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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 01.07.2008
Aktenzeichen: I-21 W 11/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers werden die Kostenfestsetzungsbeschlüsse II und III des Landgerichts Wuppertal vom 18.02.2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die festzusetzenden Kosten - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - mit der Maßgabe an das Landgericht zurückverwiesen, dass Kosten des außergerichtlich beauftragten Architekturbüros Sch... und H... dem Grunde nach erstattungsfähig sind.

Eine Beschwerdegebühr fällt nicht an.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Privatgutachtens der Architekten Sch... und H... . Der Kläger hatte diese beauftragt, um die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zu bewerten. Durch die angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse hat das Landgericht die Kosten dieses Gutachtens nicht berücksichtigt, weil die Höhe der Mängelbeseitigungskosten auch in dem selbständigen Beweisverfahren - Az. 1 OH 10/97 - hätte festgestellt werden können.

II.

Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Beschwerde des Klägers ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 ZPO). Sie hat in der Sache Erfolg. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind die vom Kläger für das Privatgutachten aufgewandten Kosten dem Grunde nach erstattungsfähig. Ob die Höhe der Kosten angemessen ist, wird das Landgericht noch zu prüfen haben.

§ 91 Abs. 1 ZPO sieht eine Erstattungspflicht nur für die dem Gegner erwachsenen Kosten des Rechtsstreits vor. Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert (vgl. BGH, MDR 2003, 413; NJW 2006, 2415). Darüber hinaus muss der Auftrag an den Privatsachverständigen im konkreten Fall auch notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung sein (BGH a.a.O.) Vor Prozessbeginn erstattete Gutachten sind ausnahmsweise erstattungsfähig, soweit die angefallenen Kosten mit einem konkreten, bevorstehenden Rechtsstreit in einer unmittelbaren Beziehung stehen, also prozessbezogen waren. Das eingeholte Privatgutachten muss damit den Streitgegenstand des Bauprozesses betreffen (vgl. BGH a.a.O. und Urteil vom 04.03.2008 - VI ZR 72/06 -). Dabei ist auf den tatsächlichen Verfahrensverlauf abzustellen. Die Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bestimmt sich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei diese die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte (BGH a.a.O.).

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Feststellungen des für das benannte Architekturbüro tätigen Architektin H...-R... waren schon deshalb prozessbezogen, weil sie die Grundlage für die Bezifferung der Klageforderungen bildeten. In der Klageschrift bezog sich der Kläger zur Höhe und zum Umfang des von ihm beschriebenen Mängelbeseitigungsaufwands auf das sachverständige Zeugnis von Frau H...-R... . Die Höhe der Klageforderung stimmt überein mit dem Ergebnis der Kostenschätzung von Frau H...-R... vom 10.07.2000 (Anlage H 7). Die Schätzung war damit ausgerichtet auf den bevorstehenden Prozess. Unmittelbar im Anschluss an die Kostenschätzung vom 10.07.2000 wurde der Rechtsstreit am 27.07.2000 anhängig gemacht. Der Auftrag an die Privatsachverständige war im konkreten Fall auch zur Beeinflussung des Rechtsstreits erforderlich und geeignet. Der Kläger war gehalten, seine Klageforderung schlüssig darzulegen. Hierzu benötigte er fachliche Unterstützung, weil nicht nur die Ursache der aufgetretenen Risse im Estrichboden streitig war, sondern auch der Umfang und die Höhe der Mängelbeseitigungsarbeiten.

Die Erforderlichkeit der gutachterlichen Bewertungen scheitert auch nicht daran, dass anstelle der Einschaltung der Privatgutachterin das selbständige Beweisverfahren - Landgericht Wuppertal 1 OH 10/97 - hätte fortgesetzt werden können. Denn der dort benannte Gutachter hat ausweislich seines Gutachtens vom 27.01.2000 die Kosten nur "grob überschlägig auf rd. 80.000 DM geschätzt". Dieser sah sich nicht in der Lage, Angaben zu den Kosten zu machen. Hierzu sei - seiner Einschätzung nach - eine Sanierungsplanung in einem Angebotsverfahren notwendig. Ungeachtet der bisherigen Feststellungen des gerichtlich bestellten Sacherständigen hätte also zur Höhe des Mängelbeseitigungsaufwands ein weiteres ergänzendes Gutachten eingeholt werden müssen. Weitere Kosten wären damit in jedem Fall entstanden. Abgesehen davon ist der Unterschied zwischen der Weiterführung eines selbständigen Beweisverfahrens und der Einholung eines Privatgutachtens nicht so erheblich, dass eine Partei verpflichtet sein kann, anstelle von Privatgutachten ein selbständiges Beweisverfahren durchzuführen (vgl. OLG Karlsruhe BauR 2007, 1450 ff). In jedem Fall ist das Gericht der Hauptsache gehalten, sich mit dem Ergebnis der Privatgutachten sorgfältig auseinander zu setzen.

Die durch die Einschaltung des Architekturbüros Sch... und H... entstandenen Kosten bewegen sich hinsichtlich des Stundensatzes der Architektin H...-R... von 100,-- DM in einem der Aufgabenstellung angemessenen Rahmen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige D... hatte einen Stundensatz von 150 DM abgerechnet. Allerdings sind die Sekretariatskosten von 630 DM sowohl hinsichtlich der Stundenanzahl als auch des Stundensatzes nicht nachvollziehbar. Die Architektin hat kein ausführliches schriftliches Gutachten erstellt, was den Sekretariatsaufwand rechtfertigen könnte. Hierzu werden im Kostenfestsetzungsverfahren noch weitere Feststellungen zu treffen sein.

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