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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.07.2008
Aktenzeichen: I-20 U 160/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 339 Satz 2
BGB § 345 letzter Halbsatz
ZPO § 296 Abs. 1
ZPO § 521 Abs. 2
ZPO § 530
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2. August 2007 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache aufgrund des im Berufungsverfahren neuen Vorbringens in vollem Umfang Erfolg.

1. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen entgegen der Auffassung der Beklagten keine Bedenken. Die Adresse des Klägers mag sich geändert haben. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die zuletzt genannte, im Rubrum wiedergegebene Anschrift in einer die Zulässigkeit der Klage beeinflussenden Weise unzutreffend sein könnte.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe, deren Verwirkung im Sinne des § 339 Satz 2 BGB er nicht nachgewiesen hat. Danach tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein, wenn - wie hier - ein Unterlassen geschuldet ist. Die Beweislast bei Unterlassungsverpflichtungen liegt gemäß § 345 letzter Halbsatz BGB beim Gläubiger, hier dem Kläger, der die Zuwiderhandlung zu beweisen hat (vgl. OLG Schleswig OLGR Schleswig 2007, 6; OLG Saarbrücken OLGR Saarbrücken 2002, 412). Dieser Grundsatz der Beweislastverteilung bedarf allerdings der Ergänzung, wenn es um interne Vorgänge im Bereich des Schuldners - hier der Beklagten - geht, in die der Gläubiger keinerlei Einblick hat (OLG Schleswig OLGR Schleswig 2007, 6). In derartigen Fällen trifft den Schuldner zumindest eine sekundäre Darlegungslast. Dem sind die Beklagten im vorliegenden Fall ohne weiteres nachgekommen. Sie haben im einzelnen dargelegt, dass sie die fragliche Internetseite pflichtgemäß gesperrt haben und diese nur durch einen Zugriff von außen wieder zugänglich gemacht wurde. Bei diesem Geschehensablauf liegt schon keine Zuwiderhandlung gegen die vertraglich übernommene Unterlassungsverpflichtung vor; die Beklagten hätten dann, wie von ihnen vertraglich versprochen, ihrerseits die erforderlichen Maßnahmen unternommen, damit die Internetseiten mit den zu unterlassenden Erklärungen im Internet nicht mehr zugänglich sind.

Auch wenn man eine weitergehende Verpflichtung der Beklagten annehmen wollte, zusätzlich wegen des dem Kläger nur schwer möglichen Beweises einer negativen Tatsache die ernsthafte Möglichkeit des von ihnen behaupteten atypischen Geschehensablaufs zu beweisen, haben sie diesen Beweis jedenfalls geführt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erscheint es als sogar überwiegend wahrscheinlich, dass es nicht die Beklagten waren, die eine Sperrung der Internetseite pflichtwidrig unterließen, sondern dass im Gegenteil die Beklagten die Internetseite zunächst pflichtgemäß sperrten, bevor der Kläger selbst sie anschließend wieder allgemein zugänglich machte. Der entsprechende, erstmals im Berufungsverfahren unter Beweisantritt erfolgte Vortrag der Beklagten ist gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen. Die Beklagten haben nämlich erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz von dem Zeugen und dessen Wahrnehmung erfahren.

Der Zeuge M. hat ausgesagt, der Kläger habe ihm in einem Gespräch im September 2007 erzählt, er habe den Beklagten zu 2. "lang gemacht", indem er die Internetseite der Beklagten unter Verwendung alter Zugangsdaten wieder "geschaltet" habe. Dem Zeugen ist seine eigene eidesstattliche Versicherung vom 18.12.2007 (Anlage B 2, Bl. 200 GA) vorgelesen worden. Er hat die Unterschrift als seine eigene identifiziert und den Inhalt der Versicherung als richtig bestätigt. Danach war es - seinen eigenen Äußerungen zufolge - der Kläger, der die Internetseite der Beklagten wieder öffentlich zugänglich gemacht hatte, nicht die Beklagten selbst. Ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung durch die Beklagten liegt unter diesen Umständen nicht vor.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung zwar das Gespräch, das der Zeuge geschildert hat, in Abrede gestellt. Das Gericht sieht allerdings keinen Grund, dem Zeugen nicht zu glauben. Seine Darstellung ist in jedem Detail nachvollziehbar. Das betrifft auch die Angaben, die der Zeuge noch auf Nachfragen des Prozessbevollmächtigten des Klägers geschildert hat, wie etwa den genauen Ort des Gesprächs, das danach im Umkleideraum des Fitnesscenters begann und im eigentlichen Übungsraum fortgesetzt wurde. Es soll - da es weitere Themen zum Gegenstand hatte - etwa 15 bis 20 Minuten gedauert haben. Den Zeitpunkt des Gesprächs gab der Zeuge - der eidesstattlichen Versicherung entsprechend - mit September 2007 an, ohne sich auf den genauen Tag festlegen zu können. Er erläuterte seine Erinnerung insoweit mit Daten einer Diät, die er regelmäßig einhalte. Das Datum passt im Übrigen ohne weiteres zu dem Ablauf des Rechtsstreits. Das erstinstanzliche Urteil, mit dem die Beklagten zur Zahlung verurteilt worden sind, ist am 2. August 2007 verkündet worden, also kurz vor dem Gespräch zwischen dem Zeugen und dem Kläger. Da liegt es nahe, dass der "frische" Prozesserfolg Anlass für dieses - nach Darstellung des Zeugen "prahlerische" - Auftreten des Klägers im Fitnesscenter war.

Es ist auch gut nachvollziehbar, dass der Kläger die Zugangsdaten aus seiner früheren Tätigkeit für die Beklagten zu 1. noch präsent hatte. Der Kläger hat bei seiner Anhörung eingeräumt, dass er diese Daten ursprünglich kannte, was bei seiner Tätigkeit für das Unternehmen der Beklagten zu 1. auch nahe liegt. Erst im späteren Verlauf seiner Anhörung fiel dem Kläger ein, dass das ihm bekannte Passwort nur das Abrufen von E-Mails ermöglicht haben soll. Diese ständig nach den jeweiligen Erfordernissen "ausgebaute" Darstellung ist nicht geeignet, die Aussage des Zeugen in Frage zu stellen. Das gilt in ähnlicher Weise für das Gespräch mit dem Zeugen, das der Kläger überhaupt in Abrede gestellt hat. Der Kläger hat hierzu zunächst erklärt, er sei nie im Fitnesscenter gewesen. Erst später im weiteren Verlauf seiner Darstellung hat der Kläger eingeräumt, eine Karte für das Fitnesscenter zu besitzen, die aber seit zwei Jahren gesperrt sei. Das schließt nicht aus, dass der Kläger das Fitnesscenter - wie von den Beklagten vorgetragen - als Externer weiter zumindest gelegentlich nutzte.

Für den Vortrag der Beklagten zu den technischen Manipulationen des Klägers spricht auch, dass die Beklagten dies bereits in der ersten vorprozessualen Reaktion auf den Vorwurf des Klägers mit Schriftsatz vom 17. Juli 2006 so dargestellt haben. Zu diesem Zeitpunkt spielten der Zeuge und sein Gespräch mit dem Kläger, das erst ein Jahr später stattfand, naturgemäß noch keine Rolle. Die Beklagten stützten sich in dem Schreiben vielmehr auf Nachforschungen technischer Art unter Mithilfe des Providers und der Werbeagentur, die für den Internetauftritt der Beklagten mit verantwortlich war. Bereits dies ergab nach der Darstellung der Beklagten, dass auf die heruntergefahrene Internetseite von außen zugegriffen und nach einer Änderung der Zugangsdaten Teile der Seite wieder abrufbar hochgeladen worden waren. Zwar haben die Beklagten Unterlagen, die dieses Ermittlungsergebnis in technischer Hinsicht nachvollziehen lassen, nicht vorgelegt. Gleichwohl lässt sich jedenfalls feststellen, dass diese ersten - völlig unabhängig von dem späteren Gespräch des Zeugen mit dem Kläger getroffenen - Feststellungen der Beklagten dieselbe Ursache für das Hochfahren des Internetauftritts der Beklagten wiedergeben, die sich auch aus den Äußerungen des Klägers gegenüber dem Zeugen ergibt.

Dem in der mündlichen Verhandlung erstmals gestellten Beweisantrag des Klägers auf Vernehmung des Geschäftsführers des Fitnesscenters ist nicht nachzugehen. Zum einen fehlt es an einer ladungsfähigen Anschrift. Anlass zu entsprechenden Erkundigungen hatte der Kläger bereits weit vor dem Termin, weil schon der Berufungsbegründung der Beklagten vom 21. Dezember 2007 die eidesstattliche Versicherung des Zeugen beigefügt war, aus der sich der Ort des behaupteten Gesprächs ergibt. Letzterer ist keineswegs erst in der mündlichen Verhandlung, dort dann etwa für den Kläger überraschend, erstmals genannt worden. Zum anderen ist mit Blick auf die vorgenannten Erwägungen die Benennung des Zeugen jedenfalls verspätet. Seine Vernehmung ist gemäß §§ 530, 521 Abs. 2, § 296 Abs. 1 ZPO nicht zuzulassen. Es träte eine Verzögerung der Erledigung des ansonsten entscheidungsreifen Rechtsstreits ein, weil eine Fortsetzung der Beweisaufnahme in einem neuen Termin erforderlich wäre.

Auf die weiteren, vom Landgericht und der Berufung erörterten Fragen kommt es mangels Verwirkung der Vertragsstrafe ebenso wenig an wie auf die nur hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Gegenforderungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 8.015,40 €

Ende der Entscheidung

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