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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 26.03.2004
Aktenzeichen: I-16 U 64/03
Rechtsgebiete: AGBG, HGB, BGB, EGBGB


Vorschriften:

AGBG § 9
HGB § 89 a Abs. 1
HGB § 92
HGB § 87 a Abs. 3
HGB § 87 a Abs. 3 Satz 1
HGB § 87 a Abs. 3 Satz 2
HGB § 89 a
HGB § 89 a Abs. 1 Satz 1
HGB § 352
HGB § 353
BGB § 162 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 288 Abs. 1 a. F.
BGB § 626 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des weiteren Rechtsmittels - das am 18. März 2003 verkündete Schlußurteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Krefeld teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.734,13 EUR mit Zinsen in Höhe von 5 % für die Zeit vom 1. Januar bis 24. Januar 2002 und mit Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 25. Januar 2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Beklagte 55 % und der Kläger 45 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten zu 57 % und dem Kläger zu 43 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der beklagten Versicherungsgesellschaft restliche Provisionen und vertragliche Ausgleichszahlungen.

Der Kläger war auf Grund eines am 23. März 1995 geschlossenen Vertretungsvertrages ab dem 1. April 1995 als Versicherungsvertreter für die Beklagte tätig. Vertragsbestandteile waren u. a. die "Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Handelsvertreter Org. 1519" sowie die "Allgemeinen Provisionsbestimmungen Org. 2000" der Beklagten.

Die Allgemeinen Vertragsbestimmungen enthalten u. a. folgende Klauseln:

1. Tätigkeit für die Konkurrenz

Der Vertreter darf während der Laufzeit dieses Vertretungsvertrages für andere Versicherungsunternehmen weder unmittelbar noch mittelbar tätig sein; ...

1. Beendigung des Vertrages

802 Ist der Vertrag gekündigt, so kann die Gesellschaft den Vertreter von der Führung der Geschäfte seiner Vertretung entbinden. Bis zur Beendigung des Vertrages erhält der Vertreter die ihm zustehenden Folgeprovisionen sowie eine monatliche Ausgleichszahlung. Die Folgeprovisionen bemessen sich aus dem Bestand im Zeitpunkt der Freistellung. Die Ausgleichszahlung bemisst sich nach dem monatlichen Durchschnitt der in den letzten zwölf Monaten vor der Freistellung verdienten erstjährigen Provisionen.

Der Anspruch auf die monatliche Ausgleichszahlung entfällt, wenn der Vertreter während der Zeit der Freistellung gegen Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen verstößt."

In einer Anlage 3 des Vertrages (Bl. 15 GA) heißt es, dass "die Allgemeinen Vertragsbestimmungen (Org. 1519) wie folgt ergänzt werden":

1. "Klausel 802 Abs. 3

Der Anspruch auf die Weiterzahlung der monatliche Ausgleichszahlung entfällt, wenn der Vertreter während der Zeit der Freistellung gegen Ziffer 4 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen verstößt."

Wegen der weiteren Einzelheiten Vertretungsvertrages und seiner Anlagen, insbesondere der Allgemeinen Vertragsbedingungen (nachfolgend: AVB) und der Allgemeinen Provisionsbestimmungen, wird auf die zu den Akten gereichte Vertragsablichtung mit Anlagen (Bl. 6 - 15 u. Bl. 139 - 140 GA) verwiesen.

Mit Schreiben vom 28. September 2001 kündigte der Kläger das Vertragsverhältnis fristgemäß zum 31. März 2002. Die Beklagte stellte ihn von weiterer Tätigkeit für sie frei und bestätige seine Kündigung mit Schreiben vom 10. Oktober 2001 (Bl. 17 GA).

Anfang Oktober 2001 wies die Beklagte ihre Kunden im Raum Geldern mit einem Rundschreiben (Bl. 18 GA) darauf hin, dass der Kläger jetzt nicht mehr sie tätig sei, dass ihnen ein namentlich benannter Nachfolger zur Verfügung stehe und dass sie sich künftig in allen Versicherungsfragen an diesen Nachfolger wenden sollten. Dieses Schreiben nahm der Kläger zum Anlass, sich seinerseits mit einem Rundschreiben an die bisher von ihm für die Beklagte betreuten Kunden im Raum Geldern zu wenden. Das Rundschreiben des Klägers (Bl. 19 GA) hat folgenden Wortlaut:

"Sie sind bisher von mir beraten und betreut worden, wenn es um Ihre Sicherheit und Vorsorge ging. Waren Sie damit zufrieden?

Aus verschiedenen Gründen habe ich mich entschlossen meine Tätigkeit ab dem 1. April 2002 mit einem Versicherungsunternehmen fortzusetzen. Ich mache weiter und vertrete dann die M... V....

Mit diesem Brief bedanke ich mich heute bei Ihnen dafür, dass Sie mir in den Fragen Ihrer persönlichen Absicherung Ihr Vertrauen geschenkt haben.

Natürlich möchte ich Ihnen ab dem 1. April 2002 auch weiter mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sollten Sie also neuen Absicherungsbedarf haben, werde ich Sie auf Wunsch ab dem 1. April 2002 gerne über die Angebote und Leistungen meines neuen Partners informieren.

Für Ihre Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute."

Mit Schreiben vom 15. November 2001 (Bl. 20 GA) kündigte die Beklagte den Versicherungsvertretervertrag der Parteien wegen dieses Rundschreibens fristlos. Zur Begründung führte sie an, dass der Kläger mit seinem Schreiben gegen das vertragliche Konkurrenzverbot verstoßen habe.

Der Kläger widersprach dieser Kündigung mit anwaltlichem Schreiben vom 23. November 2001 und forderte die Beklagte zur deren Rücknahme auf. Entgegen seiner ursprünglichen Planung trat er nach der fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die Beklagte schon zum 1. Januar 2002 in die Dienste der M... V... ein.

Der Kläger hat gegen die Beklagte Stufenklage erhoben, mit dem in der ersten Stufe gestellten Antrag, ihm einen Buchauszug zu erteilen über den Bestand der von ihm vermittelten oder von ihm zur Betreuung übertragenen Versicherungsverträge zum 10. Oktober 2001, über die im Zeitraum 11. Oktober 2000 bis 10. Oktober 2001 monatlich durchschnittlich verdienten erstjährigen Provisionen und über die von ihm vermittelten und nach dem 10. Oktober 2001 policierten Versicherungsverträge. Diesen Antrag hat die Beklagte anerkannt, worauf das Landgericht sie mit Teilanerkenntnisurteil vom 9. April 2002 (Bl. 70 - 72 GA) zur Erteilung eines entsprechenden Buchauszuges verurteilt hat. Im Anschluss hat der Kläger seine Zahlungsansprüche in zweiter Stufe zunächst auf 28.707,03 EUR beziffert und zuletzt, nach teilweiser Klagerücknahme, beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 26.225,22 EUR mit Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zu verurteilen. Er hat vorgetragen:

Die von dem Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung sei unwirksam. Ein Kündigungsgrund habe nicht bestanden. Sein Schreiben sei eine nicht zu beanstandende Reaktion auf das Rundschreiben der Beklagten gewesen. Ausschließlich für den neuen Absicherungsbedarf habe er in dem von der Beklagten beanstandeten Rundschreiben seinen ehemaligen Kunden seine Dienste ab 1. April 2002 angeboten. Eine Konkurrenztätigkeit habe er nicht vorgenommen. Er habe ausschließlich die in seinem Bestand geführten Kunden über die bevorstehende Trennung informiert, und zwar zu einem Zeitpunkt, nachdem die Beklagte ihrerseits diese Kunden in einer eher unfreundlichen und zu Spekulationen Anlass gebenden Form von der Beendigung ihrer Zusammenarbeit mit ihm informiert gehabt habe.

Ihm stünden nunmehr die Folgeprovisionsansprüche gemäß Ziffer 802 AVB bis zum Vertragsende zu, und zwar hinsichtlich der unter den Vertretungskonten 1044 und 0245 geführten Geschäfte. Außerdem habe er Anspruch auf Ausgleichszahlung und ihm stehe gemäß Ziffer 811 AVB die Erstprovision für die nach seiner Freistellung policierten Versicherungsverträge zu.

Für den Zeitraum vom 11. Oktober 2001 bis 31. März 2001 belaufe sich die Folgeprovision auf 46.140,16 DM. Der Folgeprovisionsanspruch sei bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses an 31. März 2003 zu berechnen. Durch die Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Mecklenburgischen Versicherungsgruppe zum 1. Januar 2002 sei dieser Anspruch nicht entfallen. Der ihm zustehende Ausgleichsanspruch betrage 11.661,52 DM. Sein Provisionsanspruch für die nach seinem Ausscheiden policierten Verträge belaufe sich auf 5.221,81 DM. Insgesamt ergebe sich damit ein Forderungsbetrag in Höhe von 63.023,49 DM. Abzuziehen sei hiervon ein Rückforderungsbetrag der Beklagten in Höhe von 7.731,41 DM und eine von der Beklagten geleistete Abschlagszahlung in Höhe von 4.000,-- DM. Es verbleibe damit eine Forderung in Höhe von 51.292,08 DM oder 26.225,22 EUR.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen:

Soweit der Kläger Zahlungsansprüche für die Zeit nach dem 15. November 2001 geltend mache, bestünden solche nicht, weil das Vertragsverhältnis durch ihre fristlose Kündigung wirksam beendet worden sei. Auch im Übrigen bestünden Ansprüche des Klägers für die Zeit bis zum 15. November 2001 nicht mehr, weil sie ihre Verpflichtungen gegenüber dem Kläger erfüllt habe.

Die fristlose Kündigung sei wirksam. Die Freistellung des Klägers von der Führung seiner Geschäfte habe nichts daran geändert, dass der Kläger weiterhin an alle vertraglichen Rechte und Pflichten gebunden gewesen sei. Nach den Vertragsbedingungen sei es dem Kläger während der Laufzeit des Vertrages untersagt gewesen, in den Versicherungszweigen, in welchen sie tätig sei, für andere Versicherungsunternehmen unmittelbar oder mittelbar tätig zu werden. Die M... V..., für welche der Kläger tätig werde, unterfalle dem Verbot. Mit seinem Formschreiben habe der Kläger für seine nachvertragliche Tätigkeit für die M... V... geworben. Hierbei habe es sich um ein unzulässiges Tätigwerden für ein Konkurrenzunternehmen gehandelt. Den Kunden sei noch während der Laufzeit der Versicherungsvertretervertrages ein Konkurrenzunternehmen nahe gelegt worden. Bereits das Vorfühlen bei potentiellen Kunden stelle eine unzulässige Wettbewerbshandlung dar.

Damit stünden dem Kläger nach dem 15. November 2001 Zahlungsansprüche nicht mehr zu. Sämtliche Ansprüche des Klägers bis dahin seien erfüllt.

Anspruch auf Ausgleichzahlung für die Zeit bis zum 15. November 2001 habe der Kläger nicht, weil er während der Zeit seiner Freistellung mit der Versendung des Rundschreibens gegen Ziffer 4 AVB verstoßen habe. Hinsichtlich der für die Zeit bis zum 15. November 2001 erhobenen Ansprüche auf Zahlung von Folgeprovisionen und Provisionen für nach seinem Ausscheiden policierte Verträge gehe der Kläger von überhöhten Zahlen aus. Ein Anspruch auf Folgeprovision auf dem Konto 1044 sei nicht mehr entstanden, weil dieses Konto - unstreitig - erst am 1. Januar 2001 eingerichtet worden sei. Auf dem Vertretungskonto 0245 sei rein rechnerisch von einem monatlichen Betrag von 7.785,15 DM auszugehen. Allenfalls habe der Kläger deshalb ursprünglich Anspruch gehabt auf Zahlung einer Folgeprovision aus diesem Konto bis zum 15. November 2001 auf der Basis von 213,03 DM pro Tag. Daraus resultiere ein Gesamtbetrag von nur 7.678,45 DM. Dieser Anspruch sei jedoch unter Berücksichtigung der von ihr unstreitig geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von 11.000,-- DM und weiteren 4.000,-- DM erfüllt. Der Provisionsanspruch des Klägers für nach seinem Ausscheiden policierte Verträge in Höhe von 5.221,81 DM sei durch diese Abschlagszahlungen ebenfalls erfüllt.

Selbst man nicht von einem Vertragsende zum 15. November 2001 ausgehe, seien keine Zahlungsansprüche mehr von ihr zu erfüllen. Was den Anspruch auf Folgeprovision anbelange, sei hinsichtlich des allein heranzuziehenden Kontos 0245 rein rechnerisch von einem monatlichen Betrag von 7.785,15 DM auszugehen. Für die Monate Januar bis März 2002 habe ein Folgeprovisionsanspruch wegen der vom Kläger zum 1. Januar 2002 aufgenommenen Konkurrenztätigkeit nicht mehr ausgelöst werden können. Ausgleichsansprüche für die Zeit nach dem 31. Dezember 2001 hätten wegen der Konkurrenztätigkeit ebenfalls nicht mehr entstehen können. Allenfalls könne von einem Forderungsbetrag von 37.646,32 DM ausgegangen werden, welcher sich aus einer Abschlussprovision von 11.661,52 DM, einer Provision nach dem Ausscheiden in Höhe von 5.221,51 DM und einer Folgeprovision in Höhe von 20.762,99 DM errechne. Unter Berücksichtigung der von ihr erbrachten Abschlusszahlungen in Höhe von insgesamt 15.000,-- DM verblieben rechnerisch noch 22.646,32 DM. Dem stünden jedoch erhebliche eigene Rückprovisionsansprüche aus stornierten Verträgen gegenüber, welche sich auf 19.605,33 DM oder 10.024,05 EUR beliefen. Insoweit werde vorsorglich die Aufrechnung erklärt.

Durch das angefochtene Schlussurteil hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.071,74 EUR mit 5 v. H. Zinsen für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 24. Januar und mit Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. Januar 2002 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Nur in Höhe von 6.007,80 DM stehe dem Kläger ein Zahlungsanspruch zu. Er habe für die Zeit bis zum 15. November 2001 Anspruch auf Folgeprovision in Höhe von 9.645,20 DM. Ein weitergehender Anspruch stehe ihm nicht zu, weil das Vertragsverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 15. November 2001 rechtswirksam beendet worden sei. Das Landgericht folge der Wertung des Rundschreibens des Klägers durch die Beklagte. Hingegen sei das vorausgegangene Rundschreiben der Beklagten nicht zu beanstanden.

Mit der Vertragsbeendigung entfalle auch der Anspruch auf die monatliche Ausgleichszahlung. Lediglich bis zum 30. Oktober 2001 sei noch eine Ausgleichszahlung von 2.872,20 DM geschuldet. Der Betrag von 5.222,81 DM auf vom Kläger noch vermittelte Verträge sei unstreitig. Abzuziehen sei das Guthaben der Beklagten in Höhe von 7.731,41 DM und die Abschlagszahlung von 4.000,-- DM. Die weitere Abschlagszahlung über 11.000,-- DM sei bereits berücksichtigt und in den Saldo von 7.731,41 DM eingeflossen. Damit ergebe sich eine Forderung in Höhe von noch 6.007,80 DM oder 3.071,74 EUR.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers mit dem Antrag, abändernd die Beklagte zu verurteilen, an ihn unter Einschluss der Verurteilung im angefochtenen Urteil insgesamt 26.225,22 EUR mit 8 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 1. Januar 2002 zu zahlen.

Unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens trägt er vor:

Zu Unrecht sei das Landgericht vor einer unzulässigen Konkurrenztätigkeit während des noch bestehenden Vertragsverhältnisses ausgegangen. Das Ankündigen einer Tätigkeit für einen anderen Versicherer ab dem 1. April 2002 sei noch nicht eine unzulässige Konkurrenztätigkeit gewesen. Eine Wettbewerbshandlung für die Dauer des bestehenden Vertragsverhältnisses der Parteien sei nicht in Aussicht gestellt worden. Er habe noch keinerlei Tätigkeit für die Mecklenburgische Versicherung ausgeübt. Eine Konkurrenztätigkeit nach Ablauf des Vertrages mit der Beklagten sei dem Kläger nicht untersagt gewesen.

Ziffer 802 Abs. 2 AVB sei im Übrigen unwirksam. Die Regelung verstoße gegen das Übermaßverbot sowie gegen § 9 AGBG.

Damit sei die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt gewesen. In jedem Fall sei der Beklagten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit ihm trotz seines Schreibens zumutbar gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte schon vor seiner Eigenkündigung seine mögliche Ablösung betrieben habe und ihn erst zu einer Neuorientierung seiner Interessen getrieben habe. Das Verhalten der Beklagten habe bei ihm Existenzängste erzeugt. Mit seiner Tätigkeitsaufnahme ab 1. Januar 2002 statt wie ursprünglich vorgesehen ab 1. April 2002 habe er lediglich einen weiteren Schaden vermeiden wollen, zumal die Beklagte ihre Ankündigung, keine weiteren Ausgleichszahlungen zu leisten, wahr gemacht habe. Er sei aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen gewesen, seine künftige Tätigkeit für die andere Versicherung vorzuziehen.

Mit dem Antrag,

die Berufung zurückzuweisen, verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil. Sie trägt vor:

Das Landgericht habe zu Recht auf einen vertragswidrigen Wettbewerbsverstoß des Klägers erkannt, mithin die fristlose Kündigung des Vertretervertrages bestätigt und in der Konsequenz Ansprüche auf Folgeprovisionen für die Zeit nach Zugang der außerordentlichen Kündigung zurückgewiesen. Aus diesen Gründen stünden dem Kläger keine Ausgleichsansprüche zu, jedenfalls für die Zeit nach dem 31. Oktober 2001. Schließlich seien die dem ehemaligen Vertragsverhältnis der Parteien zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere die Ziffer 802 der Allgemeinen Vertragsbedingungen, rechtswirksam.

Ihre fristlose Kündigung sei wirksam. Der Kläger habe durch die Versendung des Serienbriefes an die von ihm betreuten Kunden gegen das ihm obliegende Wettbewerbsverbot verstoßen. Ihr sei es angesichts dieser Aktion gegenüber ihren Kunden nicht zumutbar gewesen, das Handelsvertretervertragsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. März 2002 weiter fortzusetzen und dem Kläger finanzielle Leistungen zukommen zu lassen. Bei der Aktion des Klägers habe es sich nicht um eine bloße Vorbereitungshandlung gehandelt, sondern um die Durchführung von unzulässiger Wettbewerbs- oder Konkurrenztätigkeit.

Ziffer 802 Abs. 2 AVB in der dem ehemaligen Vertretervertragsverhältnis zugrunde liegenden Fassung sei rechtswirksam. Maßgebend sei hier Ziffer 802 Abs. 2 in der Fassung der Vertragsergänzung der Anlage 3. Darin sei klargestellt, dass die monatlichen Ausgleichszahlung bei Verstoß gegen das Konkurrenzverbot zukünftig wegfalle.

Der neue Sachvortrag des Klägers sei nicht erheblich und auch nicht richtig.

Ihr stehe eine aufrechenbare Gegenforderung zu, welche sie bereits in erster Instanz dargetan habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Urkunden und Schriftstücke, auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung sowie auf die in der mündlichen Verhandlung erteilten und protokollierten Hinweise des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat aus den mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erörterten Gründen teilweise Erfolg. Über den bereits vom Landgericht zuerkannten Zahlungsanspruch in Höhe von 3.071,74 EUR hat der Kläger Anspruch auf Zahlung weiterer 10.662,39 EUR. Eine weitergehende Forderung besteht nicht.

Über die bereits erteilten und protokollierten Hinweise des Senats hinaus gilt im Einzelnen Folgendes:

I.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte Zahlungsansprüche in Höhe von insgesamt noch 13.734,13 EUR zu.

1.

Das Landgericht hat die fristlose Kündigung der Beklagten vom 15. November 2001 als berechtigt angesehen und deswegen die Zahlungsansprüche des Klägers auf den Zeitraum bis zum Wirksamwerden dieser Kündigung bzw. - den Anspruch auf Ausgleichszahlung - sogar bis zum Zeitpunkt der Versendung des Rundschreibens des Klägers begrenzt. Das hält einer Überprüfung durch den Senat nicht stand.

2.

Für die Berechtigung ihrer fristlosen Kündigung ist die Beklagte in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet. Einen wichtigen Kündigungsgrund hat sie indessen nicht aufzeigen können. Der von ihr geltend gemachte Kündigungsgrund bestand nicht.

a)

Nach § 89 a Abs. 1 HGB, welcher gemäß § 92 HGB auch für das Vertragsverhältnis zwischen dem Versicherungsvertreter und dem Versicherer gilt, kann das Vertragsverhältnis von jedem Teil aus wichtigem Grunde ohne Einschaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. In Ziffer 803 AVB der Beklagten ist dies nochmals deklaratorisch geregelt.

aa)

Der zur fristlosen Kündigung berechtigende wichtige Grund im Sinne des § 89 a HGB ist in Anlehnung an die Definition des § 626 Abs. 1 BGB jeder tatsächliche oder rechtliche Umstand, welcher bei Beachtung aller Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung von Wesen und Zweck des Handelsvertretervertrags sowie der durch den Vertrag begründeten beiderseitigen Rechte und Pflichten dem kündigenden Vertragspartner die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu dem ursprünglich im Vertrag vorgesehenen oder einem durch fristgerechte Kündigung nach § 89 HGB herbeizuführenden Vertragsende unzumutbar macht, weil es trotz der Beachtung des Gebots der Vertragstreue im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls Treu und Glauben sowie der Billigkeit widerspricht, dem Kündigenden am Vertrag festzuhalten (BGH v. 25.11.1998 - VIII ZR 221/97, ZIP 1999, 277, 278; Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2001, § 89 a Rdnr. 6 m. w. N.). Hierzu muss ein objektiver Umstand vorliegen, welcher aus der Sicht des Kündigenden im Zeitpunkt der Kündigungserklärung die Notwendigkeit einer sofortigen Vertragsbeendigung begründet. Dieser Umstand wird in der Regel in einem Verhalten des Gekündigten, z. B. in einer groben Verletzung vertraglicher Pflichten, liegen. Er muss objektiv geeignet sein, die Notwendigkeit einer sofortigen Beendigung des Vertrags und damit ein außer Kraft setzen des Grundsatzes der Vertragstreue sowie der Pflicht zur Einhaltung der für eine Vertragsbeendigung vereinbarten Formen und Fristen zu rechtfertigen, in dem er bei objektiver Würdigung entweder das erforderliche gegenseitige vertragliche Vertrauensverhältnis zumindest aus der Sicht einer Vertragspartei oder trotz fortbestehenden Vertrauensverhältnisses die Grundlagen einer weiteren Zusammenarbeit nachhaltig beeinträchtigen oder entfallen lassen kann. Ob der geltend gemachte Grund im Einzelfall bei objektiver Würdigung eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann, bedarf einer umfassenden Würdigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, wie die nochmals bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu seiner frühestmöglichen vertragsgemäßen Beendigung anzustellen ist. Ergibt die mit einer Gesamtabwägung verbundene Prüfung, dass der geltend gemachte Anlass eine sofortige Vertragsauflösung objektiv nicht rechtfertigen kann, fehlt es an einer notwendigen Voraussetzung für den wichtigen Grund; die eingetretene Störung kann lediglich zum Anlass einer ordentlichen Kündigung genommen werden (Ebenroth/Boujong/Joost, a. a. 0., § 89 a Rdnr. 7, 10 m. w. N.).

bb)

Hier bestimmt Ziffer 803 Satz 2 AVB, dass ein wichtiger Kündigungsgrund für die Versicherungsgesellschaft vor allem dann gegeben ist, wenn der Versicherungsvertreter gegen Ziffer 4 AVB verstößt, welche Klausel dem Vertreter verbietet, während der Laufzeit des Vertretervertrages für andere Versicherungsunternehmen unmittelbar oder mittelbar tätig zu sein.

cc)

Die Vereinbarung, dass ein bestimmter Sachverhalt (hier: unerlaubte Konkurrenztätigkeit) als wichtiger Grund gelten soll, ist grundsätzlich zulässig (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, a. a. 0., § 89 a Rdnr. 28). Der Nennung eines möglichen wichtigen Kündigungsgrundes in einem Handelsvertretervertrag kommt dabei allerdings im Zweifel nicht die Bedeutung zu, dass es im Einzelfall nicht noch einer Interessenabwägung und Zumutbarkeitsprüfung bedarf. Vielmehr wird hiermit im Zweifel lediglich beschrieben, welche Sachverhalte im Einzelfall bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB eine wichtige Kündigung rechtfertigen sollen. Das gilt vor allem dann, wenn - wie hier - Kündigungsgründen in AGB oder Formularverträgen angegeben werden (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, a. a. 0., § 89 a Rdnr. 28).

dd)

Vorliegend fehlt es hinsichtlich der von der Beklagten beanstandeten und zum Anlass der fristlosen Kündigung genommenen Versendung des Rundschreibens durch den Kläger allerdings bereits an einem Verstoß gegen Ziffer 4 AVB. Mit der Versendung dieses Rundschreibens an die bisher von ihm betreuten Kunden ist der Kläger nicht für eine andere Versicherungsgesellschaft tätig geworden und hat hiermit auch nicht gegen seine sonstigen vertraglichen Pflichten aus dem mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertretervertrag verstoßen.

(1)

Mit dem in Rede stehenden Schreiben unterrichtete der Kläger die bisher von ihm für die Beklagte betreuten Kunden, welche zuvor von der Beklagten angeschrieben worden waren, lediglich darüber, dass er seine Tätigkeit "ab dem 1. April 2002" mit einem anderen Versicherungsunternehmen fortsetze.

(2)

Dies war eine Reaktion auf das vorangegangene Rundschreiben der Beklagten (Bl. 18 GA) von Anfang Oktober 2001, mit welchen die Beklagte ihren Kunden erklärt hatte, der Kläger sei jetzt nicht mehr sie tätig und es stehe ein Nachfolger zur Verfügung, an welchen sich die Kunden künftig in allen Versicherungsfragen wenden sollten. Mit Recht weist der Kläger darauf hin, dass dieses Schreiben der Beklagten, welches auf eine plötzliche und sofortige Beendigung der Zusammenarbeit der Parteien hindeutete, geeignet war, bei den bisher von ihm betreuten Kunden, Spekulationen über die Umstände der offenbar plötzlichen Trennung der Parteien Raum zu geben. Die Beklagte war zwar berechtigt, den Kläger nach dessen Kündigung freizustellen. Mit ihrem Anschreiben an die bisherigen Kunden des Klägers hat sie jedoch nicht in gebotenem Maß Rücksicht auf die berechtigten Interessen des Klägers genommen. Als Reaktion auf dieses Schreiben durfte der Kläger seine Kunden anschreiben und darauf hinweisen, dass die Kündigung von ihm ausgegangen war und er sich insbesondere nichts hatte zuschulden kommen lassen.

(3)

Dass der Kläger seinen künftigen Vertragspartner hierbei namentlich benannte und den angesprochenen Kunden anbot, ihnen ab dem 1. April 2002 weiterhin mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und sie bei Bestehen eines neuen Absicherungsbedarfs auf Wunsch ab dem 1. April 2002 über die Angebote und Leistungen der anderen Versicherungsgesellschaft zu informieren, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger, der einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nicht unterlag, hat hiermit keine unerlaubte Konkurrenztätigkeit entfaltet. Er hat vielmehr nur eine nachvertragliche Tätigkeit für die M... V... angekündigt und für diese geworben, was ihm nicht verboten war.

(3.1)

Der Handelsvertreter darf sich bereits während des bestehenden Vertragsverhältnisses um andere Auftraggeber oder sonstige Konkurrenztätigkeiten für die Zeit nach Beendigung des bestehenden Handelsvertretervertrages bemühen und entsprechende Verträge, besonders Handelsvertreterverträge, abschließen (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, a. a. 0., § 86 Rdnr. 20). Diese Vorsorge für die Zeit nach Vertragsende kann das Vertrauensverhältnis nicht stören, solange sichergestellt ist, dass der Handelsvertreter die beabsichtigte Konkurrenztätigkeit erst nach Beendigung seiner vertraglichen Verpflichtungen zu dem derzeitigen Geschäftsherrn aufnimmt (Ebenroth/Boujong/Joost, a. a. 0., § 86 Rdnr. 20). Letzteres war hier nicht der Fall. Der Kläger wollte erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Beklagten zum 31. März 2002 für die M... V... tätig werden. So hat er es in seinem Rundschreiben an die Kunden auch ausdrücklich erklärt. Gegenteilige Anhaltspunkte lagen nicht vor.

(3.2)

Außerdem ist der Handelsvertreter, für dessen Vertragsverhältnis kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart worden ist, nicht daran gehindert, mit den Vorbereitungen für einen geplanten nachvertraglichen Wettbewerb schon während des Handelsvertretervertragsverhältnisses zu beginnen (vgl. für Arbeitsverträge: LAG Köln MDR 2002, 100). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Ankündigung und Werbung des Handelsvertreters nicht hierauf beschränkt, sondern z. B. bereits mit einer Hilfeleistung oder Unterstützung des Konkurrenten oder seines Produkts oder seiner Leistung verbunden ist. Auch das war hier nicht der Fall. Der Kläger hat den angesprochenen Kunden insbesondere nicht bereits Leistungen des anderen Versicherers angeboten oder vorgestellt und er hat die Leistungen des Konkurrenten der Beklagten auch nicht gelobt oder mit denjenigen der Beklagten verglichen. Aus dem Inhalt des Rundschreibens ergab sich hier für die Kunden vielmehr, dass der Kläger vor dem 1. April 2002 und damit für die Dauer seiner Bindung an die Beklagte, welche auf Grund seiner ordentlichen Kündigung und mangels eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nur bis zum 31. März 2001 reichte, nicht für die M... V... tätig sei und ein bereits bestehender Versicherungsbedarf bis zu diesem Zeitpunkt über ihn nicht gedeckt werden könne.

(4)

Entgegen der Auffassung des Landgerichts stellte das Rundschreiben des Klägers deshalb auch kein unzulässiges "Vorfühlen" dar. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn der Kläger hier durch bestimmte zusätzliche Maßnahmen hätte überprüfen wollen, ob von ihm im Rahmen der anderen Vertretung zu übernehmende Produkte oder Leistungen des Konkurrenzunternehmens vom Markt angenommen werden. In dieser Hinsicht hat der Kläger aber nichts unternommen.

(5)

Bei der Mitteilung, ab April 2002 für einen anderen Versicherer als Handelsvertreter tätig zu werden, hat es sich damit um eine rechtlich zulässige Vorbereitung einer künftigen Vertretungstätigkeit gehandelt, nachdem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht bestand. Die Aufnahme einer unzulässigen Wettbewerbstätigkeit für einen anderen Unternehmer lag in diesem Schreiben nicht und wurde dort nicht angekündigt.

ee)

Da somit im Oktober 2001 ein wichtiger Kündigungsgrund für die Beklagte nicht vorlag, kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, dass vor einer fristlosen Kündigung des bereits freigestellten Versicherungsvertreters ohnehin eine Abmahnung erforderlich gewesen wäre und dass auch die gebotene Gesamtabwägung aller Umstände - bei welcher hier insbesondere der Anlass für das Rundschreiben des Klägers und seine langjährige Tätigkeit für die Beklagte, während derer er sich nichts hatte zuschulden kommen lassen, zu berücksichtigen waren - nicht ergeben konnte, dass der Beklagten eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum 31. März 2002 nicht mehr zumutbar gewesen sein sollte.

b)

Die fristlose Kündigung der Beklagten war damit unwirksam und hat nicht zu einer sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses der Parteien geführt.

3.

In der Folgezeit hat die Beklagte ihr in der unberechtigten Kündigungserklärung liegendes grob vertragswidriges Verhalten fortgesetzt, indem sie auf der Beendigung des Vertragsverhältnisses bestanden und dem Kläger die ihm zustehenden Zahlungen vorenthalten hat. Der Kläger wäre deswegen zu einer fristlosen Kündigung berechtigt gewesen, hat von diesem Recht aber keinen Gebrauch gemacht.

4.

Das an sich bis zum 31. März 2002 fortbestehende Vertragsverhältnis ist allerdings dadurch beendet worden, dass sich auch der Kläger mit Ablauf des 31. Dezember 2001 von dem Vertrag endgültig losgesagt hat, indem er unstreitig eine vertragliche Tätigkeit für die M... V... aufgenommen hat. Er hat damit vorzeitig die Konsequenzen aus dem grob vertragswidrigen Verhalten der Beklagten gezogen und sich mit der von der Beklagten ausgegangenen sofortigen Beendigung des Vertrags durch sein Verhalten einverstanden erklärt. Eine solche Vertragsbeendigung war nach der bereits ausgesprochenen Kündigung und Freistellung jederzeit zulässig. Der Beklagten ist der Kläger damit nur entgegengekommen. Sie war ohnehin nicht mehr zu einer Weiterarbeit mit dem Kläger bereit.

6.

Damit hat das Vertragsverhältnis mit Ablauf des 31. Dezember 2001 sein Ende gefunden. Nur bis zu diesem Zeitpunkt stehen dem Kläger die Zahlungsansprüche zu, welche in dem Fortbestand des Vertrags ihre Rechtsgrundlage haben.

7.

Für den danach maßgeblichen Zeitraum bis zum 31. Dezember 2001 ergeben sich folgende Zahlungsansprüche des Klägers:

a)

Der Kläger hat zunächst Anspruch auf vertragliche Ausgleichszahlungen gemäß Ziffer 802 Abs. 1 Satz 2 AVB in Höhe von 5.962,44 EUR.

Ausgleichszahlungen macht der Kläger ohnehin nur bis zum 31. Dezember 2001 geltend. Der ihm für diesen Zeitraum geschuldete Betrag liegt bei 11.661,52 DM oder 5.962,44 EUR. Dieser Betrag ist rechnerisch nicht angegriffen. Dass die Forderung auch dem Grunde nach berechtigt ist, hat das Landgericht unangegriffen festgestellt.

Dahinstehen kann, welche Fassung der Ziffer 802 AVB hier gilt. Ebenso kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, ob Ziffer 802 Abs. 2/Abs. 3 AVB in der jeweiligen Fassung rechtswirksam ist oder gegen das hier gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB noch anwendbare Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) verstößt.

b)

Der Folgeprovisionsanspruch des Klägers aus Ziffer 802 Abs. 1 Satz 2 AVB beläuft sich für die Zeit bis zum 31. Dezember 2001 auf 11.100,-- EUR. Der Höhe nach ist dieser Betrag zwischen den Parteien unstreitig (Bl. 301 GA).

c)

Abschlussprovisionen für nach dem 10. Oktober 2001 policierte Verträge stehen dem Kläger gemäß Ziffer 811 AVB in Höhe von 5.221,81 DM oder 2.669,87 EUR zu. Diesen Betrag hat das Landgericht unangefochten ausgeurteilt.

d)

Damit ergibt sich zunächst eine Gesamtforderung in Höhe von 19.732,31 EUR.

e)

Abzusetzen ist hiervon eine Abschlagszahlung der Beklagten von 4.000,-- DM oder 2.045,17 EUR. Ferner lässt sich der Kläger einen Rückforderungsbetrag in Höhe von 7.731,41 DM oder 3.953,01 EUR anrechnen. Ein weiterer Abzug ist nicht vorzunehmen. Wie das Landgericht unangegriffen festgestellt hat, ist die weitere Abschlagszahlung in Höhe von 11.000,-- DM bereits in den vom Kläger zu seinen Lasten anerkannten Saldo von 7.731,41 DM eingeflossen. Diese weitere Abschlagszahlung ist deshalb nicht nochmals zu berücksichtigen.

f)

Damit ergibt sich eine Forderung des Klägers in Höhe von 13.734,13 EUR.

7.

Diese Klageforderung ist nicht teilweise durch Aufrechnung erloschen.

a)

Der Senat versteht die Ausführungen der Beklagten zu einer angeblichen Gegenforderung dahin, dass sie mit dieser Forderung gegenüber der noch streitigen Klageforderung aufrechnen will (vgl. Bl. 122, 276 GA). Wie die Beklagte im Verhandlungstermin auf Nachfrage des Senats klargestellt hat, will sie eine Forderung in Höhe von 6.071,04 EUR (10.024,05 EUR abzüglich bereits berücksichtigter 3.953,01 EUR) zur Aufrechnung stellen.

b)

Diese Aufrechnung scheitert nicht bereits daran, dass das Landgericht den entsprechenden Sachvortrag der Beklagten als nicht rechtzeitig vorgetragen bei seiner Entscheidung nicht mehr berücksichtigt und die Beklagte insoweit auf eine eigenständige Klage gegen den Kläger verwiesen hat. Zu der Aufrechnung hat das Landgericht ausweislich der Entscheidungsgründe eine Entscheidung gerade nicht getroffen.

c)

Die Aufrechnung gilt damit als erstmals im Berufungsrechtszug erklärt. Sie ist zuzulassen, weil der Rechtsstreit auch insoweit entscheidungsreif ist.

d)

Die Aufrechnung hat allerdings keinen Erfolg, weil das Vorbringen der Beklagten gänzlich unschlüssig ist.

aa)

Gegenstand der Aufrechnung sollen Rückzahlungsforderungen sein, welche auf nachträglichen Vertragsstornierungen von Versicherungskunden beruhen sollen.

bb)

Die Voraussetzungen eines solchen Rückzahlungsanspruchs sind in § 87 a Abs. 3 HGB geregelt.

Nach dieser nicht abdingbaren (§ 87 a Abs. 5 HGB) Regelung, die über § 92 HGB auch für Versicherungsvertreter gilt, hat der Handelsvertreter selbst dann Anspruch auf die vereinbarte Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das von dem Handelsvertreter vermittelte Geschäft nach Abschluß des Vertrages mit dem Kunden ganz oder teilweise nicht ausführt. Dieser Anspruch entfällt nach § 87 a Abs. 3 Satz 2 HGB nur, wenn und soweit die Nichtausführung auf Umständen beruht, die von dem Unternehmer nicht zu vertreten sind. Wenn ein Unternehmer - wie hier die Beklagte - daher in einem solchen Fall einen Rückzahlungsanspruch im Hinblick auf eine bereits ausgezahlte Provision für ein noch nicht vollständig durchgeführtes Geschäft geltend macht, so ist er grundsätzlich für die in § 87 a Abs. 3 Satz 2 HGB genannten Tatbestandsvoraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig (Ebenroth/Boujong/Joost, a. a .O., § 92 Rdnr. 28 m. w. N.). Dazu gehört bei einem Versicherungsunternehmer insbesondere die Darlegung, dass er im Rahmen der ihm zuzumutenden Nachbearbeitung mit allen angemessenen Mitteln versucht hat, den Prämienschuldner zur Prämienzahlung zu veranlassen. Denn führt der Versicherungsunternehmer die notwendigen Nachbearbeitungen im Rahmen dessen, was ihm billigerweise zugemutet werden kann, nicht oder nur mangelhaft aus, so muss er sich unter Anwendung der in §§ 87 a Abs. 3 Satz 1 HGB, 162 Abs. 1 BGB niedergelegten Rechtsgedanken so behandeln lassen, als ob eine Nachbearbeitung ordnungsgemäß und erfolgreich durchgeführt worden wäre, der Versicherungsnehmer die geschuldete Prämie gezahlt hätte und damit der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters endgültig entstanden wäre. Dabei kann der Versicherungsunternehmer seiner Nachbearbeitungspflicht dadurch entgehen, dass er den vertraglich mit ihm noch verbundenen Versicherungsvertreter rechtzeitig und hinreichend durch Stornogefahrmitteilungen informiert, damit dieser eine sachgerechte Nachbearbeitung vornehmen kann (vgl. Senat, v. 2.12.1994 - 16 U 313/93, OLGR Düsseldorf 1995, 19; v. 30.4.1999 - 16 U 74/98, OLGR Düsseldorf 1999, 469, 470 f.; v. 28.11.1997 - 16 U 46/96, OLGR Düsseldorf 1999, 202, 203; Ebenroth/Boujong/Joost, a. a. O., § 92 Rdnr. 17, 19, 28 m. w. N.).

Der Versicherungsunternehmer muss deshalb im Streitfall - da jeder rückabzuwickelnde Vertrag einen eigenständigen Rückzahlungsanspruch begründet - für jeden einzelnen Versicherungsvertrag konkret darlegen und beweisen, die

1. er, wenn er nicht selbst tätig geworden ist, durch rechtzeitige und vollständige Stornogefahrmitteilungen den vertraglich mit ihm noch verbundenen oder auch den bereits ausgeschiedenen Versicherungsvertreter rechtzeitig und hinreichend informiert hat, damit dieser eine sachgerechte Nachbearbeitung des Versicherungsvertrags vornehmen und sich um die Rettung des Vertrages bemühen konnte,

oder

2. dass er selbst die notwendige Nachbearbeitung durchgeführt, nämlich alle ihm billigerweise zuzumutenden Maßnahmen der Nachbearbeitung veranlasst und vollständig sowie mit dem nötigen Nachdruck durchgeführt hat.

(3)

Vorliegend fehlt jeder Vortrag der Beklagten zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 a Abs. 3 HGB. Schon die angeblich stornierten Versicherungsverträge werden von ihr nicht genannt. Die in erster Instanz überreichte Anlage B 4 ist schriftsätzlich nicht aufgearbeitet. Darüber hinaus fehlt es aber vor allem an jedwedem Sachvortrag zu der erforderlichen Nachbearbeitung hinsichtlich der einzelnen angeblich stornierten Versicherungsverträge.

e)

Damit steht der Beklagten eine aufrechenbare Gegenforderung nicht zu und die von ihr erklärte Aufrechnung hat keinen Erfolg.

8.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist im zuerkannten Umfange gerechtfertigt. Ein höherer Zinsanspruch besteht nicht. Aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung kann der Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar bis 24. Januar 2002 lediglich Fälligkeitszinsen in Höhe von 5 % aus §§ 352, 353 HGB beanspruchen. Dass die Beklagte in dieser Zeit bereits in Verzug geraten sei, zeigt der Kläger nicht auf. Es fehlt insoweit an der Geltendmachung einer bestimmten Geldforderung. Für die Zeit ab dem 25. Januar 2002 stehen dem Kläger gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB a. F. Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu. Ein höherer Verzugsschaden für diesen Zeitraum ist nicht schlüssig dargetan und belegt.

II.

Die Kostenentscheidung folgt für den ersten Rechtszug aus § 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, § 269 Abs. 3 ZPO und für das Berufungsverfahren aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziffer 10, § 711 und § 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 29.226,-- EUR festgesetzt (23.154 + Hilfsaufrechnung in Höhe von 6.072 EUR; § 19 Abs. 3 GKG). Die Beschwer der Beklagten beträgt 16.734,-- EUR, die des Klägers 12.492,-- EUR.

Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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