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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.01.2007
Aktenzeichen: I-20 U 38/06
Rechtsgebiete: UrhG, ZPO


Vorschriften:

UrhG § 16
UrhG § 53
UrhG § 53 Abs. 1
UrhG § 53 Abs. 2
UrhG § 53 Abs. 3
UrhG § 54a
UrhG § 54a Abs. 1
UrhG § 54a Abs. 1 S. 1
UrhG § 54a Abs. 3
UrhG § 54h
ZPO § 254
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2006 teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Die Klägerin nimmt als einzige Verwertungsgesellschaft in Deutschland die urheberrechtlichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Wortautoren und ihrer Verleger insbesondere gemäß § 54h UrhG wahr. In diesem Rahmen wird die Klägerin auch im Auftrag der Verwertungsgesellschaft B.-K. tätig, deren Aufgabenbereich die Wahrnehmung von Rechten an Fotografien, Bildwerken und Grafiken aller Art betrifft.

Die Beklagten vertreiben in Deutschland Drucker und Plotter (zukünftig ist mitunter nur von Druckern die Rede), wobei diese entweder von ihnen in Deutschland selbst hergestellt oder in der Hauptsache aus dem Ausland nach Deutschland eingeführt werden.

Die Parteien streiten - nach einem vorausgegangenen Schiedsstellenverfahren bei der Schiedsstelle nach dem UrhWG beim Deutschen Patent- und Markenamt (Sch-Urh 39/03) - über eine Vergütung nach § 54a UrhG für diese Geräte sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach.

Die Klägerin ist der Auffassung, - auch - Drucker seien dazu bestimmt, urheberrechtsfähige Werke zu vervielfältigen. Insoweit stützt sie sich auf eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung von April 2001. Dass sie dazu nur im Rahmen einer Funktionseinheit mit anderen Geräten geeignet seien, sei unerheblich. Was die Höhe der Vergütung betrifft, hält sie den von ihr gemeinsam mit der Verwertungsgesellschaft B.-K. im März 2001 für Drucker und Plotter festgesetzten Tarif - veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 30. März 2001 (S. 5667) - für angemessen. Dieser sieht für die - nachfolgend im Tenor des landgerichtlichen Urteils näher beschriebenen - Drucker und Plotter je nach Geschwindigkeit folgende Sätze vor, die sich bei mehrfarbigen Ablichtungen verdoppeln:

10,00 Euro bei bis zu 12 Vervielfältigungen pro Minute 25,00 Euro bei 13 - 35 Vervielfältigungen pro Minute 40,00 Euro bei 36 - 70 Vervielfältigungen pro Minute 150,00 Euro bei über 70 Vervielfältigungen pro Minute

Die Beklagten meinen demgegenüber, Drucker würden als sogenannte Ausgangsgeräte von § 54a UrhG nicht erfasst. Der maßgebliche Kopiervorgang finde bereits bei den Eingangsgeräten statt. Des Weiteren würden Werke durch das Ausdrucken bereits deswegen nicht in urheberrechtsrelevanter Weise genutzt, weil der Ausdruckende dazu bereits weitgehend unabhängig von der Vorschrift des § 53 UrhG berechtigt sei; es handele sich nämlich entweder um selbst erstellte "Werke" oder um Werke, für deren Nutzung der Ausdruckende bereits anderweit eine Vergütung bezahlt habe oder mit deren Nutzung der Rechteinhaber ohne Weiteres einverstanden sei. Zudem sei eine Geräteabgabe auf Grund des technischen Fortschritts beim Digital Rights Management bzw. Technical Protection Measure (zukünftig: DRM) unverhältnismäßig, weil der Rechtsinhaber nunmehr sicherstellen könne, dass ohne seine individuelle - gegebenenfalls entgeltpflichtige - Zustimmung eine Kopie nicht mehr erstellt werden könne. Aus diesem Grunde verstoße eine Vergütungspflicht sowohl gegen Art. 3, Art. 14 GG als auch gegen die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Abl. EG Nr. L 167 S. 10; zukünftig: Richtlinie) und verletze die Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 28 EGV. Der Tarif der Klägerin beruhe auf einer ungesicherten und unzutreffenden Tatsachengrundlage; insoweit verhalte sich die Klägerin infolge Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung kartellrechtswidrig.

Das Landgericht hat - unter Klageabweisung im Übrigen -

1. die Beklagten verurteilt, der Klägerin - jeweils nach Gerätetypen und Kalendermonaten aufgeschlüsselt - Auskunft zu erteilen über die Art und die jeweilige Anzahl der durch sie seit dem 01. April 2001 in der Bundesrepublik Deutschland veräußerten oder in sonstiger Weise in Verkehr gebrachten Drucker und Plotter, die ASCII-Code verarbeiten, sowie über die Anzahl der Vervielfältigungen (Papierausdrucke, bezogen auf das Format DIN A 4), die das jeweilige Gerät pro Minute schnellstmöglich herstellen kann, und zwar - in schwarz/weiß sowie - in Farbe;

2. die Beklagten verurteilt, der Klägerin die vollständigen Namen und Anschriften der inländischen Bezugsquellen, von denen sie die unter 1. genannten Geräte, soweit sie sie nicht selbst hergestellt oder importiert haben, bezogen haben, sowie Art (einschließlich Kopiergeschwindigkeit gemäß 1.) und Anzahl der von diesen Quellen jeweils bezogenen Geräte - jeweils nach Gerätetypen und Kalendermonaten aufgeschlüsselt - anzugeben;

3. festgestellt, dass die Beklagten der Klägerin für jedes Gerät, über welches die Beklagten nach Nr. 1. und 2. jeweils Auskunft zu erteilen haben, jeweils einen leistungsabhängigen Betrag von 10,00 Euro bei bis zu 12 Vervielfältigungen pro Minute 21,39 Euro bei 13 - 35 Vervielfältigungen pro Minute 32,09 Euro bei 36 - 70 Vervielfältigungen pro Minute 128,35 Euro bei über 70 Vervielfältigungen pro Minute sowie den doppelten Betrag für Geräte, die mehrfarbige Ablichtungen herstellen können, zu bezahlen haben, zuzüglich 7 % Mehrwertsteuer sowie zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 04. April 2005.

Das Landgericht hat eine Geräteabgabepflicht von Druckern dem Grunde nach bejaht und die Beklagten daher zur Auskunft verurteilt, die im Wege einer Feststellung verlangte Vergütung unter Berücksichtigung der Vergütungspflicht für Eingangsgeräte jedoch der Höhe nach reduziert.

Gegen dieses Urteil, soweit ihnen nachteilig, wenden sich die Beklagten. Sie machen unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin geltend, Drucker und Plotter seien nach § 54a UrhG nicht vergütungspflichtig. Des Weiteren habe das Landgericht ihre Einwände zur Höhe nicht hinreichend berücksichtigt, wobei es sich insoweit um eine Überraschungsentscheidung handele. Sie beantragten daher,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise:

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit an das Land- gericht Düsseldorf zur erneuten Sachentscheidung zurück zu verweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und betont, die Auslegung des § 54a UrhG müsse dem technischen Fortschritt sowie dem berechtigten Schutz des Urhebers Rechnung tragen.

Die Akte Sch-Urh 39/03 der Schiedsstelle nach dem UrhWG beim Deutschen Patent- und Markenamt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils sowie die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren Bezug genommen.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

I.

Die Feststellungsklage ist allerdings zulässig. Der Kläger ist nicht gehalten, eine Stufenklage gemäß § 254 ZPO zu erheben (vgl. BGH NJW 2003, 3274).

II.

Entgegen der - sorgfältig und ausführlich begründeten - Auffassung des Landgerichts ist der Senat der Meinung, dass Drucker und Plotter (es geht dem Antrag zufolge nur um "einfache Geräte" ohne Zusatzfunktionen wie Scanvorrichtungen oder Speicher) keine vergütungspflichtigen Geräte im Sinne des § 54a UrhG sind.

1.

Ob Drucker als Geräte im Sinne des § 54a Abs. 1 S. 1 UrhG anzusehen sind, ist umstritten. Während die Schiedsstelle nach dem UrhWG beim Deutschen Patent- und Markenamt (vgl. die Nachweise bei Loewenheim, in Schricker, UrhG, 3. Aufl., § 54a Rdnr. 9), das OLG Stuttgart (ZUM 2004, 685) und die wohl h.M. in der Literatur (vgl. Loewenheim, a.a.O., § 54a Rdnr. 9; ders., Handbuch des Urheberrechts, § 86 Rdnr. 9 bei Fn. 19 jeweils m.w.N.) diese Frage bejahen, sprechen sich auch Stimmen gegen die Einbeziehung dieser Geräte in die danach angeordnete Gerätevergütungspflicht aus (Paul/Naskret, CR 2003, 473; eher ablehnend auch Bornkamm, Festschrift für Nordemann, 2004).

Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.

2.

Soweit sich die Beklagten allerdings grundsätzlich gegen eine Gerätevergütungspflicht als solche wenden, stimmt dem der Senat nicht zu. Sowohl die verfassungs- als auch die europarechtlichen Bedenken werden letztlich darauf gestützt, dass die pauschalisierte Gerätevergütungspflicht den Möglichkeiten des DRM und damit einer individuellen Abrechnung zwischen Rechteinhaber und Nutzer keine Rechnung trage (vgl. auch Geerlings GRUR 2004, 210).

DRM hat sich bisher auch bei neueren Werken bzw. bei erst jetzt in den Verkehr gebrachten Exemplaren von Werken noch nicht durchgesetzt. Dies beruht z. T. auf den damit verbundenen erheblichen technischen Problemen, zum Teil auf den Erschwernissen für den Nutzer. Des Weiteren ist jedenfalls eine gesicherte Vergütung zugunsten der Rechteinhaber bei der Kopie von "Altwerken" nicht möglich, weil diese nicht in zumutbarer Weise "nachgerüstet" werden können. Auch die Bundesregierung kommt in ihrem Entwurf für ein Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft ("Korb 2") zum Ergebnis, dass jedenfalls gegenwärtig das DRM noch nicht als so ausgereift und durchgesetzt angesehen werden kann, als dass auf eine pauschale Entschädigung der Rechteinhaber über eine Gerätevergütungspflicht verzichtet werden könnte. Dass eine verkörperte Vorlage gegen ein Einscannen (und anschließendes Ausdrucken) gesichert werden kann, machen auch die Beklagte nicht geltend. Schließlich zwingt auch die Richtlinie nicht zu einem vollständigen Verzicht auf eine derartige Pflicht, sondern nur zu einer Berücksichtigung von DRM bei der Bemessung der Höhe. Art. 5 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie verlangt einen "gerechten Ausgleich" für den Rechtsinhaber, wobei DRM zu berücksichtigen ist. Auch die Erwägungsgründe (38) und (39) verlangen von den Mitgliedsstaaten lediglich, dass DRM Rechnung getragen wird. Die Bedenken, die die EU-Kommission wegen einer angeblich unzureichenden Berücksichtigung von DRM angemeldet hat (vgl. die Rede von EU-Kommissar McCreevy vom 12.10.2005 - Anlage TW 1. 74), betreffen in diesem Punkt weniger den Grund als die Höhe der Vergütungspflicht (vgl. auch die Mitteilung GRUR 2006, 914).

3.

Jedoch sind Drucker nach Auffassung des Senats keine Geräte, die Werkstücke "durch Ablichtung ... oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung vervielfältig[en]".

a) Ein Drucker stellt zwar unzweifelhaft eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG her. § 54a Abs. 1 S. 1 UrhG setzt aber nicht nur eine Vervielfältigung voraus, sondern - darüber hinausgehend - eine solche, die "durch Ablichtung ... oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" erfolgt. Gerade dies ist aber bei einem Drucker als solchem nicht der Fall. Eine derartige Vervielfältigung findet vielmehr in einem Scanner und/oder einem PC statt. Mit Hilfe eines Scanners und eines PC's wird die äußere Gestaltung eines körperlichen Gegenstandes (z.B. Text, Grafik) in elektronische Signale umgesetzt (vgl. BGH NJW 2002, 964 - Scanner). Unter Zuhilfenahme eines PC's können außerdem in digitalisierter Form vorhandene Informationen aus dem Internet oder aus einer CD-ROM - ebenfalls in digitalisierter Form - vervielfältigt werden (zu den verschiedenen Möglichkeiten s. Bornkamm, a.a.O.,). Der urheberrechtlich relevante Vorgang findet dabei beim Scanner bzw. beim PC statt; bereits in diesen Geräten hat eine "Vervielfältigung" stattgefunden. Vielfach reicht eine Inaugenscheinnahme oder eine Abspeicherung des Werks im PC für den Nutzer aus, eine Verkörperung durch Ausdrucken ist dann unnötig. Es ist vom Zufall abhängig, ob es überhaupt, und wenn ja, wann, zu einem Ausdrucken kommt. Der Drucker ist ohne eine vorherige Vervielfältigung im PC nicht in der Lage, das Werk wiederholt auszudrucken. Zudem ist nicht einmal gesichert, dass die Informationen unverändert ausgedruckt werden, da sie vorher noch bearbeitet und verändert werden können.

Ein Drucker ist auch nicht mit einem Telefaxgerät (vgl. BGH GRUR 1999, 928 - Telefaxgerät) vergleichbar. Bei letzterem wird die äußere Gestaltung einer Sache (vorzugsweise ein Text) in elektronische Signale umgewandelt und so vervielfältigt; dieser Vorgang ist mit dem Kopieren an einem Kopiergerät ohne Weiteres, nicht aber mit dem bloßen Ausdrucken aufgrund elektronischer Signale - wie beim Drucker - vergleichbar.

Allerdings muss die Auslegung eines Gesetzes in gewissem Umfange mit dem Fortschritt der Technik Schritt halten. Allein die Tatsache, dass statt einer analogen eine digitale Umsetzung gewählt wurde, führt noch nicht aus dem Geltungsbereich des § 54a UrhG heraus (vgl. auch BGH, a.a.O., zum Scanner). Dies machen die Beklagten auch nicht geltend. Gerade aber dann, wenn man § 54a UrhG "technikoffen" versteht, spricht vieles dafür, allenfalls die digitale Vervielfältigung als solche als Vervielfältigung im Sinne des § 54a Abs. 1 UrhG anzusehen (s. auch Paul/Naskret, CR 2003, 473). Wie bereits dargelegt, kann schon das digitale Vervielfältigungsstück vom Nutzer verwendet werden, sei es, dass er es einem Dritten - digital - übersendet (wo es abgespeichert, weiterverarbeitet oder ausgedruckt werden kann), sei es, dass er es - unbearbeitet oder nach Bearbeitung - in Augenschein nimmt und in dieser Form geistig verwertet (vgl. als Beispielsfall die Fallgestaltung OLG Bamberg NJW 2006, 3504), sei es, dass er es - als Archiv oder für ein späteres Lesen oder eine zukünftige Bearbeitung - abspeichert. Die Verkörperung des Werks, die allein ein Drucker noch leisten kann, ist dann, wenn sie überhaupt noch erfolgt, eine von mehreren Verwendungsformen einer bereits vorhandenen Vervielfältigung. Weil die Vervielfältigung bereits vorher erfolgt ist, fehlt es bei einem Drucker vollständig an einer "Ablichtung" oder an einem "Verfahren mit vergleichbarer Wirkung".

Versteht man unter Ablichtung nur die Ablichtung eines körperlichen Gegenstandes (offen gelassen von BGH NJW 2002, 964 zum PC; s. auch Bornkamm, a.a.O.; Paul/Naskret, a.a.O.), fehlt es erst recht daran.

b) Eine Vergütungspflicht für Drucker kann auch nicht mit den Grundsätzen über "Funktionseinheiten" begründet werden. Es trifft zwar zu, dass ein Drucker im Zusammenwirken mit anderen Geräten (beispielsweise Scanner - PC - Drucker) insgesamt die Funktionen erfüllt, die auch ein Kopiergerät erfüllt, das Gerät, das dem Gesetzgeber bei der Schaffung des § 54a UrhG vor Augen stand.

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass bei Geräten in Funktionseinheiten die Gerätevergütungspflicht auf die Eingangsgeräte beschränkt ist. Dafür sprechen praktische Gesichtspunkte. Je mehr Geräte zu einer Funktionseinheit gehören können und je mehr Variationsmöglichkeiten es gibt, desto komplexer wird die Bemessung einer angemessenen Vergütung für jedes Einzelgerät. Die Gesamtvergütung für eine Funktionseinheit darf die für ein Fotokopiergerät nicht übersteigen, weil sämtliche Geräte zusammen dessen Funktion übernehmen. Ist danach eine Gesamtvergütung auf die einzelnen Geräte aufzuteilen, führt die Überprüfung, ob die für ein Einzelgerät geforderte Vergütung angemessen ist, unweigerlich auch zu einer Überprüfung der für die übrigen Einzelgeräte angesetzten Vergütung. Dies würde zu einer weiteren erheblichen Komplizierung des sowieso schon - auch bei einer Einzelbetrachtung des Geräts - langwierigen und schwerfälligen Verfahrens zur Festsetzung der Vergütungshöhe führen. Da die Verfahren zu den einzelnen Geräten nicht aufeinander abgestimmt sind (beispielsweise in einem Verfahren betreffend die Vergütungspflicht für einen Scanner diejenige für einen Drucker nicht endgültig, sondern nur als unselbständiger Rechenposten festgesetzt werden könnte), bestünde die Gefahr, dass letztlich insgesamt die Vergütungshöhe entweder zu hoch oder zu niedrig festgesetzt werden würde. Verlangt man gar für die Zulässigkeit der Erhebung von Gerätevergütungen, dass Grund und Höhe einer Vergütungspflicht für den Vergütungspflichtigen vor der die Vergütungspflicht auslösenden Handlung transparent, klar und eindeutig festgelegt sein muss (so wohl tendenziell der EU-Kommissar McCreevy in seiner Rede vom 12.10.2005 - Anlage TW 1.74 - zur Richtlinie), ist dies bei einer Ausweitung der Vergütungspflicht auf sämtliche Geräte einer Funktionseinheit kaum zu leisten. All das legt es nahe, die Vergütungspflicht auf die Geräte zu beschränken, die dem "Leitbild" eines Fotokopiergeräts am ehesten entsprechen; das sind die sogenannten Eingangsgeräte (vgl. BGH, a.a.O., zum Scanner).

In diesem Sinne versteht der Senat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O. - Scanner) zur Vergütungspflicht bei Funktionseinheiten. Die Auslegung des Landgerichts in diesem Punkt ist zwar nicht von vorn herein unmöglich; näher liegt jedoch nach Auffassung des Senats die Deutung, dass es Geräte in einer Funktionseinheit geben soll, die nicht mit einer Vergütungspflicht belastet werden sollen. Bezöge man Drucker mit in die Vergütungspflicht mit ein, wäre der Absatz der angeführten Entscheidung:

"Können Geräte ... nur im Zusammenwirken mit anderen Geräten die Funktion eines Vervielfältigungsgerätes erfüllen, unterfallen nicht sämtliche zu einer solchen Funktionseinheit gehörenden Geräte der Vergütungspflicht nach § 54a I UrhG. Eine derartige Aufteilung der Vergütungspflicht würde schon deswegen der gesetzlichen Regelung zuwiderlaufen, weil im Gesetz feste Vergütungssätze vorgesehen sind. Im Übrigen ist es für eine derartige Funktionseinheit typisch, dass nicht für jedes der Geräte in derselben Weise davon ausgegangen werden, es sei i.S. von § 54a I 1. UrhG zur Vornahme urheberrechtsrelevanter Vervielfältigungen bestimmt"

kaum verständlich. Bei der von der Klägerin vorgenommenen Auslegung bliebe für Geräte, die unter den letzten zitierten Satz fallen könnten, überhaupt kein Anwendungsraum mehr. In diesem Sinne ist auch die Bemerkung Bornkamms (a.a.O., in Fn. 44) zur Vergütungspflicht von Druckern zu verstehen.

c) Schließlich ist auch folgende Überlegung zu berücksichtigen:

aa) Je mehr sich die technische Entwicklung von dem Stand weiterentwickelt, der dem Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm vor Augen stand und Fragen aufgeworfen werden, die er damals noch nicht regeln musste (hier die Aufteilung einer Gesamtfunktion auf mehrere Einzelgeräte), desto eher ist es Sache des Gesetzgebers, die maßgeblichen Fragen selber zu regeln. Bei der vorliegenden komplexen durch eine technische Fortentwicklung aufgekommenen Frage, die zudem in hohem Maße widerstreitende Interessen berührt, sollten die Gerichte Zurückhaltung üben (vgl. auch die Überlegungen bei Bornkamm, a.a.O.). U.a. aus diesem Grunde hat es der österreichische Oberste Gerichtshof - erklärtermaßen entgegen der herrschenden Literaturmeinung - abgelehnt, die Leerkassettenabgabe nach § 42b östUrhG auf "gewöhnliche" Computer-Festplatten zu erstrecken (GRUR Int. 2006, 770 - Computer-Festplatten). Dies spricht bei der jetzigen Rechtslage für die Belastung allein der Eingangsgeräte, was - wie bereits erwähnt - dem Leitbild des damaligen Gesetzgebers noch am ehesten entspricht.

bb) Zurückhaltung ist bereits deswegen angezeigt, weil ein Ausdruck urheberrechtsfähiger Werke, der ohne die Vorschrift des § 53 UrhG rechtswidrig bzw. nur gegen eine - gegebenenfalls zu vergütende - Lizenz möglich wäre und allein infolge dieser Vorschrift nicht untersagt werden kann, bei Druckern allenfalls im Randbereich eine Rolle spielt, jedenfalls nicht im Mittelpunkt steht (vgl. Bornkamm, a.a.O.; Paul/Naskret, a.a.O.; vgl. auch die Überlegungen des östOGH zur Leerkassettenabgabe für Festplatten, a.a.O.). Der Umfang der tatsächlichen Verwendung für die Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke mag zwar, wenn es um die Vergütungspflicht für ein Einzelgerät geht, grundsätzlich belanglos sein (vgl. BGH GRUR 1993, 553 - Readerprinter); insoweit können die Belange des Rechtsinhabers nur durch eine Vergütungspflicht des Einzelgeräts gesichert werden. Geht es jedoch um die Frage, ob sämtliche Geräte einer Funktionseinheit oder nur die Eingangsgeräte zu belasten sind, spielt der Umfang der Verwendung doch eine Rolle; die Interessen der Rechtsinhaber können anderweit gewahrt werden (vgl. auch nachfolgend unter d)).

§ 54a UrhG verweist auf Kopien, die der Nutzer - nur - auf Grund der Vorschriften des § 53 Abs. 1 und Abs. 3 UrhG berechtigterweise herstellen darf. Es scheiden mithin Kopien aus, die der Nutzer bereits aus anderen Gründen herstellen darf, etwa weil

- das Werk gemeinfrei geworden oder mangels Schöpfungshöhe immer gemeinfrei gewesen ist,

- der Nutzungsrechtsinhaber mit dem Ausdrucken einverstanden ist, sowie Kopien, die der Nutzer trotz des § 53 UrhG rechtswidrig herstellt (etwa aus ersichtlich rechtswidrigen Quellen).

(1) Die Erstellung von Ausdrucken von CD-Roms dürfte wie das Kopieren aus Büchern grundsätzlich vergütungspflichtig sein (so auch Bornkamm, a.a.O.). Diese Nutzung dürfte aber im privaten Bereich kaum vorkommen, eher ist dies für die beschränkten Zwecke des § 54a Abs. 3 UrhG denkbar. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass nach den Nutzungsbedingungen einer CD-Rom vielfach ein Ausdrucken gestattet ist; dann ist für das Ausdrucken bereits - zusammen mit dem Kaufpreis für die CD-ROM - eine Vergütung gezahlt worden.

(2) Denkbar, aber auch nur eine Randnutzung darstellend (nach der Umfrage der GfK aus Herbst 2005 in nur 0,2 % der Ausdrucke), ist die Benutzung des Druckers zusammen mit einem Scanner (sowie gegebenenfalls einem PC) als "Fotokopiergerät".

(3) Soweit im privaten Bereich Texte und Grafiken aus dem Internet - rechtmäßigerweise - ausgedruckt werden, handelt es sich vielfach (insbesondere im Internet-Handel und bei Abfrage von Internet-Dienstleistungen) um gemeinfreies Material (Beschreibung der Ware/Dienstleistung; Allgemeine Geschäftsbedingungen, Widerrufsbelehrungen). Selbst wenn es ausnahmsweise die notwendige Schöpfungshöhe aufweist, ist der Rechteinhaber ersichtlich mit dem Ausdrucken einverstanden (s. auch § 312c Abs. 2 S. 1 BGB; § 355 Abs. 2 S. 1 BGB; § 1 Abs. 4 BGB-InfoV; vgl. Bornkamm, a.a.O.; Paul/Naskret, a.a.O.). Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, kann der Inhaber der Webseite diese Nutzung durch Sperrfunktionen verhindern.

Allenfalls dann, wenn der Internetnutzer die Sperrfunktionen überwindet oder umgeht, gilt § 53 UrhG (die Kopie bleibt trotz des Verstoßes gegen § 95a UrhG rechtmäßig, s. Loewenheim/Peukert, a.a.O., § 82 Rdnr. 4). Das dürfte bei auszudruckenden Texten/Grafiken (anders als bei Musik) kaum der Fall sein.

(4) Soweit der Nutzer selbst erstellte Schreiben, Grafiken oder Fotos ausdruckt - was einen Großteil des Ausdrucks im privaten Bereich, neben dem Ausdruck empfangener e-Mails, darstellen dürfte -, spielt § 53 UrhG von vornherein keine Rolle.

(5) Wenn die Klägerin demgegenüber auf eine Umfrage der GfK (Anlage K 7) verweist, ist das unzureichend. Sie stellt lediglich auf "Dateien fremden Inhalts" ab. Damit ist aber nichts dazu gesagt, ob an dem Inhalt Urheberrechte bestehen noch dazu, ob nicht der Rechteinhaber mit der Speicherung und dem Ausdruck einverstanden ist. Aus diesem Grunde kann nicht von den vom Landgericht im Anschluss an diese Umfrage zugrunde gelegten Zahlen ausgegangen werden.

Die Ausdruck von Auszügen aus Zeitschriften, auf die der Kläger im Schriftsatz vom 13. Dezember 2006 verweist, ist nach § 53 Abs. 2 UrhG nur in engem Umfange - insbesondere nicht zu gewerblichen Zwecken - gestattet; die Urheberrechtsvergütung soll nicht über § 53 UrhG hinausgehende Vervielfältigungshandlungen "abdecken".

d) Die hier vorgenommene Auslegung verstößt nicht gegen Vorgaben des Grundgesetzes, der Richtlinie oder urheberrechtliche Grundsätze. Es trifft im Ansatzpunkt zwar zu - worauf die Klägerin hinweist -, dass sowohl die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als auch die Richtlinie in Art. 5 Abs. 2 lit. b) bei der - vom Nutzungsrechtsinhaber aus bestimmten Gründen hinzunehmenden - Nutzung von Werken einen Ausgleich verlangen.

Der Senat verletzt durch seine Auslegung des § 54a UrhG diese Grundsätze aber nicht. Der Ausgleich zugunsten des Nutzungsrechtsinhabers wird dadurch erreicht, dass die - vor einem Ausdrucken von Werken zwangsläufig zu benutzenden - Eingangsgeräte mit einer Vergütungspflicht belastet werden. Die Verteilung einer "Gesamtlast" auf eine Mehrzahl von - eine Funktionseinheit bildenden - Geräten ist insoweit allein eine Frage der Zweckmäßigkeit.

3.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 S. 1, § 100 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Im Hinblick auf die entgegen stehende Rechtsprechung des OLG Stuttgart sowie die höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage einer Geräteabgabepflicht von Druckern ist die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO.

Der Berufungsstreitwert wird auf 1.335.000 Euro festgesetzt, wobei auf jede der Beklagten 445.000 Euro entfällt.

Ende der Entscheidung

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