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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.07.2009
Aktenzeichen: I-2 W 29/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 247
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 18. Februar 2009 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2009 teilweise abgeändert und ausgesprochen, dass die Beklagten zu 1., 4 und 5. der Klägerin aufgrund des Urteils der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18. März 2008 gesamtschuldnerisch 61.538,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 22. August 2008 zu erstatten haben.

II. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beklagten zu 1., 4. und 5. auferlegt.

IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 4.947,97 Euro.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss ist zulässig und im Wesentlichen auch begründet. Zu Unrecht hat das Landgericht die Übersetzungskosten für die eigenen Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Klägerin abgesetzt und im übrigen nur einen Zeilensatz von 1,85 Euro anerkannt.

Gründe:

1.

Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten für die Übersetzung der von ihren Prozessbevollmächtigten im Erkenntnisverfahren gefertigten Schriftsätze. Übersetzungskosten, die eine der deutschen Sprache nicht mächtige ausländische Partei aufwendet, um jederzeit dem Rechtsstreit folgen zu können und an ihm beteiligt zu bleiben, sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

a)

Das gilt insbesondere für die Übersetzung der im Prozess gewechselten Schriftsätze, von Urkunden, Beweisprotokollen und Gutachten sowie gerichtlichen Protokollen, Verfügungen und Entscheidungen. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Übersetzung gewechselter Schriftsätze kann sich nicht auf Schriftsätze des Gegners beschränken, sondern schließt die Kosten für die Übersetzung der vom eigenen Prozessbevollmächtigten gefertigten Schriftsätze ein. Schon aus Gründen der Gleichstellung einer der deutschen Sprache nicht mächtigen Partei mit einer solchen, die die deutsche Sprache beherrscht, ist es geboten, die diesbezüglichen Übersetzungskosten im Obsiegensfall als erstattungsfähig anzuerkennen. Für eine deutschsprachige Partei liegt es in der Natur der Sache und versteht sich von selbst, dass sie auch die von ihren Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze mit ihrem wörtlichen Inhalt zur Kenntnis nehmen kann. Die selbe Möglichkeit muss auch die des Deutschen nicht mächtige Partei haben. Die wörtliche Kenntnis des Inhalts ist unerlässlich, um der Partei eine möglichst genaue und vollständige Kenntnis über den aktuellen Sach- und Streitstand des von ihr betriebenen Verfahrens zu verschaffen und auf der Grundlage dieses Kenntnisstandes über das weitere Vorgehen im Prozess entscheiden zu können. Es kann ihr nicht zugemutet werden, sich insoweit nur auf den Rat ihrer anwaltlichen Vertreter zu verlassen, vielmehr muss sie auch deren Schriftsätze daraufhin überprüfen können, ob sie inhaltlich den eigenen Standpunkt zutreffend wiedergeben. Darüber hinaus gehören die Schriftsätze des eigenen Prozessbevollmächtigten mit zum Prozessstoff und bilden damit auch die Grundlage für das weiteren Vorgehen. Hier muss jede Partei die Möglichkeit haben, selbst entsprechende Vorschläge zu erarbeiten, insbesondere wenn es sich - wie hier - um größere Unternehmen handelt, die zu diesem Zweck eine Patent- und/oder Rechtsabteilung unterhalten. Eine nur sinngemäße inhaltliche Wiedergabe kann diesem Zweck nicht gerecht werden, vielmehr bedarf es einer genauen Kenntnis dessen, was beide Parteien bisher vorgetragen haben, und in diesem Zusammenhang kann es auch auf die wörtliche Kenntnis der beiderseitigen Schriftsätze ankommen. Dementsprechend sind im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss auch die Kosten für die wörtliche Übersetzung der gegnerischen Schriftsätze anerkannt worden. Hierbei darf man aber nicht stehen bleiben, sondern muss folgerichtig auch die Kosten für die Übersetzung der Schriftsätze des eigenen anwaltlichen Vertreters als erstattungsfähig betrachten. Das hat auch der Kartellsenat des erkennenden Beschwerdegerichtes in seinem von der Klägerin zitierten Beschluss vom 14. Dezember 2005 (VI - W (Kart) 10/05) zutreffend so gesehen (vgl. ferner OLG Köln, JurBüro 2002, 591, 593f.; OLG Düsseldorf [10. ZS.], AnwBl. 1983, 560, 561f.; Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 91 Rdn. 13, Stichwort "Übersetzungskosten" m.w.N.).

b)

Die vorstehenden Grundsätze gelten auch dann, wenn der Prozessbevollmächtigte der ausländischen Partei die Übersetzung selbst vornimmt. Der Aufwand für solche Übersetzungen ist nicht als ein der Information zuzurechnender Aufwand mit der Prozessgebühr abgegolten. Anders als die Anwendung anwaltlicher Sprachkenntnisse im mündlichen oder schriftlichen Verkehr mit der Partei gehört die Übersetzung von Schriftsätzen, gerichtlichen Entscheidungen oder Verfügungen, gegnerischen oder eigenen Schriftsätzen, von Urkunden, Beweisprotokollen und Sachverständigengutachten nicht zu dem dem Rechtsanwalt als Folge der Mandatsübernahme obliegenden Aufgaben und ist im Allgemeinen zusätzlich zu vergüten. Das gilt jedenfalls dann, wenn die wörtliche Übersetzung den für Rechtsanwälte üblichen Tätigkeitsrahmen überschreitet (Zöller/Herget, a.a.o:, OLG Hamburg, JurBüro 1971, 685). Das ist hier der Fall.

Dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin einer internationalen Sozietät angehören, deren Mitglieder die englische Sprache, in die die Schriftsätze übersetzt worden sind, beherrschen und für die englischsprachige Korrespondenz zur täglichen Routine gehört, ändert daran nichts. Jedenfalls in Patentverletzungsstreitigkeiten enthalten die Schriftsätze regelmäßig auch technische Fachbegriffe, deren korrekte Wiedergabe in einer fremden Sprache besondere Kenntnisse voraussetzt, die im Rahmen der allgemeinen Korrespondenz nicht benötigt werden und die auch von einem international tätigen Rechtsanwalt nicht erwartet werden können, bedingen sie doch ihrerseits technische Spezialkenntnisse, die grundsätzlich für keinen Rechtsanwalt selbstverständlich sind. Welches Einfühlungsvermögen bei Übersetzungen technischer Texte in eine fremde Sprache erforderlich ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass in Patentverletzungsprozessen häufig Meinungsverschiedenheiten darüber auftreten, mit welchem Ausdruck ein technischer Begriff aus einer fremdsprachigen Patentschrift zutreffend ins Deutsche zu übersetzen ist. Regelmäßig werden daher auch von international tätigen Anwaltskanzleien professionelle Übersetzer mit der Übertragung derartiger Texte in fremde Sprachen beauftragt. Dass der Rechtsanwalt eine derartige Übersetzung ausnahmsweise selbst vornimmt, kann keine andere Beurteilung rechtfertigen. Auch für internationale Rechtsanwaltskanzleien ist der Abgeltungsbereich der Prozessgebühr kein anderer als für national tätige Kanzleien. Entscheidend ist, dass es sich bei der wörtlichen Übersetzung von Urkunden und anderen Schriftstücken nicht um einen Teil der allgemeinen Korrespondenz handelt, sondern um reine Übersetzungstätigkeit. Die hierfür regelmäßig aufzuwendenden Kosten können bei Beauftragung einer international tätigen Anwaltskanzlei ebenso wenig aberkannt werden wie derjenigen Partei, die eine national tätige Anwaltskanzlei beauftragt und die Schriftstücke von einem Übersetzungsbüro übertragen lassen muss, entgegen gehalten werden kann, bei Beauftragung einer international tätigen Kanzlei fielen solche Kosten nicht an, weil die dort tätigen Rechtsanwälte die Übersetzung selbst vornehmen könnten (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf a.a.O.). Ob das auch in Fällen mit einfach gelagertem Sachverhalt und für Schriftsätze gilt, die für die Entscheidung über das weitere Vorgehen der Partei im Prozess keine besondere Bedeutung haben (vgl. hierzu BVerfG; NJW 1990, 3072), bedarf hier keiner Entscheidung. Der vorliegende Patentverletzungsrechtsstreit war für die Klägerin von erheblicher Bedeutung, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass neben zwei deutschen auch ein japanisches und ein chinesisches Unternehmen verklagt worden sind; hinzu kommt, dass es sich bei den übersetzten Schriftsätzen der Klägerin um solche handelt, deren wörtliche Kenntnis für jede Partei von besonderer Bedeutung ist, nämlich die Klageschrift und die Repliken zu den Klageewiderungen der Beklagten. Aus ihnen - und nur aus ihnen - ist der genaue Inhalt dessen ersichtlich, was die Prozessbevollmächtigten für die Klägerin zur Klagebegründung vorgetragen und wie sie sich zu den Einwänden der Gegenseite gestellt haben. Insbesondere bei solchen Schriftsätzen ist das Interesse der ausländischen und der deutschen Sprache nicht kundigen Partei an einer wörtlichen Übersetzung in ihre Muttersprache anzuerkennen, zumal die hierfür zusätzlich aufzuwendenden Kosten keinesfalls außer Verhältnis zu den übrigen Kosten des Rechtsstreits stehen (vgl. hierzu auch OLG Köln, a.a.O., S. 594).

2.

Für die Übersetzung der genannten Schriftstücke ist hier von einem Zeilensatz von 4,00 Euro auszugehen. Texte in Patentverletzungsstreitigkeiten sind von Ausnahmen abgesehen regelmäßig außergewöhnlich schwierige Texte. Dieser Schwierigkeitsgrad bestimmt auch die im vorliegenden Verfahren übersetzten Schriftsätze der Klägerin, denn das Klagepatent betrifft das technisch schwierige Gebiet der Polymerase-Kettenreaktion. Dementsprechend enthalten auch die Schriftsätze der Klägerin zahlreiche technische Fachausdrücke und eingehende technische Ausführungen, deren Sinngehalt zu erfassen einem Übersetzer regelmäßig erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Es kann in diesem Zusammenhang nicht darauf ankommen, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin regelmäßig Patentverletzungsstreitigkeiten bearbeiten und in der Erfassung technischer Zusammenhänge und deren Darstellung in unterschiedlichen Sprachen über eine größere Erfahrung verfügen. Maßgebend für die Bestimmung des Schwierigkeitsgrades ist, welche Mühe die Übersetzung des betreffenden Schriftstückes regelmäßig bereitet; dass dem im konkreten Einzelfall beauftragten Übersetzer aufgrund Spezialisierung und besonderer Erfahrung die Übertragung des Schriftstückes leichter fällt, mindert das ihm für seine Tätigkeit zustehende Honorar nicht, weil das übersetzte Schriftstück ein solches bleibt, dessen Übertragung in eine andere Sprache regelmäßig besondere Anforderungen stellt, die nicht dadurch geringer werden, dass der konkret beauftragte Übersetzer ihnen besser gewachsen ist. Aus diesem Grund kann es auch nicht darauf ankommen, ob die englische Sprache, in die die Schriftsätze übertragen worden sind, unter Technikern weiter verbreitet ist als die japanische und chinesische Sprache, in die die Klageschrift für die Beklagten zu 1. und 2. übersetzt worden ist.

3.

Bei der Berechnung der zusätzlichen Erstattungsforderung ist der Senat von der Aufstellung der Klägerin auf S. 3 ihres Kostenfestsetzungsantrages vom 22. August 2008 (Bl. 321 d.A.) und dem dort angegebenen Gesamtbetrag von 14.755,36 Euro ausgegangen; er hat von diesem den im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss für die Übersetzungskosten anerkannten Betrag von 4.571,92 Euro abgezogen und von der sich ergebenden Differenz 10.183, 44 Euro den von den Beklagten zu 1., 4. und 5. zu erstattenden Anteil von 47 % errechnet. Hierbei hat sich nicht der von der Klägerin geforderte Mehrbetrag von 4.947,97 Euro ergeben, sondern der geringfügig niedrigere zugesprochene Betrag von 4.786,22 Euro, der dem insgesamt im angefochtenen Beschluss zuerkannten Erstattungsbetrag hinzugerechnet wurde und zu der insgesamt zu erstattenden Summe von 61.538,62 Euro geführt hat.

4.

Als im Wesentlichen unterlegene Partei haben die Beklagten zu 1., 4. und 5. nach § 92 Abs. 2 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat allenfalls geringfügig höhere Kosten veranlasst.

Ende der Entscheidung

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