (BGH NJW 1992, 2757[2758]; NJW 1999, 3557).

Im Übrigen kann der Beklagte sich bei der Beurteilung, ob das von ihm angestrengte Schiedsverfahren Aussicht auf Erfolg hatte, auf die Rechtsprechung des BGH zur stillen Gesellschaft bereits deshalb nicht stützen, weil sie erstmals aus dem Jahr 2004 datiert und sich gegensätzlich zu der bis dahin herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung verhielt (vgl. Nachweise in den genannten Entscheidungen). Diese Rechtsprechung konnte mithin für das in den Jahren 2002/2003 laufende Schiedsverfahren noch keine Berücksichtigung finden. Zumindest aber war der Beklagte gehalten, den für den Kläger sichersten Weg zur Durchsetzung der Rechtsschutzziele zu wählen und sich mithin auf dem Boden der bis zum Jahr 2003 geltenden Rechtsprechung zu bewegen (BGH NJW 1993, 3324; NJW-RR 1990, 205). Die Schadensersatzpflicht besteht auch dann, wenn der Rechtsanwalt eine später als unrichtig erkannte Rechtsprechung der zuständigen Gerichte nicht beachtet hat (BGHZ 145, 256 = NJW 2001, 146 = ZIP 2000, 2168[2171]). Dass für das Schiedsgericht bzw. den Beklagten die Rechtsprechung des BGH aus den Jahren 2004 und 2005 absehbar war, ist nicht zu erkennen. Insbesondere nehmen die von dem Beklagten gefertigten Schriftsätze aus dem Schiedsverfahren, soweit sie vorgelegt worden sind, diese Rechtsprechung nicht vorweg. Vor diesem Hintergrund war die Durchsetzungssperre beachtlich.

Der Kläger war auch nicht ausnahmsweise berechtigt, trotz der Durchsetzungssperre bereits isolierte Zahlungsansprüche geltend zu machen. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der einzelne Gesellschafter Ansprüche schon vor Erstellung einer abschließenden Auseinandersetzungsrechnung jedenfalls dann isoliert geltend machen kann, wenn die Gefahr von Hin- und Herzahlungen während des Auseinandersetzungsverfahrens, der durch die genannte Rechtsprechung des BGH begegnet werden soll (vgl. BGHZ 37, 299, 304 f.; Ulmer a.a.O. § 730 Rdn. 49), nicht besteht. Das ist u.a. dann der Fall, wenn bereits vor Abschluss der Auseinandersetzung feststeht, dass einem Gesellschafter ein bestimmter Betrag in jedem Fall zusteht, oder wenn es nur noch um die Verteilung des letzten Aktivpostens geht (vgl. BGH.NJW 1995, 188).

Beide Voraussetzungen lagen hier aber nicht vor. Insbesondere von einem Mindestbetrag ist bereits deshalb nicht auszugehen, weil - wie das Schiedsgericht zutreffend ausgeführt hat - dem Kläger auch Vorteile aus der Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis erwachsen sind. Insoweit kann der Beklagte nicht pauschal darauf verweisen, dass die Praxis einen Wertzuwachs erlangt habe. Denn zumindest war vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass die Bewertung des Gesellschaftsvermögens zwischen den Vertragsparteien streitig war, ein Mindestbetrag der Höhe nach nicht feststellbar. Bezeichnenderweise nennt auch der Kläger keine Mindestsumme, die sich unabhängig von der weiteren Auseinandersetzung zu seinen Gunsten hätte ergeben sollen. Die von ihm im Schiedsverfahren genannten Beträge sind es jedenfalls aus den genannten Gründen nicht, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der immaterielle Wert des Praxisanteils des Klägers offenbar zweimal in der Schiedsgerichtsklage geltend gemacht worden ist. Denn er machte zum einen die Erstattung der Einlage in Höhe von 115.040,67 € geltend, die sich zu 50% auf den immateriellen Wert bezog, und zum anderen einen Betrag von 57.520,30 € für die Erstattung des Vertragsarztsitzes, was der Sache nach ebenfalls auf eine Erstattung des immateriellen Wertes hinauslief. In Höhe von 57.520,30 € war die Schiedsklage daher schon aus diesem Grund unschlüssig.

(3)

Soweit der Beklagte sich offenbar darauf berufen möchte, das Schiedsgericht habe die Zahlungsansprüche unter allen rechtlichen Gesichtspunkten prüfen müssen und mithin auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes, vermag dies deshalb nicht zu überzeugen, weil die Ansprüche jedenfalls zunächst auf die Rückabwicklung des Gesellschaftsvertrags gestützt worden sind. Dem Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass das Schiedsgericht an diese rechtliche Beurteilung nicht gebunden war. Unabhängig von der Frage, ob Frau A. dem Kläger dem Grunde nach auf Schadensersatz haftete, konnte aber ein Schaden jedenfalls der Höhe nach nicht bestimmt werden. Denn im Wege der Vorteilsausgleichung hätte der Kläger sich die Vorteile, die ihm aus der Tätigkeit im Rahmen der Gemeinschaftspraxis erwuchsen, anrechnen lassen müssen. An einer Bezifferung dieser Vorteile fehlte es indes; diese wäre nur durch Vorlage der Auseinandersetzungsbilanz möglich gewesen.

(4)

Die Durchsetzungssperre greift unabhängig von der Frage, ob gemäß der Regelung in § 25 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrag Frau A. wirksam die Anschlusskündigung erklärt hat oder der Kläger infolge der Kündigung gemäß § 29 des Gesellschaftsvertrags Anspruch auf Abfindung gehabt hätte oder ob statt der gesellschaftsvertraglichen Regelungen die gesetzlichen Vorschriften der §§ 723, 730-735 BGB anzuwenden sind.

In ersterem Fall greift nach § 32 des Gesellschaftsvertrags die Realteilung.

Im zweiten Fall fehlt es an der nach § 29 erforderlichen Ermittlung des Abfindungsguthabens.

Im letzteren Fall schließlich gelten die dargelegten Grundsätze unmittelbar. Da - wie dargelegt - die Durchsetzungssperre auch bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen GbR Geltung hat, kann der ausscheidende Gesellschafter auch hier keine isolierten Ansprüche geltend machen, sondern nur den aus der Schlussabrechnung folgenden Anspruch (BGH NJW 1992, 2757[2758]; NJW 1999, 3557).

(5)

Schließlich kann sich der Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Schiedsgericht habe die gebotene Umdeutung der Leistungsanträge in Feststellungsanträge unterlassen. Insoweit ist dem Beklagten zuzugeben, dass die Geltendmachung isolierter Zahlungsansprüche, denen die Durchsetzungssperre entgegensteht, einen Feststellungsantrag des Inhalts umfasst, dass die geltend gemachten Ansprüche in die vorzunehmende Auseinandersetzungsabrechnung mit aufzunehmen sind (BGH Urteil vom 24. Oktober 1994, Az: II ZR 231/93 www.jurisweb.de Rdn. 8 = NJW 1995, 188). Das Schiedsgericht hat dies auch zutreffend erkannt und sich unter Ziff. V der Entscheidungsgründe mit der Frage, ob eine Umdeutung in Betracht komme, befasst. Es hat jedoch ausgeführt, dass die geltend gemachten Zahlungsansprüche jedenfalls derzeit unbegründet seien, so dass sie auch in eine Auseinandersetzung nicht einzustellen gewesen wären. Den diesbezüglichen Ausführungen (Bl. 17/18 des Schiedsspruchs = Bl. 94/95 GA) ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Die Ausführungen des Schiedsgerichts sind aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden. Denn zutreffend hat das Schiedsgericht ausgeführt, dass die Zahlung der Einlage mit Rechtsgrund - dem Gesellschaftsvertrag - erfolgte. Als Schadensersatz konnte diese Position ebenso wenig wie die Finanzierungskosten bzw. die Vergütung für die Arbeitstätigkeit geltend gemacht werden, da jedenfalls die Höhe eines dem Kläger entstandenen Schadens mangels Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Vor- und Nachteile seiner Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis nicht festzustellen war. Dem Vertragsarztsitz kommt als unveräußerliches Recht kein Veräußerungswert zu. Dass in der Praxis hier entgegen der Rechtslage Zahlungen erbracht werden mögen, steht dem nicht entgegen, da in die Auseinandersetzungsabrechnung nur Beträge eingehen können, auf die ein Rechtsanspruch besteht.

b.

Ebenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Schiedsgericht entschieden, dass der im Schiedsverfahren geltend gemachte Feststellungsantrag ohne Erfolgsaussicht war. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es dem Feststellungsantrag tatsächlich an der erforderlichen Bestimmtheit ermangelte, was allerdings nach Auffassung des Senats deshalb zweifelhaft ist, weil sich der Antrag nach seinem konkret gestellten Inhalt auf alle Regressforderungen für einen bestimmten Zeitraum bezog. In dieser Form war der Feststellungsantrag allerdings unbegründet. Wie das Schiedsgericht und das Landgericht zutreffend festgestellt haben, wurden durch die Fassung des Antrags auch Regressforderungen erfasst, die auf einem Verhalten des Klägers beruhten bzw. solche, die auch im Innenverhältnis der Gemeinschaftspraxis zur Last hätten fallen sollen. Für beide denkbaren Fallgestaltungen gab es keinen Rechtsgrund für eine Alleinhaftung der Frau A.. Im Gegenteil enthielt § 32 Abs. 5 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags für den Fall der Auseinandersetzung eine Haftungsregelung, die eine anteilige Haftung vorsah.

War der gestellte Antrag in dieser Form jedenfalls offensichtlich unbegründet, so ließ er sich auch nicht auf ein möglicherweise begründetes Maß zurückführen. Denn insoweit wäre es nun allerdings Aufgabe des Beklagten gewesen, aus der Fülle denkbarer Regressansprüche der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein diejenigen herauszugreifen und zu bezeichnen, hinsichtlich derer eine Alleinhaftung der Beklagten etwa unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten in Betracht gekommen wäre.

In diesem Zusammenhang kann sich der Beklagte nicht damit entlasten, dass das Schiedsgericht ihn auf die aus seiner Sicht gegebene Unzulässigkeit des Feststellungsantrags hätte hinweisen müssen. Unabhängig von der Frage, ob eine solche Hinweispflicht bestand, unterbricht das Unterlassen eines gebotenen Hinweises nicht den Zurechnungszusammenhang. Wenn das Schiedsgericht einen Fehler begangen hätte, ist der Beklagte hierfür mitverantwortlich. Hat der Anwalt eine ihm übertragene Aufgabe nicht sachgerecht erledigt und auf diese Weise zusätzliche tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hervorgerufen, sind die dadurch ausgelösten Wirkungen ihm grundsätzlich zuzurechnen. Folglich haftet er für die Folgen eines gerichtlichen Fehlers, sofern dieser auf Problemen beruht, die der Anwalt durch eine Pflichtverletzung erst geschaffen hat oder bei vertragsgemäßem Arbeiten hätte vermeiden müssen (BGH NJW 1998, 2048[2049]; BGH, NJW 1996, 48 [51]; BGH NJW 1996, 2648 [2650] ). Hier hätte das Schiedsgericht bei sachgerechter Stellung des Feststellungsantrags die Zulässigkeit der Klage anders beurteilt und möglicherweise zu Gunsten des Klägers entschieden. Die Pflichtverletzung der Beklagten hat daher erst das Problem entstehen lassen, welches das Schiedsgericht nach Auffassung des Beklagten nicht sachgerecht bewältigt hat. Daher ist der Nachteil, den der Kläger erlitten hat, auch vom Schutzzweck der verletzten Anwaltspflicht gedeckt.

c.

Die Annahme eines Beratungsfehlers scheitert nicht daran, dass der Beklagte den Kläger auf die Problematik der Durchsetzungssperre hingewiesen habe. Der Vortrag eines expliziten Hinweises ist erstmals in der Berufungsbegründung (dort Seite 9 = Bl. 334 GA) erfolgt und daher gemäß § 531 Abs. 2 nicht zuzulassen. Denn das Vorbringen ist streitig, da der Kläger vorgetragen hat, der Beklagte habe die Durchsetzungssperre übersehen. Im Übrigen lässt sich aber auch diesem Vorbringen nicht entnehmen, dass der Kläger entgegen dem anwaltlichen Rat die Durchführung des Schiedsverfahrens gewünscht hätte, was allerdings einen Beratungsfehler entfallen lassen könnte. Der Beklagte hat auch in der Berufung nicht vorgetragen, dass er den Kläger auf die voraussichtliche Erfolglosigkeit des Schiedsverfahrens und insbesondere auf die dem Begehren des Klägers entgegenstehende Rechtsprechung hingewiesen habe. Er hat lediglich vorgetragen, dass er aus Gründen der Vorsorge "zweigleisig gefahren" sei und den Kläger auf das Erfordernis einer Auseinandersetzungsabrechnung hingewiesen habe. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass er dem Kläger zur Durchführung des Verfahrens geraten hat.

Soweit er quasi hilfsweise auf die Vorlage einer Auseinandersetzungsbilanz gedrungen hat, stützt auch dieses Vorbringen die Annahme eines Beratungsfehlers. Denn zum einen waren bei der Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen der §§ 29 Abs. 3, 32 Abs. 2 zu beachten, die die Erstellung dieser Auseinandersetzungsabrechnung durch einen Schiedsgutachter regelte. Dass der Beklagte den Kläger auf Vorlage einer diesen Erfordernissen genügenden Bilanz hingewiesen hätte, ist nicht vorgetragen. Zum anderen war die Einleitung des Schiedsverfahrens ohne diese vom Beklagten angeblich erkannte Notwendigkeit aus den genannten Gründen fehlerhaft. Schließlich aber hätte der Beklagte vor Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz zunächst - gegebenenfalls durch Einleitung eines entsprechenden Schiedsverfahrens - die Frage klären müssen, ob überhaupt ein Fall der Auseinandersetzung vorlag, da letzteres zwischen den Gesellschaftern streitig war und auf welches Datum der Auseinandersetzungsstichtag anzusetzen war. Wegen des Vorhandenseins zweier Kündigungen kamen hier nämlich mehrere Zeitpunkte in Betracht, die von dem Beklagten vorab zu klären gewesen wären. Die Auswahl unter mehreren in Betracht kommenden Zeitpunkten ist nicht dem Gericht zu überlassen (OLG München NJW-RR 1995, 485[486]). Dass die Bestimmung des Auseinandersetzungsstichtags schließlich unmittelbar Auswirkungen auf die Höhe der etwaigen Zahlungsansprüche hat und damit unabweisbar notwendig ist, ist unmittelbar einsichtig.

d.

Infolge des Beratungsfehlers durch den Beklagten ist dem Kläger ein Schaden in Form der Kosten des Schiedsverfahrens entstanden. Denn bei Aufklärung darüber, dass das Schiedsverfahren ohne Erfolgsaussicht sei, ist davon auszugehen, dass der Kläger hiervon - wenigstens bis zur Vorlage einer den gesellschaftsvertraglichen Anforderungen genügenden Auseinandersetzungsbilanz - abgesehen hätte.

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Schiedsverfahren nicht beendet worden sei und deshalb Aussicht bestünde, die Ansprüche kostenneutral durch Fortsetzung des Schiedsverfahrens doch noch erfolgreich geltend zu machen. Das Schiedsverfahren endet nach § 1056 Abs. 1, 1. Alternative ZPO mit dem endgültigen Schiedsspruch. Einen solchen hat das Schiedsgericht am 24. September 2003 verkündet. Dem steht nicht entgegen, dass die Ansprüche als "derzeit unbegründet" bzw. unzulässig abgewiesen worden sind. Gleichwohl liegt eine instanzbeendende Entscheidung des Schiedsgerichts vor, die lediglich Beschränkungen hinsichtlich der materiellen Rechtskraft unterliegt. Zugleich ist gemäß § 1056 Abs. 3 ZPO das Amt des Schiedsgerichts beendet. Einer der dort genannten Ausnahmefälle ist ersichtlich nicht gegeben.

Die Höhe der Kosten steht außer Streit. Zu den erstattungsfähigen Schadenspositionen gehört auch der Vorschuss iHv. 2.250,-- €, den der Kläger an den Beklagten für dessen Tätigkeit gezahlt hat. Die außergerichtliche Tätigkeit des Beklagten ist nämlich mit der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers auf die Widerklage hin entlohnt. Die Tätigkeit des Beklagten im Rahmen des Schiedsverfahrens war nach dem oben Gesagten völlig unbrauchbar und daher nicht geeignet, überhaupt einen Vergütungsanspruch auszulösen. Die Aufwendung der Kosten stellt sich damit nicht nur als Schaden dar, sondern die Kosten sind auch nach § 812 Abs. 1 BGB zu kondizieren.

2.

Der Berufung bleibt auch der Erfolg versagt, soweit der Beklagte sich gegen die Feststellungsverurteilung wendet.

a.

Die Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere kommt ihr das erforderliche Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO zu.

Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs, der noch nicht abschließend mit der Leistungsklage geltend gemacht werden kann, ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn der Anspruchsgegner seine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit in Abrede stellt und durch die Klageerhebung einer drohenden Verjährung entgegengewirkt werden soll. Geht es dabei wie hier um den Ersatz erst künftig befürchteten Schadens aufgrund einer nach Behauptung der Kläger bereits eingetretenen Rechtsgutsverletzung, so setzt das Feststellungsinteresse weiter die Möglichkeit dieses Schadenseintritts voraus; diese ist zu verneinen, wenn aus der Sicht der Kläger bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. z.B. BGHZ 116, 60, 75 m.w.N.;); im Rahmen der Zulässigkeit kann nicht darüber hinaus eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit gefordert werden (BGH NJW 2001, 1431).

Nach diesen Grundsätzen ist wegen des Bestreitens des Beklagten hinsichtlich seiner Eintrittspflicht und der sich aus Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 195 BGB n.F. ergebenden dreijährigen Verjährungsfrist das Feststellungsinteresse zu bejahen. Insbesondere ist ungewiss, ob bzw. inwieweit der Kläger Schadensersatzansprüche gegenüber Frau A. wird realisieren können. Der Möglichkeit eines Schadenseintritts steht auch nicht entgegen, dass der immaterielle Wert der Praxis nicht verwertbar gewesen wäre. Es ist dem Beklagten zwar zuzugestehen, dass die Verwertung des good will der Praxis auf Schwierigkeiten gestoßen wäre, wenn ein Kaufinteressent über die Vorwürfe gegen Frau A. und die laufende Auseinandersetzung informiert worden wäre. Erstinstanzlich ist jedoch das Vorbringen des Klägers, er habe aus der Verwertung einen Betrag von 57.520,34 € realisieren können, unbestritten geblieben. Das Bestreiten des Beklagten in zweiter Instanz ist wegen § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Darüberhinaus standen die genannten Umstände einer Veräußerung nicht grundsätzlich im Wege, sondern hätten allenfalls eine Verwertung zu dem von dem Kläger entrichteten Preis verhindert. Dass die Praxis jedoch gar keinen immateriellen Wert mehr gehabt hätte, ist nicht anzunehmen, zumal sie - wenn auch ohne Information über die Umstände der Praxisauseinandersetzung - im August 2003 veräußert worden ist und seitdem offenbar weiterbetrieben wird. Daher ist davon auszugehen, dass der Patientenstamm, der im Wesentlichen den good will ausmachen wird, zumindest in Teilen erhalten geblieben ist und folglich werthaltig hätte veräußert werden können.

b.

Der Feststellungsantrag ist auch begründet.

Ein in der vorbeschriebenen Weise zulässig gestellter Feststellungsantrag ist begründet, wenn die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs vorliegen, der zu den für die Zukunft befürchteten Schäden führen kann. Darüber hinaus ist im Rahmen der Begründetheit eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu verlangen (vgl. dazu z.B. BGH VersR 1997, 1508, 1509 m.w.N.; BGH NJW 1991, 2707 [2708]). Beide Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

aa.

Der Beklagte hat sich dadurch, dass er den Kläger nicht hinsichtlich der Verwertungsmöglichkeiten des immateriellen Praxisanteils beraten hat, aus § 280 Abs. 1 BGB dem Grunde nach schadensersatzpflichtig gemacht.

(1).

Zu der von dem Beklagten geschuldeten anwaltlichen Beratung gehörte auch die Problematik der Verwertung des good-will der Praxis, die nur in Form der Veräußerung des Praxisanteils in Verbindung mit der Durchführung eiens Praxisnachfolgeverfahrens hätte erfolgen können. Diese Beratungspflicht bestand unabhängig von der Frage, ob der Kläger dem Beklagten hierzu ausdrücklich einen Auftrag erteilt hatte oder nicht.

Der Anwalt ist zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung seines Mandanten verpflichtet, soweit dieser nicht unzweideutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf. Er muss auch über die konkreten wirtschaftlichen Gefahren des beabsichtigten Vorgehens und die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen aufklären, wobei die Beratungspflicht auch besteht, wenn der Mandant rechtskundig ist (allg. Meinung, vgl. nur Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., Rdn. 76 zu § 280 BGB m.w.Nw.). Diesen Grundsätzen ist der Beklagte vorliegend nicht gerecht geworden.

Zum Inhalt der geschuldeten Beratung hätte auch gerade Prüfung und Information über die Möglichkeiten der Verwertung der kassenärztlichen Zulassung gehört. Dies ergibt sich bereits aus den dargelegten Grundsätzen zur anwaltlichen Beratung, zumal der Kläger dem Beklagten nach eigenem Vorbringen keinen begrenzten Auftrag erteilt hat. Zum anderen folgt es aus den weiteren Angaben des Beklagten, wonach er sich bereit erklärt habe, dem Kläger zu helfen, aus der Gesellschaft ohne größeren Schaden auszusteigen. Da nach dem Vortrag des Beklagten das vorrangige Ziel des Klägers die Wiedererlangung des Kaufpreises war, und dieser Kaufpreis sich auf den materiellen wie immateriellen Wert der Praxis bezog (vgl. § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags), schuldete der Beklagte gerade auch Beratung hinsichtlich der Frage, wie dieser immaterielle Wert realisiert werden könnte.

(2)

Unstreitig hat der Beklagte insoweit eine Beratung nicht erteilt und den Kläger insbesondere nicht darauf hingewiesen, dass die Rückgabe der Kassenarztzulassung die Verwertung des immateriellen Wertes des Praxisanteils vereiteln würde. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte erstinstanzlich mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 22. Februar 2005 (dort Seite 2 = Bl. 260 GA) vorgetragen hat, er habe den Kläger über den Wert einer kassenärztlichen Zulassung belehrt. Zum einen ist das entsprechende Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich. Denn es erfolgte ohne Schriftsatznachlass nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung und unterfällt mithin § 296a ZPO. Solches Vorbringen ist in der Berufung nur in den Grenzen des § 531 Abs. 2 ZPO beachtlich (Zöller-Greger, ZPO, 24. Aufl., Rdn. 3 zu § 296a ZPO). Ein Ausnahmefall der § 531 Abs. 2 Nr. 1-3 ZPO ist indes nicht erkennbar.

Zum anderen ist das Vorbringen - selbst wenn man es berücksichtigen wollte - unbeachtlich, weil der Beklagte widersprüchlich vorträgt. Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2005 (dort Seite 1 = Bl. 219 GA) hat er nämlich vorgetragen, dass "die Art und Weise der Verwertung ...im einzelnen (noch) nicht besprochen worden" sei und mit ebenfalls nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 11. März 2005 (dort Seite 1 = Bl. 277 GA) hat er weiter vorgetragen, dass eine Aufklärung bzw. Bewertung über die Kassenärztliche Zulassung nicht stattgefunden habe. Diesen Widerspruch zu dem Vortrag im Schriftsatz vom 22. Februar 2005 hat der Beklagte nicht aufgeklärt. Da er zudem in der Berufung den Vortrag aus dem Schriftsatz vom 22. Februar 2005 nicht noch einmal wiederholt hat, ist von dem zuletzt erfolgten Sachvortrag auszugehen, jedenfalls aber ist das Vorbringen wegen des aus der Widersprüchlichkeit folgenden Verstoßes gegen die Erklärungs- und Wahrheitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO außer Betracht zu lassen.

(3)

Ob der Kläger erst nach Rücksprache oder - wie vom Beklagten behauptet - ohne Rücksprache und zum Entsetzen des Beklagten die kassenärztliche Zulassung zurückgegeben hat, kann dahinstehen. Denn spätestens am 24. Oktober 2002 und damit zeitlich vor der Rückgabe der Zulassung bestand dringender Anlass, den Kläger hinsichtlich der Bedeutung der kassenärztlichen Zulassung zu beraten. An diesem Tag ist nämlich der Beklagte von dem Kläger über den Antrag auf Ruhen der Zulassung unterrichtet worden. Da dem Beklagten die Bedeutung der Kassenartzulassung und die nachteiligen Folgen eines längeren Ruhens für die wirtschaftliche Verwertbarkeit nach seinem eigenen Vorbringen bekannt gewesen sind, lag es angesichts der Mitteilung des Klägers auf der Hand, den Kläger hierüber zu informieren und ihn vor weiteren Handlungen im Zusammenhang mit der Zulassung eindringlich zu warnen. Eine solche Beratung hat der Beklagte nicht vorgetragen; sie lässt sich insbesondere nicht dem Sachvortrag im Schriftsatz vom 10. Januar 2005 entnehmen. Nach dem Gesamtzusammenhang des dortigen Sachvortrags bezog sich nämlich die Beratung in Bezug auf die kassenärztliche Zulassung nicht auf die Verwertung, sondern nur darauf, dass der Kläger selbst nicht mehr als Kassenarzt im Planungsbereich tätig werden wollte und deshalb ein Ruhen beantragt werden sollte.

(4)

Als unstreitig ist zwischen den Parteien anzusehen, dass ohne die kassenärztliche Zulassung der good will der Praxis, der in den vom Kläger gezahlten Kaufpreis eingeflossen ist, nicht zu realisieren war. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Verwertung nur über das von dem Kläger detailliert geschilderte Praxisnachfolgeverfahren hätte erfolgen können oder ob die Zulassung als solche hätte "versilbert" werden können, wie der Beklagte anführt. Jedenfalls scheiterte eine wirtschaftliche Realisierung des immateriellen Praxisanteils an der fehlenden Zulassung.

(5)

Der Beratungsfehler des Beklagten war kausal für das Handeln des Klägers. Wenn der Kläger nämlich über die wirtschaftliche Bedeutung der Kassenarztzulassung informiert worden wäre, hätte er auf die Kassenarztzulassung nicht verzichtet. Dies entspricht - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - den Grundsätzen beratungskonformen Verhaltens. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich vorliegend anders verhalten hätte, liegen nicht vor. Es bestand für ihn kein Grund, die wirtschaftlich werthaltige Kassenarztzulassung zurückzugeben. Insbesondere hat er durch Vorlage des Arbeitsvertrags nachgewiesen, dass er erst Ende Dezember 2002 eine Stelle als Assistenzarzt im Krankenhaus gefunden hatte.

(6)

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass dem Kläger die Nachteile, die ihm aus der Rückgabe der Zulassung erwachsen würden, selbst beurteilen konnte. Dabei vermag der Senat schon nicht nachzuvollziehen, dass solch rechtlich schwierige Gestaltungen wie die Verwertung eines immateriellen Praxisanteils überhaupt zum Kenntnisstand eines Arztes gehören, der regelmäßig nur alltägliche Rechtsfragen aus der ärztlichen Tätigkeit näher kennen wird. Auch der Beklagte erkennt im Grunde, dass entsprechende Rechtskenntnisse auf Seiten der Ärzte regelmäßig nicht vorhanden sein werden, da er vorträgt, bereits zahlreiche Abwicklungen der verfahrensgegenständlichen Art für Ärzte vorgenommen zu haben. Darauf kommt es aber noch nicht einmal entscheidend an, weil - wie bereits ausgeführt - die Beratungspflichten des Rechtsanwalts auch gegenüber rechtskundigen Personen bestehen. Denn aus dem Abschluss eines uneingeschränkten Anwaltsvertrages will auch ein solcher Mandant die Sicherheit schöpfen, dass jedenfalls der Anwalt die Sache erschöpfend und umfassend bearbeiten wird. Da diese Erwartung für den Anwalt erkennbar ist, sind an seine Sorgfaltspflichten grundsätzlich keine geringeren Anforderungen zu stellen als bei einem Mandatsverhältnis mit einer rechtsunkundigen Partei (BGH NJW 1992, 820).

bb.

Schließlich kann der Beklagte sich nicht erfolgreich darauf berufen, dass seine Beratungspflichtverletzung nicht zu einem Schaden des Klägers geführt habe. Insoweit ist - wie bereits ausgeführt - nach ständiger Rechtsprechung des BGH ausreichend, dass aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Ansprüche entstanden sind oder entstehen können (vgl. etwa BGH Urteil vom 15 Juli 1997 - VI ZR 184/96, www.jurisweb.de Rdn. 7 = VersR 1997, 1508). Dies ist - wie bereits oben zu Ziff. 2.a. dargelegt - vorliegend der Fall. Insbesondere steht auch insoweit die möglicherweise durch das Verhalten der Frau A. geminderte wirtschaftliche Werthaltigkeit des immateriellen Praxisanteils aus den genannten Gründen der Annahme eines Schadens nicht entgegen, der - was hier nicht abschließend entschieden zu werden braucht - eventuell deutlich unter den vom Kläger genannten 57.520,34 € liegen wird.

3.

Aus den Darlegungen zu Ziff. 1.d. folgt, dass die Widerklage des Beklagten wegen seines restlichen Gebührenanspruchs iHv. 2.111,21 € zu Recht von dem Landgericht abgewiesen worden ist.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

Es besteht kein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Streitwert: 45.070,37 € (Klageantrag zu 1): 19.951,02 €; Klageantrag zu 2): 23.008,14 €; Widerklageantrag: 2.111,21 €)

Ende der Entscheidung

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