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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.11.2006
Aktenzeichen: I-21 U 74/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 635 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 26.01.2006 (21 O 197/04) verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg einschließlich des Zwischenurteils vom 03.11.2005 (ebenfalls 21 O 197/04) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche wegen einer im September 2001 von der W. U. GmbH. erworbenen und montierten Ozonanlage geltend, die aufgrund eines Konstruktionsfehlers und einer mangelhaften Bedienungsanleitung bei der Entleerung beschädigt worden sein soll. Die W. U. GmbH. hatte in der Vorkorrespondenz gegenüber der Klägerin auch auf die Einrede der Verjährung oder Verfristung bis zum 31.12.2004 verzichtet. Unter dem 27. Dezember 2004 reichte die Klägerin gegen die "W. AG," Klage ein. Für die W. AG, die jetzige Berufungsbeklagte, haben sich alsbald deren Prozessbevollmächtigte bestellt und die Abweisung der Klage begehrt, weil die W. AG - unstreitig - nicht Vertragspartei der Klägerin sei.

Die Klägerin hat daraufhin Berichtigung des Rubrums dahingehend begehrt, dass die Beklagte nicht die W. AG, sondern die W. U. GmbH. sei. Dies hat das Landgericht durch Beschluss vom 1. April 2005 abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde durch Beschluss des Senats vom 6. September 2005 als unzulässig zurückgewiesen (I-21 W 21/05, OLG Düsseldorf).

Durch Zwischenurteil vom 3. November 2005 hat das Landgericht auf Antrag der Beklagten festgestellt, dass die als Beklagte auftretende W. AG mit der wahren Beklagten identisch sei. Den gleichzeitigen Antrag der Klägerin festzustellen, dass die W. U. GmbH. mit der wahren Beklagten identisch sei, hat das Landgericht zurückgewiesen.

Durch Urteil vom 26. Januar 2006 hat das Landgericht schließlich die Klage abgewiesen, weil der Klägerin gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB a. F. zustehe.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie ist der Auffassung, sie habe von Anfang an die W. U. GmbH. in Anspruch genommen. Durch Auslegung hätte das Landgericht ebenfalls zu diesem Ergebnis gelangen müssen. Aus der Sicht der Empfängerin sei ebenfalls von vorneherein erkennbar gewesen, dass die W. U. GmbH. die wahre Beklagte sein sollte.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Duisburg vom 26.01.2006 sowie unter Abänderung des Zwischenurteils des Landgerichts Duisburg vom 03.11.2005

1. festzustellen, dass die W. U. GmbH., vertreten durch die Geschäftsführer S. L., H. W. und Dr. A. R., mit der wahren Beklagten identisch ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.012,38 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2004 zu zahlen.

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

unter Aufhebung der vorbezeichneten Entscheidungen den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Duisburg zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe richtig entschieden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gegenseitigen Schriftsätze sowie die zur Akte gereichten Urkunden sowie auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts im Zwischenurteil vom 03.11.2004 sowie dem Urteil vom 26.01.2006 verwiesen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, nachdem es zuvor durch nicht selbständig anfechtbares Zwischenurteil festgestellt hatte, dass wahre Beklagte die W. AG sei.

Die Klägerin hat von vornherein mit ihrer am 27. Dezember 2004 bei Gericht eingereichten Klage die W. AG in Anspruch genommen. Eine Auslegung dahingehend, dass sich hinter dieser Parteibezeichnung erkennbar die W. U. GmbH. verberge, ist nicht vorzunehmen.

Eine Parteibezeichnung ist zwar als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Dabei ist maßgeblich, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhaltes beizulegen ist. Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Von einer solchen fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist jedoch die irrtümliche Benennung der falschen Partei als Partei. Diese wird dann Partei, weil es entscheidend auf den Willen der Klägerin so, wie er auch objektiv geäußert ist, ankommt (vgl. dazu BGH BauR 1987, 351, 352). Daran gemessen ist vorliegend eine Auslegung der Parteibezeichnung nicht möglich. Die Bezeichnung W. AG ist eindeutig der Firmenname der jetzigen Beklagten. Objektiv unrichtig war nur die Straßenbezeichnung . Die W. AG residiert, wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde, unter. Dieses Indiz ist jedoch so gering zu bewerten, da es den Parteien selbst bis zur Erörterung durch den Senat nicht aufgefallen war, dass es keine anderweitige Auslegung rechtfertigt. An der Eindeutigkeit der Bezeichnung "W. AG" ändert auch nichts der Umstand, dass sowohl Gericht wie auch W. AG nach Sichtung der Unterlagen alsbald erkennen konnten, dass die W. AG nicht Vertragspartner der Klägerin und damit nicht schadensersatzpflichtig sein würde. Objektiv musste sie die Parteibezeichnung in der Klageschrift aber dahingehend bewerten, dass sie in Anspruch genommen werden sollte. Im übrigen zeigt gerade auch die Beschreibung in dem Schriftsatz vom 8. März 2005, dass es sich um eine irrtümliche Benennung der AG und nicht nur um eine etwa falsche Wiedergabe der Firmenbezeichnung der Vertragspartnerin handelte (etwa: W. U. AG), die zu verklagen sie beabsichtigte. Auch dies spricht dafür, dass es sich um eine irrtümliche Falschbenennung einer Partei handelte. In diesem Fall wird die im Rubrum benannte Gesellschaft auch Partei des Verfahrens.

Die beklagte AG war auch nicht verpflichtet, nachdem der Irrtum der Klägerin erkannt war, darauf hinzuwirken, dass die W. U. GmbH mit ihr die Parteirolle wechseln würde. Bei der W. AG und der W. U. GmbH. handelt es sich um zwei selbständige Unternehmen. Diese waren nicht verpflichtet, sich so behandeln zu lassen, als sei wirtschaftlich gesehen die GmbH von Anfang an verklagt worden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamm (NJW-RR 1991, 188 ff.) bzw. des Landgerichts Marburg (VersR 1993, 1422). Die W. AG hat im Vorfeld mit der Klägerin keinerlei Verhandlungen geführt und damit nicht den Eindruck erweckt, sie als Konzernmutter würde für ein eventuelles Fehlverhalten der GmbH einstehen. Die Verhandlungen wurden ausschließlich zwischen der Klägerin und der GmbH geführt.

Abgesehen davon könnte die Berufung aber - wie mit Hinweis des Senats vom 16.10.2006 bereits dargelegt - auch dann keinen Erfolg haben, wenn die Bezeichnung "W. AG" mit Rücksicht auf die falsche Hausnummer als auslegungsfähig angesehen würde. Dann wäre die W. AG, der die Klage zugestellt wurde, zumindest als Scheinbeklagte des in erster Instanz geführten Prozesses beteiligt gewesen, während die dann vermeintlich "wahre Beklagte" bis zum Schluss der ersten Instanz nie am Prozessverhältnis beteiligt war, weil dieser die Klageschrift nicht zugestellt war (vgl. dazu BGH NJW 1994, 3232, 3233 ). Die W. AG aus diesem Prozessrechtsverhältnis gegen Kostenerstattung zu entlassen (vgl. dazu BGH NJW-RR 1995, 764, 765), hatte die Klägerin allerdings kein Interesse, weil sie sich die Zustellung der Klageschrift an diese mit Blick auf die drohende Verjährung der Gewährleistungsansprüche schließlich erhalten wollte, so dass die Klägerin nichts daraus herleiten kann, dass die beklagte AG nicht ihrerseits ausdrücklich darauf gedrungen hat, aus dem Prozess entlassen zu werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.

Gründe, die Revision gemäß § 543 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor.

Streitwert: 30.012,38 €.

Ende der Entscheidung

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