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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 09.02.2005
Aktenzeichen: I-16 U 84/04
Rechtsgebiete: ZPO, HGB
Vorschriften:
ZPO §§ 114 ff. | |
HGB § 84 |
Tenor:
wird der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung gegen das am 19. Mai 2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Krefeld zurückgewiesen.
Gründe:
Die Voraussetzungen, unter denen einer Partei für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gemäß §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, liegen nicht vor.
I. Die Berufung des Beklagten hat nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg
1. Der Streit der Parteien geht darum, ob in der von dem Beklagten betriebenen Postagentur eine Bargelddifferenz von 30.000,-- € zu Lasten des Beklagten aufgetreten ist.
2. Von einer solchen Bargelddifferenz ist das Landgericht unter Zugrundelegung des Vorbringens der Parteien mit Recht ausgegangen.
a) Es ist unstreitig, dass am 4. September 2002 nach einem unter der Journalnummer 6163 durchgeführten Soll-/Ist-Vergleich in dem von der Klägerin zur Verfügung gestellten und von dem Beklagten benutzten Buchungssystem eine Bargelddifferenz von 31.818,72,-- € geführt worden ist, die in dem vom EPOS-System erzeugten elektronischen Buchungsjournal dokumentiert ist. Entsprechendes gilt für die zuvor in dem Buchungssystem geführten Bargelddifferenzen.
b) Der Verweis auf den im Buchungssystem ermittelten Minussaldo reicht zur schlüssigen Darlegung der Klageforderung aus. Weiteres Vorbringen bedürfte es nur dann, wenn erhebliches Vorbringen des Beklagten vorläge, insbesondere, wenn nach dem Vorbringen des Beklagten allgemein oder aufgrund besonderer Umstände des vorliegenden Falles Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das Buchungserfassungssystem der Klägerin generell oder jedenfalls hinsichtlich der von dem Beklagten geführten Postagentur unzuverlässig oder fehlerhaft ist. Das ist aber nicht der Fall.
c) Soweit der Beklagte das Zustandekommen der von der Klägerin dargetanen Bargelddifferenz bestreitet, ist sein Bestreiten unsubstanziiert. Der Beklagte zeigt nicht auf, dass und aus welchem Grunde die in dem Buchungssystem ausgewiesene Bargelddifferenz falsch sein könnte, obwohl er bei entsprechender Kontrolle zur Aufdeckung von Fehlern und Unstimmigkeiten im Buchungssystem in der Lage gewesen wäre.
aa) Der Beklagte hatte den alleinigen Zugriff auf die von ihm geführte Postagenturkasse und er trug auch die alleinige Verantwortung für die Buchungsvorgänge in seiner Agentur.
bb) Über den aktuellen Bargeld-Sollbestand und die Entwicklung seiner Gesamtverbindlichkeiten (Bargeld-Sollbestand zuzüglich einer Bargelddifferenz) konnte er sich täglich aufgrund eines bei jedem Kassenschluss ausgedruckten Abschluss-Blattes informieren. Zusätzlich konnte er bei jedem Kassenschluss eine Transaktionsliste aller durchgeführten Buchungen ausdrucken lassen. Anhand dieser Listen konnte er die einzelnen im EPOS-System erfassten Buchungen nachvollziehen. Für den Fall, dass in der Liste Buchungen enthalten gewesen wären, die er sich nicht hätte erklären können, hätte er sich dann wegen dieser konkret von ihm als klärungsbedürftig zu benennenden Buchung an die Klägerin wenden und auf eine Klärung und Richtigstellung hinwirken können und müssen.
cc) Dass er derartige Kontrollen und Überprüfungen durchgeführt habe und hierbei irgendwelche Fehler oder Unstimmigkeiten entdeckt habe, trägt der Beklagte nicht vor.
dd) Unstreitig ist zwar, dass der Beklagte bei den bereits vor dem 4. September 2002 durchgeführten Soll/Ist-Vergleichen gegenüber Mitarbeitern der Klägerin behauptete, er könne sich die im Buchungssystem aufgeführten Bargelddifferenzen nicht erklären. Auf bestimmte Fehler oder Unregelmäßigkeiten hat der Beklagte bei diesen Gelegenheiten aber nicht hingewiesen. Insbesondere hat er keine Beanstandungen in Bezug auf bestimmte Buchungen vorgebracht oder Fehlbuchungen behauptet.
ee) Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, dass das von der Klägerin zur Verfügung gestellte Buchungssystem nicht ordnungsgemäß arbeite und deshalb diese Fehlerhaftigkeit für die im Buchungssystem angegebene Bargelddifferenz ursächlich sein müsse. Die bloße pauschale Behauptung, das Buchungssystem sei unzuverlässig oder mangelhaft, reicht nicht aus, die Brauchbarkeit und Funktionstüchtigkeit dieses Systems, mit welchem der Beklagte jahrelang gearbeitet hat, sowie die Richtigkeit der von diesem System ermittelten Ergebnisse in Frage zu stellen. Insoweit bedürfte es konkreten und nachprüfbaren Vortrags zu bestimmten Fehlern, Unregelmäßigkeiten oder Schwierigkeiten, die sich auf die angegebenen Bargelddifferenzen ausgewirkt haben könnten. Solcher Vortrag fehlt jedoch und insoweit liegen auch weder allgemeine noch auf den vorliegenden Einzelfall bezogene konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass das Buchungssystem der Klägerin für ihre Postagenturen generell oder jedenfalls für die von dem Beklagten geführten Postagentur mangelhaft oder unzuverlässig ist.
d) Damit ist davon auszugehen, dass in der Postagentur des Beklagten ein Bargeldfehlbestand in Höhe von 30.000,-- € aufgetreten ist.
3. Für diesen Fehlbestand haftet der Beklagte schon kraft Gesetzes nach den Rechtsgrundsätzen des bürgerlichen Rechts über die Haftung eines Verwahrers oder Geschäftsführers (§§ 675, 667, 280 Abs. 1, 276 BGB). Davon, dass der Beklagte schuldhaft gehandelt hat, ist auszugehen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er einen Fehlbestand nicht zu vertreten hat, trifft den Handelsvertreter. Er muss den Fehlbestand also erklären und sich insoweit entlasten, nicht hingegen muss ihm der Unternehmer ein Verschulden nachweisen. Zu seiner Entlastung trägt der Beklagte hier aber nichts vor.
4. Die im Arbeitsrecht entwickelten Grundsätze über eine Haftungsminderung wegen "gefahrgeneigter" oder "schadensgeneigter Arbeit" sind auf den Beklagten als Handelsvertreter nicht übertragbar. Für den Handelsvertreter des § 84 HGB gelten die besonderen arbeitsrechtlichen Fürsorgepflichten nicht (vgl. Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 84 Rdnr. 4 m.w.N.).
II. Vor diesem Hintergrund wird dem Beklagten aus Kostengründen angeraten, seine Berufung vor dem Verhandlungstermin zurück zu nehmen.
Ende der Entscheidung
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