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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 09.02.2007
Aktenzeichen: I-17 U 39/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 32 | |
ZPO § 513 Abs. 2 | |
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3 | |
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1 | |
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 2 | |
ZPO § 1025 Abs. 1 | |
ZPO § 1025 Abs. 2 | |
ZPO § 1031 Abs. 1 | |
ZPO § 1031 Abs. 5 | |
ZPO § 1031 Abs. 5 S. 1 | |
ZPO § 1032 Abs. 1 | |
ZPO § 1043 Abs. 1 | |
BGB § 826 | |
BGB § 830 Abs. 2 |
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31. Januar 2006 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld insoweit abgeändert, als die Beklagte zur Zahlung an den Kläger B. verurteilt wurde. In diesem Umfang wird die Klage abgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten erster Instanz hat der Kläger 98 % zu tragen. Die übrigen erstinstanzlichen Kosten entfallen auf das Verfahren 17 U 256/06. Der Kläger hat seine eigenen Kosten und die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf eine Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Entscheidungsgründe:
A.
Der Kläger verlangt von der Beklagten, bei der es sich um ein US-amerikanisches Brokerhaus mit Sitz in C./USA handelt, Schadensersatz für Verluste aus Börsentermin- und -optionsgeschäften, die die Beklagte für ihn ausgeführt hat.
Der geschäftliche Kontakt zwischen dem Kläger, der ein Hosengeschäft leitet, und der Beklagten kam wohl schon 1997 (vgl. Handelsauftrag vom 21.10.1997, Anlage K 2 zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 7.9.2005) durch die Vermittlung der in Krefeld ansässigen D. GmbH zustande. Seit März 1998 übte die D. GmbH ihre Tätigkeit auf der Grundlage einer mit der Beklagten getroffenen Rahmenvereinbarung aus, nach deren Inhalt die D. GmbH der Beklagten Anleger zum Zwecke der Eröffnung eines Aktienkontos vermitteln sollte, wobei die Kunden nebst anderen Abgaben und Kosten bei jedem Börsengeschäft mit einer Kommission von 45 USD belastet werden sollten, wovon die D. GmbH jeweils 35 USD erhalten sollte (vgl. Schreiben der E. AG vom 18.03.1998, Anlage K 7 zum Schriftsatz des Klägers vom 07.09.2005).
Am 9.3.1998 übersandte die D. GmbH dem Kläger neben den vorgenannten Vertragsunterlagen ein Informationsblatt, das die Überschrift "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" trägt (Anlage K 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 07.09.2005). Außerdem übermittelte die D. GmbH dem Kläger eine Schrift mit der Überschrift "Foreign Account Tax Documents" (Anlage K 5 zum Schriftsatz des Klägers vom 07.09.2005) sowie die Broschüre "Putting the investor first" (Anlage K 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 07.09.2005).
Auf Vermittlung der D. GmbH unterzeichnete der Kläger am 12.3.1998 ein von der Beklagten in englischer Sprache verfasstes Vertragsformular (Bl. 173 bis 178 GA; Übersetzung Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 24.8.2006), auf dessen Grundlage die Anlagegeschäfte abgewickelt wurden. Dieses enthält eine Rechtswahl des Staates New York und eine Schiedsgerichtsvereinbarung. Zugleich unterzeichnete der Kläger am 12.3.1998 (Bl. 179) eine Generalvollmacht, durch die die D. GmbH bevollmächtigt wurde, für ihn einzelne Anlagegeschäfte zu tätigen.
Der Kläger unterzeichnete mehrere, von der Firma D. vorgefertigte Handelsaufträge.
Später erhielt der Kläger ein Informationsschreiben vom 19.01.1999 (Anlage K 4 zum Schriftsatz des Klägers vom 07.09.2005).
Auf der Grundlage des geschlossenen Vertrages überwies der Kläger in der Folgezeit mehrfach Geldbeträge an die Beklagte, die diese zunächst auf einem für den Kläger eingerichteten Konto verbuchte.
Zwischen dem 18.3.1998 und dem 10.6.1999 überwies der Kläger an die Beklagte insgesamt 496.500 US$. Es handelt sich um folgende Beträge:
US-$ | DM | € | |
am 18.03.1998 | 30.000,00 | 54.675,00 | 27.954,88 |
am 18.03.198 | 76.000,00 | 138.510,00 | 70.819,04 |
am 25.03.1998 | 10.000,00 | 18.289,00 | 9.351,02 |
am 09.04.1998 | 20.000,00 | 36.410,00 | 18.616,14 |
am 25.08.1998 | 140.000,00 | 251.650,00 | 128.666,60 |
am 10.09.1998 | 25.000,00 | 42.595,00 | 21.778,48 |
am 16.09.1998 | 88.500,00 | 150.167,00 | 76.779,17 |
am 24.11.1998 | 65.000,00 | 110.987,00 | 56.746,75 |
am 10.06.1999 | 42.000,00 | ---------- | 40.095,50 |
Mit Hilfe dieser Beträge wurde in der Folgezeit eine Vielzahl von Anlagegeschäften getätigt, die insbesondere den Kauf und Verkauf von Call-Optionen auf den Erwerb von Aktien und Beteiligungen an zahlreichen US-amerikanischen Unternehmen zum Gegenstand hatten. Im Zuge dieser Geschäftsbeziehungen fielen Kommissionsbelastungen für getätigte Transaktionen sowie sonstige Vermittlungsgebühren in erheblicher Höhe an.
Im Laufe der Geschäftsbeziehung der Parteien erhielt der Kläger keine Auszahlungen.
Wie erst in der zweiten Instanz vorgetragen wurde, ließ der Kläger unter dem 29.12.1999 ein Arrestgesuch gegen die D. GmbH und gegen die als Antragsgegner zu 2 bis 4 bezeichneten gegenwärtigen und früheren Geschäftsführer fertigen. Beantragt wurde auch die Pfändung von Ansprüchen gegen die Beklagte. In dem Arrestverfahren schlossen die Parteien am 21.3.2000 einen Vergleich, wonach der Kläger 250.000 DM (= 127.822,97 €) erhielt. Dieser Betrag wurde an den Kläger gezahlt. Ferner vereinbarten die Parteien in Ziffer 2 des Vergleichs:
Ansprüche gegen die Antragsgegner zu 2), 3) und 4) bestehen nicht. Mit dem Vergleich sollen alle Ansprüche gegen die Organe und Mitarbeiter der Antragsgegnerin zu 1) sowie sämtliche anderen auf deren Seite beteiligte Dritte gleich aus welchem Rechtsgrund seien sie bekannt oder unbekannt endgültig erledigt und abgegolten sein.
Mit der vorliegenden Klage verlangten der ursprüngliche Mitkläger F., dessen Rechtsstreit nach der Prozesstrennung in zweiter Instanz zum Aktenzeichen 17 U 256/06 weitergeführt wird, einen Betrag von 14.716,70 € und der Kläger von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes den ihr im Rahmen der Anlagegeschäfte zur Verfügung gestellten Gesamtbetrag von 496.500 US$, was umgerechnet einem Betrag von 450.807,58 € entsprechen soll.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 450.807,58 € aus EUR 89.773,92 vom 19.03.1998 bis 25.03.1998, aus EUR 108.124,94 vom 26.03.1998 bis 09.04.1998, aus EUR 126.741,08 vom 10.04.1998 bis 25.08.1998, aus EUR 255.407,68 vom 26.08.1998 bis 10.09.1998, aus EUR 277.186,68 vom 11.09.1998 bis 14.09.1998, aus EUR 353.965,33 vom 17.09.1998 bis 24.11.1998, aus EUR 410.712,08 vom 25.11.1998 bis 10.06.1999, aus EUR 450.807,58 seit dem 11.06.1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sowohl das Fehlen der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte als auch das Fehlen der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Krefeld gerügt und zudem die Einrede des Schiedsvertrages erhoben. In der Sache selbst hat sie insbesondere geltend gemacht, dass sie sich nicht schadensersatzpflichtig gemacht habe und Ersatzansprüche gegen sie im Übrigen verjährt seien.
Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens sowie des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichtes im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Durch dieses Urteil hat das Landgericht im wesentlichen der Klage stattgegeben, die Beklagte zur Zahlung von 450.807,58 nebst geringeren Zinsen verurteilt und folgendes zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei zulässig, da die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben sei und auch die von der Beklagten erhobene Schiedseinrede nicht durchgreife. In der Sache sei die Beklagte dem Kläger gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, da sie sich an der von der unmittelbaren Anlagevermittlerin, der D. GmbH, anlässlich des Vertragsschlusses begangenen sittenwidrigen Schädigung des Klägers als Gehilfin beteiligt habe. Eine Verjährung des sich daraus ergebenden Schadensersatzanspruches habe die Beklagte nicht hinreichend dargetan und bewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre Rechtstandpunkte aufrecht erhält.
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrages und unter Aufrechterhaltung seiner Rechtstandpunkte das angefochtene Urteil gegen die Angriffe der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden und Unterlagen Bezug genommen. Die Akten 9 Js 226/99 StA Krefeld und die Akten 2 4) O 7/2000 LG Krefeld waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
B.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie hat in der Sache auch Erfolg.
I.
Wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, ergeben sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Schadensersatzklage.
1. Insbesondere hat die Kammer zu Recht - wie die vom Senat trotz des § 513 Abs. 2 ZPO vorzunehmende Überprüfung (vgl. BGH NJW 2003, 426; BGH MDR 2004, 707; OLG Düsseldorf (Senat) OLGR 2003, 298) ergeben hat - die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht und die dagegen von der Beklagten erstinstanzlich erhobene Rüge für unbegründet erachtet. Dies folgt in Ansehung der Doppelfunktionalität der zivilprozessualen Gerichtsstandsvorschriften (vgl. BGHZ 134, 116, 117; BGH NJW 1999, 1395, 1396 m.w.Nachw.) aus einer entsprechenden Anwendung des § 32 ZPO. Wegen der Einzelheiten der Begründung kann dabei gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichtes in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden, gegen die die Beklagte in der Berufungsinstanz auch keine Einwendungen mehr erhoben hat.
An dieser Beurteilung ändert sich auch nicht deshalb etwas, weil der Erfolgsort der angeblichen unerlaubten Handlung, an den das Landgericht zu Recht angeknüpft hat (vgl. BGH NJW 1994, 1413, 1414; BGH NJW 1996, 1411, 1413) nicht - wie die Kammer konkludent angenommen hat - im Bezirk des Landgerichtes Krefeld, sondern in Johannesberg liegt, von wo aus der Kläger die sein Vermögen schädigende Überweisung der für die Anlagegeschäfte bestimmten Beträge getätigt hat. Denn auch dieser Ort, an dem das Vermögen des Klägers geschädigt worden sein soll und auf den bei einem Vermögensdelikt, wie es hier in Rede steht, maßgebend abzustellen ist (vgl. BGHZ 40, 391, 395; BayObLGZ 1995, 301, 303; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 32 ZPO, Rdn. 16), liegt in der Bundesrepublik Deutschland und begründet daher die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte.
2. Ob innerhalb der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich das erkennende Landgericht Krefeld örtlich zuständig war, ist gemäß § 513 Abs. 2 ZPO einer Überprüfung durch den Senat entzogen.
3. Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht gemäß § 1032 Abs. 1, 1025 Abs. 2 ZPO die von der Beklagten erhobene Einrede des Schiedsvertrages entgegen. Denn die von den Parteien möglicherweise geschlossene Schiedsvereinbarung ist unwirksam.
a. Allerdings ergibt sich die Unwirksamkeit der Schiedsabrede nicht - wie das Landgericht meint - unmittelbar aus § 1031 Abs. 5 ZPO. Diese Vorschrift findet auf die in Rede stehende Schiedsvereinbarung, die in Nr. 27 und 28 des mit der Überschrift "Cash and Margin Agreement" versehenen Abschnitts der vom Kläger am 01.12.2000 unterzeichneten Vertragsurkunde (Bl. 196 bis 201 GA) enthalten ist und die ein ausländisches Schiedsverfahren vorsieht, gemäß §§ 1025 Abs. 1, 1043 Abs. 1 ZPO keine unmittelbare Anwendung.
b. Die streitgegenständliche Schiedsklausel ist unabhängig von der Frage, nach welchem Recht ihre Wirksamkeit im Übrigen zu beurteilen ist, schon deshalb unwirksam, weil sie in formeller Hinsicht nicht den Anforderungen entspricht, die nach dem unmittelbar anzuwenden internationalen Kollisionsrecht, nämlich nach Artikel V Abs. 1 lit. a UNÜ in Verbindung mit Artikel II Abs. 1 u. 2 UNÜ sowohl im deutschen als auch im us-amerikanischen Schiedsvertragsrecht gelten und verbindlich sind. Nach diesen Vorschriften, die nicht nur im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren, sondern nach der Regelungsstruktur des UN-Übereinkommens auch im Einredeverfahren zu beachten sind (vgl. Stein/Jonas/Schlosser, a.a.O., Anh. zu § 1061 ZPO, Rdn. 40; MünchKommZPO/Gottwald, a.a.O., Artikel V UNÜ, Rdn. 9; Reithmann/Martiny/ Hausmann, a.a.O., Rdn. 3305 m.w.Nachw. auch zur Rechtsprechung in Österreich, der Schweiz und Italien; Epping, a.a.O., S. 41; a.A.: Sieg, RIW 1998, 102, 105), ist eine Schiedsabrede oder eine Schiedsklausel in einem Vertrag nur im Falle ihrer Schriftlichkeit wirksam, wobei dieses Formerfordernis nur dann eingehalten ist, wenn der Vertrag oder die Abrede von beiden Parteien unterzeichnet oder in zwischen den Parteien gewechselten Briefen oder Telegrammen enthalten ist (Artikel II Abs. 1 u. 2 UNÜ). Dieses Formerfordernis ist hier nicht erfüllt.
Im vorliegenden Fall ist die Schiedsklausel, auf die sich die Beklagte beruft, in dem vom Kläger am 12.3.1998 unterzeichneten Vertragsformular enthalten. Dieses Vertragsformular ist jedoch nur vom Kläger, nicht jedoch auch von einem Vertreter der Beklagten unterzeichnet. Einen sich inhaltlich auf eine Schiedsabrede oder Schiedsklausel beziehenden Schriftwechsel hat es unstreitig nicht gegeben.
c. Die streitgegenständliche Klausel wird auch nicht nach deutschem Recht wirksam.
Das UNÜ lässt die Anwendung nationalen Rechts zu, soweit es der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs günstiger ist (Art. VII Abs. 1 UNÜ). Art. VII bezieht sich nicht nur Schiedssprüche, sondern auch auf Schiedsverträge. Das deutsche Gericht ist deshalb befugt, auch ohne dass sich die Parteien darauf berufen, auf das anerkennungsfreundlichere innerstaatliche Recht in toto zurückzugreifen; denn es hat das Recht - völkerrechtliche Verträge ebenso wie (originär-) nationales Recht - von Amts wegen zu beachten (BGH NJW 2005, 3499-3501; BGH Beschluss vom 25. September 2003 - III ZB 68/02 - SchiedsVZ 2003, 281, 282 m.w.N.). Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, entspricht aber die Schiedsvereinbarung nicht den Erfordernissen der deutschen Vorschriften in §§ 1031 I und § 1031 V 1 ZPO.
d. Die Schiedsvereinbarung wird auch nicht nach dem Kollisionsrecht des Vertrages wirksam, weil auch das so bestimmte Formstatut zu deutschem Recht führt.
Die durch den Meistbegünstigungsgrundsatz gebotene Anwendung schiedsfreundlicheren nationalen Rechts gilt nicht nur für die Bestimmungen zur Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen. Sie umfasst ferner die (nationalen) Kollisionsregeln und das danach als Statut der Schiedsvereinbarung berufene nationale Recht. Unterliegt die Schiedsvereinbarung nach dem - durch den lex fori-Grundsatz bestimmten - internationalen Privatrecht des Exequaturstaates einem nationalen Recht, das liberalere Formvorschriften hat als diejenigen des Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ, ist dieses anerkennungsfreundlichere nationale Recht gemäß Art. VII Abs. 1 UNÜ maßgeblich (BGH NJW 2005, 3499-3501; vgl. Stein/Jonas/Schlosser ZPO § 1031 Rn. 24).
Kollisionsrecht ist hier das (deutsche) EGBGB als lex fori. Danach käme es grundsätzlich für das Recht, dem die Schiedsvereinbarung unterliegt - und dessen Form regiert (vgl. Art. 11 Abs. 1 Alt. 1 EGBGB ) - auf die Parteivereinbarung an (vgl. BGHZ 40, 320 , 322 ff; BGH 71, 131, 137; BGH , Urteil vom 25. Mai 1970 - VII ZR 157/68 - AWD 1970, 417, 418; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit 2. Aufl. 1989 Rn. 253 m.w.N.). Dieses Recht muss jedoch nicht bestimmt werden. Denn abweichend von Art. 11 EGBGB gilt nach dem seit 1.10.1994 in Kraft getretenen Art. 29 III 2 EGBGB bei Verbraucherverträgen unabhängig von Art. 11 für die Form das Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hier also deutsches Recht. Art 29 III 2 EGBGB ist anwendbar.
aa. Die Anwendbarkeit ist nicht durch Art 29 IV Nr. 2 EGBGB deswegen ausgeschlossen, weil es sich bei dem Vertrag der Parteien um einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, hier als Broker, handelt, die ausschließlich in einem anderen als dem Staat erbracht werden müssen, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die dem Kläger geschuldeten Dienstleistungen mussten nicht ausschließlich in einem anderen Staat als Deutschland erbracht werden. Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB erfasst nur ganz im Ausland abzuwickelnde Verträge, z.B. Dienstleistungen im Rahmen von Beherbergungsverträgen ausländischer Hotels oder Unterrichtsverträge, wenn sie etwa einen Auslandssprachkurs oder einen im Ausland zu absolvierenden Ski- oder Segelkurs zum Gegenstand haben (Begr. RegE Gesetz zur Neuregelung des IPR, BT-Drucks. 10/504, S. 80). Auch örtliche Bank- und Brokerdienstleistungen können hierunter fallen. Darum geht es hier aber nicht. Die Beklagte war bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen nicht auf die USA beschränkt, sondern durfte nach dem maßgeblichen Vertragsinhalt, der keinerlei Einschränkung vorsah, auch an Börsen in anderen Staaten, etwa in Deutschland, Geschäfte tätigen.
Die Ausnahme des Art. 29 IV Nr. 2 EGBGB greift ferner nicht ein, wenn Dienstleistungen vom Ausland aus in das Inland erbracht werden, wie es typischerweise für ausländische Broker gilt, welche inländische Kunden beraten (Münchener Kommentar/Martiny, 4. Aufl. Art. 29 Rn 30). Das gilt auch im hier zu beurteilenden Fall, weil die Beklagte bestimmte Dienstleistungspflichten gerade in Deutschland erbrachte, weil sie - zusätzlich zur gebotenen Aufklärung über die Risiken von Optionsgeschäften - die Aufklärung nach dem deutschen Börsengesetz in Deutschland erbringen musste und auch zu erbringen versucht hat. Ferner ist die Beklagte verpflichtet, über die laufenden Transaktionen ihren Kunden in Deutschland zu informieren, die Geschäfte ihm gegenüber abzurechnen und etwaige Gewinne oder verbliebene Restguthaben an den Kläger nach Deutschland zurückzuzahlen.
bb. Der Vertrag der Parteien ist auch ein Verbrauchervertrag. Es ist nach dem übereinstimmenden Parteivortrag davon auszugehen, dass die Parteien einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, hier von Brokergeschäften, geschlossen haben. Der Vertrag diente auch einem Zweck, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Klägers, sondern seiner privaten Vermögensanlage zugerechnet werden kann. Dem Vertragsschluss ging auch ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung der Beklagten in Deutschland ( Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ) voraus. Die Beklagte hat die deutsche Vermittlungsgesellschaft gezielt zur Werbung deutscher Kunden eingesetzt und zur Versendung ihrer Informationsbroschüre, u.a. an ihn, den Kläger, veranlasst. Dieses ergibt sich aus dem Rahmenvertrag der Beklagten vom 18.3.1998 mit der Firma D. GmbH, nach deren Inhalt die D. GmbH der Beklagten Anleger zum Zwecke der Eröffnung eines Aktienkontos vermitteln sollte.
II.
In der Sache hat die Berufung Erfolg. Der Anspruch des Klägers ist dahingehend verglichen, dass er keinen Anspruch gegen die Beklagte geltend machen kann.
Dem Kläger stand zwar ursprünglich gegen die Beklagte gemäß Artikel 40 Abs. 1 EGBGB, §§ 826, 830 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens nebst Zinsen zu, da sie bzw. ihr vertretungsberechtigtes Organ der D. GmbH bei der von dieser bzw. von deren Geschäftsführer vorsätzlich begangenen sittenwidrigen Schädigung des Klägers aufgrund fehlerhafter Aufklärung über die Risiken von Optionsgeschäften (vgl. BGHZ 105, 108, 110 f.; BGH NJW 1991, 1947, 1948; BGH NJW 1992, 1879, 1880; BGH NJW-RR 2004, 203, 204 m.w.Nachw.) durch ihre Mitwirkung als in den USA tätiges Brokerhaus mangels Vorsorge gegen den Missbrauch der Vertragskonstruktion durch die D. GmbH und mangels Überprüfung ihrer Seriösität (vgl. BGH NJW 2004, 3423, 3425) vorsätzlich Hilfe geleistet hat. Diesen Anspruch kann der Kläger aber nach dem Vergleich in dem Verfahren LG Krefeld 2 (4) O 7/00 nicht mehr gegen die Beklagte geltend machen.
Der erstmalig in zweiter Instanz zur Akte gelangte neue Vortrag hinsichtlich des Vergleichs ist gemäß § 531 II Nr. 3 ZPO als neuer Vortrag in der Berufungsinstanz zuzulassen, da dieses Verteidigungsmittel im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht werden konnte, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Beklagten beruht. Der Kläger selbst hat seinen Arrestantrag und den von ihm geschlossenen Vergleich sowie die an ihn auf den Vergleich gezahlten Beträge entgegen seiner Pflicht zur vollständigen Erklärung über tatsächliche Umstände (§ 138 ZPO) nicht vorgetragen. Der Beklagtenvertreter, erstmals in dieser Sache am 15.6.2005 tätig geworden (Bl. 122 d.A.), hat vorgetragen, erst durch Einsicht in die Strafakten nach Abschluss der ersten Instanz von dem Arrestverfahren Kenntnis erlangt zu haben. Das wird durch die beigezogene Strafakte der StA Krefeld 9 Js 226/99 bestätigt. In der Strafsache hat das Amtsgericht die zivilrechtliche Beiakte angefordert (Strafakte Bl. 1331 und Beiakte LG Krefeld 2 (4) O 2/00 Bl. 124). Erstmalig beantragte der Beklagtenvertreter etwa einen Monat nach seiner Mandatierung am 26.7.2005 Einsicht in die Strafakte (Strafakte Bl. 1606). Diese Einsicht wurde ihm nicht gewährt, weil in der Strafsache ein Hauptverhandlungstermin zur Durchführung der Berufung bestimmt worden war. Bis zum Zeitpunkt der Verkündung erster Instanz in dieser Sache, dem 31.1.2006, war Akteneinsicht nicht gewährt worden. Akteneinsicht wurde erst aufgrund eines erneuten Gesuchs vom 11.1.2006 (Strafakte Bl. 1645) nach dem 3.2.2006, möglicherweise am 7.2.2006 (vgl. Vermerk Strafakte Bl. 1649), gewährt.
Der Anspruch des Klägers wurde durch Vergleichsvertrag (§§ 779 BGB) auf die D. GmbH als Schuldner und der Höhe nach auf 250.000 DM reduziert und ist durch Zahlung der Vergleichssumme erloschen (§ 362 BGB).
Geht man davon aus, dass es keinen über die Forderung mit Erlöschenswirkung verfügenden Erlassvertrag (§ 397 BGB) zu Gunsten Dritter gibt (BGH NJW 1994, 2483), so ist der Vergleich als schuldrechtlicher, unbefristeter Vertrag mit der Verpflichtung zur Unterlassung der Geltendmachung von Ansprüchen (pactum de non petendo) als echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) oder mangels eigenen Forderungsrechts der Dritten als Vergleich mit Schutzwirkung für Dritte zu qualifizieren (vgl. RGZ 127, 126 , 128 f.; BGH NJW 1994, 2483; BGH Urteil vom 18. September 1957 - V ZR 209/55 , LM § 328 BGB Nr. 15). Dadurch wird den Dritten ein Recht zur Verweigerung einer Leistung eingeräumt.
Die Klausel, wonach auch alle Ansprüche gegen sämtliche anderen auf Seiten der D. beteiligten Dritten gleich aus welchem Rechtsgrund endgültig erledigt und abgegolten sein sollen, umfasst in dieser weiten Formulierung auch die Beklagte, die als Gehilfin der D. in Anspruch genommen werden könnte.
Der Vergleich ist nicht zu unbestimmt. Nach dem Zweck der Vereinbarung und dem erkennbaren Regelungsinteresse der Parteien sollte eine endgültige Erledigung der Forderungen des Klägers erfolgen. Wie bereits die Erstreckung des Arrestverfahrens auf die aktuellen und früheren Geschäftsführer der D. GmbH zeigte, war den Parteien bewusst, dass als potentiell Haftende mehrere mögliche Anspruchsgegner zur Auswahl standen. Dazu zählte zwar noch nicht als Arrestgegner, aber als Adressat einer Pfändung auch die Beklagte, die bereits mit voller Anschrift aktenkundig war (Beiakte 2 (4) O 7/00 Bl. 6). Die Parteien konnten zur Erreichung ihres Regelungszweckes in dem Vergleich eine weit gefasste Personengruppe bezeichnen, die namentlich unbestimmt, aber durch die Beteiligung an den Transaktionen des Klägers auf der Seite der D. GmbH bestimmt war.
Dritte im Sinne des Vergleiches sind nicht nur die Telefonverkäufer der D. GmbH. Dieser Personenkreis, der aufgrund eines organschaftlichen oder arbeits- oder dienstvertraglichen Anstellungsverhältnis oder sonstige Eingliederung in die Organisation zur D. GmbH gehören, ist bereits als "Mitarbeiter" erfasst. Dritte sind daher weitere Personen als Mitarbeiter und damit auch diejenigen Personen, die durch eine tatsächliche oder rechtliche Beziehung mit der D. GmbH für die Forderung des Klägers haften könnten. Dazu gehört auch die Beklagte, der hier vorgeworfen wird, als Mittäterin einer von der D. GmbH, also auf ihrer Seite, vorgenommenen unerlaubten Handlung zu haften.
Der Vergleich umfasst auch gegenständlich die in diesem Prozess geltend gemachten Ansprüche. Sachlich waren im Arrestantrag bereits Ansprüche aus § 826 BGB wegen Verletzung von Aufklärungspflichten angesprochen. Aufgrund der Streitwertfestsetzung zum Vergleich sind jedenfalls alle diejenigen Zahlungen des Klägers umfasst, die dem Arrestantrag zugrunde liegen. Die Zahlungen auf Bl. 20 der Beiakte sind (bis auf einen möglichen Übertragungsfehler beim Datum 2.9.1998 bzw. 10.9.1998 für den Betrag über 25.000 US$) identisch mit der Zahlungsübersicht in diesem Rechtsstreit (Bl. 225).
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 100 II ZPO. § 97 Abs. 2 ZPO findet keine Anwendung. Insoweit wird auf die Ausführungen zu § 531 ZPO verwiesen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Wert der Beschwer des Klägers beträgt mehr als 20.000,00 €.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 450.807,58 € festgesetzt.
IV.
Der nicht nachgelassene, nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu den Akten gelangte Schriftsatz des Klägers vom 6.2.2007 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 156 I oder 156 II Nr. 2, 580 Nr. 4 oder Nr. 7 b ZPO). Eine Sittenwidrigkeit des Vergleiches oder eine zur Anfechtung berechtigende arglistige Täuschung ist nicht ausreichend vorgetragen. Die angebliche innere Motivationslage der damaligen Berater oder Prozessbevollmächtigten des Klägers ist unerheblich, da sie jedenfalls für den Vergleichsabschluss nicht kausal wurde. Die Entscheidung des Klägers zum Vergleichsabschluss beruht auf einer zutreffenden wirtschaftlichen Abwägung: Entweder konnte er im Vergleichswege kurzfristig einen Teil der Forderung von der D. GmbH tatsächlich bezahlt erhalten oder er musste den gesamten Betrag titulieren lassen, eine aufgrund der Höhe der Forderung realistische Gefahr der Insolvenz der D. GmbH und damit einen Ausfall dieser Schuldnerin riskieren und das weitere Risiko in Kauf nehmen, andere Anspruchsgegner - unter Umständen im Ausland - erfolgreich verklagen und zeitlich später gegen sie - auch im Ausland - erfolgreich vollstrecken zu können.
Ende der Entscheidung
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