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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.04.2004
Aktenzeichen: I-17 U 182/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 826
ZPO § 917
ZPO § 930
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 12.06.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten.

Gründe: I. Die Beklagten waren Geschäftsführer der "F. T. O.-Gesellschaft mbH." in Duisburg. Auf eine Zeitungsanzeige hin meldete sich der Kläger bei der GmbH und bekundete sein Interesse. Er erhielt ein Formblatt "Kundeninformation", mit dem er Angaben zu seiner Person machen musste. Gleichfalls erhielt er ein Formblatt "Die Gebührenstruktur", wo ihm mitgeteilt wurde, dass für Kauf und Verkauf eine einheitliche Kommission von 100 USD erhoben werde, darin enthalten sei auch die Brokergebühr des Londoner Brokers. Weiterhin erhielt der Kläger ein Formblatt "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" und ein Formblatt "Basisinformation über den Handel mit Optionen". Der Kläger unterzeichnete einen Antrag auf Kontoeröffnung bei einem Londoner Broker, der A. F. Ltd., und überwies am 22.02.2000 10.000 DM und am 15.03.2000 40.000 DM. Am 04.04.01 erhielt er bei der Auflösung seines Kontos 131,30 USD = 284,26 DM zurück. Die Differenz zwischen eingezahltem Betrag in Höhe von 50.000 DM und zurückerhaltenem Betrag von 284,26 DM, also 49.715,74 DM = 25.419,25 EUR macht der Kläger als Schadensersatz geltend. Wegen dieser Schadensersatzforderung über 25.419,27 EUR nebst Zinsen hat der Kläger den dinglichen Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Beklagten beantragt. Mit Beschluss vom 09.04.2003 hat das Landgericht den dinglichen Arrest angeordnet und zugleich antragsgemäß in Vollziehung des Arrestes die Pfändung von Forderungen der Beklagten gegen die D. B., F. beschlossen. Auf den Widerspruch der Beklagten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil den Arrest- und Pfändungsbeschluss vom 09.04.2003 bestätigt. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Sie beantragen, in Abänderung des Urteils der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 12.06.2003 den Beschluss vom 09.04.2003 aufzuheben und den Arrestantrag abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. II. Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Zutreffend hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gem. § 826 BGB bejaht und auch einen Arrestgrund für gegeben erachtet. a) Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat, dass Geschäftsführer einer GmbH, die Optionstermingeschäfte vermittelt, gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz haften, wenn sie den Geschäftsabschluss veranlasst oder bewusst nicht verhindert haben, obwohl der Anleger nicht ausreichend über die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Optionsgeschäfts und seine finanziellen Risiken aufgeklärt worden ist ( vgl. BGH WM 94,149 ff; WM 94, 453 ff; NJW 2002, 2777 ff; ZIP 2003, 940 ff;). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind gewerbliche Vermittler von Terminoptionen verpflichtet, vor Vertragsschluss ungefragt über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von Optionsgeschäften schriftlich aufzuklären. Den Kaufinteressenten müssen die Kenntnisse vermittelt werden, die sie in die Lage versetzen, den Umfang des ihnen aufgebürdeten Verlustrisikos und die durch die Höhe der Vermittlungsprämie eingetretene Verringerung ihrer Gewinnchancen zutreffend einzuschätzen. Dazu bedarf es insbesondere eines Hinweises darauf, dass jeder Aufschlag auf die Börsenoptionsprämie die Gewinnerwartung verschlechtert, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig ist, um in die Gewinnzone zu kommen, ein Aufschlag also nicht nur zu einem höheren Preis für dasselbe Objekt führt, sondern das Verhältnis von Chancen und Risiken aus dem Gleichgewicht bringt (vgl. BGHZ 105, 108, 110; BGH, Urteil vom 11. Januar 1988 - II ZR 134/87, WM 1988, 291, 293; BGH, WM 1991, 1410, 1411; WM 1992, 1935, 1936). Ferner ist unmissverständlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form darzulegen, dass höhere Vermittlungsprovisionen zu einer weitgehenden Ausgrenzung der Gewinnchance des Kunden führen und die geringe Wahrscheinlichkeit, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, mit jedem Optionsgeschäft abnimmt. Die Aussagekraft dieses Hinweises darf weder durch Beschönigungen noch durch Werbeaussagen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (BGH WM 1994, 453 ff;). Diesen Anforderungen wird die von der durch die Beklagten geleiteten GmbH betriebene Aufklärung des Klägers nicht gerecht. Der Kläger hat in seinen Kundeninformationen angegeben nur geringe Kenntnisse im Optionsgeschäft zu besitzen. Er war deshalb in vollem Umfang über die Risiken des Geschäftes aufzuklären. Die " Wichtigen Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften " enthalten jedoch keinen Hinweis auf den Einfluss der Gebührenhöhe auf die Gewinnchancen. Die "Basisinformationen über den Handel mit Optionen" enthalten unter der letzten Ordnungsziffer, ohne das dies optisch gegenüber den anderen Ordnungsziffern besonders hervorgehoben wäre, eine Information über den Einfluss der Gebühren. Dort heißt es u.a.: " Durch die Kosten verändern sich grundlegend die Einschätzung und Grundlagen des Termingeschäfts. " Es wird ein weit höherer Kursausschlag erforderlich als die bereits spekulativen Erwartungen des Börsenfachhandels dem Geschäft zubilligen. Je höher die Transaktionskosten sind, umso geringer werden etwaige Gewinnchancen. Bei wiederholter Spekulation ist auch bei anfänglichen Gewinnen ein positiver Verlauf der Gesamtspekulation sehr unwahrscheinlich, wenn nicht sogar unmöglich. Insgesamt ist festzustellen, dass der weit überwiegende Teil der Anleger an diesen Märkten verliert." Diese Risikoaufklärung genügt nicht den Anforderungen, die an eine anlegergerechte und wahrheitsgemäße Aufklärung zu stellen sind. Denn es ist unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass höhere Aufschläge vor allem Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen und zu einer weitgehenden Ausgrenzung der Gewinnchance führt(vgl. BGHZ 124, 151 ff; BGH WM 94,453 ff;). Die Formulierung der Basisinformation lässt es aber weiterhin als möglich erscheinen, wenn auch riskant, dass der Anleger trotz der z.T. hohen Gebührenaufschläge von bis zu 22 % Gewinne erzielt und erweckt damit den falschen Eindruck, dass dem Risiko realistische Gewinnchancen gegenüber stehen. Das genügt den Anforderungen des BGH an die erforderliche Aufklärung des Anlegers nicht. Darüber hinaus täuscht die Information über die Gebühren den Anleger auch darüber, dass die vereinbarten 100 USD für jeden An- und Verkauf nicht per Order des Anlegers gelten, sondern dass auch bei ein- und derselben Option der Erwerb in mehrere Kontrakte aufgespaltet werden kann, für die je 100 USD zu zahlen sind, so dass der Anleger anhand der Gebühreninformation die tatsächliche Höhe der von ihm zu zahlenden Gebühren nicht erkennen kann, sie vielmehr verschleiert wird. Die fehlerhafte Aufklärung des Klägers über die Risiken seiner Finanzspekulation war auch ursächlich für den Abschluss der Termingeschäfte. Derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt ist beweispflichtig dafür, dass der Geschädigte auch bei pflichtgemäßer Aufklärung den Rat nicht befolgt hätte, mithin der Schaden auch dann eingetreten wäre. Es wird vermutet, dass der Anleger die Option bei gehöriger Aufklärung nicht erworben hätte (vgl. BGHZ 124, 151 ff; BGH WM 84, 221 f; WM 84, 960 f;). Diese Vermutung haben die Beklagten nicht widerlegt. Die Beklagten hatten als Geschäftsführer entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung der Informationsschriften und ihre Anwendung. Als im Terminhandel erfahrene Kaufleute wussten sie um den außerordentlichen Einfluss der Gebührenhöhe auf die Minimierung der Gewinnchancen. Sie nahmen daher die finanzielle Benachteiligung ihrer Kunden durch die hohen Gebührenaufschläge billigend in Kauf und handelten damit vorsätzlich im Sinne von § 826 BGB. b) Es besteht auch der erforderliche Antragsgrund gemäß § 917 ZPO für die Verhängung des dinglichen Arrestes. Danach findet der dingliche Arrest statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung eines Urteils wegen einer Geldforderung vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Hier haben die Beklagten den Kläger vorsätzlich wirtschaftlich geschädigt. Sie waren auch nach den hier in Rede stehenden Vermittlungsgeschäften weiterhin im Anlagegeschäft tätig. Ihre Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat deutlich gemacht, dass sie eine eigene Pflichtverletzung nicht erkennen und jederzeit in gleicher Weise handeln würden. Sie verfügen über die Kenntnisse und Möglichkeiten Vermögen schnell zu transferieren. Danach ist die Gefahr, dass die Beklagten die Vollstreckung eines Urteils gegen sich vereiteln würden zu bejahen. Die mit Beschluss vom 09.04.2004 vorgenommene Pfändung von Forderungen der Beklagten gegen die D. B. F. findet ihre Rechtsgrundlage in § 930 ZPO. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.

Streitwert der Berufung und Beschwer der Beklagten: 12.500 EUR.

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