Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 10.06.2005
Aktenzeichen: I-21 U 116/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, InsO


Vorschriften:

ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 540 Abs. 1
BGB § 633 Abs. 3 a. F.
BGB § 635 a. F.
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
InsO § 95
InsO § 131
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichter - vom 14.05.2004 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 42.109,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die im erstinstanzlichen Verfahren angefallenen Kosten werden dem Kläger zu 39 % und der Beklagten zu 61 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 01.07.2002 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der S..... GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) bestellt worden. Im vorliegenden Verfahren nimmt er die Beklagte auf Bezahlung offen stehenden Restwerklohns für Arbeiten an den Außenanlagen des Bauvorhabens W..... P1 - P23 in S..... nach Maßgabe des Angebots der Insolvenzschuldnerin vom 17.10.2001 (Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 5ff. GA) in Anspruch. Diese Restwerklohnforderung hat er erstinstanzlich auf der Grundlage einer Schlussrechnung vom 06.06.2002 (Anlage K 2, Bl. 20ff. GA) unter Reduzierung der dort in Ansatz gebrachten 3. und 4. a conto-Zahlungen auf 69.067,67 EUR beziffert. Das ist, zzgl. Zinsen, die Klageforderung.

Die Beklagte hat hiergegen geltend gemacht, über die vom Kläger in Ansatz gebrachten Beträge hinaus die in der o. g. Schlussrechnung aufgeführten Zahlungen erbracht zu haben. Darüber hinaus hat sie unter Hinweis auf eine angeblich mit dem damaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin am 14.01.2002 getroffene, auch Forderungen der K..... GmbH gegen die Insolvenzschuldnerin umfassende Verrechnungsabrede die Aufrechnung mit die Klageforderung übersteigenden Gegenansprüchen aus insgesamt drei das in Rede stehende Bauvorhaben betreffenden Vertragsverhältnissen erklärt. Wegen der Einzelheiten des wechselseitigen Tatsachenvorbringens hierzu wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter III., verwiesen.

Das Landgericht hat unter Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Nachlässe, Skonti und Sicherheitseinbehalte einen Restwerklohnanspruch von 52.593,24 EUR ermittelt, die Gegenansprüche der Beklagten insgesamt für nicht gerechtfertigt erachtet und den vorerwähnten Betrag nebst gesetzlichen Verzugszinsen zugesprochen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie unter Aufrechterhaltung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt. Der Kläger hält die Entscheidung des Landgerichts demgegenüber für richtig und will die Berufung zurückgewiesen wissen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit den sich aus den folgenden Ausführungen ergebenden Änderungen und Ergänzungen Bezug genommen - § 540 Abs. 1 ZPO.

II.

(Maßgeblich für die Entscheidung sind die Vorschriften des Schuldrechts in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung.)

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur hinsichtlich eines Betrages von 10.483,41 EUR nebst anteiligen Zinsen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Restwerklohn / Zahlungen Differenz: 10.483,41 EUR

Das Landgericht hat unter Berücksichtung vereinbarter Nachlässe, Skonti und der vertraglich vereinbarten Umlagen für Bauwesenversicherung und Wasser/Strom einen im Berufungsverfahren nunmehr unstreitigen Restwerklohn von 96.383,66 EUR ermittelt. Davon ist - mit der Berufung ebenfalls nicht angegriffen - ein Sicherheitseinbehalt von 4.855,60 EUR abzuziehen, so dass ./. 91.528,06 EUR verbleiben. Hiervon hat das Landgericht entsprechend dem Vorbringen des Klägers Zahlungen der Beklagten in Höhe von insgesamt ./. 38.934,82 EUR in Abzug gebracht. So errechnet sich der ausgeurteilte Betrag von 52.593,24 EUR.

Das vom Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Vorbringen des Klägers zur Höhe der geleisteten Abschlagszahlungen beruht offenkundig auf der Abrechnung der Beklagten im Schreiben vom 31.10.2002 (Anlage K 4 zur Klageschrift, Bl. 69 GA), wo die Beklagte selbst Abschläge (nur) in entsprechender Höhe in Ansatz gebracht hat. Im streitigen Verfahren hat sie indes Zahlungen von insgesamt 51.838,08 EUR geltend gemacht; so hat auch die Insolvenzschuldnerin in der Schlussrechnung vom 06.06.2002 (Anlage K2, Bl. 20ff. GA, dort S. 4, Bl. 24 GA) abgerechnet. Streitig sind die 3. und die 4. Abschlagszahlung.

a) 3. Abschlagszahlung

Das Landgericht hat einen Betrag von 5.624,21 EUR berücksichtigt (Schreiben vom 31.10.2002, Anlage K4, Bl. 69 GA). Die Beklagte will 11.000,00 EUR geleistet haben, davon allerdings 2.354,61 EUR und 65,24 EUR durch Verrechnung mit anderweitigen Gegenforderungen (S. 2 des Schriftsatzes vom 23.04.2004, Bl. 191 GA). Sie hat spätestens im Berufungsverfahren unmissverständlich klargestellt, dass nur der Differenzbetrag von 8.580,15 EUR tatsächlich gezahlt worden sein soll (S. 2 BB, Bl. 288 GA). Hierzu hat die Beklagte jedenfalls im Berufungsverfahren schlüssig unter Vorlage entsprechender Kontounterlagen vorgetragen, am 21.02.2002 eine entsprechende Überweisung über ihre Hausbank veranlasst zu haben. Das wird belegt durch einen vom Landgericht mit Recht vermissten und erst mit der Berufungsschrift vorgelegten Kontoauszug vom 22.02.2002, der eine Sammelüberweisung über 205.823,90 EUR mit Wertstellung am 25.02.2002 ausweist (Anlage Ki 3, Anlagenhefter zur BB). Welche Forderungen mit der Überweisung bedient wurden, ist der beigefügten Aufschlüsselung der Anweisung (Anlage Ki 4, Anlagenhefter BB) zu entnehmen. Danach sind unter Hinweis auf die Verrechnung der o. g. Teilbeträge 8.580,15 EUR an die Insolvenzschuldnerin geflossen, und zwar auf das von ihr auf ihrem Geschäftspapier angegebene Geschäftskonto. In Erwägung all dessen war es nunmehr Sache des Klägers, Nachforschungen über den Eingang der Zahlungen bei der Insolvenzschuldnerin anzustellen und konkret - gglfs. durch Vorlage aussagekräftiger Kontounterlagen für den in Rede stehenden Zeitraum - darzutun, die von der Beklagten behaupteten Beträge nicht erhalten zu haben. Solches Vorbringen fehlt. Vielmehr räumt der Kläger ausdrücklich ein, keine konkreten Erkenntnisse über die behaupteten Zahlungen zu haben und er beruft sich stattdessen ausschließlich darauf, das Vorbringen der Beklagten in diesem Punkt sei neu und verspätet (S. 3 BE, Bl. 316 GA). Damit dringt der Kläger nicht durch. Denn der Sachvortrag der Beklagten zu den Umständen der behaupteten Zahlung hat nunmehr als unstreitig zu gelten (§ 138 Abs. 3 ZPO) und unterliegt schon deshalb nicht den Beschränkungen des § 531 Abs. 2 ZPO (BGH IBR 2005, 180). Daraus folgt, dass von der erstinstanzlich zuerkannten Restwerklohnforderung 2.955,94 EUR (8.580,15 EUR ./. 5.624,21 EUR) abzuziehen sind.

b) 4. Abschlagszahlung

Die obigen Ausführungen gelten entsprechend für die 4. Abschlagszahlung. Insoweit hat die Beklagte die behauptete Überweisung eines Betrages von 15.402,79 EUR durch einen Kontoauszug über eine Sammelüberweisung vom 14.03.2002, Wertstellung am 15.03.2002 (Anlage Ki 1a, Anlagenhefter Berufung), nebst Aufschlüsselung (Anlage Ki 2, Anlagenhefter Berufung) nachvollziehbar und mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln lückenlos belegt. Dem ist der Kläger ebenfalls nicht konkret entgegengetreten. Dementsprechend reduziert sich aus den soeben dargelegten Gründen die Restwerklohnforderung um weitere 7.527,47 EUR (15.402,79 EUR ./. 7.875,32 EUR), insgesamt 10.483,41 EUR.

2. Gegenansprüche Baumängel

Die Beklagte rechnet mit Gegenforderungen in Höhe der Kosten für die Beseitigung angeblich in die Verantwortung der Insolvenzschuldnerin fallender Mängel ihrer Werkleistungen auf. Unklar ist, woraus sie diese Ansprüche herleitet. In Betracht kommen § 633 Abs. 3 BGB a. F. und § 635 BGB a. F.; welche Anspruchsgrundlage nach Auffassung der Beklagten Anwendung finden soll; ist im Ergebnis ohne Belang. Jedenfalls handelt es sich nach herrschender Meinung nicht um Aufrechnung, sondern um einen Fall der Verrechnung.

Die Forderungen sind im Einzelnen:

a) Verstopfung Wasserleitung 279,56 EUR

b) Reparatur Gehwegpflaster 2.380,02 EUR

c) Schuttbeseitigung Haus P 23 1.022,58 EUR

d) Böschungsberichtigung 2.500,00 EUR

e) Instandsetzung Pflanzbeete 800,00 EUR

f) Reparatur Holzzaun 600,00 EUR

g) Kanalanschluss 9.949,85 EUR

Die Höhe der Mängelbeseitigungskosten ergibt sich aus den mit Schriftsatz vom 03.09.2003 vorgelegten Rechnungsbelegen (Anlagenkonvolut B 6, Anlagenhefter) der mit der Ersatzvornahme beauftragten Drittfirmen.

Der Beklagten stehen die geltend gemachten Gegenforderungen nicht zu. Völlig zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht den Tatsachenvortrag der Beklagten hierzu für nicht hinreichend substantiiert und deshalb im Ergebnis für unbeachtlich gehalten. Die hiergegen mit der Berufung vorgetragenen Einwendungen erschöpfen sich weitgehend in der Wiederholung des erstinstanzlichen Tatsachenvortrages und geben lediglich in drei Punkten zu ergänzenden Ausführungen Anlass:

zu d): Böschungsberichtigung

Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Insolvenzschuldnerin die Böschung nicht entsprechend den im Ausgangsvertrag vereinbarten Vorgaben erbracht hat. Sie beruft sich vielmehr darauf, die Insolvenzschuldnerin habe eine Weisung missachtet, die Oberkante der Böschung exakt auf die Grundstücksgrenze zu setzen (S. 7 BB, Bl. 293 GA). Dieses Vorbringen ist unentschuldigt neu und streitig (S. 7 BE, Bl. 320 GA); es ist deshalb gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unbeachtlich. Im Übrigen ist auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten in Bezug genommenen Rechnung der Firma B..... GbR vom 17.07.2002 (Anlagenkonvolut B 6, Anlagenhefter zum Schriftsatz vom 03.09.2003) weiterhin unklar, in welchem Umfang die Werkleistungen der Insolvenzschuldnerin zur weisungskonformen Herstellung der Böschung korrigiert werden mussten und welche Arbeiten hierfür konkret mit welchem Aufwand erforderlich gewesen sein sollen.

zu e): Instandsetzung Pflanzbeete

Die Beklagte beruft sich darauf, sie habe von der Insolvenzschuldnerin nach dem Vertrag geschuldete und unter Pos. 4.1 bis 4.5 der Schlussrechnung vom 06.06.2002 (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 22 GA) abgerechnete Arbeiten an den Pflanzbeeten mit einem Kostenaufwand von 800,00 EUR durch die K..... GmbH ausführen lassen müssen. Das ist mit dem Inhalt der hierzu eingereichten Rechnung der K..... GmbH (Anlagenkonvolut B 6, Anlagenhefter zum Schriftsatz vom 03.09.2003) nicht in Einklang zu bringen. Dort ist von Nacharbeiten (Reinigung, Beseitigung überflüssiger Boden, Aufbringen von Mutterboden) die Rede, die offenkundig nicht mit den vertraglich geschuldeten Originärarbeiten identisch sind. In welchem Umfang diese Leistungen tatsächlich mit dem in Ansatz gebrachten Kostenaufwand nachgebessert werden mussten, ist dem Vorbringen der Beklagten selbst bei großzügiger Würdigung nicht zu entnehmen.

zu g): Kanalanschluss

Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass die Insolvenzschuldnerin nicht feststellbar vertraglich verpflichtet gewesen sei, die Entwässerungsleitung an den Sickerschacht anzuschließen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Im Berufungsverfahren beruft sich die Beklagte nunmehr erstmals darauf, der Insolvenzschuldnerin nachträglich mit Übergabe eines Detailplans (Anlage K1 6a zur BB, Anlagenhefter) eine entsprechende Weisung erteilt zu haben. Abgesehen davon, dass dieser streitige Tatsachenvortrag unentschuldigt neu ist und also gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Berufungsverfahren im Ergebnis keine Berücksichtigung findet, kann die Beklagte die durch Rechnung der S..... GmbH vom 15.12.2003 belegten Aufwendungen (Anlage B 3 zum Schriftsatz vom 23.03.2004, Anlagenhefter) schon deshalb nicht erstattet verlangen, weil sie auch der Insolvenzschuldnerin die ihrem eigenen Vorbringen zufolge nachträglich angeordneten Zusatzarbeiten als "Sowieso-Kosten" hätte vergüten müssen. Und schließlich: Die Beklagte behauptet jetzt, die in Rede stehenden Kanalarbeiten habe die Insolvenzschuldnerin als Subunternehmerin der K..... GmbH ausgeführt. Dann können eventuelle Ansprüche nur aus dem Auftrag der K..... GmbH vom 23.04.2002 (Anlage B 2 zum Schriftsatz vom 03.09.2003, Anlagenhefter) resultieren, über dessen Inhalt und Abwicklung nichts Konkretes vorgetragen ist. Der Tatsachenvortrag der Beklagten ist in diesem Punkt zudem nicht mit ihrer erstinstanzlichen Behauptung und den darauf gestützten Feststellungen des Landgerichts in Einklang zu bringen, die Gegenforderung stehe "in unmittelbarem Zusammenhang mit dem hier streitgegenständlichen Auftrag Außenanlagen und Entwässerungsarbeiten" (S. 4 des Schriftsatzes vom 23.03.2004, Bl. 193 GA).

Nach alledem kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits hinsichtlich eventueller Gegenforderungen für Baumängel also nicht darauf an, ob die Insolvenzschuldnerin Gelegenheit zur Nachbesserung hatte oder ob eine fristgebundene Aufforderung zur Mängelbeseitigung (§ 633 Abs. 3 BGB a. F.; § 634 Abs. 1 S. 2 BGB a. F.) ggfls. entbehrlich war, weil die Insolvenzschuldnerin bzw. der Kläger die weitere Erfüllung ihrer vertraglichen (Nachbesserungs-) Pflichten endgültig und ernsthaft verweigert hatte.

3. Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen wegen Überzahlung aus dem Vertragsverhältnis über Ausschachtungsarbeiten gemäß Auftrag vom 08.05.2001 (Anlage B 4 zum Schriftsatz vom 23.03.2004, Anlagenhefter)

a) Doppelberechnung aus dem Bereich W..... 2 29.115,33 EUR

Gegenstand der Gegenforderung aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB sind die unter Pos. 1.2 der Schlussrechnung der Insolvenzschuldnerin vom 08.11.2001 (Anlage B 5 zum Schriftsatz vom 23.03.2004, Anlagenhefter) abgerechneten Leistungen betreffend "2.026,50 cbm Bodenaushub lösen und abfahren einschließlich Kippgebühren" zum Preis von 28,10 DM/cbm. Die Beklagte beanstandet eine Doppelberechnung, weil die nämliche Menge Bodenaushub abweichend vom Auftrag kraft nachträglicher Vereinbarung tatsächlich auf einem Nachbargrundstück zwischengelagert worden sei, wofür die Insolvenzschuldnerin in der vorerwähnten Rechnung unter Pos. 1.2 weitere 29.783,30 DM abgerechnet habe (vgl. S. 6f. des Schriftsatzes vom 23.03.2004, Bl. 195f. GA, und S. 5 BB, Bl. 291 GA). Indes: die Rechnung ist geprüft und beanstandungslos bezahlt worden. Darin liegt ein deklaratorisches Anerkenntnis, durch das die Beklagte mit Einwendungen gegen die abgerechneten Forderungen ausgeschlossen ist, soweit ihr die für die Geltendmachung etwaiger Gegenrechte maßgeblichen Umstände im fraglichen Zeitpunkt bekannt waren oder zumindest hätten bekannt sein müssen (Senatsurteil vom 01.07.1997, BauR 1997, 1052; vgl. auch: BGH NJW 1995, 3311). Letzteres war hier unzweifelhaft der Fall, weil sich für die Beklagte in Kenntnis der sonstigen tatsächlichen Umstände der nunmehr geltend gemachte Überzahlungseinwand schon aus dem Inhalt der Rechnung selbst ergeben musste. Sie kann sich deshalb m. E. auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Insolvenzschuldnerin dürfe sich nicht auf die Anerkenntniswirkung der widerspruchslosen Zahlung berufen, weil sie wissentlich grob falsch abgerechnet und so leichtfertig nicht gerechtfertigtes Vertrauen missbraucht habe. Richtig ist zwar, dass unter Pos. 1.2 des Auftrages lediglich "5.929,83 cbm Bodenaushub lösen und abfahren" ausgeschrieben waren, während nach der o. g. Rechnung weitere 2.032,99 cbm Bodenaushub ausgeschachtet und gelagert worden sein sollen. Gerade diese Zusammenhänge hat die Insolvenzschuldnerin allerdings mit den Angaben in der Rechnung in einer Weise offen gelegt, die den Vertragspartner bei vernünftiger, lebensnaher Betrachtungsweise nicht in Unkenntnis darüber lassen konnte, für welche Leistungen der beanspruchte Werklohn zu zahlen war. Bei dieser Sachlage kann von der treuwidrigen Herbeiführung einer (Über-) Zahlung mit Anerkenntniswirkung keine Rede sein. Auf den vom Landgericht darüber hinaus in Betracht gezogenen Gesichtspunkt eines Aufrechnungsausschlusses gemäß § 95 InsO kommt es nach alledem nicht an.

b) Überzahlung für nicht erbrachte Leistungen Abraum 8.185,65 EUR

Im Verfahren erster Instanz hat die Beklagte die Kosten der Ersatzvornahme für den von der Insolvenzschuldnerin angeblich nicht erledigten Abtransport von Abraum nach Maßgabe des Angebots der C. L..... GmbH & Co. KG vom 24.06.2002 (Anlage B2 zum Schriftsatz vom 23.03.2004, Anlagenhefter) in Höhe von 23.573,90 DM netto (27.345,72 EUR brutto) beansprucht (S. 2ff. des Schriftsatzes vom 23.03.2004, Bl. 191ff. GA). Nachdem das Landgericht ihren dahingehenden Tatsachenvortrag im angefochtenen Urteil mit Recht für unzureichend erachtet hat, stützt die Beklagte die Gegenforderung im Berufungsverfahren nunmehr auf eine angebliche Überzahlung für tatsächlich nicht erbrachte Vertragsleistungen in Höhe von 8.185,65 EUR. Anspruchsgrundlage hierfür ist § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Die Rückforderung betrifft ebenfalls Leistungen gemäß Pos. 1.2 des Auftrages vom 08.05.2001, nunmehr den auf dem Nachbargrundstück gelagerten Abraum. Ein entsprechender Anspruch steht der Beklagten aus den unter a) genannten Gründen nicht zu, weil sie die geprüfte Rechnung widerspruchslos bezahlt und so die dort geltend gemachten Forderungen anerkannt hat. Mit dem Einwand, die Rechnung sei nur in Ansehung einer Zusage der Insolvenzschuldnerin bezahlt worden, den zurückgelassenen Abraum alsbald zu entfernen, findet die Beklagte kein Gehör. Ihr dahingehendes Vorbringen ist unentschuldigt neu. Es ist gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unbeachtlich, weil der Kläger in Abrede stellt, dass überhaupt Abraum zurückgelassen worden sei und damit zugleich konkludent die von der Beklagten behauptete Zusage bestreitet.

Unklar ist im Übrigen, auf welche Rechnungsposition sich der Überzahlungseinwand bezieht, insbesondere, ob es sich bei dem zwischengelagerten Abraum um eben den Bodenaushub handelte, den die Insolvenzschuldnerin abredegemäß auf dem Nachbargründstück lagern sollte. Dann wäre allerdings verständlich, warum die Insolvenzschuldnerin in ihrer Schlussrechnung vom 08.11.2001 zusätzlich zu den von der Beklagten gebilligten Lagerkosten die Vertragspreise für Abtransport und Kippgebühren in Ansatz gebracht hat. Andernfalls hätte die Beklagte darlegen müssen, aufgrund welcher Umstände es dazu gekommen ist, dass der dann abredegemäß zum Abtransport vorgesehene Abraum gleichwohl zwischengelagert wurde.

4. Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus dem Vertragsverhältnis der Insolvenzschuldnerin mit der K..... GmbH gemäß Auftrag vom 23.04.2002 (Anlage B 2 zum Schriftsatz 03.09.2003, Anlagenhefter)

Im Verfahren erster Instanz hat sich die Beklagte auf der Grundlage der zwischen den Parteien streitigen Verrechnungsabrede darauf berufen, der Restwerklohnforderung kündigungsbedingte Schadensersatzansprüche der K..... GmbH aus dem o. g. Vertrag in Höhe von 154.652,89 EUR entgegenhalten zu können. Das Landgericht hat seiner Entscheidung die Annahme zugrunde gelegt, dass der Kläger die Verrechnungsabrede wirksam gemäß § 131 InsO angefochten habe und hilfsweise ausgeführt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht schlüssig dargetan seien. Die diese Annahme tragenden Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Sie werden mit der Berufung nicht angegriffen, die im Übrigen nicht erkennbar an der Geltendmachung jener Schadensersatzansprüche festhält, so dass sich weitere Ausführungen zur Wirksamkeit der Verrechnungsabrede und der Aufrechenbarkeit der Forderungen erübrigen.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 97 Abs. 1, Abs. 2 ZPO. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die Beklagte im Berufungsrechtszug aufgrund neuen Tatsachenvorbringens teilweise obsiegt, welches sie bei sorgfältiger Prozessführung schon in das Verfahren erster Instanz hätte einführen können und müssen. Das führt dazu, dass ihr die Kosten des Berufungsverfahrens ungeachtet ihres teilweisen Obsiegens insgesamt aufzuerlegen waren.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichtes auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist - § 543 Abs. 2 ZPO.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 52.593,24 EUR

Ende der Entscheidung

Zurück