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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.08.2006
Aktenzeichen: I-2 U 120/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 42 Abs. 1 | |
ZPO § 42 Abs. 2 | |
ZPO § 406 Abs. 1 | |
ZPO § 406 Abs. 2 | |
ZPO § 406 Abs. 2 S. 1 | |
ZPO § 406 Abs. 2 S. 2 |
Tenor:
Das Gesuch der Beklagten, den gerichtlichen Sachverständigen
Prof. Dr. -Ing. W. A. G. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird für begründet erklärt.
Gründe:
I.
Der Senat hat angeordnet, Beweis darüber zu erheben, ob von den Beklagten hergestellte und in den Verkehr gebrachte Haubenstretchautomaten in der Lage sind, das zugunsten der Klägerin in dem europäischen Patent 0 344 815 unter Schutz gestellte Umhüllungsverfahren auszuüben und mit Schreiben vom 15. April 2004 Prof. Dr.- Ing. G., der bereits in dem ebenfalls zwischen den Parteien schwebenden und dasselbe Fachgebiet betreffenden Patentverletzungsprozess 2 U 141/01 als gerichtlicher Sachverständiger tätig war, um die Erstattung eines schriftlichen Gutachtens gebeten. In dem Schreiben wird ausgeführt, es werde davon ausgegangen, dass Prof. Dr. G. auch weiterhin zu keiner der Parteien oder einem ihrer Vertreter in irgendeiner Beziehung stehe, die Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit aufkommen lassen könnten; anderenfalls werde um entsprechende Mitteilung gebeten. Nachdem Prof. Dr. G. sich mit Schreiben vom 4. Mai 2004 zur Übernahme des Gutachtenauftrages bereit erklärt hatte, ohne auf Beziehungen zu einer der Prozessparteien hinzuweisen, wurde er durch Beschluss des Senates vom 9. Juni 2004 zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt; der Beschluss ist den Beklagten am 11. Juni 2004 zugestellt worden. Der Sachverständige besichtigte am 26. September 2005 bei einem Abnehmer der Beklagten einen Haubenstretchautomaten der angegriffenen Art und legte unter dem 20. März 2006 ein schriftliches Gutachten über die Arbeitsweise dieser Maschine vor; der Senat gab den Parteien bis zum 31. Juli 2006 Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schriftsatz vom 7. April 2006 machten die Beklagten erstmals geltend, es bestehe die Besorgnis, dass der gerichtliche Sachverständige befangen sei. Durch eine am 4. April 2006 zur Vorbereitung des Termins zur mündlichen Anhörung des Sachverständigen im Verfahren 2 U 141/01 durchgeführte Internet-Recherche habe sich herausgestellt, dass der gerichtliche Sachverständige insbesondere in den Jahren 2005 und 2006 häufig Kontakt mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin Dr. Ch. B. gehabt habe; beide gehörten gemeinsam verschiedenen Gremien mit sehr wenigen Mitgliedern an. Diese überwiegend erst nach seiner Bestellung eingetretenen Veränderungen hatte der gerichtliche Sachverständige nicht angezeigt.
Die Beklagten beantragen,
den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, während die Klägerin um Zurückweisung dieses Antrages bittet.
Die Klägerin hält das Ablehnungsgesuch der Beklagten für verspätet und meint, es gebe keine Veranlassung, an der Unvoreingenommenheit des gerichtlichen Sachverständigen zu zweifeln. Hochschullehrer an Technischen Universitäten, zu denen auch der gerichtliche Sachverständige gehöre, würden üblicherweise erst aufgrund einer erfolgreichen einschlägigen Tätigkeit in der Industrie berufen und seien auch in der Folgezeit auf einen fachspezifischen Austausch mit entsprechenden Unternehmen angewiesen. Sie - die Klägerin - arbeite zwar mit verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen im Rahmen der Studentenausbildung und bei der Durchführung von Forschungsvorhaben zusammen, hierzu gehöre der Lehrstuhl des gerichtlichen Sachverständigen jedoch nicht.
II.
1. Der Befangenheitsantrag ist zulässig; die Beklagten haben ihn rechtzeitig im Sinne des § 406 Abs. 2 ZPO gestellt. Dass sie das Ablehnungsgesuch erst mit Schriftsatz vom 7. April 2006 vorgebracht haben und damit der in § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO angegebene Zeitpunkt von spätestens zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung des gerichtlichen Sachverständigen weit überschritten ist, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Die Rechtzeitigkeit des Ablehnungsgesuches ergibt sich aus § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO, denn es erscheint dem Senat glaubhaft, dass die Beklagten ohne Verschulden verhindert waren, die von ihnen vorgetragenen Ablehnungsgründe früher geltend zu machen. Die Beklagten haben durch eine Internet-Recherche zur Vorbereitung der auf den 6. April 2006 terminierten Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen im Verfahren 2 U 141/01 von denjenigen Umständen Kenntnis erlangt, aus denen sie die Besorgnis der Befangenheit ableiten; diese Umstände lagen in ihrer Gesamtheit zu dem in § 406 Abs. 2 S.1 ZPO angegebenen Zeitpunkt noch nicht vor. Dass die Beklagten möglicherweise einen Teil der im Internet veröffentlichten Hinweise auf eine gemeinsame Zugehörigkeit des gerichtlichen Sachverständigen und des Geschäftsführers der Klägerin in Vorständen und Beiräten einzelner Vereinigungen schon hätten auffinden können, wenn die Internet-Recherche zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt worden wäre, begründet kein Verschulden im Sinne des § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO.
a) Eine verschuldete Unkenntnis, für die einfache Fahrlässigkeit genügt (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., 1999, § 406 Rdnr. 18), könnte den Beklagten nur zur Last gelegt werden, wenn sie verpflichtet waren, während des gesamten Zeitraums von der Bestellung des gerichtlichen Sachverständigen an bis zum Ende seiner Gutachtertätigkeit Nachforschungen hinsichtlich seiner Unparteilichkeit anzustellen. Eine solche Nachforschungspflicht wird in Rechtsprechung und Literatur zum Teil bejaht (RGZ 64, 429, 432; OLG Oldenburg, MDR 1978, 1028; Baumbach/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 406 Rdnr. 23; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 120 Rdnr. 27), um unnötigen Aufwand bei der Beweisaufnahme, insbesondere für die Erstellung eines unverwertbaren Gutachtens, so früh wie möglich zu erkennen und zu vermeiden; zum Teil wird sie aber auch verneint (OLG Brandenburg, NJW-RR 2001, 1433; MünchKomm ZPO/Damrau, 2. Aufl., § 406 Rdnr. 7; Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rdnr. 13; Schneider, MDR 1975, 353, 354), um die Partei hinsichtlich der Ablehnung eines Sachverständigen nicht schlechter zu stellen als bei derjenigen eines Richters.
Bis zu dem in § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO angegebenen Zeitpunkt sind die Parteien in der Tat verpflichtet, eigene Nachforschungen darüber anzustellen, ob Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen in Frage zu stellen. Eine Verpflichtung zur Ermittlung von Ablehnungsgründen kann nicht schon deshalb generell verneint werden, weil die Partei nicht mit der Unsicherheit belastet werden soll, welche Maßnahmen ihr im Rahmen von Nachforschungen im Einzelfall zugemutet werden (so Schneider, a.a.O.). Jedenfalls die hier durchgeführte Recherche im Internet nach Hinweisen auf Beziehungen des gerichtlichen Sachverständigen zur Klägerin bzw. deren Geschäftsführer ist im Hinblick auf die öffentliche Zugänglichkeit der entsprechenden Internetauftritte ohne Schwierigkeiten und ohne größeren Aufwand durchführbar; sie gehört heute zu den nächstliegenden Möglichkeiten für eine Partei, nach möglichen Verbindungen eines gerichtlichen Sachverständigen zur gegnerischen Partei zu forschen. Die Nutzung dieser Erkenntnisquelle kann jedenfalls von Gewerbetreibenden, zu denen auch die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits gehören, im Grundsatz erwartet werden. Sie gehört zu den Maßnahmen, die die Parteien in den vor dem erkennenden Senat stattfindenden Verfahren wegen Verletzung von Patenten und/oder Gebrauchsmustern üblicherweise ergreifen, wenn sie vom Senat Gelegenheit zur Stellungnahme dazu erhalten, ob eine von ihrem Prozessgegner oder vom Senat selbst vorgeschlagene Person zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt werden kann. Im Zusammenhang mit der Ernennung des Sachverständigen muss sich jede Partei vergewissern, ob Umstände vorliegen, die aus ihrer Sicht die Besorgnis begründen, dem Sachverständigen fehle die notwendige Unvoreingenommenheit. Das ergibt sich bereits aus der in § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO normierten Verpflichtung, Ablehnungsgründe spätestens zwei Wochen nach der Ernennung des Sachverständigen bzw. der Verkündung oder Zustellung des entsprechenden Beschlusses geltend zu machen und dient dazu, die Erstellung unverwertbarer Gutachten möglichst von vornherein zu vermeiden.
Zu einem späteren Zeitpunkt unterliegen die Prozessparteien jedoch keinen Erkundigungspflichten mehr. Sie sind nicht gehalten, den gerichtlichen Sachverständigen nach dessen Bestellung auf seine Unparteilichkeit zu überwachen. Das gilt insbesondere, wenn der Sachverständige zuvor eine Anfrage des Gerichts verneint hat, ob er zu einer der Parteien in Beziehungen stehe oder gestanden habe, die seine Unvoreingenommenheit möglicherweise zweifelhaft erscheinen lassen. Auf die entsprechende Erklärung des Sachverständigen müssen sich die Parteien verlassen können. Mit der Vorlage des Gutachtens entsteht lediglich die Verpflichtung der Parteien zu einer Überprüfung, ob das Gutachten nach seinem Inhalt Anhaltspunkte für mögliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen enthält, und sie müssen solche Gründe nach angemessener Überlegungsfrist unverzüglich geltend machen. Daraus ergibt sich aber ebenso wenig wie aus einer bevorstehenden Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens eine Verpflichtung, sich abermals darüber zu vergewissern, ob der Sachverständige auch weiterhin keine Kontakte oder konkrete Kontaktmöglichkeiten zur gegnerischen Partei unterhält. Insoweit müssen die Parteien und auch das Gericht davon ausgehen können, dass der Sachverständige, wie es seine Pflicht ist, die Anfrage des Gerichts vor seiner Bestellung wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet hat und dass sich gegenüber der damaligen Situation keine Veränderungen ergeben haben, sofern der Sacherständige, was ebenfalls seine Verpflichtung ist, solche Veränderungen nicht von sich aus anzeigt.
b) In ihrer vom Senat vor der Ernennung Prof. Dr. G.Žs zum gerichtlichen Sachverständigen eingeholten Stellungnahme konnten die Beklagten die jetzt vorgebrachten Ablehnungsgründe noch nicht geltend machen. Die Besorgnis der Befangenheit wird nicht aus dem möglicherweise schon damals gegebenen Umstand hergeleitet, dass der Sachverständige und der Geschäftsführer der Klägerin gemeinsam dem Vorstand und/oder wissenschaftlichen Beirat einzelner Vereinigungen angehören; dementsprechend haben die Beklagten seinerzeit auch keine Bedenken gegen die Bestellung des gerichtlichen Sachverständigen erhoben. Die Befangenheitsgründe, auf die die Beklagten sich berufen, bestehen vielmehr darin, dass von der Mitte des Jahres 2004 an bis Ende des Jahres 2005 gemeinsame Mitgliedschaften im Vorstand und/oder Beirat weiterer Vereinigungen hinzugekommen sind, die erwarten ließen, dass sich der Sachverständige und der Geschäftsführer der Klägerin aufgrund der in aller Regel stattfindenden Sitzungen dieser Gremien noch wesentlich häufiger begegnen würden, und darin, dass der gerichtliche Sachverständige diese Veränderungen nicht aus eigener Initiative mitgeteilt hat. Diese Umstände lagen in ihrer Gesamtheit erst Ende des Jahres 2005 vor und konnten im Zusammenhang mit der Bestellung nicht geltend gemacht werden.
c) Die Beklagten haben ihre Ablehnungsgründe auch unverzüglich geltend gemacht, nachdem sie ihnen bekannt geworden waren (zur entsprechenden Verpflichtung OLG Koblenz, NJW-RR 1999, 72; OLG Brandenburg, a.a.O.; Stein/Jonas/Leipold, a.a.O., Rdnr. 19 m.w.N. 75; Rosenberg/Schwab/Gottwald, a.a.O., Rdnr. 27; Musielak/Huber, a.a.O., Rdnr. 14; Jessnitzer/Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 11. Aufl., Rdnr. 172; Franzki in: Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 3. Aufl., § 20 Rdnr. 18). Die Beklagten haben glaubhaft und auch unwiderlegt vorgetragen, erst während der Vorbereitung des auf den 6. April 2006 anberaumten Verhandlungstermins zur mündlichen Anhörung des Sachverständigen im Verfahren 2 U 141/01 aufgrund einer von ihren Prozessbevollmächtigten durchgeführten Internet-Recherche von allen hier aufgeführten Verbindungen zwischen dem gerichtlichen Sachverständigen und dem Geschäftsführer der Klägerin erfahren zu haben. Mit Schriftsatz vom 7. April 2006 (Bl. 1141 ff. d.A.) haben die Beklagten die Ablehnungsgründe geltend gemacht und damit in jedem Fall unverzüglich gehandelt.
2. Das Ablehnungsgesuch der Beklagten ist auch nach §§ 406 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 42 Abs. 1 und 2 ZPO begründet. Die Beklagten haben Umstände dargelegt, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des gerichtlichen Sachverständigen zu rechtfertigen.
Nach § 406 Abs. 1 S. 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus den selben Gründen abgelehnt werden, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige tatsächlich parteiisch ist, oder ob das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus genügend Gründe vorhanden sind, die in den Augen einer verständigen Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu wecken (BGH, Beschluss vom 5. November 2002, X ZR 136/99, Anlage BK 29, Seite 3, Abschnitt II 2). Rein subjektive und unvernünftige Vorstellungen wie übersteigertes Misstrauen genügen allerdings nicht; erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass die ablehnende Partei mit einer plausiblen und gedanklich nachvollziehbaren Erklärung vom Standpunkt einer einigermaßen verständigen Partei aus Zweifel an der Unbefangenheit des Sachverständigen haben kann. Auch wenn das Gericht volles Vertrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen hat, muss es dem Ablehnungsantrag einer Partei stattgeben, wenn die ablehnende Partei in dieser Richtung verständliche Zweifel geltend macht. Ebenso wie an das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen, muss jedoch auch vermieden werden, dass eine Partei einen ihr ungenehmen Sachverständigen - insbesondere nach Vorlage eines für sie ungünstigen Gutachtens - aus dem Verfahren ausschalten kann, etwa indem sie ihn zu unsachlichen Äußerungen provoziert oder das Verfahren durch wiederholte und haltlose Ablehnungsgesuche zu verzögern sucht (vgl. OLG Düsseldorf, BB 1975, 627; OLG Frankfurt/ Main, OLGR 1997, 308; Franzki a.a.O. Rdnr. 2 und 16; Jessnitzer/Ulrich, a.a.O., Rdnr. 152, 164). Mehrere geltend gemachte Ablehnungsgründe sind in ihrer Gesamtschau und nach ihrem Gesamtgewicht zu würdigen (BGH, NJW 1956, 271, 272, r. Sp. unten). Zweifel an der Unparteilichkeit eines Sachverständigen können sich insbesondere daraus ergeben, dass er in näherer Beziehung zu einer der beiden Parteien steht (vgl. BGH, Anlage BK 29, Seite 4).
Geht man hiervon aus, so konnte bei den Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits aufgrund der zu Beginn des Jahres 2006 eingetretenen Häufung gemeinsamer Mitgliedschaften des gerichtlichen Sachverständigen und des Geschäftsführers der Klägerin in Vorständen und Beiräten unterschiedlicher Institutionen die Besorgnis aufkommen, der Sachverständige stehe seinem Gutachterauftrag nicht mehr unvoreingenommen gegenüber. Wie der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 28. Juni 2006 (Bl. 1177 f.) ausführt, war ihm der Geschäftsführer der Klägerin zunächst aus zwei im November 2001 und Oktober 2003 stattgefundenen Sitzungen der Vorstände des V. F. F. und der Professoren für F. mit einer Teilnehmerzahl von jeweils ... bis ... Personen bekannt, und es war zu zufälligen Begegnungen des gerichtlichen Sachverständigen mit Vertretern beider Parteien gekommen. Diese Lage, aus der keinerlei Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des gerichtlichen Sachverständigen hergeleitet werden könnte und auch nicht hergeleitet worden ist, änderte sich vom Jahre 2004 an entscheidend. Seit dem 14. September 2004 ist der gerichtliche Sachverständige Mitglied des aus 6 Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Industrie bestehenden Vorstandes der V.-F.-Gesellschaft, dem der Geschäftsführer der Klägerin schon vor der Berufung des Sachverständigen angehörte; außerdem ist der gerichtliche Sachverständige Mitglied des Beirates dieser Gesellschaft. Seit April 2004 gehört der Geschäftsführer der Klägerin dem Vorstand der B. B. L. an, in dessen Beirat der gerichtliche Sachverständige Mitglied ist. Der Sachverständige ist ferner Vorstandsmitglied der im Februar 2004 gegründeten W. G f. t. L. (W.), als deren Industriepartner in dem als Anlage BB 11 überreichten Memorandum an erster Stelle die Klägerin genannt wird. Dass die Klägerin dort zusammen mit einem anderen Unternehmen namentlich aufgezählt wird, während andere Partnerunternehmen nicht genannt werden, lässt darauf schließen, dass die Klägerin wie auch das andere namentlich genannte Unternahmen zu den besonders bedeutsamen Industriepartnern gehört. Jedenfalls im Jahre 2006 gehört der Geschäftsführer der Klägerin auch zu den Mitgliedern des technisch-wissenschaftlichen Beirates der Zeitschrift M., dessen Mitglied der gerichtliche Sachverständige bereits seit seiner Berufung an die T. M. vor über 10 Jahren ist, und dem auch der für die Klägerin im Verfahren 2 U 141/01 als Privatgutachter tätig gewesene Prof. Dr. A. angehört. Ob und zu welchen persönlichen Begegnungen oder Gesprächen zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem gerichtlichen Sachverständigen diese Mitgliedschaften tatsächlich geführt haben, ist für die Annahme der Besorgnis der Befangenheit ebenso unerheblich wie der Umstand, dass der gerichtliche Sachverständige nach seiner Einschätzung die wissenschaftliche von einer geschäftlichen Zusammenarbeit oder freundschaftlichen Kontakten zu trennen weiß und bei der Erstellung seines Gutachtens und der Abwicklung des Ortstermins Neutralität und Äquidistanz zu beiden Parteien hat walten lassen. Die in den Jahren 2004 bis 2006 eingetretene Häufung gemeinsamer Mitgliedschaften konnte bei den Beklagten die - auch aus der Sicht des Senates nicht von der Hand zu weisende - Befürchtung aufkommen lassen, der gerichtliche Sachverständige sei dem Geschäftsführer der Klägerin in den regelmäßig zu erwartenden Sitzungen häufiger begegnet, und aus diesen Begegnungen und den dabei üblicherweise stattfindenden Gesprächen sei möglicherweise auch eine gewisse Verbundenheit entstanden. Dass es über die sitzungsbedingten Zusammentreffen hinaus auch zu weiteren Begegnungen kam, zeigt die am 15. Oktober 2005 von der W. veranstaltete Podiumsdiskussion, an der sowohl der Geschäftsführer der Klägerin als auch der gerichtliche Sachverständige gemeinsam als Podiumsgäste teilgenommen haben. Auch hier konnte bei den Beklagten die Sorge aufkommen, dass es nach dem Ende der offiziellen Veranstaltung wie auch nach Sitzungen der Vorstände und Beiräte noch zu weiteren inoffiziellen Begegnungen und möglicherweise auch zu einem weiteren Gedankenaustausch kommen werde. Der Sachverständige hat diese Befürchtungen in seiner Stellungnahme vom 28. Juni 2006 noch verstärkt, indem er in seiner Zusammenfassung ausführt, die Kontakte zur Klägerin und insbesondere deren Geschäftsführer hätten sich in größerer Anzahl erst in den letzten beiden Jahren ergeben, hätten aber keine näheren persönlichen Beziehungen begründet; diese Ausführungen rechtfertigen die Sorge, es habe jedenfalls persönliche Beziehungen unterhalb der mit "näher" bezeichneten Schwelle gegeben. Das alles konnte bei den Beklagten die Besorgnis aufkommen lassen, der Sachverständige werde sich - möglicherweise unbewusst - aufgrund der gemeinsamen Tätigkeit in Vorständen und Beiräten den anderen Mitgliedern dieser Gremien und damit auch dem Geschäftsführer der Klägerin verbunden und sich aufgrund dieser Verbundenkeit gehemmt fühlen, ein für die Klägerin ungünstiges Gutachten zu erstatten und/oder an die Prüfung und Gewichtung möglicherweise gegen die Klägerin sprechende Umstände strengere Maßstäbe anlegen als zu Lasten der Beklagten.
Der Sachverständige hat diese Bedenken gegen seine Unparteilichkeit durch sein eigenes Verhalten entscheidend verstärkt, indem er nämlich die seit 2004 eingetretenen Veränderungen dem Gericht und den Parteien verschwiegen hat. Dass er als gerichtlicher Sachverständiger zur Neutralität verpflichtet ist, war ihm jedenfalls aus den Anfragen des Gerichts vom 28. April 2003 im Verfahren 2 U 141/01 und vom 15. April 2004 im vorliegenden Verfahren nach Beziehungen bekannt, die Bedenken gegen seine Unparteilichkeit hervorrufen konnten. Es versteht sich von selbst und bedarf keiner besonderen Hervorhebung, dass der Sachverständige sich auf diese Anfrage hin nicht nur zu den damaligen Verhältnissen wahrheitsgemäß und vollständig äußern, sondern ohne erneute Anfrage auch spätere Veränderungen angeben musste, die möglicherweise die Zweifel an seiner Unbefangenheit erwecken konnten, um den Parteien und dem Gericht die Möglichkeit zu geben, die offengelegten Umstände zu prüfen und selbst darüber zu entscheiden, ob sie zum Anlass genommen werden sollen, einen Befangenheitsantrag zu stellen bzw. ob sie dem Gericht Veranlassung geben können, den Sachverständigen abzuberufen und die Gutachtertätigkeit einer anderen Person zu übertragen. Auch wenn dies nicht die Absicht des gerichtlichen Sachverständigen gewesen sein mag, war das Verschweigen der eingetretenen Häufung gemeinsamer Zugehörigkeit in verschiedenen Gremien geeignet, bei den Beklagten den Eindruck zu erwecken, als habe der Sachverständige bewusst von einer Offenlegung abgesehen, um seine Ablösung zu vermeiden. Der Senat verkennt nicht, dass gerade bei Streitigkeiten auf dem Gebiet des Patentwesens häufig damit zu rechnen ist, dass ein geeigneter mit der Materie vertrauter Sachverständige auch selbst auf dem Gebiet, für das er als Gutachter herangezogen wird, forschend und entwickelnd tätig wird, dass daraus Kontakte zu Wettbewerbern der Parteien in Schutzrechtsanmeldungen entstehen können, und dass Hochschullehrer an technischen Universitäten üblicherweise erst aufgrund einer erfolgreichen einschlägigen Tätigkeit in der Industrie berufen werden und sie auch in der Folgezeit auf einen fachspezifischen Gedankenaustausch mit entsprechenden Unternehmen angewiesen sind (vgl. BGH GRUR 2002, 69 - Sachverständigenablehnung und Anlage BK 29, Seite 6 a.E.). Das darf jedoch nicht dazu führen, dass der Anschein aus solcher Zusammenarbeit hervorgegangener persönlicher Beziehungen zwischen dem Sachverständigen und einer Partei hingenommen wird, und es befreit den Sachverständigen auch nicht davon, solche Beziehungen ohne besondere Anfrage offenzulegen, um den Parteien und dem Gericht eine sachgerechte Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob seine weitere Tätigkeit im Verfahren sinnvoll erscheint oder nicht.
Ende der Entscheidung
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