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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.02.2007
Aktenzeichen: I-21 U 109/06
Rechtsgebiete: ZPO, AGBG, AVA, HOAI


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BGB § 222 Abs. 1 a.F.
BGB § 635 a.F.
BGB § 638 a.F.
BGB § 638 Abs. 1 a.F.
BGB § 1922
BGB § 2213 Abs. 1
AGBG § 11 Nr. 10 f
AVA § 8
EGBGB Art. 229 § 6
HOAI § 31
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 10. März 2006 teilweise abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), nimmt die Beklagte zu 1 als Alleinerbin und die Beklagten zu 2 und 3 als Testamentsvollstrecker des verstorbenen Architekten E. auf Schadensersatz aus dem zwischen den seinerzeitigen Gesellschaftern der GbR und dem Architekten geschlossenen Architektenvertrag in Anspruch.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 zur Zahlung von 82.876,21 € und 1.294,08 € nebst Zinsen verurteilt, die Beklagten zu 2 und 3 in entsprechender Höhe zur Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass des Herrn E., und festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin den weiteren, an den Gebäuden A. S. (Los X) durch die Verwendung eines nicht volumenbeständigen Materials, insbesondere durch die Verwendung von Stahlwerksschlacke, entstehenden Schaden zu ersetzen, hinsichtlich der Beklagten zu 2 und 3 beschränkt auf den Nachlass. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Feststellungsantrags, betreffend die Gebäude A. S. , hat es die Klage abgewiesen. Auf den Tenor des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klage sei hinsichtlich der betreffend das Los X geltend gemachten Schäden begründet. Die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) parteifähige Klägerin sei auch nach dem Gesellschafterwechsel Trägerin der sich aus dem Architektenvertrag vom 17.12.1987 ergebenden Rechte geblieben. Die Beklagte zu 1 hafte gemäß § 1922 BGB als Rechtsnachfolgerin des Architeken E.. Die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2 und 3 als Testamentsvollstrecker ergebe sich aus § 2213 Abs. 1 BGB; zutreffenderweise sei insoweit der Antrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtet.

Der Klägerin stehe gegen die Beklagte zu 1 ein Anspruch auf Zahlung der zuerkannten Beträge aus § 635 BGB a.F. zu. Die der Klägerin hinsichtlich der Grundstücke A. S. (Los X) entstandenen Schäden beruhten auf einem Umstand, den der Architekt E. zu vertreten gehabt habe. Ihm habe im Rahmen der Erfüllung des Architektenvertrages die Bauaufsicht oblegen. Insoweit habe er die Verfüllarbeiten mittels regelmäßiger optischer Kontrolle überwachen müssen. Geplant sei gewesen, den Untergrund mit Kies zu füllen. Tatsächlich sei entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen S. im Gutachten vom 31.08.2005 Schlacke in unterschiedlicher Verteilung und Dicke eingebracht worden. Nach den Untersuchungen des E. E. seien dem Füllmaterial verschiedene Mineralstoffe beigemischt gewesen. In der Schlacke sei entsprechend dem Untersuchungsbericht des E. E. vom 29.07.2005 quellfähiges Material vorgefunden worden. Das vorgefundene Schlackematerial unterscheide sich optisch deutlich von dem vereinbarten und abgerechneten kiessandigen Füllboden. Dies habe dem Architekten E. im Rahmen der örtlichen Bauaufsicht auffallen müssen. Insbesondere habe ihm auch schon in den Jahren 1989 und 1990 bekannt sein müssen, dass ausschließlich vollständig ausgeglühte und von schädlichen Bestandteilen freie Schlacke zur Verfüllung geeignet sei; jedenfalls habe der Architekt E. sicherstellen müssen, dass quellende Materialien nicht mehr enthalten gewesen seien.

Dass dem nicht so gewesen sei, stehe auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen S. in Einbeziehung der Untersuchung des E. E. hinsichtlich des Loses X insgesamt fest. Der Sachverständige habe am Rand des Loses X Untersuchungen vorgenommen. Diese erlaubten einen Rückschluss auf die gesamten 1582 m² Fläche.

Die Forderung sei nicht gemäß § 638 BGB a.F. verjährt. Die Beklagten könnten sich nicht auf § 8 der Vertragsbestandteil gewordenen Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Einheitsarchitektenvertrag berufen, weil diese Regelung gemäß § 11 Nr. 10 f AGBG eine unzulässige Verkürzung der Verjährungsfrist bewirke. Auch im Übrigen könnten die Beklagten sich nicht auf Verjährung berufen, weil vorliegend ein Fall der Arglist (§ 638 BGB a.F.) anzunehmen sei. Es liege nämlich ein Organisationsverschulden des Architekten vor.

Ein Unternehmer könne sich seiner vertraglichen Offenbarungspflicht bei Ablieferung des fertigen Werkes nicht dadurch entziehen, dass er sich bewusst unwissend halte oder sich keiner Gehilfen bei der Pflicht bediene, Mängel zu offenbaren. Sorge er bei der Herstellung des Werkes nicht für eine den Umständen nach angemessen Überwachung und Prüfung der Leistung und damit auch nicht dafür, dass er oder seine Erfüllungsgehilfen etwaige Mängel erkennen können, so handele er vertragswidrig. Er sei gehalten, den Herstellungsprozess angemessen zu überwachen und das Werk vor Abnahme zu überprüfen. Denn der Unternehmer müsse fehlerfrei leisten. Er müsse daher jedenfalls die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das fertiggestellte Werk bei Ablieferung keinen Fehler aufweise. Dabei könne die Art des Mangels ein so überzeugendes Indiz für eine fehlende oder nicht richtige Organisation sein, dass es weiterer Darlegung hierzu nicht bedürfe. So könne ein gravierender Mangel an besonders wichtigen Gewerken ebenso den Schluss auf eine mangelhafte Organisation von Überwachung und Überprüfung zulassen wie ein besonders augenfälliger Mangel an weniger wichtigen Bauteilen. Folge eines Verstoßes gegen diese Verpflichtung sei eine 30-jährige Verjährungsfrist des Unternehmers. Diese Grundsätze fänden auch auf die Haftung des Architekten Anwendung (OLGR Düsseldorf, 2004, 294).

Der Sachverständige habe auch aus fachlicher Sicht die Überwachung der Verfüllarbeiten im Rahmen der örtlichen Bauaufsicht für erforderlich gehalten. Dies leuchte unmittelbar ein, da - auch bildlich - mit einem Untergrund ein Gebäude stehe und falle. Nicht anders sehe es auch das Oberlandesgericht Düsseldorf in der zitierten Entscheidung. Danach sei die Gründung eines Gebäudes als für dessen dauerhafte Standsicherheit von erheblicher Bedeutung anzusehen. Sie stelle einen Punkt dar, dem bei der Bauaufsicht ein besonderes Augenmerk zu widmen sei. Im entschiedenen Fall sei lediglich deswegen ein Organisationsverschulden verneint worden, weil nicht der Hauptteil eines Bauwerkes, sondern lediglich die Ecke einer Garage betroffen gewesen sei.

Der Klägerin sei, wie weiter ausgeführt wird, hinsichtlich der Sanierung des Bereichs des Mieters M ein Schaden in Höhe der geltend gemachten 126.000,- DM entstanden.

Der Feststellungsanspruch sei - nur - hinsichtlich des Loses X, A. S. begründet. Insoweit sei nach den Feststellungen des Sachverständigen eine weitere Schadensentstehung nicht ausgeschlossen. Hinsichtlich der übrigen Bereiche habe die Klägerin zuletzt selbst nicht mehr behauptet, dass auch diese Bereiche von einer fehlerhaften Verfüllung betroffen gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen die Verurteilung richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie sind der Auffassung, das Landgericht habe die Klage insgesamt abweisen müssen und tragen hierzu vor:

Die Aktivlegitimation der Klägerin, gestützt auf die Abtretung der Gesellschaftsanteile K. Z. und E. S. an die Firma B., bleibe bestritten. Die Schadensersatzforderung sei verjährt. Weder liege eine arglistige Täuschung noch ein Organisationsverschulden vor. Ein die 30-jährige Verjährungsfrist eröffnendes Organisationsverschulden liege bereits deswegen nicht vor, weil Herr E. nicht arbeitsteilig tätig gewesen sei und organisatorische Defizite nicht feststellbar seien. Herr E., der ein sorgfältiger und korrekter Architekt gewesen sei, habe seinerzeit keine Mitarbeiter gehabt und die Baustelle selbst bauleitend betreut; hierbei habe er die Baustelle täglich aufgesucht.

Wenn die Spekulation der Klägerin zutreffe, dass Herr E. die verwendete Stahlwerksschlacke als gleichwertigen Füllstoff betrachtet und daher den Einbau zugelassen und die Rechnung habe passieren lassen, liege allenfalls ein schlichter Fehler in Form der Unkenntnis oder Gewichtung der möglichen Gefahren von quellfähiger Schlacke vor, welche ja auch nicht allein und überall verwendet worden sei. Herr E. sei nicht allwissend gewesen; wie viele andere am Bau Tätige habe Herr E. eventuell von der Schlacke ausgehende Gefahren nicht erkannt. Entgegen der Aussage des Sachverständigen S. sei auch keineswegs klar, ob Herr E. die Quellgefahr habe erkennen müssen. Zum einen zeige die Schadensfreiheit bei einem großen Teil der Gebäude, dass die Schlacke eben keine Gefahren ausgelöst habe, zum anderen seien die Schäden hier relativ spät aufgetreten, möglicherweise auch erst aufgrund eines veränderten, nicht vorhersehbaren Wasseranfalls im Boden. In einer solchen Situation könne man einem Architekten allenfalls fahrlässiges Bauleitungsverschulden vorwerfen, aber keinesfalls Arglist oder ein Organisationsverschulden.

Es gelte danach maximal die fünfjährige Verjährungsfrist. Diese gelte auch im Falle des Organisationsverschuldens, da die Parteien in § 10 der Architektenvertrages (Anlage K2) bezüglich sämtlicher gegen den Architekten eventuell gerichteter Ansprüche, also auch solcher aus Organisationsverschulden, eine Fünfjahresfrist vereinbart hätten. Die zu § 8 AVA ergangene Rechtsprechung könne nicht herangezogen werden, weil sie den Fall des Beginns der Architektenhaftung und nicht die Dauer der Frist betreffe. Die Verkürzung auf fünf Jahre sei nicht unbillig. Es handele sich um die gesetzliche Regelfrist im Werkvertragsrecht. Die 30 Jahre seien nur ins Spiel gekommen, weil hier mangels konkreter Regelung auf einen Auffangtatbestand zurückgegriffen werden sollte. Dem umfangreichen erstinstanzlichen Sachvortrag zur Verjährung sei die Klägerin nicht entgegen getreten, so dass Verjährung spätestens im September 2000 eingetreten sei.

Auch die Feststellungen des Landgerichts zur Schadenshöhe seien unzutreffend. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrags wird auf Seite 6 ff. der Berufungsbegründungsschrift Bezug genommen.

Werde keine Zahlung geschuldet, müssten die Beklagten zu 2 und 3 auch nicht die Zwangsvollstreckung dulden. Im Übrigen wolle auch die Beklagte zu 1 nicht unbeschränkt, sondern allenfalls mit dem Nachlass haften.

Hinsichtlich der Feststellung sei eine persönliche Ersatzpflicht der Beklagten zu 2 und 3 nicht zu erkennen, da es um den Nachlass des verstorbenen Architekten E. gehe.

Zu anderen Materialien als der gutachterlicherseits untersuchten Schlacke seien in dem Rechtsstreit keine Feststellungen getroffen worden, insbesondere nicht generell zu "nicht volumenbeständigem Material". Auch insofern sei der Ausspruch zur Feststellung durch Abweisung zu berichtigen. Eine Begründung brauche nicht korrigiert zu werden, weil sie in dem Urteil nicht existiere. Selbst der vom Landgericht verwendete Begriff der "Stahlwerksschlacke" sei nicht präzise genug.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der Berufungsbegründung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat Erfolg. Die Klage ist nicht begründet.

Es gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in seiner Fassung bis zum 31. Dezember 2001 (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB); die Verjährungsvorschriften richten sich nach Art. 229 § 6 EGBGB.

Die Beklagten sind berechtigt, die Leistung zu verweigern, § 222 Abs. 1 BGB a.F., da bei Erhebung der Klage im Juni 2002 sämtliche Schadensersatzansprüche bereits verjährt waren. Maßgeblich ist die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB a.F., der, soweit Werkvertragsrecht anwendbar ist, auch auf die Haftung des Architekten für Mängel seines Architektenwerks Anwendung findet. Ein arglistiges Handeln des Architekten E., welches eine anfänglich dreißigjährige Verjährungsfrist in Lauf gesetzt hätte, ist, auch unter Berücksichtigung der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Organsisationsverschulden, nicht feststellbar.

Gemäß § 638 Abs. 1 BGB a.F. beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, sofern nicht der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat. "Arglistig verschweigt", wer sich bewusst ist, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung seines Vertragsgegners von Erheblichkeit ist, nach Treu und Glauben diesen Umstand mitzuteilen verpflichtet ist und ihn trotzdem nicht offenbart. Arglistiges Verschweigen erfordert nicht, dass der Unternehmer bewusst die Folgen der vertragswidrigen Ausführung in Kauf genommen hat. Es verlangt keine Schädigungsabsicht und keinen Vorteil (BGH BauR 1970, 244, 245 m.w.N.).

Der Unternehmer muss sich die Kenntnis derjenigen Mitarbeiter zurechnen lassen, derer er sich zur Erfüllung seiner Offenbarungspflicht gegenüber dem Besteller bedient. Er kann sich seiner vertraglichen Offenbarungspflicht nicht dadurch entziehen, dass er sich bewusst unwissend hält oder sich keines Gehilfen bei der Pflicht bedient, Mängel zu offenbaren. Sorgt der Unternehmer bei der Herstellung des Werkes nicht für eine den Umständen nach angemessen Überwachung und Überprüfung der Leistung und damit auch nicht dafür, dass er oder seine insoweit eingesetzten Erfüllungsgehilfen etwaige Mängel erkennen können, so handelt er vertragswidrig. Er ist nämlich gehalten, den Herstellungsprozess angemessen zu überwachen und das Werk vor Abnahme zu prüfen (BGH BauR 1992, 500, 501).

Zur Darlegungslast gilt, dass der Besteller grundsätzlich Tatsachen vorzutragen hat, nach denen entweder der Unternehmer selbst oder die von diesem zur Erfüllung seiner Offenbarungspflicht eingesetzten Gehilfen den Mangel erkannt, aber nicht offenbart haben. Welche Anforderungen an die Substantiierung im Hinblick auf die beim Besteller regelmäßig nicht vorhandenen Kenntnisse über die Organisation des Herstellungsprozesses zu stellen sind, hat der Tatrichter anhand der Umstände des jeweiligen Streitfalles zu beurteilen. Dabei kann die Art des Mangels ein so überzeugendes Indiz für eine fehlende oder nicht richtige Organisation sein, dass es weiterer Darlegung hierzu nicht bedarf. So kann ein gravierender Mangel an besonders wichtigen Gewerken ebenso den Schluss auf eine mangelnde Organisation von Überwachung und Überprüfung zulassen wie ein besonders augenfälliger Mangel an weniger wichtigen Bauteilen (vgl. BGH BauR 1992, 500, 501).

Entsprechendes gilt auch für den arbeitsteilig arbeitenden Architekten (vgl. OLG Düsseldorf, IBR 2007, 35; OLG Naumburg, Urteil vom 12.05.2006, 10 U 8/06, IBR-Werkstatt; OLG Düsseldorf, IBR 2005, 223; BGH, Beschluss vom 17.06.2004, IBR 2004, 563). Teilweise werden die zum Organisationsverschulden entwickelten Grundsätze auch als anwendbar erachtet, wenn der Architekt ohne arbeitsteilige Organisation die Bauaufsicht selbst wahrnimmt. Allerdings soll auch nach dieser Auffassung über die Rechtsfigur des Organisationsverschuldens nicht erreicht werden, dass der Architekt auch bei Fahrlässigkeit im Rahmen einer Verjährungsfrist von 30 Jahren haftet (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 2004, 1332). Dem ist zuzustimmen.

Nimmt der Architekt die Bauüberwachung selbst vor, kann - wie beim Organisationsverschulden - ein arglistiges Handeln bzw. Verschweigen darin liegen, dass er sich bewusst unwissend hält. Hierbei ist, wie auch in der vorgenannten Entscheidung des 23. Zivilsenates verdeutlicht, zu unterscheiden zwischen den Fällen, in denen ein Architekt seiner Pflicht zur Bauaufsicht überhaupt nicht nachgekommen ist und den Fällen, in denen ihm Nachlässigkeit bei der Durchführung der Bauaufsicht vorzuwerfen ist. Im letzteren Fall trifft ihn zwar der Vorwurf der Fahrlässigkeit, liegt aber keine Arglist vor. Die zum Organisationsverschulden entwickelten Grundsätze sollen den Auftraggeber davon schützen, dass sich der Auftragnehmer bewusst unwissend hält, um so der Arglisthaftung zu entgehen (OLG Düsseldorf a.a.O.), dürfen aber nicht dazu führen, dass in Fällen lediglich fahrlässiger Verletzung der Bauaufsicht die nach altem Recht geltende dreißigjährige Verjährungsfrist eröffnet wäre; dies entspräche weder der Intention des Gesetzgebers noch dem Rechtsgedanken des Organisationsverschuldens.

Im Streitfall lässt sich nicht feststellen, ob der bereits im Jahr 1999 verstorbene Architekt E. das Einbringen von Stahlwerksschlacke in den Untergrund der Gebäude bemerkt hat und ob ihm die Problematik dieses Verfüllmaterials bekannt war.

Hätte der Architekt E. von den vorgenannten Umständen Kenntnis gehabt, wäre ihm das arglistige Verschweigen eines Mangels seines Architektenwerkes vorzuwerfen. Verwendet ein Unternehmer planwidriges oder untaugliches Material, so muss er den Besteller auf den schon in der Verwendung dieses Baustoffes liegenden Mangel und das damit verbundene erhebliche Risiko hinweisen, um dem Vorwurf des arglistigen Verschweigens zu entgehen (vgl. BGH BauR 1986, 215, 216). Verwendet der Bauunternehmer bewusst abweichend vom Vertrag einen nicht erprobten Baustoff, so handelt er arglistig, wenn er den Auftraggeber treuwidrig hierauf und auf das mit der Verwendung dieses Baustoffs verbundene Risiko nicht hinweist (BGH BauR 2002, 1401, 1403). Entsprechendes gilt für die Haftung des planenden oder bauleitenden Architekten.

Dass, wie das Landgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt hat, dem Architekten die Verwendung von Stahlwerksschlacke im Rahmen der örtlichen Bauaufsicht hätte auffallen müssen, ihm auch hätte bekannt sein müssen, dass - wenn überhaupt - ausschließlich vollständig ausgeglühte und von schädlichen Bestandteilen freie Schlacke zur Verfüllung geeignet war, und er hätte sicherstellen müssen, dass quellende Materialien nicht mehr enthalten waren, reicht hingegen nicht aus, um einen Fall des arglistigen Verschweigens eines Mangels im Sinne des § 638 Abs. 1 BGB a.F. anzunehmen. Die Durchbrechung der gesetzlichen Verjährung nach § 638 Abs. 1 BGB a.F. setzt voraus, dass der Architekt entweder positive Kenntnis von der Verwendung eines ungeeigneten oder risikobehafteten Baustoffs hatte oder er sich dieser Erkenntnis arglistig verschlossen hat. Beides lässt sich vorliegend nicht feststellen.

Die Parteien können, wie auch der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, zur Kenntnis des Architekten E. von der Verwendung von Stahlwerksschlacke und den Risiken dieses Materials nur Vermutungen anstellen, zumal aussagekräftige Dokumente über den Bauablauf nicht mehr vorhanden sind. An den vom Architekten E. geprüften und abgezeichneten Rechnungen der Firma F. und E. fällt zwar auf, dass die den Füllkies betreffenden Positionen gekürzt wurden. Dies könnte die Vermutung nahe legen, dass aufgrund der Verwendung von Stahlwerksschlacke geringere Mengen an Füllkies benötigt wurden. Dies ist indes ebenfalls nur eine Vermutung, für die es keine weiteren Anhaltspunkte gibt, und die, auch in der Zusammenschau mit den gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen S., keinen sicheren Schluss auf eine positive Kenntnis des Architekten E. von der Verwendung von Stahlwerksschlacke zulassen.

Der Sachverständige S. hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 31.08.2005 ausgeführt, das vorgefundene Schlackenmaterial unterscheide sich deutlich von kiessandigem Füllboden. Dies müsse einem Bauleiter im Rahmen seiner ihm übertragenen örtlichen Bauaufsicht auffallen. Hieraus ergibt sich zwar, dass dem Architekten E. - bei gehöriger Wahrnehmung der Bauaufsicht - die Verwendung von Stahlwerksschlacke hätte auffallen müssen. Darauf, dass er die eingebrachte Stahlwerksschlacke tatsächlich bemerkt hat, kann hingegen nicht mit hinreichender Sicherheit geschlossen werden, zumal auch andere Füllmaterialien, nämlich unter anderem Füllkies und Sand, verwendet wurden.

Inwieweit ihm bekannt war, welche Risiken mit der Verwendung von Stahlwerksschlacke verbunden waren, kann ebenfalls nur vermutet werden. Der Sachverständige S. hat in seinem Ergänzungsgutachten ausgeführt, es sei grundsätzlich auch 1989 bis 1990 gebräuchlich gewesen, geeignete Stahlwerksschlacke zur Verfüllung von Baugründen zu verwenden. Allerdings habe gewährleistet sein müssen, dass diese vollständig ausgeglüht und zusätzlich frei von schädlichen Bestandteilen in Form von treibfähigen bzw. quellenden Materialien (Mineralstoffen oder ähnlichem) sei.

Dass eine positive Kenntnis des Architekten E. von der Verwendung der Stahlwerksschlacke und dem mit ihrer Verwendung verbundenen Risiko nicht festgestellt werden kann, wirkt sich zulasten der Klägerin aus. Sie hat die eine Arglist begründenden Umstände darzulegen und zu beweisen. Entgegen der Auffassung der Klägerin führt der Umstand, dass die Verwendung von Stahlwerksschlacke so augenfällig war, dass der Architekt sie hätte bemerken müssen, und dass es sich bei der Gründung der Gebäude ihrer Auffassung nach zudem um ein besonders wichtiges Gewerk handelte, nicht zu einer Umkehrung der Beweislast oder einer Beweiserleichterung. Ein gravierender Mangel an einem besonders wichtigen Gewerk oder ein besonders augenfälliger Mangels an einem weniger wichtigen Bauteil kann zwar den - widerlegbaren - Schluss auf eine mangelnde Organisation von Überwachung und Überprüfung zulassen (BGH BauR 1992, 500-501), und damit ein Indiz dafür sein, dass ein Unternehmer oder Architekt sich bewusst unwissend gehalten hat. Führt ein Architekt selbst die Bauaufsicht durch, lässt das Übersehen gravierender oder augenfälliger Mängel zwar auf Mängel bei der Bauaufsicht schließen, nicht aber darauf, dass sich der Architekt arglistig der Wahrnehmung der Mängel verschlossen hätte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie vorliegend, der Architekt die Bauaufsicht überhaupt wahrgenommen hat.

Eine längere Verjährungsfrist ergibt sich auch nicht daraus, dass der Architekt E. zugleich mit der Projektleitung im Sinne des § 31 HOAI beauftragt war. Bei der Frage, ob ein Projektsteuerungsvertrag ein Dienst- oder Werkvertrag ist, hat der Bundesgerichtshof es für die Qualifizierung als Werkvertrag maßgebend gehalten, ob die zentrale Aufgabe des Projektsteuerers die technische Bauüberwachung ist (BGH BauR 2002, 88; BauR 1999, 1317). Der Vorwurf, Herr E. habe pflichtwidrig seine Pflicht zur Aufklärung in Bezug auf das tatsächlich eingebaute Material verletzt, betrifft Architektenpflichten im Rahmen der Bauaufsicht. Zudem konnte, wie ausgeführt, nicht festgestellt werden, ob Herr E. von der Verwendung der Stahlwerksschlacke überhaupt Kenntnis hatte.

Die mithin maßgebliche fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB a.F. war bei Klageerhebung bereits abgelaufen, und zwar auch dann, wenn man der Auffassung des Landgerichts folgt, dass die Verjährung nicht bereits gemäß § 10 des Architektenvertrages in Verbindung mit § 8 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Einheits-Architektenvertrag (AVA) mit der Abnahme des Bauwerks bzw. spätestens mit dessen Ingebrauchnahme begann. Maßgeblich wäre in diesem Fall der Ablauf der Gewährleistungspflicht der am Bau beteiligten Handwerker spätestens im Jahr 1995 (vgl. dazu die Aufstellungen vom 05. und 06.11.2002, deren inhaltlicher Richtigkeit die Klägerin nicht entgegen getreten ist), so dass Verjährung im Jahr 2000 eingetreten wäre. Zu Umständen, aufgrund derer ein späteres Ende der Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB a.F. anzunehmen wäre, insbesondere zu Unterbrechungs- oder Hemmungstatbeständen, hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 95.000,- € (84.170,29 € für die Klage auf Zahlung und Duldung der Zwangsvollstreckung, bis 10.829,71 € für den im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Feststellungsantrag).

Ende der Entscheidung

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