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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.06.2006
Aktenzeichen: I-20 U 112/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 155
BGB § 242
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 313
ZPO § 253
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 25. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2,5 Mio Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Schuldnerin, deren Insolvenzverwalter jetzt Kläger ist, und die Beklagte, deren alleinige Gesellschafterin ein 100 %iges Tochterunternehmen der D. B. AG war, standen miteinander in Geschäftsbeziehungen. Sie streiten nun um die Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Software EUROLEASE 98. 1995 erwarb die Beklagte für ihren Geschäftsbetrieb von der Schuldnerin deren Software EURO-LEASE 4.2 (EL 4.2) im Rahmen eines mit ihr unter dem 23.11.95 geschlossenen Kooperationsvertrages. Der Kooperationsvertrag regelte, dass die Beklagte die Software 4.2 mit Unterstützung der Schuldnerin und Dritter weiterentwickeln und bearbeiten durfte, um sie so auf ihre Bedürfnisse zuzuschneiden. Hieraus entstand die Software EUROLEASE 5.0 (EL 5). Weiterhin wurden in dem Kooperationsvertrag in § 6 die Rechte der Parteien an der neuen Software geregelt. In der Folgezeit entwickelte die Schuldnerin auf der Basis der Software EUROLEASE 5.0 die Software EURO-LEASE 98 (EL 98). Wegen der Rechte an dieser Software schlossen die Parteien am 24.03.99 eine von der Rechtsabteilung der Beklagten formulierte Ergänzungsvereinbarung zum Kooperationsvertrag vom 23.11.95. Seither nutzt die Beklagte die Software EL 98 in ihrem Geschäftsbetrieb.

Sämtliche Anteile der D. B. AG an der Muttergesellschaft der Beklagten wurden im Jahre 2001 an ein Tochterunternehmen der S. G. S.A. veräußert. Aufgrund des Verkaufs gehört die Beklagte nun nicht mehr zum D. B.-Konzern, sondern zum Konzern der S. G. S.A. Aufgrund der veränderten Konzernzugehörigkeit kam es zu Meinungsverschiedenheiten, ob und in welchem Umfang die Beklagte nunmehr noch berechtigt ist, die Software EUROLEASE 98 (EL 98) zu nutzen und zu verwerten.

Die Schuldnerin hat als damalige Klägerin in erster Instanz behauptet, dass es sich bei der Software EL 98 um eine von ihr geschaffene Weiterentwicklung des EL 5 Kerns handele, die eigenständig lauffähig und als solche am Markt verwertbar sei. Folglich liege keine Miturheberschaft vor. Außerdem würden nicht ihre urheberrechtlichen, sondern ihre vertraglichen Rechte mit der Klage geltend gemacht.

Ferner hat die Schuldnerin die Auffassung vertreten, dass die Beklagte auf Grund der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung nicht berechtigt sei, die Software EL 98 außerhalb des D. B.-Konzerns selbst zu nutzen und zu verwerten. Das alleinige Verwertungsrecht außerhalb des D. B.-Konzerns stehe ihr, der Schuldnerin, allein zu. Soweit ein von der Beklagten im Vorfeld der Ergänzungsvereinbarung zum Kooperationsvertrag vorgelegter Vertragsentwurf anderes vorgesehen habe, sei dies für die Schuldnerin wirtschaftlich nicht akzeptabel gewesen und nicht zum Vertragsgegenstand der dann getroffenen Vereinbarung geworden. Vielmehr habe eine Beschränkung auf den D. B.-Konzern erfolgen sollen. Keineswegs habe es dem Willen der Parteien entsprochen, dass sich die Nutzungs- und Verwertungsrechte auf den jeweiligen Mutterkonzern erstrecken sollten.

Die Schuldnerin hat in erster Instanz als damalige Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es ab sofort zu unterlassen, die Software EUROLEASE 98 außerhalb des D. B.-Konzerns und insbesondere innerhalb des S. G.-Konzerns zu nutzen und zu verwerten.

Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen, dass die Klage mangels hinreichender Bestimmtheit des Klagebegehrens unzulässig sei. Bei der Software EL 98 handele es sich lediglich um eine erweiterte Version der Software EL 5 und nicht um eine eigenständig lauffähige Software. Vielmehr sei sie nur als eine Softwarekomponente im Zusammenwirken mit anderen Softwarekomponenten nutzbar.

Des Weiteren fehle das Rechtsschutzbedürfnis für das Unterlassungsbegehren. Die Software EL 98 werde ausschließlich im eigenen Unternehmen genutzt. Eine Verwertung des EL 98-Kerns habe es nicht gegeben, eine solche sei de facto auch nicht möglich. Im Übrigen sie die Beklagte berechtigt, die Software auch innerhalb des S. G.-Konzerns zu verwerten. Die vertraglichen Regelungen in der streitgegenständlichen Zusatzvereinbarung seien missverständlich formuliert worden. Tatsächlicher Parteiwille sei gewesen, dass die Beklagte den EL 98-Kern wie eine Eigentümerin erwerben sollte und hieran keine schlechtere Rechtsposition als an dem EL 5-Kern erhalten sollte. Das Nutzungsrecht habe sich nicht auf den D. B.-Konzern beschränken sollen. Vielmehr habe es sich auf den jeweiligen Mutterkonzern beziehen sollen. Die Formulierung im Vertrag wäre auch so gewählt worden, wenn zu diesem Zeitpunkt an einen Konzernwechsel gedacht worden wäre. Dies entspreche auch den wirtschaftlichen Interessen der Beklagten, die erhebliche Kosten bezüglich dieser Software hatte. Der Wegfall der Nutzungsberechtigung sei mit weitreichenden Konsequenzen für den Geschäftsbetrieb der Beklagten verbunden.

Das Landgericht Wuppertal hat durch Urteil vom 25.01.2005 die Klage als zulässig und teilweise begründet angesehen. Die Klage sei zulässig, da es dem Klagebegehren nicht an der notwendigen Bestimmtheit fehle. Die Schuldnerin habe in hinreichend eindeutiger Weise zum Ausdruck gebracht, dass sie von der Beklagten die Unterlassung der weiteren Nutzung in vollem Umfang, wie auch der Verwertung des Softwarekerns EUROLEASE 98 außerhalb des D. B.-Konzerns begehre. Auf diese Weise sei der Streitgegenstand hinreichend konkret bezeichnet.

Die Klage sei auch überwiegend begründet. Die Schuldnerin könne nicht nur die Unterlassung der Eigennutzung, sondern auch die Feststellung begehren, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, die Software EUROLEASE 98 außerhalb des D. B.-Konzerns und insbesondere innerhalb des S. G.-Konzerns zu verwerten. Ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung habe die Schuldnerin bereits deshalb, weil die Beklagte die Auffassung vertritt, die Rechte an EL 98 umfassend erworben zu haben und zu deren Verwertung in dem jeweiligen Mutterkonzern, mithin nunmehr innerhalb des S. G.-Konzerns berechtigt zu sein.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Landgerichts richtet sich die Berufung der Beklagten. Im Laufe des Berufungsverfahrens ist der Insolvenzverwalter als Kläger an die Stelle der Schuldnerin getreten. Die Beklagte ergänzt ihren erstinstanzlichen Vortrag dahingehend, dass entgegen der Auffassung des Gerichts die Identität von EL 98 und EL 5 nicht unerheblich sei. Die Beklagte habe diesbezüglich keine pauschalen Behauptungen aufgestellt, sondern konkret zur Identität von EL 98 und EL 5 vorgetragen. Es liege daher ein identisches Werk im Sinne des Urhebergesetzes vor, so dass die Kooperationsvereinbarung auch für EL 98 gelte.

Ferner trägt die Beklagte hilfsweise vor, dass bei Nichtidentität bezüglich der Ergänzungsvereinbarung ein Scheinkonsens vorläge, der diese unwirksam mache. Es könne zwar eine positive Vertragsverletzung der Ergänzungsvereinbarung bei Eigennutzung vorliegen, jedoch sei dies aufgrund eines Dissenses unerheblich, da die Parteien von einem unterschiedlichen Nutzungsumfang ausgegangen seien. Die Schuldnerin habe unter der streitigen Formulierung verstanden, dass die Beklagte nach dem Ende ihrer Zugehörigkeit zum D. B.-Konzern überhaupt nicht berechtigt sein sollte, den Software-Kern EL 98 für ihre Geschäftsaktivitäten zu nutzen. Dagegen habe die Beklagte unter der Formulierung verstanden, dass sie das Recht hatte, die Software jedenfalls für ihre eigene Geschäftstätigkeit in der Weise und in der Qualität zu nutzen, wie das in dem Kooperationsvertrag vom 23.11.1995 festgelegt war. Aufgrund der enormen Kosten für die Beklagte wäre die Ergänzungsvereinbarung vom 24.03.1999 nicht geschlossen worden, wenn klar gewesen wäre, dass die Ergänzungsvereinbarung nur in der Form gelten sollte, dass die Beklagte für Zwecke des D. B.-Konzerns und auch nur als deren Konzern-Gesellschaft die Software sollte verwenden können. Die Ergänzungsvereinbarung sei daher unwirksam.

Weiterhin trägt die Beklagte für den Fall der Ablehnung des Dissenses hilfsweise vor, dass die Ergänzungsvereinbarung in hohem Maße auslegungsbedürftig sei. Dies folge daraus, dass die Terminologie innerhalb der gesamten Ergänzungsvereinbarung widersprüchlich sei. Die Begriffe "Nutzung", "Verwertung" und "Vermarktung" würden nicht einheitlich verwandt. Da nicht zwischen Eigennutzung und Nutzung innerhalb des D. B.-Konzerns unterschieden werde und die Nutzung außerhalb des D. B.-Konzerns für die Beklagte gar nicht geregelt worden sei, sei die Vereinbarung auslegungsfähig. Es sei branchenüblich, dem Auftraggeber, der die gesamte Entwicklung finanziere, sämtliche Rechte an der Software zu übertragen.

Ferner macht die Beklagte hilfsweise geltend, dass durch den Verkauf der Muttergesellschaft der Beklagten durch die D. B. die Geschäftsgrundlage der Ergänzungsvereinbarung entfallen sei. Daher sei eine Anpassung der Ergänzungsvereinbarung im Sinne des § 242 BGB auf der Grundlage der bisherigen Hauptverträge geboten.

Die Beklagte trägt ferner vor: Die Schuldnerin habe ihre Nutzungs- und Verwertungsrechte an den streitgegenständlichen Programmen auf die D. S. GmbH mit Beteiligungsvereinbarungen vom 14. August 2000 übertragen. Ihr fehle insofern die Aktivlegitimation.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 25.01.2005 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, dass das Erstgericht in den Entscheidungsgründen zutreffend ausgeführt habe, dass die Parteien ihre Rechte und Pflichten in Bezug auf die Software EUROLEASE 98 im einzelnen geregelt hätten und dass, soweit diese Regelungen greifen würden, es auf etwaige gesetzliche Ansprüche der Parteien aus etwaigen Urheberrechten nicht ankomme. Deren vertragliche Absprachen gingen vor und danach sei die Beklagte nicht berechtigt, außerhalb des D. B.-Konzerns die Software EUROLEASE 98 zu nutzen und zu verwerten. Daher sei das Vorbringen über die Identität zwischen EL 98 und EL 5 unerheblich. Die Kernversionen EL 5 und EL 98 seien nicht identisch, was sich zum einen aus Leistungsbeschreibung ergebe und zum anderen daraus, dass die Beklagte dann auch nicht die Ergänzungsvereinbarung vom 23.11.1995 abgeschlossen hätte und auch nicht die Kernversion EL 98 nutzen würde.

Ferner übersehe die Beklagte, dass kein versteckter Dissens nach § 155 BGB vorliege, und zwar schon deswegen nicht, weil die verwendeten Begriffe nicht mehrdeutig seien. Schon der Ansatzpunkt der Beklagten, zu einem Vorliegen eines versteckten Dissenses zu kommen, sei falsch. Es gebe nur einen einzigen Begriff "für die Nutzung innerhalb des D. B.-Konzerns", der auch nicht auslegungsbedürftig sei und auch nicht im urheberechtlichen Sinne objektiv mehrdeutig von beiden Seiten unterschiedlich verstanden worden sei. Es sei hierbei darauf hinzuweisen, dass sämtliche Verträge von der Beklagten erarbeitet worden seien.

Die Ergänzungsvereinbarung sei weder auslegungsbedürftig noch auslegungsfähig, weil die verwendeten Begriffe eindeutig seien.

Weiterhin sei die Geschäftsgrundlage der Ergänzungsvereinbarung nicht weggefallen. § 313 BGB sei nicht anwendbar, wenn sich durch die Störung ein Risiko verwirklicht habe, das eine Partei zu tragen habe. Der Verkauf an den S. G.-Konzern falle aber in die Risikosphäre der Beklagten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird auf die dort von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht der Einwand der Beklagten entgegen, dem Klagebegehren fehle es an der notwendigen Bestimmtheit. Ein korrekt formulierter und vollstreckungsfähiger Unterlassungsanspruch setzt voraus, dass man die zu unterlassende Handlung so präzise angibt, dass sowohl der Schuldner wie auch das Vollstreckungsgericht aufgrund der Formulierung des Antrags ersehen kann, was er unterlassen muss. Die Bezeichnung der zu unterlassenden Handlung darf nicht zu abstrakt sein, um einerseits nicht Rechtsschutzbedürfnis und Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen und andererseits auch die Anforderungen eines bestimmten Antrages gem. § 253 ZPO zu erfüllen.

Die Schuldnerin hat als frühere Klägerin mit ihrem Antrag zum Ausdruck gebracht, dass sie von der Beklagten die Unterlassung der weiteren Nutzung der Software EUROLEASE 98 in vollem Umfang begehrt - aber in Abgrenzung zu früheren Entwicklungsstadien der Software - sowie die Verwertung außerhalb des D. B.-Konzerns. Dieser Antrag bringt hinreichend präzise zum Ausdruck, welche Unterlassungshandlung von der Beklagten begehrt wird und genügt daher den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 ZPO. Es ist davon auszugehen, dass mit der gewählten Formulierung auch die Eigennutzung mit umfasst wird. Hätte die Schuldnerin eine bestimmte Einschränkung des Unterlassens gewollt, hätte sie genau so eine Aufzählung vorgenommen, wie es die Beklagte in ihren Schriftsätzen tut.

Des Weiteren ist auch die streitgegenständliche Software hinreichend genau bezeichnet worden. Dabei reicht es in der Regel nicht aus, die Software nur durch eine Namensbezeichnung zu kennzeichnen. Die ist nur dann ausreichend, wenn dadurch die Software eindeutig, auch für den Fall der Vollstreckung, gekennzeichnet wäre. Denn die Vollstreckungsmaßnahmen werden durch das Prozessgericht angeordnet, das den Streitstand kennt. Hier reicht es aus, dass die Schuldnerin in ihrem Antrag die Software EUROLEASE 98 genannt hat. Diese Angabe wird näher durch Heranziehung der Ergänzungsvereinbarung und deren Anhängen konkretisiert, welche sich nur auf EL 98 beziehen. Die Software EUROLEASE 98 ist daher eindeutig gekennzeichnet.

2. Die Klage ist begründet. Losgelöst von eventuellen urheberrechtlichen Unterlassungsansprüchen (§ 97 Abs. 1 i.V.m. § 69a UrhG) steht dem Kläger als Insolvenzverwalter der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf vertraglicher Grundlage zu. Die Beklagte ist nach der Ergänzungsvereinbarung nicht berechtigt, die Software EL 98 außerhalb des D. B.-Konzerns zu nutzen und zu verwerten. Gegen diese vertragliche Regelung verstößt die Beklagte, da sie den El 98-Kern noch selbst nutzt, obwohl sie nicht mehr zum D. B.-Konzern gehört. Insofern beruhen die Unterlassungsansprüche auf einem Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB, der bei andauernder Verletzungshandlung auch einen Unterlassungsanspruch ergeben kann (BGH, NJW 1995, 1284). Dieser Anspruch umfasst als Minus wiederum den vom Landgericht zugesprochenen Feststellungsanspruch; das entsprechende Feststellungsinteresse ergibt sich schon aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte sich entsprechender Nutzungsrechte in bezug auf El 98 berühmt.

a) Entscheidend ist hier die insofern eindeutige Wortwahl in der Ergänzungsvereinbarung, die die Nutzung auf den Bereich "innerhalb des D. B.-Konzerns" begrenzt. Haben vertragliche Willenserklärungen nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt, ist für eine Auslegung kein Raum (BGHZ 25, 319; 80, 246, 250).

Die Parteien haben insofern einvernehmlich ihre Rechte an EL98 dahingehend fixiert, dass die Beklagte "für die Nutzung innerhalb des D. B.-Konzerns das zeitlich unbeschränkte, ausschließliche und übertragbare Nutzungs- und Verwertungsrecht an EUROLEASE 98" erhalten sollte. Der Schuldnerin war seinerzeit das Recht vorbehalten, eine Vermarktung der Software außerhalb des D. B.-Konzerns vorzunehmen. Der Wortlaut der Vereinbarung ist insofern eindeutig und keiner anderen Auslegung fähig, als dass das Nutzungsrecht der Beklagten sich nur auf die "Nutzung innerhalb des D. B.-Konzerns" beziehen kann. Dafür spricht auch das wirtschaftliche Interesse der Schuldnerin, die lediglich eine konzernbezogene Nutzungsmöglichkeit an die Beklagte einräumen und sich ihrerseits die Möglichkeit zur Vermarktung außerhalb des D. B.-Konzerns sichern wollte. Zu beachten ist ferner, dass beide Parteien bei der Abfassung dieses Vertrages rechtlich beraten waren; es handelt sich bei den Parteien um Unternehmen, die die notwendigen Kenntnisse bei der Gestaltung von Verträgen besitzen. Anhaltspunkte für eine anderweitige Interpretationsmöglichkeit etwa aus dem vorvertraglichen Schriftverkehr ergeben sich nicht. Vielmehr lässt sogar der ursprünglich geschlossene Kooperationsvertrag die oben genannte Interpretation der Ergänzungsvereinbarung als plausibel erscheinen. Nach dem ursprünglichen Kooperationsvertrag war der Beklagten ein umfassendes Nutzungs- und Weiterentwicklungsrecht in Bezug auf die Software EL 4.2 eingeräumt worden. Durch die Ergänzungsvereinbarung wird gerade dieses allumfassende Nutzungsrecht auf die Nutzung innerhalb des D. B.-Konzerns reduziert, ohne dass Sach- oder Rechtszwänge zu einer solchen Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit geführt hätten. Die beiden Verträge zeigen bei einem Vergleich, dass die Beklagte offensichtlich aus freien Stücken eine deutliche Beschränkung ihrer Nutzungsmöglichkeiten in Bezug auf die neue Software-Version EL 98 ausdrücklich gewollt hat, möglicherweise im Hinblick auf die weiteren Entwicklungsarbeiten an der Software.

Denkbar wäre es allerdings gewesen, die Eigennutzung von EL 98, das heißt die Nutzung lediglich innerhalb des Unternehmens der Beklagten, von dem Terminus "innerhalb des D. B.-Konzerns" auszunehmen. Für eine solche restriktive Fassung des Vertrages hatte es sprechen können, dass es für die Beklagte unter Umständen wirtschaftlich unsinnig wäre, eine Software zu erwerben und diese auf ihren Geschäftsbetrieb zuzuschneiden, um dann bei einem Wechsel des Mutterkonzerns dieses Programm nicht mehr intern nutzen zu können. Allerdings spricht entscheidend gegen dieses Verständnis insofern der eindeutige Wortlaut des Vertrages, der sprachlich auch eine Nutzung der Software seitens der Beklagten ausschließt, sofern diese den D. B.-Konzern verlässt. Die Beklagte hat darüber hinaus nicht hinreichend plausibel machen können, wieso ein weites Verständnis der Klausel, wie oben vorgenommen, nicht den wirtschaftlichen Interessen beider Parteien entsprechen kann. Die streitgegenständliche Software ist in einer Vielzahl von Unternehmensbereichen und Wirtschaftszweigen einsetzbar. Nicht nur die D. B.-Gruppe, sondern auch andere Finanzkonzerne sind daher Ansprechpartner für eine Nutzung und Vermarktung der streitgegenständlichen Software gewesen. Insofern ist es auch nach Sinn und Zweck der Vereinbarungen durchaus nicht unvernünftig, die Nutzungsmöglichkeiten für die Software auf eine bestimmte Konzerngruppe zu beschränken und den weiteren Einsatz der Software einem anderen Konzernzusammenhang vertraglich zu untersagen. Ansonsten müsste die Schuldnerin bei jedem Verkauf der Beklagten an eine weitere Konzerngruppe hinnehmen, dass ihr wichtige Vermarktungsmöglichkeiten entgehen.

Die Zielrichtung der Parteien ging in der Ergänzungsvereinbarung klar dahin, der Schuldnerin die Vermarktungsrechte für den Bereich außerhalb des D. B.-Konzerns zu sichern. So wird in der Vereinbarung u.a. darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte die Verwertung der Software innerhalb des D. B.-Konzerns vorbehalte (§ 1 III 2). Auch das Weiterentwicklungsrecht wird streng nur auf "den Einsatz im D. B.-Konzern" bezogen (§ 1 III 4). Der Schuldnerin soll das umfassende Vermarktungsrecht "außerhalb des D. B.-Konzerns" bleiben (§ 2 I 1). Die Beklagte sollte für die eingebrachten Entwicklungsbeiträge an dem Gewinn einer Vermarktung der Software außerhalb der D. B.-Gruppe partizipieren (§ 2 III).

Auch die Entstehungsgeschichte der Ergänzungsvereinbarung spricht für die oben genannte Auslegung. Von Anfang an nehmen die Entwürfe den Vermarktungsbereich außerhalb der D. B.-Gruppe zugunsten der Schuldnerin von den Nutzungsrechten der Beklagten aus. So wird etwa im Entwurf GA 213 auf einen Sonderbereich "Vermarktung von EL 98 außerhalb des D. B.-Konzerns" verwiesen. Auch der Entwurf GA 216 spricht in § 1 IV von der Verwertungsbefugnis der Beklagten "innerhalb des D. B.-Konzerns" und der Weiterntwicklungsbefugnis der Beklagten bezogen auf den "Einsatz im D. B.-Konzern". Die Formulierung in § 1 I des Endvertrages, die auf die Beschränkung des Nutzungsrechts auf den D. B.-Konzerns abstellt, ist zwar erst spät in den Vertragstext aufgenommen worden. Sie stellt allerdings die bisherigen Abgrenzungsregeln lediglich klar, was die Vermarktungsperspektiven angeht.

Zu beachten ist diesbezüglich auch, dass die Verträge von der Rechtsabteilung der Beklagten erarbeitet wurden. Beanstandet die Beklagte den missverständlichen Wortlaut der Verträge, so macht sie sich selbst den Vorwurf. Es lag in ihren Händen, die Verträge so zu fassen, dass es zu keinerlei Missverständnissen kommt. Anhaltspunkte für einen Dissens oder auch nur eine Anfechtbarkeit bestehen nicht. Die Parteien haben das erklärt, was sie erklären wollten. Der Inhalt der von der Beklagten und der Schuldnerin abgegebenen Erklärungen stimmt überein (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 155 Rn. 1.2). Ob die Beklagte mit der gewählten Formulierung ein vom objektiven Inhalt des Textes abweichendes Verständnis verband, ist unerheblich. Eine solche Abweichung würde keinen versteckten Dissens begründen. Eventuelle interne Motivationsfehler, insbesondere im Hinblick auf eine falsche Beurteilung der Rechtslage, würden nicht einmal eine Anfechtbarkeit des Geschäfts begründen. Eine Anfechtungserklärung fehlt ohnehin. Auch aus dem Gesichtspunkt der Änderung der Geschäftsgrundlage ergibt sich nichts anderes. Geschäftsgrundlage sind nach stetiger Rechtsprechung die bei Abschluss des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut.

Es kann allerdings schon nicht festgestellt werden, dass die Vorstellung, die Beklagte werde auch weiterhin im D. B.-Konzerns verbleiben, Geschäftsgrundlage des Vertrages geworden ist. Angesichts der häufigen Umstrukturierungen im Wirtschaftsleben ist es keine unvorhersehbare Tatsache, dass ein Unternehmen verkauft wird. Die Beklagte macht auch nicht deutlich, dass beide Parteien davon ausgingen, dass ein solcher Verkauf nicht in Zukunft möglich sei. Der Wortlaut des Vertrages legt, wie das Erstgericht festgestellt hat, eher das Gegenteil nahe. Zwar schließt der Terminus "innerhalb des D. B.-Konzerns" nicht die Eigennutzung von EL 98 durch die Beklagte aus. Jedoch wird dadurch auch deutlich, dass eine Beschränkung der Verwertung von EL 98 auf den D. B.-Konzern erfolgen sollte, so dass ein Verkauf des Unternehmens offensichtlich für möglich gehalten wurde.

Ferner fehlen Hinweise auf einen eventuellen Rechtsmissbrauch. Verjährungsrechtliche Bedenken bestehen ebenfalls nicht, ebenso wenig wie Hinweise für eine denkbare Verwirkung.

b) Da der Klage auf vertraglicher Grundlage stattgegeben wird, kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit eine Identität zwischen EL 98 und EL 5 besteht. Die Beklagte hat sich durch die Ergänzungsvereinbarung verpflichtet, die Nutzung von EL 98 auf den Bereich des D. B.-Konzerns zu beschränken. Selbst wenn EL 98 mit EL 5 im Kern identisch wäre, könnte sich die Beklagte nicht mit Berufung darauf auf die Regeln des ursprünglichen Kooperationsvertrages stützen. Denn dieser Vertrag ist durch die Ergänzungsvereinbarung an entscheidenden Punkten ergänzt und modifiziert worden.

c) Der Klägerin fehlt insofern auch nicht die Aktivlegitimation. Dabei kann die Frage dahinstehen, ob die Vereinbarungen, die die Beklagte zum Nachweis der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin in das Verfahren eingebracht hat, verspätet eingereicht worden sind. Denn der vorgelegte Einbringungsvertrag regelt nur die urheberrechtliche Situation in Bezug auf die bei der damaligen Klägerin vorhandenen Software-Produkte. Vertragliche Ansprüche der Klägerin, insbesondere aufgrund eventueller Vertragsverletzungen, wurden ausweislich des Einbringungsvertrages nicht übertragen. Insofern kann die Klägerin, die unabhängig von urheberrechtlichen Einbringungsregeln bestehenden vertraglichen Ansprüche weiterhin selbstständig geltend machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben, weil die getroffene Entscheidung auf einer Würdigung der Umstände eines Einzelfalls beruht.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 4,5 Mio Euro

Ende der Entscheidung

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