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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.10.2003
Aktenzeichen: I-20 U 170/02
Rechtsgebiete: UrhG, ZPO


Vorschriften:

UrhG § 2 Abs. 2
UrhG § 8
UrhG § 8 Abs. 1
UrhG § 23 Satz 1
UrhG § 24 Abs. 1
ZPO § 533
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 21. August 2002 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe: I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird vorab auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Die Klägerin ist Bildhauerin. Ihrem Vorbringen zufolge gehörte sie im Sommersemester 1963 im Alter von 18 Jahren einer Klasse des bekannten Künstlers Joseph Beuys an der Düsseldorfer Kunstakademie an. Die Beklagte zu 1. ist die Witwe und Alleinerbin, die Beklagten zu 2. und 3. sind die Kinder des 1986 verstorbenen Künstlers Beuys. Die Klägerin nimmt für sich die Schöpfung oder Mitschöpfung einer bestimmten Kopfskulptur in Anspruch, die die Beklagten aber zum Werk ihres Mannes bzw. Vaters zählen. Von der Skulptur befindet sich die Ausführung eines Gipsmodells im Besitz der Beklagten zu 1. Die ersten drei diesem Urteil beigefügten Abbildungen geben das Gipsmodell (= Anlage 4) wieder. Von den nach dem Modell gegossenen fünf Metallausführungen sind zwei für die beiden Installationen "Straßenbahnhaltestelle" von Beuys verwendet worden - jetzt im Kröller-Möller-Museum im niederländischen Otterlo und in der Sammlung Marx in Berlin - und eine für die Beuys'sche Installation "Palazzo Regale" - jetzt in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Zwei weitere Metallausführungen des Kopfes befinden sich im Besitz der Beklagten zu 1. Diese Metallausführungen, die die vierte diesem Urteil beigefügten Abbildung (= Anlage A 7) zeigt, sind im Jahre 2000 auf einer Ausstellung in Kleve zum Thema "Straßenbahnhaltestelle" jedenfalls anfangs als Werke von Beuys präsentiert worden. Sie bestehen beide nach Angaben der Beklagten aus Eisen. Die Klägerin spricht aber weiterhin von einer Ausführung in Eisen und einer weiteren in Bronze; eine Nachfrage in der ersten Berufungsverhandlung hinsichtlich des Materials ist ohne Antwort geblieben. Die kunsthistorische Literatur äußert sich unklar zur Entstehung des in den Installationen verwendeten Kopfes. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe in der Klasse von Beuys zunächst eine weibliche Tonbüste mit halblangen Haaren und einem Kranz aus Äpfeln und Birnen modelliert, die die besondere Aufmerksamkeit von Beuys gefunden habe. Von der Büste habe sie dann die Haare und den Fruchtkranz entfernt und den Kopf abgetrennt. Die Skulptur sei damit zu einem männlichen Kopf geworden. Beuys habe in die Gestaltung eingegriffen. Er habe den Mund der Plastik etwas geöffnet und die Mundwinkel leicht nach oben gezogen. Den von Beuys mitgenommenen Tonkopf habe sie als solchen nie wiedergesehen. Die Klägerin will auf die Verwendung des Kopfes in der - schon auf der Biennale 1976 in Venedig ausgestellten - Installation "Straßenbahnhaltestelle" erst 1985 aufmerksam geworden sein, und zwar durch einen Hinweis ihres früheren Mitschülers, des jetzigen Professors T. Ihrem Vorbringen zufolge besichtigte sie daraufhin mit ihren früheren Mitschülerinnen O. und Sch. die seinerzeit im Museum Abteiberg in Mönchengladbach ausgestellte Installation und erkannte dort den Kopf als den von ihr Gestalteten wieder. Unstreitig sprach sie damals die Beklagte zu 1. auf die Schöpfung der Kopfskulptur an. Ein Gespräch mit Beuys selbst war nicht mehr möglich. 1992 wurde die Klägerin vom Direktor der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen Professor Dr. Z. nach der Entstehung der Skulptur befragt. In dem Gespräch, von dem sie sogleich ihren damaligen Künstlerfreunden B., R. und S. berichtet haben will, benannte sie an Änderungen durch Beuys über den Eingriff im Mundbereich hinaus noch Veränderungen an Augen und Ohren. Die Einfügung des Kopfes in die genannten Installationen nimmt die Klägerin hin. Sie wendet sich aber gegen die Zuweisung der Kopfskulptur auch in der isolierten Gestalt allein an Beuys. Die Klägerin sieht im Geschehen von 1963 in erster Linie eine gemeinsame Schaffung der Skulptur durch sich selbst und Beuys. In erster Instanz hat sie die Beklagten auf Berücksichtigung ihrer Stellung als Miturheberin nach § 8 UrhG in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage im angefochtenen Urteil abgewiesen, weil es nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin an einem für die Annahme einer Miturheberschaft nötigen Zusammenwirken der Klägerin mit Beuys gefehlt habe. Mit der Berufung bekämpft die Klägerin diese Würdigung und macht zudem geltend, dass sie bei Fehlen der eine Miturheberschaft begründenden Zusammenarbeit sogar als Alleinurheberin anzusehen sei. Die Klägerin beantragt, in Abänderung des angefochtenen Urteils,

1. die Beklagten zu verurteilen,

1. im Hinblick auf den in der Anlage zu diesem Urteil an erster Stelle abgebildeten Gipskopf sowie im Hinblick auf die an zweiter Stelle abgebildeten Abgüsse dieses Kopfes - einer aus Eisen, ein anderer aus Bronze -, die nicht Bestandteil der beiden Installationen "Straßenbahnhaltestelle" und der Installation "Palazzo Regale" von Joseph Beuys sind, bei derzeitigen oder zukünftigen öffentlichen oder nicht öffentlichen Ausstellungen der benannten Köpfe, bei von den Beklagten zu verantwortenden Veröffentlichungen zu den benannten Köpfen (z.B. in Katalogen), bei der Überlassung von Material über die benannten Köpfe für Veröffentlichungen Dritter, bei öffentlichen Stellungnahmen oder Interviews zu den benannten Köpfen sowie bei allen Handlungen, die auf einen Verkauf dieser Köpfe gerichtet sind, ihre, der Klägerin, Miturheberschaft an den benannten Köpfen neben der Miturheberschaft von Joseph Beuys ausdrücklich zu erwähnen,

2. es zu unterlassen, ohne ihre, der Klägerin, Einwilligung die benannten Köpfe der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 20.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft von bis zu zwei Jahren, anzudrohen,

# hilfsweise festzustellen, dass sie, die Klägerin, Miturheberin der Köpfe nach Nr. 1 sei,

# hilfsweise festzustellen, dass sie, die Klägerin, Alleinurheberin der Köpfe nach Nr. 1 sei,

# äußerst hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten die Veröffentlichung, Vervielfältigung und die Verwertung der Köpfe nach Nr. 1 nur mit ihrem, der Klägerin, Einverständnis vornehmen dürften.

Die Beklagten beantragen Zurückweisung der Berufung. Die Beklagten bestreiten, dass die Klägerin damals überhaupt Schülerin von Beuys gewesen sei. Jedenfalls aber sei die Skulptur das alleinige Werk von Beuys. Letztlich seien etwaige Ansprüche der Klägerin verwirkt. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der früheren Mitschüler der Klägerin E. O., K. K. und Professor N. T., der früheren Künstler-Freunde der Klägerin H. B., M. R. und J. S. sowie des Direktors der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen Professor Dr. A. Z. als Zeugen. Wegen der Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschriften vom 26. August und 21. Oktober 2003 Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. II. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts, durch das ihre auf die geltend gemachte Miturheberschaft hinsichtlich der Kopfgestaltung gestützte Klage abgewiesen worden ist, ist zulässig. Die Klägerin verfolgt ihr in erster Instanz abschlägig beschiedenes Begehren weiter. Sie macht nämlich weiterhin in erster Linie geltend, dass sie neben Beuys Miturheberin der Gestaltung sei. Weil sie doch Miturheberin sei, seien ihr Hauptbegehren und ihr erstes Hilfsbegehren aus der ersten Instanz - jetzt die Anträge zu 1. und 2. - entgegen der Würdigung des Landgerichts gerechtfertigt. Der Umstand, dass die Klägerin im Teil a) des Antrags zu 1. jetzt eine Verurteilung zur Vornahme von Handlungen begehrt, nämlich die Erwähnung ihrer Miturheberschaft unter bestimmten Bedingungen, und nicht mehr wie in erster Instanz die Verurteilung zu einem Unterlassen, nämlich der Nicht-Erwähnung ihrer Miturheberschaft unter den genannten Bedingungen, berührt die Identität ihres Begehrens nicht; denn der Sache nach war der Antrag von Anfang an auf die Vornahme der fraglichen Handlungen gerichtet. Der verlangte Abänderung des landgerichtlichen Urteils ist hinreichend begründet worden. Die Klägerin beanstandet - wenn auch ohne breite neuerliche Argumentation -, dass das Landgericht bei der Verneinung der Miturheberschaft den Besonderheiten des Verhältnisses von Lehrer und Schüler in einer Kunstklasse nicht hinreichend Rechnung getragen habe. Die hilfsweise Geltendmachung einer Alleinurheberschaft an der Kopfgestaltung - die Eingriffe von Beuys hätten keinesfalls mehr als eine so genannte unfreie Bearbeitung ihres, der Klägerin, Werkes, bedeutet -, berührt die Zulässigkeit der Berufung nicht, auch wenn es sich dabei um die Einführung eines weiteren Klagegrunds handeln sollte und nicht nur um die Anführung eines weitergehenden rechtlichen Gesichtpunkts (vgl. aber BGH GRUR 2002, 799 - Stadtbahnfahrzeug). Das weitere Begehren hat die Klägerin mit dem neuen Hilfsantrag zu 3. und auch dem neuen Hilfsantrag zu 4. erfasst. Wenn es sich um eine Klageänderung handelt, ist sie nach § 533 ZPO zulässig. Ihre Sachdienlichkeit liegt auf der Hand, da sie zu einer umfassenderen Erledigung des Streites der Parteien führt. Die maßgeblichen Tatsachen sind im Berufungsverfahren weithin nicht neu. In erster Instanz sind dazu nur deshalb keine Feststellungen getroffen worden, weil der Klägerin ersichtlich keine Gelegenheit gegeben worden ist, ihre Klage auf den - bei Verneinung einer Miturheberschaft - eingreifenden rechtlichen Ansatz einer Alleinurheberschaft umzustellen. Die Berufung ist unbegründet. Die klägerische Schilderung, wie die streitige Kopfskulptur geschaffen worden sein soll, rechtfertigt, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, aus Rechtsgründen nicht die Annahme einer Miturheberschaft der Klägerin an dem entstandenen Werk. Darüber hinaus hat die Klage aus tatsächlichen Gründen keinen Erfolg. Auch wenn mit der Klägerin angenommen wird, dass der fragliche Gipskopf und damit auch die späteren Ausführungsformen in Metall auf eine ursprünglich von der Klägerin stammende Tonskulptur zurückgehen, erlaubt das Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht die Feststellung, wie die Kopfskulptur aussah, als die Klägerin ihre Arbeit beendet hatte und Beuys seine Eingriffe vornahm. Mit von den Parteien ebenfalls angestellten Stilvergleichen im Werk der Klägerin auf der einen Seite und dem von Beuys auf der anderen ist die Gestalt der klägerischen Kopfskulptur vor den Eingriffen von Beuys ohnehin nicht verlässlich zu ermitteln. Damit lässt sich im Hinblick auf eine Miturheberschaft nicht beurteilen, ob die Klägerin zu dem - unterstellt gemeinschaftlichen - Werk einen Beitrag geleistet hat, der als persönliche geistige Schöpfung anzusprechen wäre, wie es von einem Miturheber im Sinne des § 8 Abs. 1 UrhG zu verlangen ist (vgl. Loewenheim in: Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl. § 8 Rdnr. 4 mit Nachweisen der Rechtsprechung). Die Unmöglichkeit, die Gestalt des Tonkopfes für die Zeit festzustellen, als die Klägerin ihre Arbeit als abgeschlossen ansah und Beuys eingriff, schließt dann aber auch die Würdigung aus, dass die Klägerin allein ein urheberrechtsfähiges Werk geschaffen hat, also eine persönliche geistige Schöpfung nach § 2 Abs. 2 UrhG, die Beuys nur im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG umgestaltet hätte, und dass Beuys kein selbständiges Werk geschaffen hat - entweder bei Fehlen eines eigenen Werkes der Klägerin unter Benutzung allenfalls des freien Gemeinguts oder nach § 24 Abs. 1 UrhG in freier Benutzung eines Werkes der Klägerin. Unter einer bloßen Umgestaltung wird eine abhängige Nachschöpfung verstanden, das heißt eine Nachschöpfung, bei der wesentliche Züge des Originalwerks übernommen werden. Durch die Übernahme wesentlicher Züge des Originalwerks unterscheidet sich die Umgestaltung von der freien Benutzung, bei der dies nicht der Fall ist, sondern das Originalwerk lediglich als Anregung für das eigene Werkschaffen dient (Loewenheim, aaO, § 23 Rdrn. 39, § 24 Rdrn. 8ff.) Die Frage, ob Beuys als Lehrer an der Kunstakademie 1963 befugt war, in die Tonskulptur der Klägerin als seiner Schülerin einzugreifen und damit ein etwa bereits geschaffenes Werk zu verändern oder zu zerstören und ob er die Tonskulptur nach den Eingriffen an sich nehmen durfte, steht vorliegend nicht zur Entscheidung. Noch weniger geht es darum, ob sein Verhalten der Üblichkeit entsprach oder ob es von den Anwesenden mit Recht als Übergriff empfunden werden konnte. Der damalige Mitschüler der Klägerin und heutige Kunstprofessor T. hat bei seiner Vernehmung bekundet, er selbst hätte das fragliche Verhalten damals nicht hingenommen. Im Streitfall steht allein die Frage zur Entscheidung an, ob die Klägerin Schöpferin oder Mitschöpferin der jetzt vorhandenen Skulptur ist. Die Unmöglichkeit, den maßgeblichen schöpferischen Beitrag der Klägerin festzustellen, führt zur Abweisung der Klage; denn die Klägerin muss als Anspruchstellerin die Voraussetzungen der geltend gemachten Urheberschaft oder Miturheberschaft beweisen. Es geht nicht um den nachträglichen Wegfall eines zunächst einmal feststehenden Urheberrechts. Eine Miturheberschaft der Klägerin ist aus Rechtsgründen zu verneinen, weil die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen bei der Gestaltung der Tonskulptur nicht mit ihrem Lehrer zusammengearbeitet hat. Miturheber sind nach § 8 Abs. 1 UrhG nur diejenigen, die ein Werk gemeinsam geschaffen haben. Die Gemeinschaftlichkeit der Werkschöpfung setzt eine Zusammenarbeit unter den Beteiligten voraus; das Werk muss in gemeinsamem Schaffen entstehen. Erforderlich ist, dass jeder seinen schöpferischen Beitrag in Unterordnung unter die gemeinsame Gesamtidee erbringt (BGHZ 123, 208 = GRUR 1994, 39 - Buchhaltungsprogramm; GRUR 2003, 231 - Staatsbibliothek). Dadurch unterscheidet sich die Miturheberschaft von der Bearbeitung. Die Zusammenarbeit setzt eine Verständigung über die gemeinsame Aufgabe und eine allseitige Unterordnung unter die Gesamtidee voraus. An einer Zusammenarbeit fehlt es bei einer Vollendung und späteren Fortsetzung des Werkes (Loewenheim, aaO, § 8 Rdnr. 8f. mit weiteren Nachweisen der Literatur). Die Klägerin trägt vor, ihre Gestaltung sei - mit der Entfernung des Kopfschmucks und der Haare und der Trennung des Kopfes von der Büste - abgeschlossen gewesen, als Beuys - ohne ihren Willen - in die Tonskulptur eingegriffen habe. Für die Zeit ihrer eigenen Arbeit an der Skulptur spricht die Klägerin nur von einer besonderen Aufmerksamkeit auf Seiten des Lehrers Beuys. Danach hat es eine Verständigung über die Gestaltung weder durch Worte noch durch gemeinsames Handeln gegeben. Anzeichen für sonstige nicht verbale Kommunikation zwischen Lehrer und Schülerin gibt es nicht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme spricht vieles dafür, dass das Gipsmodell, auf das die - in drei Stücken in die genannten Installationen eingefügten und in zwei Stücken bei der Beklagten zu 1. befindlichen - Metallgüsse zurückgehen, seinerseits auf ein - heute verlorenes - Tonmodell zurückzuführen ist, das wiederum seinen Ausgang von der Klägerin genommen hat, und zwar im Sommersemester 1963 in der damaligen Beuys-Klasse an der Düsseldorfer Kunstakademie. Die damaligen Mitschüler der Klägerin O., K. und Professor T. haben als Zeugen bei ihrer Vernehmung vor dem Senat ausgesagt, dass die Klägerin im Sommersemester 1963 eine Tonskulptur gefertigt hatte, an der Beuys jedenfalls eine markante Änderung im Mundbereich vorgenommen hat. Insbesondere die Zeugin O. hatte, wie sie zum Ausdruck brachte, noch eine lebendige und detailreiche Erinnerung an das Geschehen des Sommersemesters 1963 in dem fraglichen Klassenraum. Sie hat das jetzt in Rede stehende Gipsmodell als Wiedergabe dieser Tonskulptur erkannt, und zwar in der Gestalt nach den Veränderungen von Seiten der Klägerin selbst und nach dem Eingriff von Beuys im Mundbereich. Die Zeugin K. hat ausgesagt, das Gipsmodell könne die Tonskulptur der Klägerin wiedergeben, was sie sogar für sehr wahrscheinlich halte, wofür sie nach 40 Jahren aber nicht die Hände ins Feuer legen könne. Sie hat auch eine damalige Aussage der um das Geschehen herum zusammenstehenden Kollegen bekundet, Beuys habe den Mund der Skulptur "aufgerissen". Sie habe den Kopf mit dem aufgerissenen Mund dann auch selbst gesehen. Sie meint, dass sie bei dem Eingriff selbst wohl nicht zugegen gewesen sei. Die Zeugin hat ausgeführt, dass dieser Kopf derjenige in den benannten Installationen sein könne, die sie aber nur von Fotografien her kenne. Der Zeuge Professor T. hat ausgesagt, er sei beim Eingriff von Beuys in die Skulptur der Klägerin zugegen gewesen und habe die Eingriffe in den von der Klägerin geformten Kopf beobachtet. Der Senat zögert nicht, der letzten Angabe zu folgen, auch wenn die Zeugin O. die Anwesenheit des Zeugen Professor T. verneint hat. Professor T. mag hier selbst die bessere Erinnerung haben. Nach vierzig Jahren überrascht zwar eine so gute Erinnerung an die Einzelheiten eines komplexen Geschehens und ist grundsätzlich mit einer Verwechslung konkreter Erinnerungen mit dem Ergebnis bloßer gedanklicher Rekonstruktion auf der Grundlage des von anderer Seite Erfahrenen und des für naheliegend und plausibel Gehaltenen zu rechnen. Eine tatsächliche Erinnerung an markante Ereignisse ist nach einer so langen Zeit aber nicht schlechthin ausgeschlossen. Professor T. hat dann - seiner eigenen Aussage zufolge - den von der Klägerin geformten Kopf 1985 als Teil der Installation "Straßenbahnhaltestelle" in Mönchengladbacher Museum wiedererkannt - gerade an dem aufgerissenen Mund -, mag er die Herkunft des Kopfes auf der Biennale 1976 auch noch nicht bemerkt haben. 1985 hat auch die Zeugin O. ihre Aussage zufolge den Kopf in Mönchengladbach wiedererkannt. Schließlich spricht in einem Schreiben vom 17. Dezember 2000 der zwischenzeitlich verstorbene weitere ehemalige Mitschüler E. P. davon, 1976 beim Besuch der "Dokumenta" in Venedig auf der "Haltestelle" von Beuys den von der Klägerin gefertigten Kopf montiert gesehen zu haben und sich auch noch an die Fertigung des Kopfes zu erinnern. Bestätigt wird eine Herkunft des von Beuys für die benannten Installationen verwandten Kopfes von der Klägerin noch durch andere Belege. In einem Schreiben des inzwischen verstorbenen Beuys-Vertrauten H. v.d. G. an die Beklagte zu 1. von Christi Himmelfahrt 2002 heißt es nämlich: "Was den besagten männlichen Portraitkopf angeht (laut S. eine Erinnerung an ihren Vater), so haben wir ihn sicher schon recht bald nach der Entstehung in Beuys' Atelier gesehen. Dass der Kopf damals (ca. 1964) mit dem Namen der Schülerin verbunden war, kann eigentlich nur belegen, dass Beuys selbst auf sie als ursprüngliche Schöpferin des Kopfes hinwies, denn sie selbst kannten wir damals noch nicht. Ich selbst sah den Kopf im Vorfeld von Venedig wieder (1976). ... Übrigens hatte die Adaption des Kopfes für das Beuys'sche Ouevre in unseren Augen nichts Befremdliches, ..." Wie Professor Dr. Zweite in seiner noch zu erörternden Untersuchung in "Patrimonia 42" referiert, schreibt auch Heiner Stachelhaus in seinem Buch, "Joseph Beuys" Düsseldorf, 1987 folgendes: "Wie Franz Josef von der Grinten weiß, handelt es sich dabei um das Werk einer früheren Schülerin von Beuys. Sie modellierte den Kopf in seiner Klasse, Beuys veränderte ihn später und ließ ihn in Eisen ausführen." Von Beuys, der einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 24. Juni 1976 zufolge äußerte, "dass dieser Kopf leidend, aber auch martialisch sei, vulgär, wie ein Arbeiter und römisch zugleich," liegt zu dieser Herkunft allerdings keine Bestätigung vor. In einem Schreiben von Heiner Bastian an die Beklagte zu 1. vom 23. Juli 2002 teilte der Verfasser, der sich dort als Assistent und Sekretär von Beuys bezeichnet, vielmehr mit, Beuys habe gesagt, den Kopf bereits 1961 geformt zu haben. Heiner Bastian führte demgemäß auch schon in einem Beitrag "La fermata del tram di Joseph Beuys a Venezia" zum Buch von Germano Celant , "Beuys - tracce in italia", Neapel, 1978, aus: "Già nel 1954 egli si occupò dei primi lavori preparatori per la fermata del tram. Nel 1961 modellò la testa per il fusto di cannone, ... ." Die Aussage erschien auf Deutsch nochmals in seinem Aufsatz "Joseph Beuys, Straßenbahnhaltestelle" von 1980. Beuys muss auch bekannt gewesen sein, dass Literaturstimmen aus der Zeit der Biennale 1976 die Entstehung des Kopfes in die Zeit vor 1963 datierten und von keinem fremden Beitrag berichteten. Zur "Straßenbahnhaltestelle" führte die Kunsthistorikerin Caroline Tisdall nämlich schon im Katalog zum Deutschen Pavillon auf der Biennale 1976 aus: "Above the cannon, emerging from it, is the head of a man, modelled by Beuys in 1961 with the Tram stop in mind. His expression is pained, yet at the same time as elusive as his character: part Celt, part martial Roman, part ordinary worker, somehow archaic, heroic and yet not at all, both active and passive."; diesen Text übernahm sie in einen Ausstellungskatalog des Guggenheim Museums aus dem Jahre 1979. Im Katalog der Biennale ist dem englischsprachigen Text eine Übersetzung ins Deutsche beigegeben: "Der Kanonenlauf endet im Kopf eines Mannes den Beuys bereits 1961 mit der Vorstellung von der 'Straßenbahnhaltestelle' modelliert hat. Sein Ausdruck ist schmerzvoll, gleichzeitig jedoch auch von schwer zu bestimmendem Charakter: keltisch, kriegerisch-römisch, proletarisch; irgendwie archaisch, heroisch aber auch wieder gar nicht heroisch, aktiv und passiv zugleich." Die Übersetzung stammt nach dem Vortrag der Beklagten von Beuys selbst, nach dem Vortrag der Klägerin von Heiner Bastian. In italienischer Übersetzung erschien der Text nochmals im erwähnten Buch von Germano Celant. In einem Beitrag zur Festschrift für Eduard Trier zum 60. Geburtstag, Berlin, 1981, führte der Direktor des Frankfurter Städels und seinerzeitige deutsche Kommissar der Biennale Klaus Gallwitz zu dem Kopf aus der Installation "Straßenbahnhaltestelle" aus: "Es ist kein Selbstportrait, es ist das Portrait seines Lehrers, eines Lehrers, eines Kriegers und Dulders, es zeigt heroische Züge. Es ist die Arbeit eines - konventionellen Bildhauers. Das Gipsmodell stand seit den 50er Jahren im Atelier". Schließlich führte eine Autorin Ingrid Rein in ihrem Beitrag "Der deutsche Papillon in Venedig" in der Schweizer Kulturzeitschrift "DU" von August 1976 zur "Straßenbahnhaltestelle" aus: "Der Kopf, ein wichtiges Element dieser Arbeit, existiert im Gipsmodell bereits seit 15 Jahren." Letztlich kommt es auf die Feststellung, ob das Gipsmodell, das den Metallgüssen zugrunde liegt, auf einer Tonskulptur beruht, die im Ursprung auf die Klägerin zurückzuführen ist, nicht an. Denn jedenfalls ist das Aussehen der Tonskulptur der Klägerin vor den Eingriffen durch Beuys nicht zu ermitteln. Die Beweisaufnahme hat das Aussehen der Skulptur, als sie die Hände der Klägerin verließ, nicht mit hinreichender Sicherheit ergeben. Die Klägerin hat im Rechtsstreit zwar dezidiert behauptet, ihre Tonskulptur habe im letzten Zustand dem Gipsmodell bis auf den abgeänderten Mund - leichte Öffnung und leichtes Heraufziehen der Mundwinkel - entsprochen, der erkennende Senat ist davon aber nicht überzeugt. Der Behauptung stehen nämlich frühere Äußerungen der Klägerin über weitergehende Eingriffe durch Beuys entgegen, ohne dass feststellen wäre, dass die jetzige Behauptung richtig wäre, die früheren Äußerungen aber falsch wären. Der Senat hat es bei der Anordnung der Beweisaufnahme für möglich gehalten, die allein durch den Eingriff im Mundbereich eingetretene Veränderung im Ausdruck der Kopfskulptur wegzudenken und so noch deren ursprünglichen ästhetischen Gehalt zu ermitteln. Dabei wären zudem die Veränderungen zu berücksichtigen gewesen, die sich aus der Übertragung eines Tonmodells in Gips und aus dem Gießvorgang ergaben. Der auf diese Weise erfasste ästhetische Gehalt des ursprünglichen Tonmodells wäre dem Eindruck gegenüberzustellen gewesen, den das Gipsmodell und die Metallgüsse erwecken, so wie sie sich jetzt bei den Beklagten befinden, damit beurteilt werden könnte, ob das Gipsmodell und die Metallgüsse als eine unfreie Bearbeitung der klägerischen Tonskulptur zu beurteilen sind. Der Senat war sich dabei bewusst, dass, wie es dann der als Zeuge vernommene Fachmann Professor Dr. Z. bei seiner Vernehmung gesagt hat, schon ein Eingriff im Mundbereich den Ausdruck einer Kopfskulptur grundlegend verändern kann, und zwar gerade in Richtung auf den Ausdruck von Schmerz. Es war auch von Anfang an nicht zu verkennen, wie es derselbe sachkundige Zeuge später hervorgehoben hat, dass auch die Herstellung des Kopfes in Guss, so wie Beuys es wollte, nochmals Bedeutung für den künstlerischen Ausdruck des Kopfes erlangt hat. Die Beklagten hatten hierzu bereits ausführlich vorgetragen. Der Senat hält aber eine Ermittlung des künstlerischen Gehalts der klägerischen Tonskulptur für ausgeschlossen, wenn weitergehende Eingriffe von Beuys als nur die Öffnung des Mundes und das Heraufziehen der Mundwinkel zu berücksichtigen sind. Durch bloße Zeugenaussagen lässt sich die Ausgangsgestaltung - vor tiefer greifenden Änderungen durch Beuys - nicht verlässlich rekonstruieren. Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass es die weiteren Eingriffe von Beuys, von denen die Klägerin Professor Dr. Zweite im Jahre 1992 unstreitig berichtet hat, in Wahrheit gar nicht gegeben hätte. In seiner in "Patrimonia 42" erschienenen Untersuchung zur Installation "Palazzo Regale" spricht Professor Dr. Zweite von den fünf Güssen "nach einem Tonmodell von Beatrix Sassen" und fährt fort: "Beuys hatte die Arbeit seiner Schülerin verändert, was an der erhaltenen Arbeit indessen nur schwer zu überprüfen ist." In einer Anmerkung dazu berichtet Professor Dr. Zweite, dass die Klägerin in einem Gespräch mit ihm im April 1992 geäußert habe, "verschiedene Arbeiten in der Akademie zurück(gelassen zu haben), darunter eben auch das Tonmodell eines Kopfes mit klassischem Profil, das Stück, um das es hier geht. Beuys hätte damals jedoch eine entscheidende Korrektur vorgenommen: die Augenhöhlen hätte er an der Nasenwurzel nach oben gedrückt und dasselbe auch mit den Mundwinkeln gemacht sowie die Ohren an den Kopf gelegt und so den Ausdruck des Gesichts sehr verändert. Auch wäre für den Guß der Kopf von der Büste getrennt worden." Der jetzige Katalog der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen führt mit der Aussage, dem eisernen Kopf der Installation "Palazzo Regale" liege eine Skulptur der Klägern zugrunde, über diesen Text nicht hinaus. Bei seiner Zeugenvernehmung hat Professor Dr. Z. seine schriftlichen Ausführungen bestätigt, dass die Klägerin von einer Modifizierung und Veränderung der Skulptur im Ausdruck gesprochen hat, und zwar einer entscheidenden. Es ging um eine Veränderung in Richtung auf den Ausdruck von Schmerz. Die Klägerin habe gerade auch von - den heute in Abrede gestellten - Veränderungen im Augen- und Ohrenbereich gesprochen. Es gibt keinen überzeugenden Grund für die Annahme, die Klägerin habe in dem Gespräch mit Professor Dr. Zweite mehr Änderungen angegeben, als wirklich vorgenommen worden waren. Hierfür spricht zunächst, dass die Klägerin auch gegenüber dem ehemaligen Direktor des Baseler Kupferstichkabinetts Dieter Koepplin ausweislich seines Buches "Joseph Beuys - The secret block for a secret person in Ireland", aus dem Jahr 1988 - und damit früher als gegenüber Professor Dr. Zweite und unabhängig von ihm - zum Ausdruck gebracht hat, "bei der Korrektur oder nachher habe Beuys den Mund und die Augen zu seinem jetzigen starken Ausdruck verändert und die Ohren angedrückt", und dass auch noch im Katalog des Kröller-Möller-Museums aus dem Jahr 1994 von einem Gespräch mit der Klägerin berichtet wird, in dem sie von den Veränderungen des Kopfes durch Beuys sprach und das "Hochdrücken" auch der Augen mitteilte. Schließlich haben auch die früheren Künstler-Freunde der Klägerin B., R. und S. bei ihrer Zeugenvernehmung sämtlich bekundet, dass die Klägerin in Gesprächen - zum Teil durch Gesten verdeutlicht - immer wieder von den weitergehenden Eingriffen gesprochen hat, die Beuys an der Kopfskulptur vorgenommen habe, nämlich auch an den Augen und Ohren. Der Zeuge S. bekundete sogar die Aussage, Beuys habe die Büste mit bestimmten Griffen "vollkommen" verändert. Auch laut dem Zeugen B. sprach die Klägerin von Eingriffen, die insgesamt wesentlich erschienen. Es kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass sich diese drei Zeugen durch Abneigung gegen die Klägerinnen zu einer Falschaussage hätten hinreißen lassen. Schon aus den Gesprächen der Klägerin mit den beiden weiteren Kunsthistorikern und mit den drei früheren Künstler-Freunden folgt, dass die Klägerin - entgegen ihrem Vorbringen im Rechtstreit - das Gespräch mit Professor Dr. Zweite durchaus nicht gänzlich unvorbereitet und spontan geführt hat. Das Geschehen wurde ihr gegenüber nicht erstmals nach etwa dreißig Jahren angesprochen, selbst wenn sie von der Ausstellung der Installation "Straßenbahnhaltestelle" auf der Biennale 1976 keine Kenntnis genommen haben sollte. Sie hatte sich mit dieser Installation und dem in sie eingefügten Kopf jedenfalls aber 1985 im Mönchengladbacher Museum befasst und daraufhin auch schon die Beklagte zu 1. angeschrieben. Nach den Bekundungen von Professor Dr. Z. vor dem Senat war das Gespräch zudem ein lockerer Meinungsaustausch und keinesfalls von Stress, Anspannung oder Überraschung auf Seiten der Klägerin geprägt. Demgegenüber hat die Bekundung der Zeugin O., die Klägerin sei mit dem Gespräch mit Professor Dr. Zweite, wie sie ihr nachher mitgeteilt habe, unzufrieden gewesen, es sei ein "ziemliches Durcheinander" gewesen, kein großes Gewicht, zumal da die Zeugin selbst darauf hingewiesen hat, ihre Befragung zu diesem Thema bedeute "ein schwieriges Fahrwasser." Für den Senat liegt im Übrigen grundsätzlich die Annahme näher, dass bei dem plötzlichen Wiedererkennen einer Gestaltung die Unterschiede zunächst zurücktreten und sie erst später aufgrund von Überlegungen bewusst werden, als dass anfangs Unterschiede festgestellt werden, die bei längerem Nachdenken dann aber doch keinen Bestand haben. Die Aussagen der drei ehemaligen Mitschüler O., K. und Professor T. vermitteln dem Senat nicht die Überzeugung, dass es entgegen den wiederholten vorprozessualen Äußerungen der Klägerin selbst doch keinen weiteren Eingriff von Beuys - über denjenigen im Mundbereich hinaus - gegeben hätte. Die Zeugin O., die den Kopf zuvor genau wahrgenommen haben will, hat allerdings jeden weiteren Eingriff von Beuys schlechthin verneint. Die Zeugin K. hatte eine Erinnerung an den von Klägerin gestalteten "Kahlkopf", so wie ihn jetzt das Gipsmodell wiedergibt. Sie erinnerte sich nicht daran, dass die Klägerin den Kopf zunächst weiblich, mit Haaren oder einem Früchtekranz und wie eine Bacchantin ausgestaltet gehabt und ihn dann mit einem mehr oder weniger gewaltsamen Eingriff umgestaltet hätte. Nach der Aussage der Zeugin K. hat der Mitschülerkreis damals ihr gegenüber keine weiteren Veränderungen von Seiten des Lehrers Beuys erwähnt. Sie hat aber gemeint, dass die Änderungen erwähnt worden wären, wenn sie von Bedeutung gewesen wären. Die Aussage des Zeugen Professor T. war zu dieser Frage unergiebig. Er wusste bei seiner Vernehmung nicht anzugeben, wie der Kopf der Klägerin vor den Eingriffen von Beuys ausgesehen hatte, ob er anfangs zu einer Büste gehörte oder nicht, ob er männlich oder weiblich war, eine Frisur hatte oder Verzierungen. Erst auf Nachfragen meinte er zu letzterem: "eigentlich nicht". Vor allem aber wusste der Zeuge nicht anzugeben, ob Beuys außer dem Eingriff im Mundbereich auch von Veränderungen im Augen- und Ohrenbereich vorgenommen hatte. Die von der Klägerin als Zeugin benannte weitere Mitschülerin S. S. ist nicht vernommen worden, da sie nach dem Vortrag der Klägerin zu den Eingriffen von Seiten des Lehrers Beuys keine Einzelheiten weiß. Auf die Aussagen der Zeuginnen O. und K. allein kann sich der Senat zu stützen; denn sie stehen im Widerspruch zu den Angaben, die die Klägerin als die durch die Eingriffe am meisten Betroffene vorprozessual gemacht hat. Es ist hier auch auf die schon angesprochenen allgemeinen Bedenken hinsichtlich der Erinnerungsfähigkeit von Zeugen zurückzukommen. Angemerkt sei noch, dass die bei einer genauen Betrachtung des Gipsmodells sichtbare sorgfältige Ausführung der Augenpartie nicht gegen einen Eingriff von Beuys in diesem Bereich spricht. Zum einen mag die Modellierung beim Eindrücken der Augen insgesamt zum Teil erhalten geblieben sein, zum anderen spricht nichts dagegen, dass Beuys die Modellierung nachträglich wiederhergestellt hat. Schließlich vermag der Senat, der aufgrund seiner langjährigen Befassung mit Urheberrechtsstreitigkeiten im Sinne der Rechtsprechung zu den Verkehrkreisen gehört, die für Kunst empfänglich und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertraut sind, nicht nachzuvollziehen, wie aus einer weiblichen Tonbüste mit klassischem Profil, die über halblangem Haar einen Kranz aus Äpfeln und Birnen trug - so schildert die Klägerin die Gestalt der Büste vor ihren eigenen Eingriffen, die Zeugin O. hat noch das Bacchantische des Kopfes hervorgehoben -, allein durch die Entfernung des Kopfschmucks und der Haare sowie der Abtrennung des Kopfes von der Büste - und auch dem eingeräumten Eingriff im Mundbereich - ein männlicher Kopf mit dem Ausdruck entstehen konnte, wie ihn Beuys selbst, aber auch Tisdall und Gallwitz an den oben behandelten Stellen treffend in Worte gefasst haben oder wie ihn Professor Dr. Z. bei seiner Vernehmung als Leitmetapher für Schmerz angesprochen hat. Das Hinzudenken von Haaren und einem Früchtekranz und das Aufsetzen des Kopfes auf eine Büste wie auch das gedankliche Schließen des Mundes und die Absenkung der Mundwinkel lassen den Kopf aus der Anlage zu diesem Urteil noch nicht zu einer weiblichen Tonbüste mit klassischem Profil und bacchantischer Anmutung werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Der vorliegende Streit hat keine grundsätzlich Bedeutung. Eine Fortbildung des Rechts steht nicht in Rede. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist nicht berührt. Denn die Rechtsfrage, wann von einer Miturheberschaft gesprochen werden kann, ist höchstrichterlich geklärt. Im Übrigen beruht die Entscheidung aber auf Tatsachenfeststellungen im Einzelfall. Streitwert für das Berufungsverfahren: 8.000 Euro (nach der unbeanstandeten Wertangabe in der Klageschrift und der landgerichtlichen Wertfestsetzung)

Ende der Entscheidung

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