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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 03.04.2007
Aktenzeichen: I-20 U 128/06
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Juli 2006 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass

1. der Tenor zu Ziff. I lit. d wie folgt gefasst wird :

d) einem hervorstehenden äußeren Felgenrand, der ungefähr halb so breit ist wie die äußeren Speichenenden und hoch glänzend ausgeführt ist,

2. das gerichtliche Unterlassungsgebot gemäß Ziffer I des Tenors für sämtliche Staaten der Europäischen Union gilt,

3. die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den Handlungen gemäß Ziffer I des Tenors seit dem 30. November 2005 entstanden ist oder zukünftig noch entstehen wird,

4. die Auskunftspflicht der Beklagten gemäß Ziff. III des Tenors sich auf Handlungen seit dem 30. November 2005 bezieht.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Autofelgen aus Aluminium. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des europäischen Geschmacksmusters 184593-03 betreffend Aluminiumräder für Kraftfahrzeuge, das am 01.06.2004 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) eingetragen und dessen Eintragung am 13.12.2005 auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland bekannt gemacht wurde, in Anspruch. Die der Anmeldung zugrunde liegenden Fotografien hat die Klägerin als Anlage K 2, auf die Bezug genommen wird, vorgelegt. Zudem beruft sich die Klägerin auf ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster und ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz. Sie vertreibt Räder gemäß dem eingetragenen Geschmacksmuster unter der Bezeichnung "Michelangelo II" seit Anfang 2005 in Europa. Wegen deren Ausgestaltung wird auf das im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht als "O.- Felge" überreichte Exemplar sowie die im erstinstanzlichen Urteil wiedergegebene Abbildung Bezug genommen. Die Beklagte stellte auf der Motor-Show in E. 2005 ein Aluminiumrad unter der Bezeichnung "R. Lugano" aus, das gemäß der von der Klägerin als Anlage K 6 überreichten "Aktuellen Pressemitteilung" in Deutschland vertrieben werden sollte. Auf Antrag der Klägerin hat das Landgericht am 1.12.2005 im Wege der einstweiligen Verfügung den Beklagten die Herstellung und Vertrieb des "Lugano"-Rades verboten.

Die Klägerin meint, dass dieses Rad, das im Tenor des erstinstanzlichen Urteils wiedergegeben ist, im Gesamteindruck mit dem Gegenstand des Gemeinschaftsgeschmacksmusters übereinstimmt. Nachdem die Beklagten erstinstanzlich die Musterfähigkeit des Geschmacksmusters im Rahmen einer von der Beklagten zu 1) erhobenen Widerklage mit dem Ziel der Nichtigerklärung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters in Abrede gestellt und die Kenntnis von dem Geschmacksmuster bei Entwicklung des "Lugano"-Rades bestritten haben, machen sie mit der Berufung nur noch geltend, das Landgericht habe zu Unrecht eine "verbotene Nachahmung" des Geschmacksmusters durch das angegriffene Rad festgestellt, indem es den Schutzbereich des Geschmacksmusters überdehnt und bei der Beurteilung der Übereinstimmung von unzutreffenden Kriterien ausgegangen sei. Entgegen der Ansicht des Landgerichts komme es nicht auf die Sichtweise des interessierten Durchschnittsbetrachters an; nach neuem Recht sei vielmehr auf den informierten Benutzer abzustellen. Bei der Bestimmung des Schutzbereichs des Geschmacksmusters seien rechtsfehlerhaft Gestaltungsmerkmale berücksichtigt worden, welche nicht aus den hinterlegten Abbildungen erkennbar seien (lit. d) der Merkmalsanalyse in dem angefochtenen Urteil) oder die durch die technische Funktion bedingt seien (lit. c) der Merkmalsanalyse). Die "spiegelnde" Ausführung des äußeren Felgenrands sei materialbedingt. Man verwende in diesem Bereich einen Edelstahleinlegering, um Beschädigungen des Aluminiums des äußeren Felgenrands zu vermeiden. Im Hinblick auf die von dem Geschmacksmuster abweichende Gestaltung namentlich der Mitte der angegriffenen Felge könne nicht von einer Nachbildung ausgegangen werden. Infolge der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 01.12.2005 habe über die Produktion einiger Musterfelgen hinaus kein Vertrieb der angegriffenen Felgen stattgefunden, so dass hinsichtlich der geltend gemachten Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsansprüche das Rechtsschutzinteresse der Klägerin fraglich sei.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung - mit den aus der Formel ersichtlichen Befristungen - zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die in der Berufungsinstanz zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

1.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Schutzvoraussetzungen der Neuheit und Eigenart (Art. 5 und 6 GGV) des Gemeinschaftsgeschmacksmusters bejaht. Dass kein anderes identisches Muster vorbesteht und das Gemeinschaftsgeschmacksmuster somit neu ist, steht zwischen den Parteien außer Streit.

Eine Eigenart ist dann gegeben, wenn sich der Gesamteindruck des Musters, den es bei einem informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes veröffentlichtes oder eingetragenes Muster oder Modell bei diesem Benutzer hervorruft. Die geschmacksmusterrechtliche Eigenart erfordert kein Gestaltungsergebnis, das überdurchschnittliches Können eines Designers voraussetzt. Es findet keine qualitative Wertung statt. An die Stelle der Gestaltungshöhe tritt der Grad der Unterschiedlichkeit (Eichmann/von Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl., § 2, Rdnr. 10).

Bei der Beurteilung der Eigenart ist als Vergleichsobjekt entsprechend dem Gesetzeswortlaut "ein anderes Muster" heranzuziehen, da der Bejahung der Eigenart nicht entgegensteht, wenn sich die Gestaltung ganz oder überwiegend aus einer Kombination von vorbekannten Gestaltungselementen ergibt (Eichmann/von Falckenstein, a.a.O. Rdnr. 11, 12). Die Gesamtheit des vorbekannten Formenschatzes ist aber für den Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers und damit die Ermittlung des Schutzumfangs des Geschmacksmusters von Bedeutung. Insoweit ist das gesamte gestalterische Umfeld der jeweiligen Produktart in die Prüfung einzubeziehen (Eichmann/von Falckenstein, a.a.O.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist dem Streitmuster Eigenart auch unter Berücksichtigung der Musterdichte in dem Bereich von Radfelgen, wie sie sich sowohl aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Katalog als auch aus den Entgegenhaltungen der Beklagten ergibt, und einer daraus folgenden Einengung der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers beizumessen. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Begründung des angefochtenen Urteils, in der die Unterschiedlichkeit des Musters gegenüber den vorbekannten Gestaltungen zutreffend herausgearbeitet ist.

Das Landgericht hat bei der Beurteilung des Grades der Eigenart und der Bestimmung des Schutzbereichs auch zu Recht das Gestaltungsmerkmal gemäß lit. c) seiner Merkmalsanalyse - die zwischen den Speichen jeweils paarweise angeordneten Verschraubungen - berücksichtigt. Erscheinungsmerkmale von Erzeugnissen, die ausschließlich durch deren technische Funktion bedingt sind, sind vom Geschmacksmusterschutz ausgeschlossen (Art. 7 Abs. 1 GGV). Technisch bedingte Merkmale dürfen bei der Ermittlung der Eigenart, von deren Grad der Schutzbereich abhängt, aber nur dann vollständig ausgeklammert werden, wenn sie in sämtlichen Details an Vorgaben der Technik ausgerichtet sind (Eichmann, a.a.O., § 2, Rdnr. 18). Dies ist bei den paarweise angeordneten Verschraubungen des Streitgeschmacksmusters nicht der Fall. Zwar dient die Verschraubung bei der von der Klägerin hergestellten Felge "Michelangelo II" unstreitig dazu, die verschiedenen Felgenteile zu verbinden. Allerdings kann man Felgen auch einteilig herstellen. So ist die angegriffene Felge der Beklagten einteilig; die Verschraubung ist dort nicht technisch notwendig. Jedenfalls die konkrete Anordnung der Schrauben und deren Form sind auch bei der Felge der Klägerin zur Erreichung des Verbindungszwecks nicht technisch vorgegeben. Wenn für technisch bedingte Erscheinungsmerkmale Variationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, kann die Auswahl Eingang in die Bewertung des Gesamteindrucks finden (vgl. Eichmann, a.a.O., § 2, Rdnr. 18). Danach ist hier die symmetrische paarweise Anordnung der deutlich erhaben aus der Verbindung zwischen den äußeren Speichenenden heraustretenden Schrauben, durch welche sie, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, als ästhetisches Gestaltungselement besonders hervorgehoben werden, als für den Gesamteindruck des Geschmacksmusters mitbestimmend anzusehen.

Entsprechendes gilt für die unter lit. d) der Merkmalsanalyse des Landgerichts - unzureichend - mit der Ermöglichung einer spiegelnden Ausführung beschriebenen Ausführung des breiten äußeren Felgenrands bei dem Benutzungsgeschmacksmuster. Die Beklagten haben allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass sich eine spiegelnde Ausführung aus den hinterlegten Abbildungen des eingetragenen Geschmacksmusters nicht ergibt und daher bei der Bestimmung von dessen Schutzbereich nicht zu berücksichtigen ist. Das Benutzungsgeschmacksmuster, das der Klägerin an den unstreitig seit Anfang 2005 vertriebenen Felgen "Michelangelo II" gemäß Art. 11 GGV zusteht, weist aber deutlich erkennbar einen breiteren äußeren Felgenrand auf, der im Gegensatz zu den übrigen Bestandteilen, die nur matt glänzen, aus hochglänzenden Material gestaltet ist. Dies betont die optische Wirkung des breiten, von den Speichen klar abgegrenzten äußeren Felgenrands. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch dieses Gestaltungselement nicht ausschließlich technischen bedingt. Wie die Klägerin erstinstanzlich insoweit unwidersprochen vorgetragen hat, ist es möglich, einen Einlegering aus Edelstahl, den sowohl die Klägerin als auch die Beklagten bei den jeweils produzierten Rädern zum Schutz der Aluminiumfelge auf den äußeren Felgenrand setzen, in mattiertem Edelstahl oder farblich auszugestalten, mit der Folge, dass die optische Hervorhebung des äußeren, breiten Felgenrands durch die hochglänzende Gestaltung entfiele.

Das Landgericht hat unter zutreffender Bewertung der Gestaltungsmerkmale des Geschmacksmusters - des eingetragenen wie des nicht eingetragenen - zu Recht den Schluss gezogen, dass sich der Gesamteindruck des Geschmacksmusters von vorbekannten Mustern wesentlich unterscheidet. Abgerundete Formen - die ovale, schraubenschlüsselartige Umfassung der Speichenenden, die bogenförmige Verbindung der Speichen in der Radmitte gemäß Merkmal g), die Innenwölbung der Speichen, der fließende Übergang der Speichen in den Radteller - werden bei dem Streitgeschmacksmuster mit klar abgegrenzten, eher streng funktional wirkenden Elementen wie den paarweise angeordneten Schrauben, dem deutlich von den Speichen getrennten äußeren Felgenrand und dem aus einem fünfeckigen Wall mit kleinen Ecktürmen bestehenden Radnabenbereich kombiniert, was einen eleganten und zugleich sportlich-dynamischen Gesamteindruck erweckt, der sich trotz der Musterdichte in dem hier in Frage stehenden Gebiet deutlich von dem vorbekannten Formenschatz unterscheidet.

2.

Die angegriffene Felge der Beklagten erweckt beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck als das eingetragene und das Benutzungsgeschmacksmuster der Klägerin. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich die prägenden Einzelmerkmale des Geschmacksmusters bei dem "Lugano"-Rad der Beklagten weitgehend wiederfinden. Das gilt hinsichtlich der Merkmale a), b), c), d) und g) vollständig; die Merkmale e) und f) weisen gewisse Abweichungen auf, die jedoch bei der Bestimmung des Gesamteindrucks ebenso wenig ins Gewicht fallen wie die Unterschiede in der Gestaltung des Nabenbereichs (Merkmal h) und dem bei der Felge der Beklagten zusätzlich vorhandenen Gestaltungselement, der Anordnung der Löcher in jeder zweiten Felge in dem sich verjüngenden Bereich vor dem Radnabendeckel.

Soweit die Beklagten geltend machen, der äußere Felgenrand, das Felgenhorn, sei bei der angegriffenen Felge breiter ausgestaltet als bei dem Geschmacksmuster, fällt dies nicht ins Gewicht. Die Maßunterschiede sind gegenüber dem eingetragenen Geschmacksmuster nicht erkennbar, gegenüber dem Benutzungsgeschmacksmuster fallen sie optisch kaum auf. Das gleiche gilt für die paarweise zwischen den äußeren Speichenenden angeordneten Schrauben, die bei dem Rad der Beklagten zusätzliche, allerdings kaum als solche wahrnehmbare Hülsen haben und - was allenfalls bei einer gleichzeitigen Betrachtung der von den Parteien vorgelegten Exemplare erkennbar ist - ein wenig weiter von den Speichenaußenseiten entfernt sind. Diese geringfügigen Unterschiede haben keine Auswirkung auf den Gesamteindruck der jeweiligen Gestaltungen.

Gewichtiger erscheint die abweichende Gestaltung der Felgenmitte: Im Unterschied zu Merkmal f) des Geschmacksmusters sind bei der angegriffenen Felge die Öffnungen zur Aufnahme der Radschrauben nicht von jedem zweiten Speichenende schraubenschlüsselartig umfasst, die entsprechenden Speichen scheinen kürzer ausgestaltet und enden optisch vor der Öffnung zur Aufnahme der Radschrauben. Allerdings korrespondieren auch bei der "R. Lugano"- Felge die kürzer erscheinenden Speichen mit den großen runden Öffnungen zur Aufnahme der Radschrauben; diese erscheinen - wenn auch weniger deutlich als bei dem Geschmacksmuster - in die jeweiligen Speichenenden eingebettet, wobei dieser Eindruck auch durch die sich identisch wieder findende bogenförmige Verbindung zwischen den Speichen gestützt wird. Die übrigen fünf Speichenenden laufen nicht ganz so spitz zum Radnabendeckel hin zu, verjüngen sich jedoch ebenfalls erheblich in diesem Bereich. Bei der Gesamtbetrachtung weist auch die angegriffene Felge das für den Gesamteindruck des Geschmacksmusters wesentliche Gestaltungselement des fließenden Übergangs der Speichen in den Radteller mit einem Wechsel von sich nach innen stark verjüngenden, bis zum Radnabenbereich sich erstreckenden Speichen und an den inneren Enden breiteren, auf die Aufnahmelöcher zulaufenden Speichen auf, die in diese integriert erscheinen, was durch eine bogenförmige Verbindung der Speichen unterstützt wird. Der durch die sich abwechselnden Speichenformen, die Verbindung mit den gerundeten Aufnahmelöchern und die bogenförmige Verbindung der Speichenenden sowie die starke Innenbiegung der Speichen hervorgerufene dynamische und zugleich fließend-elegante Eindruck der jeweiligen Radmitten stimmt für den informierten Benutzer überein. Dass bei der "R. Lugano"-Speiche anders als bei dem Geschmacksmuster die sich stark verjüngend bis zum Radnabenbereich erstreckenden Speichen an den inneren Enden mit kleinen Löchern versehen sind und der Radnabenbereich nicht aus einem "fünfeckigen Wall" , sondern rund gestaltet ist und sich nicht so deutlich abhebt wie bei dem Geschmacksmuster, ändert an der Übereinstimmung des Gesamteindrucks nicht. Gemäß Art. 10 GGV kommt es für die Beurteilung der Übereinstimmung des Gesamteindrucks auf die Sichtweise des informierten Benutzers an. Dies ist eine Person, die mit dem Warengebiet des Erzeugnisses vertraut ist und über Kenntnisse des Designbestands in der maßgeblichen Produktgruppe verfügt (Eichmann, a.a.O., § 2, Rdnr. 26). Der Kenntnisstand und das Designbewusstsein des informierten Benutzers ist damit höher anzusetzen als bei dem "Durchschnittsverbraucher" oder auch "dem aufmerksamen Betrachter" (vgl. Koschtial GRUR int. 2003, 973, 975). Der informierte Benutzer beurteilt den Gesamteindruck von Felgen nicht, wie das Landgericht angenommen hat, entsprechend ihrer Zweckbestimmung zur Anbringung am Fahrzeug in erster Linie nach ihrer aus der Entfernung deutlich werdenden Gesamtgestaltung und weniger in ihren Details. Bei dem hier in Frage stehenden Erzeugnis legt der kundige Betrachter - auch ein potentieller, an hochwertigen, mit designerischem Bewusstsein gestalteten Felgen interessierter Käufer - gerade mit Blick auf die hohe Musterdichte einiges Gewicht auf Detailgestaltungen. Der mit Designbewusstsein und einigen Kenntnissen über den Designbestand der hier in Frage stehenden Produktgruppe ausgestattete Benutzer wird Felgen nicht stets aus der Entfernung betrachten; vor allem beim Kauf können für den interessierten Kunden auch Detailgestaltungen für den Gesamteindruck Bedeutung gewinnen (vgl. Eichmann, a.a.O., § 2, Rdnr. 20). Die hier in Frage stehenden Detailabweichungen werden ihm aber als für den Gesamteindruck nicht wesentlich erscheinen. Denn sie führen nicht dazu, dass die die Eigenart des Geschmacksmusters begründende abwechslungsreich-dynamische und durch das fließende Ineinandergreifen harmonisch wirkende Kombination unterschiedlicher Formen um wesentliche Elemente erweitert oder reduziert würde. Die Form des Nabenbereichs, der im übrigen bei beiden Rädern - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - erhaben gestaltet ist, springt nicht so sehr ins Auge, dass er bei der Bewertung des Gesamteindrucks die hierfür weitaus bedeutsameren Übereinstimmungen bei der Gestaltung des äußeren Felgenrandes, der äußeren Verschraubung , des Zehn-Speichen-Sterns und der Radmitte erheblich ins Gewicht fiele. Der fünfeckige "Wall" erscheint vielmehr als zusätzliche "Spielerei", die für den vorstehend aufgezeigten dynamischen, fließend eleganten Gesamteindruck verzichtbar ist. Das gleich gilt für die bei der "R. Lugano"-Felge auf jeder zweiten, spitzeren Speiche zusätzlich aufgebrachten kleineren Löcher.

Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung, insbesondere unter zutreffender Anwendung der insoweit geltenden Beweisregeln (vgl. Eichmann, a.a.O., Allgemeines, Rdnr. 19) die angegriffene Felge als Ergebnis einer Nachahmung des Geschmacksmusters im Sinne des Art. 19 Abs. 2, Abs. 3 GGV angesehen. Dem haben die Beklagten in der Berufungsinstanz nichts Erhebliches entgegengesetzt, so dass insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen werden kann.

Auch bezüglich der Rechtsfolgen kann auf das angefochtene Urteil Bezug genommen werden. Dass die Klägerin ein europaweites Verbot der Benutzung beanspruchen kann, ergibt sich aus Art. 1 Abs. 3 GGV.

Entgegen der Ansicht der Beklagten entfällt weder das Rechtsschutzbedürfnis für die Auskunftsklage noch die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bei der Klägerin durch Verletzungshandlungen der Beklagten im Hinblick auf die alsbald nach der ersten bekannt gewordenen Verletzungshandlung ergangene einstweilige Verfügung des Landgerichts. Der Sachvortrag im vorliegenden Rechtsstreit ersetzt eine den Anforderungen des Tenors zu Ziffer III des angefochtenen Urteils genügende Auskunft nicht. Ob die Beklagten aufgrund der einstweiligen Verfügung des Landgerichts den Vertrieb der Räder auch in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union unterlassen haben, ist offen. Auch der Vertrieb "einiger Musterfelgen" kann einen Schaden bei der Klägerin verursacht haben.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Dass die Klägerin in der Berufungsinstanz die Schadensersatz- und Auskunftsansprüche auf den Zeitraum nach der ersten bekannt gewordenen Verletzungshandlung beschränkt hat, stellt lediglich eine Klarstellung dar. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 250.000,- Euro.

Ein begründeter Anlass für die Zulassung der Revision ist nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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