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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.05.2009
Aktenzeichen: I-20 U 37/09
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1 | |
BGB § 242 | |
BGB § 280 |
Tenor:
Auf die Berufung der Antragsgegnerin werden das am 30. Dezember 2008 verkündete Urteil der 14d. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 23.10.2008 aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung werden dem Antragsteller auferlegt.
Gründe:
A)
Hinsichtlich des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Der Antragsteller ist ein Verein, dessen Mitglieder die T.-Organisationen sind. Die Antragsgegnerin ist ein wissenschaftlicher Fachverlag. Die Parteien schlossen im März 1959 einen Vertrag (Anlage A3 zur Antragsschrift), nach dem die Antragsgegnerin die Zeitschrift "T. Ü." verlegen sollte und der Antragsteller Herausgeber dieser Zeitschrift sein sollte. Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin, es zu unterlassen, in der Zeitschrift "T. Ü." Anzeigen der D. zu veröffentlichen. Er meint, er werde als Herausgeber verhöhnt und lächerlich gemacht, wenn er in seiner "Hauszeitung" Werbung von Wettbewerbern seiner Mitglieder dulden müsse. Die Antragsgegnerin meint, es handele sich nicht um eine Hauszeitung, sondern ein wissenschaftliches Fachmagazin. Sie ist der Ansicht, ein Verbot von Anzeigen der D. greife unzumutbar in ihre wirtschaftliche Betätigungsfreiheit ein.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 23.10.2008 die vom Antragsteller begehrte einstweilige Verfügung erlassen und diese auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hin mit der angefochtenen Entscheidung bestätigt. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.
Die Antragsgegnerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2008, mit dem die Beschlussverfügung vom 23. Oktober 2008 bestätigt worden ist, aufzuheben und den auf Erlass der einstweiligen Verfügung gerichteten Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
B)
Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch aus § 14 des Verlagsvertrages i.V.m. §§ 280, 242 BGB dahin, dass diese es unterlässt, in der Zeitschrift "T. Ü." Werbeanzeigen der D. abzudrucken und zu veröffentlichen. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klar gestellt hat, dass er nicht den konkreten Inhalt von Anzeigen beanstandet, sondern allein die Tatsache, dass die D. als größter Mitbewerber seiner Mitglieder in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift inseriere.
Grundsätzlich gehen beide Parteien davon aus, dass die anzeigenmäßige Verwertung der Zeitschrift in den Händen der Antragsgegnerin liegt. Dies gilt umso mehr, als der tatsächliche Umfang der publizistischen Mitwirkung des Antragstellers an der inhaltlichen Gestaltung ohnehin im Dunkel bleibt und die Stellung eines Herausgebers als solche einen höchst unterschiedlichen Charakter haben kann.
Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass § 14 des Vertrages in Verbindung mit § 242 BGB wechselseitige Treuepflichten der Parteien begründet. Das bedeutet, dass die Parteien bei der Ausübung der ihnen durch den Vertrag zugewiesenen Funktionen in Bezug auf die Zeitschrift "T. Ü." Rücksicht auf die Interessen der jeweils anderen Vertragspartei nehmen müssen. Hieraus eine Verpflichtung herzuleiten, bestimmte Anzeigen nicht zur Veröffentlichung anzunehmen, wenn deren Veröffentlichung die berechtigten Interessen des Antragstellers berührt, liegt danach jedenfalls nicht gänzlich fern. In Frage kommt ein solcher Anspruch aber nur, wenn das berechtigte Interesse des Antragstellers die berechtigten Interessen der Antragsgegnerin überwiegt.
Dies kann im Streitfall jedoch nicht alleine deshalb angenommen werden, weil in der Zeitschrift Wettbewerber der Mitglieder des Antragstellers werben. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass eine Werbung der D. eine "Verhöhnung" der Mitglieder des Antragstellers darstellt. Dies gilt jedenfalls, wenn man sich von dem konkreten Inhalt der Anzeigen löst und allein auf den Umstand abstellt, dass es sich bei der D. um den größten Wettbewerber der Mitglieder des Antragstellers handelt.
Wie man dem bei den Akten befindlichen Exemplar der Zeitschrift entnehmen kann, handelt es sich um eine klassische Fachzeitschrift und nicht etwa um eine Kundeninformation des Antragstellers. Anders als in Mitgliederzeitschriften oder Werbepublikationen empfindet der Leser einer Fachzeitschrift den Umstand, dass auch Wettbewerber des Herausgebers in der Zeitschrift inserieren, nicht schon als solchen als "Zeichen der Schwäche", sondern eher als souveränen Umgang mit der Konkurrenz. Ein Indiz hierfür sind die aus anderen Publikationen bekannten Anzeigen von Wettbewerbern dieser Publikationen, in denen der Leser auch nicht eine "Verhöhnung" der jeweiligen Publikation sieht.
Dies schließt - wie bereits ausgeführt - nicht aus, dass es die Treuepflicht der Antragsgegnerin gebieten kann, bestimmte Anzeigen aus inhaltlichen Gründen nicht zu veröffentlichen. Aus diesem Grunde kann auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin im Jahre 2007 eine Anzeigenserie der D. gestoppt hat, auf die Schaffung eines Vertrauenstatbestandes geschlossen werden. Der Antragsteller hatte seinerzeit die Anzeige gemäß Anlage A5 mit dem Schreiben gemäß Anlage A6 hinsichtlich ihres konkreten Inhaltes beanstandet, der sich unmittelbar und Bezug nehmend gegen die Mitglieder des Antragstellers richtete. Die Antragsgegnerin hat deshalb keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, indem sie mit Schreiben vom 15. Juni 2007 - unter Herausstellung ihres eigenen Rechtsstandpunktes - mitteilte, sie nehme zur Kenntnis, dass die "konkrete Art der Gestaltung der D. Anzeigen von Ihnen nicht widerspruchslos hingenommen werden soll", weshalb man mit der Geschäftsführung der D. eine Rücknahme von fünf weiteren Anzeigenaufträgen vereinbart habe. Darüber, ob dem Antragsteller zugemutet werden kann, derartige, seine Mitglieder konkret angreifende Anzeigen zu dulden und weiterhin seinen Namen für die Zeitschrift herzugeben, braucht hier nicht entschieden zu werden. Es ist jedenfalls eine andere Frage, als diejenige, ob der Antragsteller überhaupt Anzeigen der D. hinnehmen muss.
Das allgemeine Interesse des Antragstellers bzw. seiner Mitglieder, Wettbewerber an Werbung zu hindern und sich so einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, stellt sich jedenfalls im Hinblick auf seine Stellung als Herausgeber nicht als berechtigtes Interesse dar, das bei einer Abwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wäre. Insbesondere wird die - in welchem Umfang auch immer bestehende - publizistische Gesamtverantwortung des Antragstellers hiervon nicht berührt.
Demgegenüber hat die Antragsgegnerin dargelegt, dass Anzeigen der D. einen erheblichen Teil der jährlichen Anzeigeneinnahmen ausmachen. Die Antragsgegnerin trägt das gesamte wirtschaftliche Risiko und ist nach dem Vertrag aber auch Nutznießerin des wirtschaftlichen Erfolges. Ihrem berechtigten Interesse an der Erzielung hoher Werbeeinnahmen kann nicht entgegen gehalten werden, dass sie sich im Falle von Verlusten eventuell von dem Vertrag lösen kann. Das wirtschaftliche Interesse der Antragsgegnerin geht nämlich nicht nur dahin, keine Verluste zu machen, sondern den Titel gewinnbringend zu vermarkten.
Da ein Verfügungsanspruch danach nicht besteht, kann dahin stehen, ob die seinerzeit nur hinsichtlich des konkreten Inhalts beanstandete D.-Anzeige aus dem Jahr 2007 der Annahme eines Verfügungsgrundes deshalb entgegen steht, weil der Antragsteller es seinerzeit unterlassen hat, deutlich zu machen, dass er überhaupt keine Anzeigen der D. hinzunehmen bereit ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil das Urteil kraft Gesetzes nicht revisibel ist.
Streitwert: 100.000,00 € (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)
Ende der Entscheidung
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