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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.05.2004
Aktenzeichen: I-17 U 137/03
Rechtsgebiete: AVB WasserV, BGB


Vorschriften:

AVB WasserV § 1
AVB WasserV § 18
AVB WasserV § 19
AVB WasserV § 21
AVB WasserV § 30
BGB § 433 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 12.06.2003 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.941,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2002 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe: I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung von 26.660,16 EUR für die Lieferung von Strom, Gas und Wasser aus dem Abrechnungszeitraum vom 29.01.2001 bis 01.12.2001, sowie 281,72 EUR als Erstattung für Aufwendungen, die der Klägerin durch die Rücklastschriften infolge der Zahlungsverweigerung des Beklagten entstanden sind. Der geltend gemachte Betrag für die Energielieferung ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Rechnung vom 7. Januar 2002 und ist rechnerisch der Höhe nach unstreitig. Streitig sind zwischen den Parteien allein das von der Klägerin berechnete Entgelt für die Lieferung von Frischwasser für das Grundstück V., auf dem der Beklagte bis Mai 2002 eine Tankstelle mit Waschstraße betrieb, sowie die ebenfalls in Rechnung gestellten Kanalbenutzungsgebühren, die sich vom Frischwasserverbrauch ableiten. Für den hier in Rede stehenden Abrechnungszeitraum hat die Klägerin dem Beklagten 9.484 m3 Frischwasser in Rechnung gestellt. Demgegenüber betrug der Verbrauch des Beklagten im Jahr 1999 381 m3 und im Jahr 2000 804 m3. Daraus leitet der Beklagte her, dass der berechnete Verbrauch für 2001 in Höhe von 9.484 m3 fehlerhaft sei, weil sich der Umsatz der Waschstraße auf dem Tankstellengelände, die allein nennenswert Wasser verbrauche, nicht wesentlich verändert habe. Nach Reklamation des Beklagten gegenüber der Klägerin ist der Mitarbeiter der Klägerin, Herr C., auf dem Grundstück des Beklagten gewesen, hat aber keinen Defekt der Messeinrichtung oder der Kundenanlage feststellen können. Nach seiner Aussage hat er die Wasseruhr in der Weise geprüft, dass er die Wasserzufuhr abgestellt hat. Danach hat die Uhr keinen Verbrauch mehr angezeigt. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt, der Verbrauch für 2002 betrage hochgerechnet 533 m3 Frischwasser. Der Beklagte ist von der Klägerin mit Schreiben vom 25.03.2002 darüber informiert worden, dass keine Mängel der Messeinrichtung festgestellt worden seien und ist auf sein Recht aus § 19 AVB WasserV belehrt worden, dass er die Messeinrichtung von der Bundeseichbehörde überprüfen lassen könne, wenn er einen entsprechenden Antrag stelle. Dies hat der Beklagte nicht getan. Der Zeuge L. - ebenfalls Mitarbeiter der Klägerin - hat vor dem Landgericht erklärt, die Wasseruhr sei nach Ablauf der Eichzeit am 19.08.2002 turnusmäßig ausgebaut worden und zwischenzeitlich verschrottet. Der Zeuge L. hat als Möglichkeit für den hohen Wasserverbrauch des Beklagten einen Defekt der Waschanlage in Erwägung gezogen. Nach seiner Aussage verwende die Waschanlage beim Betrieb eine Zeit lang Brauchwasser, welches gereinigt werde. Dabei gehe aber Wasser verloren, welches aus der Leitung ersetzt werde. Der Vorgang werde durch ein Schwimmerventil geregelt. Es sei denkbar, dass bei defektem Schwimmerventil ständig Frischwasser nachlaufe. Demgegenüber hat der Beklagte einen Defekt der Waschanlage bestritten und angeführt, die Anlage sei durch den Hersteller jedes Quartal überprüft worden. Ein Defekt sei nicht festgestellt worden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Verbrauch gemäß § 21 AVB WasserV nicht höher als die Abschlagzahlungen geschätzt. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Klageziel weiter. II. Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 433 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Vergütung für die von ihr gelieferten Frischwassermengen und die sich daraus ableitenden Kanalbenutzungsgebühren. Der von ihr geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 281,72 EUR ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens. Die Parteien haben unstreitig einen Wasserlieferungsvertrag geschlossen. Die Klägerin verwendet hierfür ebenso unstreitig Vertragsmuster, so dass gemäß § 1 AVB WasserV diese Verordnung Anwendung findet. Der Beklagte ist verpflichtet, den gemessenen Wasserverbrauch zu bezahlen. Die Voraussetzungen, nach denen gemäß § 21 AVB WasserV der Verbrauch geschätzt werden kann und die Voraussetzungen für eine Zahlungsverweigerung gemäß § 30 AVB WasserV sind nicht gegeben. a) Die Klägerin muss grundsätzlich die Menge des gelieferten Wassers beweisen. Sie ist gemäß § 18 AVB WasserV verpflichtet, hierfür eine geeichte Messeinrichtung bereitzustellen. Dies hat die Klägerin getan. Dass die Wasseruhr geeicht war, ist unstreitig. Nach § 21 AVB WasserV kann der Verbrauch geschätzt werden - wie es das Landgericht getan hat -, wenn feststeht, dass die Messeinrichtung die Verkehrsfehlergrenze überschritten hat. Die Beweislast dafür trägt allerdings der Kunde (vgl. OLG Düsseldorf, RdE 1985, 144 f). Eine solche Feststellung kann nicht getroffen werden. Der Zeuge C. hat einen Defekt an der Uhr nicht festgestellt. Eine weitere Überprüfung der Anlage hat nicht stattgefunden. Der Beklagte hätte dies gemäß § 19 AVB WasserV beantragen können, hierüber ist er auch von der Klägerin belehrt worden. Dass der Beklagte davon keinen Gebrauch gemacht hat, geht zu seinen Lasten. Die Fehlerhaftigkeit der Messeinrichtung, die zu einer Schätzung berechtigen würde, ergibt sich auch nicht aus den Umständen. Zwar ist für 2001 ca. die 11-fache Verbrauchsmenge festgestellt worden, wie sie im Jahr 2000 angefallen ist. Das lässt aber nicht den zwingenden Schluss zu, die Messeinrichtung sei defekt gewesen. Eine die Verkehrsfehlergrenze überschreitende Falschmessung kann auch nicht unter Berücksichtigung der Regelung in § 30 AVB WasserV festgestellt werden. Nach dieser Vorschrift ist der Kunde zur Zahlungsverweigerung berechtigt, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass ein offensichtlicher Fehler vorliegt. Würde ein solch offensichtlicher Fehler vorliegen, wäre es folgerichtig auch die Möglichkeit einer Schätzung nach § 21 AVB WasserV anzunehmen. Ein offensichtlicher Fehler liegt aber nur dann vor, wenn vernünftige Zweifel an der Fehlerhaftigkeit nicht möglich sind (vgl. OLG Hamm, Recht und Steuern, 2001, 33 ff.; OLG Köln, Recht und Steuern, 1990, 26 f.;). Ein offensichtlicher Fehler ist schon dann nicht mehr gegeben, wenn über die Fehlerhaftigkeit Beweis erhoben werden müsste (vgl. OLG Hamm, a. a. O.;). Dies wäre hier der Fall. Denn es gibt theoretische Erklärungen, die einen solch sprunghaft höheren Wasserverbrauch nachvollziehbar machen. Auch das Landgericht hat dies im Ergebnis so gesehen, denn es hat über die Fehlerhaftigkeit der Wasseruhr Beweis erheben wollen, was jedoch nach der Verschrottung der Uhr nicht mehr möglich war. Ein im Vergleich zum bisherigen Wasserverbrauch wesentlich erhöhter Verbrauch ist indessen kein Nachweis eines offensichtlichen Fehlers (vgl. OLG Dresden vom 03.07.2001 - 15 U 3174/00 - in einem Fall, wo das 47-fache des vorherigen Verbrauchs gemessen wurde). Da in diesem Sinne kein offensichtlicher Fehler vorliegt, kann auch nicht die Feststellung getroffen werden, dass die Messeinrichtung die Verkehrsfehlergrenze überschritten hatte. Daran ändert sich auch nichts aus dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung. Die Tatsache, dass die Klägerin den Zähler am 19.08.2002 nach Ablauf der Eichfrist ausgebaut hat, stellt keine schuldhafte Beweisvereitelung dar, mit der Folge, dass nunmehr die Klägerin die Nichtfehlerhaftigkeit der Anlage zu beweisen hätte. Denn nach der Aussage des Zeugen L., an der zu zweifeln kein Anlass besteht, war die Klägerin verpflichtet, die Wasseruhr auszubauen. Darüber hinaus musste sie auch fünf Monate nach der Belehrung des Beklagten über sein Antragsrecht auf Überprüfung der Wasseruhr durch die Eichstelle nicht mehr damit rechnen, dass der Beklagte davon Gebrauch machen werde. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Streitwert des Berufungsverfahrens und die Beschwer des Beklagten beträgt 26.941,88 EUR.

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