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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: I-18 U 22/05
Rechtsgebiete: BNotO, BeurkG


Vorschriften:

BNotO § 19 Abs. 1
BNotO § 23
BNotO § 24
BeurkG § 54 d
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 18. Januar 2005 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg (6 O 261/04) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache erfolglos. Der Beklagte schuldet der Klägerin aus § 19 Abs. 1 BNotO Schadensersatz in der von der Klägerin verlangten Höhe. Der Beklagte bzw. sein Vertreter hat im Rahmen der Ausführung des Treuhandauftrages vom 6. März 2002 seine notariellen Amtspflichten verletzt, wodurch der Klägerin ein Schaden in Höhe von 20.450,- € entstanden ist.

Gründe:

A.

Auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin zum Inhalt und Zweck des erteilten Treuhandauftrages hat der Beklagte (beziehungsweise ihm gemäß § 46 Satz 1 BNotO zurechenbar sein Vertreter) seine notariellen Amtspflichten aus dem Treuhandauftrag verletzt, weil er es unterlassen hat, zu prüfen, ob die Voraussetzungen, an die die Auszahlung des hinterlegten Geldbetrages geknüpft war, tatsächlich vorlagen.

Hätte er diese Prüfung pflichtgemäß vorgenommen, hätte er festgestellt, dass die Voraussetzungen nicht gegeben waren, so dass das von der Klägerin hinterlegte Geld auf dem Notaranderkonto verblieben wäre.

Wäre das Geld dort verblieben, hätte sich die Vermögenslage der Klägerin günstiger dargestellt. Weil die ... GmbH finanziell nicht in der Lage war, sich das im Mietkaufvertrag vorgesehene Leasingobjekt zu verschaffen, ist die Durchführung des Immobilien-Mietkauf-Vertrags endgültig gescheitert. Weil die Vertragserfüllung am finanziellen Unvermögen der ... GmbH gescheitert ist, ist der Anspruch der ... GmbH auf die hinterlegte Vertragsgebühr (Provision) untergegangen. Mithin wäre der Geldbetrag bei pflichtgemäßem Handeln des Beklagten von seinem Anderkonto wieder an die Klägerin geflossen.

Infolge der pflichtwidrig ausgeführten Überweisung hat die Klägerin demgegenüber nur noch einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die ... GmbH auf Rückzahlung dieses Geldbetrages. Dieser schuldrechtliche Anspruch ist gegenüber dem Anspruch auf Auszahlung des auf dem Notaranderkonto hinterlegten Geldbetrages wirtschaftlich nicht gleichwertig, denn bei dem letztgenannten Anspruch handelt es sich um einen Anspruch, dessen Erfüllung gesichert ist, weil das Notaranderkonto eine entsprechende Deckung aufweist. Demgegenüber ist der Rückzahlungsanspruch gegen die ... GmbH ein völlig ungesicherter Anspruch, der zudem noch dadurch entwertet ist, dass die ... GmbH zahlungsunfähig ist.

Mithin ist die Klägerin durch die vom Beklagten beziehungsweise seinem Vertreter vorgenommene Auszahlung geschädigt worden.

Auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit gegen die ... GmbH beziehungsweise gegen deren betrügerischen Geschäftsführer kann der Beklagte die Klägerin nicht verweisen, weil im vorliegenden Fall eine Verletzung einer notariellen Amtspflicht aus §§ 23, 24 BNotO in Rede steht.

B.

Die vom Beklagten vertretene Auslegung des Treuhandauftrages, wonach die Auszahlung lediglich von der Mitteilung der ... GmbH abhängen solle, sie habe die Finanzierungszusage, erscheint dem Senat - ebenso wie dem Landgericht - nach der Sachlage eher fernliegend zu sein.

Letztendlich kann diese zwischen den Parteien streitige Frage jedoch auf sich beruhen, weil der Beklagte auch in diesem Fall seine notariellen Amtspflichten verletzt hat.

Zwar hatte der Beklagte dann im Ausgangspunkt vor der Auszahlung an sich nur zu prüfen, ob die ... GmbH die besagte Mitteilung gemacht hat. Aber selbst dann musste der Beklagte (beziehungsweise sein Vertreter) jedenfalls davon ausgehen, dass die ... diese Mitteilung nur machen durfte, wenn sie tatsächlich auch eine Finanzierungszusage eines Finanzierungsinstituts hatte, das die von den Vertragsparteien festgelegten Kriterien erfüllte. Mit anderen Worten: Er musste davon ausgehen, dass die ... nicht wahrheitswidrig behaupten durfte, eine solche Finanzierungszusage zu haben.

Im vorliegenden Fall hatte die ... sich jedoch nicht darauf beschränkt, diese Mitteilung zu machen. Vielmehr hat sie darüber hinaus in ihrem Schreiben vom 20. März 2002 nebst Anlagen im Einzelnen dargelegt, worin die von ihr mitgeteilte Finanzierungszusage bestehen soll.

Aus dem Vorbringen der ... in diesem Schreiben vom 20. März 2002 nebst Anlagen ergab sich jedoch - für jeden Leser sofort und auf den ersten Blick erkennbar -, dass die Mitteilung vom 25. März 2002, die Finanzierungszusage liege vor, nicht der Wahrheit entsprach. Den Anlagen des Schreibens vom 20. März 2002 ist nämlich zu entnehmen, dass die Finanzierungszusage darin bestand, dass die H. der ... aus einem Industriekredit-Beteiligungsvertrag die Rückzahlung der Beteiligung schuldete, wobei dieser Zahlungsanspruch durch irgendwelche hinterlegten Sicherheiten im Wert von mehr als 25 Mio. $ abgesichert ist. Dass es sich bei diesem Rückzahlungsanspruch nicht um eine Finanzierungszusage für den Kauf des Leasingobjekts (eines 391.223 qm großen Grundstücks) handeln konnte, war mithin offensichtlich.

Weil das Schreiben vom 25. März 2002 mit der Einleitung "wir haben Ihnen bereits schriftlich mitgeteilt...." auf das Schreiben vom 20. März 2002 Bezug nahm, hatte die ... dieses Schreiben vom 20. März 2002 selbst zum Bestandteil ihrer am 25. März 2002 abgegebenen Mitteilung gemacht. Deswegen war der Beklagte (beziehungsweise sein Vertreter) auch verpflichtet, auch das Schreiben vom 20. März 2002 zu lesen, bevor er den hinterlegten Geldbetrag zur Auszahlung an die B.I.V. freigab.

Hätte er dies getan, hätte er erkannt, dass die Miteilung vom 25. März, die vereinbarte Finanzierungszuge liege vor, nach dem eigenen Vorbringen der ... nicht der Wahrheit entsprach. Dies wiederum hätte ihn gemäß § 54 d BeurkG veranlassen müssen, von der Auszahlung abzusehen und die Klägerin und die ... hiervon zu unterrichten.

Hätte er diesen Hinweis erteilt, hätte die Klägerin sich mit der ... in Verbindung gesetzt und die ... hätte dann eingeräumt und auch einräumen müssen, dass ihre Mitteilung vom 25. März 2002 nicht der Wahrheit entsprach. (Denn dies hat die ... nach der Auszahlung unstreitig auf Vorhalt ebenfalls eingeräumt).

Hätte die ... dies eingeräumt, wäre der Geldbetrag wiederum letztendlich auf dem Notaranderkonto verblieben und im weiteren Verlauf ebenfalls der Klägerin wieder zugeflossen.

C.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Ein Anlass, zugunsten des Beklagten die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer des Beklagten: 20.450,- €.

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