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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 31.08.2005
Aktenzeichen: I-15 W 63/05
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
GKG § 48 Abs. 1
GKG § 68
GKG § 68 Abs. 3 S. 1
GKG § 68 Abs. 3 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der mit dem Urteil vom 18. Mai 2005 verbundene Streitwertbeschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Aktenzeichen 12 O 57/05 - teilweise abgeändert und der Streitwert für das einstweilige Verfügungsverfahren auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller betreibt ein Geschäft für EDV-Service und Computertechnik in N, der Antragsgegner berät geschäftsmäßig Unternehmen über die Beanspruchung staatlicher Fördermittel. Eine Mitarbeiterin des Antragsgegners rief ohne dass zuvor geschäftliche Kontakte zwischen den Parteien bestanden hätten, bei dem Antragsteller an und bot die Leistung des Antragsgegners an.

Das Landgericht hat dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, den Antragsteller in seinem Geschäft unaufgefordert und ohne sein vorheriges oder vermutetes Einverständnis zu gewerblichen Zwecken anrufen zu lassen oder anzurufen. Mit Urteil vom 18. Mai 2005 hat es die einstweilige Verfügung bestätigt und in einem mit dem Urteil verbundenen Streitwertbeschluss den Streitwert entsprechend der Angaben des Antragstellers auf 5.500,00 EUR festgesetzt.

Gegen den Streitwertbeschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner Streitwertbeschwerde vom 6. Juli 2005. Er verweist insoweit auf Entscheidungen zum Streitwert über die unerwünschte Zusendung von E-Mails, nach denen Streitwerte zwischen 1.000,00 EUR und 3.000,00 EUR angenommen würden. Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegen getreten.

Die Kammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, gerade im Vergleich zu unverlangt zugesandter E-Mail sei ein Anruf die unmittelbarere und intensivere Beeinträchtigung. Der Streitwert von 5.500,00 EUR sei daher im untersten Bereich angesiedelt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 68 GKG statthaft. Die Beschwer des Antragsgegners übersteigt 200,00 EUR (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG) und die Beschwerde ist auch innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft (§§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG) eingelegt worden.

Die Beschwerde ist auch teilweise begründet.

Der Streitwert für das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren ist nach §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO auf 3.000,00 EUR festzusetzen.

Der Antragsteller beruft sich auf sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und macht daher einen vermögensrechtlichen Anspruch i.S. d. § 48 Abs. 1 GKG gelten. Für die Wertfestsetzung ist daher § 3 ZPO maßgeblich. Nach dieser Vorschrift bestimmt das Gericht den Streitwert nach freiem Ermessen. Abzustellen ist auf das Interesse des Antragstellers an der begehrten Unterlassung. Bei Ansprüchen, die auf die Unterlassung telekommunikativer Werbung gerichtet sind, ist daher entscheidend auf das Interesse abzustellen, in Zukunft von vergleichbaren Belästigungen verschont zu bleiben (BGH, Beschl. v. 30. November 2004, VI ZR 65/04, www.jurisweb.de Rn. 2 = RVGreport 2005, 80; Schmittmann, JurBüro 2003, 398, 399).

Der Bundesgerichtshof hat in der vorgenannten Entscheidung einen Streitwert von 3.000,00 EUR angenommen für den Anspruch eines Rechtsanwalts gegen einen Modehändler auf Unterlassung der Zusendung unerwünschter Werbemails. Dabei hat der BGH entscheidend darauf abgestellt, dass nach den Feststellungen der Vorinstanz die Belästigung durch die Werbemails als verhältnismäßig geringfügig einzuschätzen war. Angesichts der zuvor uneinheitlichen Rechtsprechung, die Streitwerte zwischen 2.000,00 DM und 15.000,00 DM angenommen hat (vgl. die Darstellung in Senat, Urt. v. 22. September 2004, I.15 U 41/04, MMR 2004, 820 f., 820 und die Darstellung bei Schmittmann, JurBüro 2003, 398, 400) neigt der Senat dazu, sich im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung an dem Beschluss des Bundesgerichtshofes zu orientieren.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Interesse an der Unterlassung unerwünschter Telefonanrufe höher zu bewerten ist, als das Interesse an der Abwehr unerwünschter E-Mails. Während der Empfänger einer E-Mail selber bestimmt, wann er die E-Mail durchsieht, zwingt der unerwünschte Anrufer dem Angerufenen den Zeitpunkt der Beschäftigung mit der nicht gewünschten Werbung auf. Auch lässt sich eine nicht gewünschte Mail mit einem Mausklick löschen, ggf. schon bevor sie insgesamt gelesen wird, weil aus Absender und Betreffangabe der Werbecharakter hervorgeht, während ein Anrufer den Angerufenen zwingt, geraume Zeit zuzuhören, bis er überhaupt den Charakter als unerwünschte Werbung erkennen kann.

Die Belästigung ist damit mehr als nur geringfügig, wie dies bei unerwünschten Mails der Fall ist. Das Interesse an der Unterlassung einer solchen Belästigung ist daher grundsätzlich auch mit einem höheren Wert zu bemessen.

Der Senat schätzt das Interesse des Antragstellers an der Unterlassung unerwünschter Anrufe danach auf 5.000,00 EUR.

Hinsichtlich des einstweiligen Verfügungsverfahrens ist aber zu berücksichtigen, dass dieses keinen endgültigen, sondern lediglich einen vorläufigen Schutz gegen die unerwünschten Anrufe gibt. Da das zur Streitwertbemessung maßgebliche Interesse des Antragstellers daher unter Umständen zeitlich begrenzt ist, ist der Streitwert für eine einstweilige Verfügung mit einem Bruchteil des Hauptsachestreitwertes anzusetzen. Der Senat ist hier der Ansicht, dass der Ansatz von 60% des Hauptsachewertes angemessen ist, so dass der Streitwert für das einstweilige Verfügungsverfahren 3.000,00 EUR beträgt.

Das Verfahren der Streitwertbeschwerde ist nach § 68 Abs. 3 S. 1 GKG gerichtgebührenfrei, Kosten werden nach § 68 Abs. 3 S. 2 GKG nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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