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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.05.2007
Aktenzeichen: I-22 U 28/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 29 | |
ZPO § 29 Abs. 1 |
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. September 2006 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
A.
Die Klägerin klagt aus abgetretenem Recht. Sie ist ein Factoring-Unternehmen. Gegenstand des Unternehmens ist der Ankauf von Forderungen und die Übernahme des Delkredere-Risikos. Dabei werden insbesondere Forderungen türkischer Unternehmen gegen Kunden, die in der europäischen Union domizilieren, erworben.
Die Klägerin macht die Forderungen dreier türkischer Unternehmen geltend, nämlich der E., der G. und I. Diese Unternehmen verkauften und lieferten der Beklagten in erheblichem Umfang Textilien.
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, aufgrund der Abtretung sei die Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben. Auf das zugrunde liegende Vertragsverhältnis sei türkisches Recht anwendbar. Aus Artikel 73 des türkischen Obligationsrechts ergebe sich, dass bei Geldschulden der Erfüllungsort der Sitz des Gläubigers sei. Die Klägerin hat behauptet, dass zwischen den Verkäufern und der Beklagten der Imcoterm "FOB" vereinbart worden sei.
Hinsichtlich der materiellen Berechtigung der Forderung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 5.4.2006 (Bl. 42 ff. GA) Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 183.743,47 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.8.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht gewesen, die Klage sei mangels internationaler Zuständigkeit des Landgerichts M. unzulässig. Da die Waren nach Großbritannien geliefert worden seien, seien gem. Artikel 5 Nr. 1 b EuGVVO die Gerichte Großbritanniens international zuständig.
Mit seinem am 25.9.2006 verkündeten Urteil, auf das wegen der weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 114 ff. GA), hat das Landgericht M. - Kammer für Handelssachen - die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:
Das Landgericht M. sei international nicht zuständig für die Entscheidung des Rechtsstreits. Die Frage, ob die deutschen Gerichte oder die Gerichte Großbritanniens für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit international zuständig seien, richte sich nach Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Hier sei nach der Grundregel des Artikel 2 Abs. 1 EuGVVO die Zuständigkeit der britischen Gerichte gegeben. Nichts anderes lasse sich Artikel 5 Nr. 1 a EuGVVO entnehmen. Dabei könne dahinstehen, ob nach dem Recht der Türkei und/oder nach den Vorschriften des CISG der Sitz der Verkäufer der Textilwaren als (ursprünglicher) Erfüllungsort anzusehen sei. Denn die Bestimmung des Artikel 5 Nr. 1a EuGVVO werde durch Artikel 5 Nr. 1 b EuGVVO für Verträge über Warenlieferungen verdrängt. Danach werde der für die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit maßgebliche Erfüllungsort für den Verkauf beweglicher Sachen als der Ort festgelegt, an den die Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen. Der Begriff des Erfüllungsortes sei dabei autonom, also nicht nach dem IPR des Gerichtsstaates, sondern nach "rein faktischen" Kriterien zu bestimmen. Der Erfüllungsort liege damit nach dem Vortrag beider Parteien jedenfalls nicht in Deutschland. Der Erfüllungsort für die Lieferverpflichtung sei auch gleichzeitig maßgebend für alle anderen Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis, insbesondere auch für den Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises. Daraus folge, dass der Erfüllungsort für den Zahlungsanspruch nach dem Vortrag beider Parteien jedenfalls nicht in Deutschland, sondern entweder in Großbritannien oder in der Türkei liege.
Gegen dieses der Klägerin am 2.10.2006 zugestellte Urteil hat sie mit einem beim Oberlandesgericht Düsseldorf am 27.10.2006 eingegangenen Schriftsatz die Berufung eingelegt und sie mit einem am 8.11.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit der Berufung verfolgt sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter. Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint. Das Landgericht M. sei gemäß § 29 Abs. 1 ZPO zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen. Die Beklagte könne ihre Zahlungsverpflichtung aus dem Kaufvertrag nach der Abtretung nur noch durch die Zahlungen an die Klägerin in M. erfüllen. Nach dem hier anzuwendenden türkischen Recht sei Erfüllungsort für die Kaufpreiszahlung der Geschäftssitz des Verkäufers. Durch die Abtretung der Forderung vom Verkäufer an die Klägerin habe sich der Erfüllungsort an den Sitz der Klägerin verlagert. Das Landgericht habe zu Unrecht auf Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO abgestellt, da zwischen dem Verkäufer und der Beklagten der Incoterm "FOB" vereinbart worden sei. Der Erfüllungsort sei daher in der Türkei gelegen, die jedoch nicht in den Anwendungsbereich der EuGVVO falle, da diese nur in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gelte. Zur Klärung der Zuständigkeitsfrage sei daher wieder auf das internationale Privatrecht zurückzugreifen. Die Abtretung habe zu einer Änderung des Erfüllungsortes und damit zu einer Änderung der internationalen Zuständigkeit geführt.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des am 25.9.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Mönchengladbach die Beklagte zu verurteilen, an sie 183.743,47 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.8.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags verteidigt sie die landgerichtliche Entscheidung als zutreffend. Sie ist der Ansicht, für die Bestimmung der Zuständigkeit sei allein auf die Vorschriften der EuGVVO abzustellen. Diese stellten abstrakt auf den Ort der Lieferung ab, der hier ungeachtet eines auf Rechnungen gedruckten FOB-Terms jedenfalls nicht in Deutschland gewesen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 8.11.2006 (Bl. 126 ff. GA) und ihren Schriftsatz vom 16.4.2007 (Bl. 150 ff. GA) und vom 2.5.2007 (Bl. 159 f. GA) sowie auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 14.2.2007 (Bl. 142 ff. GA) Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Eine internationale Zuständigkeit des Landgerichts M. besteht nicht.
1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich die Frage der Zuständigkeit zwischen den Parteien allein nach den Vorschriften der EuGVVO, die die Regelungen des GVÜ zwischen den Mitgliedsstaaten Deutschland und Großbritannien ersetzt hat, richtet.
Die Klägerin ist durch die Abtretung der Forderung, was zwischen den Parteien nicht streitig ist, Forderungsinhaberin geworden. Die Gläubigerstellung ist durch das echte Factoring (vergl. Palandt-Grüneberg, 66. A., § 398 BGB Rn. 36) vollständig auf die Klägerin übergangen ist. Das führt dazu, dass nunmehr die EuGVVO anwendbar ist, weil beide Parteien ihren Sitz in Vertragsstaaten der Verordnung haben. Die Regelungen der EuGVVO verdrängen für ihren Anwendungsbereich das nationale Recht, insbesondere damit auch das nationale IPR (EGBGB) und IZPR (vergl. auch Art. 3 Abs. 2 EGBGB, § 3 Abs. 1 EuGVVO; Baumbach u.a., 65. A., S. 2855 Rn. 2 zum früheren EuGVÜ). Das bedeutet aber, dass die mit der Berufung angesprochenen Fragen des Erfüllungsortes im Zusammenhang mit Art. 28 Abs. 2 EBGBG, § 29 ZPO nicht streitentscheidend sind, weil die Regelungen der EuGVVO diese Zuständigkeitsbestimmung verdrängen. Es geht nicht um die Frage, welches Recht auf die ursprüngliche Vertragsbeziehung zwischen Käufer und Verkäufer anwendbar ist, sondern darum, welches Zuständigkeitsregelungen für Ansprüche von Parteien bestehen, deren Staaten beide vom Anwendungsbereich der EuGVVO erfasst werden. Dabei ist nach der Rechtsprechung des EuGH auch ausreichend, dass nur die Beklagte ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat (EuGH NJW 2000, 3121 zum EuGVÜ).
a. Nach Art. 2 EuGVVO ist der allgemeine Gerichtsstand der des Wohnsitzes der Beklagten. Das ist Ausdruck der allgemeinen Rechtsvorstellung, dass einem Beklagten die Rechtsverteidigung erleichtert werden soll (EuGH NJW 2000, 3121). Der Begriff des Wohnsitzes ist für juristische Personen nach Art. 60 EuGVVO der Sitz der Gesellschaft. Dieser liegt für die Beklagte in England.
b. Ausnahmevorschriften der EuGVVO, die den Gerichtstand am Wohnsitz des Gläubigers eröffnen, sind hier nicht einschlägig.
c. Insbesondere greift die Regelungen des Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO nicht. Diese Bestimmung definiert autonom, d.h. losgelöst vom nationalen Recht, was als Erfüllung anzusehen ist. Dabei ist Erfüllungsort i.S. des Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO ein einheitlicher Erfüllungsort, der für alle aus einem Kaufvertrag resultierenden Ansprüchen gilt, mithin auch für den Kaufpreiszahlungsanspruch (Baumbach u.a., 65. A., Übersicht EuGVVO Rn. 4 = S. 2587, Art. 5 EuGVVO Rn. 7 = S. 2862 oben; Thomas/Putzo, 27. A., ZPO, Vorb. zu Art.1 EuGVVO Rn. 12). Das ist eine der wenigen grundsätzlichen Änderungen gegenüber dem früheren Rechtszustand des EuGVÜ.
Für die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit nach dieser Norm ist daher der Ort der Erfüllung der Verkäuferpflichten des der Abtretung zugrunde liegenden Kaufvertrags maßgeblich. Das ist entweder England oder die Türkei, wenn auf die "FOB" - Klausel abgestellt wird, aber nicht Deutschland. Die Auslegung der Bestimmung des Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO als eine solche, die einen einheitlichen Erfüllungsort abschließend festlegt, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut.
Die von den Parteien zitierte Rechtsprechung steht diesem Ergebnis nicht entgegen.
Die "Tessili" Entscheidung des EuGH (EuGH NJW 1977, 491) hat ausgeführt, dass der Erfüllungsort i.S. von Art. 5 Nr. 1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. 9. 1968 (EuGVÜ) sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgebend ist, bestimmt. Die Entscheidung erklärt sich bereits nicht dazu, ob durch eine Abtretung ein Wechsel der internationalen Zuständigkeit erfolgen kann. Die Entscheidung wird durch den Bundesgerichtshof dahingehend verstanden, dass der Erfüllungsort der primären Vertragspflicht, die den Gegenstand der Klage bildet, die internationale Zuständigkeit begründet (BGH NJW 2001,1936, 1937). Folgerichtig wird die Abtretung der Forderung als für die Frage der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte unerheblich bezeichnet. Die Rechtsgrundsätze der Entscheidung, die zum Luganer Übereinkommen erging, sind auf das (frühere) EuGVÜ übertragbar, weil ihr einheitliche Auslegungsgrundsätze zugrunde liegen (BGH NJW 2001, 1936 (dort Ziff. III 1 b).
Hinzu kommt, dass nunmehr bereits die Frage des Erfüllungsortes für die Ermittlung der Zuständigkeit nicht dem materiellen Recht unterliegt, sondern sich unmittelbar aus der EuGVVO ergibt. Unter der Geltung der EuGVVO bedarf es dazu keines Rückgriffs auf das deutsche Kollisionsrecht, weil die Verordnung eigenständig den Erfüllungsort einheitlich als denjenigen definiert, an den die Waren geliefert worden sind oder zu liefern waren (vergl. auch OLG Düsseldorf, 23. ZS - I-23 U 70/03, zit. nach Juris, Rn. 22). Ist der Erfüllungsort einmal bestimmt, bleibt er für alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis maßgeblich. Aus diesem Grunde ist auch die zum früheren Rechtszustand ergangene Entscheidung des OLG Celle (IPRax 99,456 = Bl. 101ff. GA) nicht übertragbar, die eine Änderung der internationalen Zuständigkeit durch Änderung des Erfüllungsortes nach Abtretung bejaht hat. Gegen die Auslegung des OLG Celle spricht zudem auch unter Berücksichtigung des früheren Rechtszustandes, dass für die Frage des Erfüllungsortes auf die ursprüngliche vertragliche Verpflichtung abzustellen ist, weil es sonst an einem Inlandsbezug fehlt, der regelmäßig bei völkerrechtskonformer Auslegung der Gerichtsstandsnormen erforderlich ist (vergl. BGH NJW 1991, 3092, 3093 zu § 23 ZPO - Gerichtsstand des Vermögens).
Insbesondere aber ist Frage des Erfüllungsortes nach Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO ausschließlich durch diese Norm, d.h. ohne Rückgriff auf das nationale Recht, vorzunehmen (so auch Zöller, Anh. I Art. 5 EuGVVO Rn. 3). Die Zugrundelegung "rein faktischer" Kriterien bedeutet, dass der tatsächliche Lieferort (England) maßgeblich ist ("der Ort in einem Mitgliedsstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind"). Die FOB-Klausel ist dabei nicht maßgeblich, weil es sich zwar um eine vertragliche Regelung handelt, die nach nationalen materiellen Recht die Gefahrtragung und ggf. auch den Erfüllungsort verändert, sich aber nicht auf die tatsächliche Verbringung der Waren nach England auswirkt. Eine solche Klausel stellt auch keine vereinbarte Veränderung des Erfüllungsortes i.S. des Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO dar, weil sie primär gefahrtragende Bedeutung hat. Vertragsgemäß geliefert werden sollten die Waren nach England.
Selbst wenn vorliegend für die Frage des Erfüllungsortes das materielle Recht herangezogen wird oder auf die FOB-Klausel abgestellt wird, kann sich dann nur eine Zuständigkeit türkischer oder englischer Gerichte ergeben, weil der Erfüllungsbegriff des Art. 5 Ziff. 1 b EuGVVO jedenfalls in soweit autonom ist, als er für sämtliche Vertragsansprüche einen einheitlichen Erfüllungsort begründet (Thomas/Putzo, 27. A., ZPO, Art. 5 EuGVVO Rn. 5). Dieser kann nachträglich daher auch dann, wenn nationales Recht einen Wechsel der Gläubigerstellung ermöglicht, nicht zu einer anderweitigen internationalen Zuständigkeit führen (so auch Zöller, 25. A., Anh. I Art. 5 EuGVVO Rn. 2). Die Vorschrift stellt nicht losgelöst auf einen Zahlungsanspruch ab, sondern auf das Vertragsverhältnis insgesamt.
bb. Eine Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich auch nicht aus Art. 5 Nr. 1 a, c EuGVVO. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass diese Normen - anders als Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO - keinen autonomen Erfüllungsbegriff enthalten und damit zunächst die Anwendung allgemeiner Normen des IPR eröffnet erscheint (vergl. auch OLG Düsseldorf, 23. ZS - I-23 U 70/03, zit. nach Juris, Rn. 22 a. E.). Die Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO ist jedoch speziell ("ist Buchstabe b nicht anwendbar..."), so dass bereits aus diesem Grund kein Rückgriff auf das allgemeine Kollisionsrecht möglich ist.
cc. Zudem ist in soweit auf den Wohnsitz der konkret - nach Abtretung - streitenden Rechtspersonen abzustellen, weil in diesem Verhältnis die Ansprüche geltend gemacht werden. Es klagt nicht der türkische Vertragspartner, sondern ein deutsches Unternehmen. Dann aber ist nach § 3 Abs. 1 EuGVVO für die Frage des Gerichtsstandes des Erfüllungsortes allein auf die Vorschriften der EuGVVO abzustellen. Nach Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO kann der Erfüllungsort bestimmt werden, weil die Ware nach England geliefert wurde und nach der Vorschrift der Erfüllungsort als der Lieferort definiert wird, unabhängig davon, ob nach sachlichem nationalen Recht aufgrund einer "FOB" Klausel ein anderer Erfüllungsort (Türkei) bestand. Für die Frage der Zuständigkeit ist nicht das nationale Recht, sondern die Bestimmung des Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO maßgeblich. Nur wenn der nach Art. 5 Nr. 1 b ermittelte Erfüllungsort außerhalb des geographischen Anwendungsbereichs der Verordnung liegt, kann über Art. 5 Nr. 1 c, a EuGVVO das deutsche Kollisionsrecht herangezogen werden (vergl. Zöller, Anhang I zu Art. 5 EUGVVO, Rn. 5; OLG Düsseldorf, 23. ZS - I-23 U 70/03, zit. nach Juris, Rn. 22: "hiernach ermittelte Aufenthaltsort"). Zu unterscheiden ist zwischen dem für die Zuständigkeit maßgeblichen Erfüllungsort nach Art. 5 Nr. 1 b EuGVVO, der in Großbritannien liegt und einem materiell - rechtlichen Erfüllungsort, der grundsätzlich auch in der Türkei liegen könnte. Durch die FOB - Klausel ist insbesondere auch keine vertragliche Vereinbarung einer anderweitigen internationalen Zuständigkeit vorgenommen worden. Dabei kann dahinstehen, ob im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 1 b EUGVVO vertraglich eine Vereinbarung zum Erfüllungsort vorgenommen werden kann (grundsätzlich bejahend Thomas/Putzo, ZPO, 27. A., Art. 5 EuGVVO Rn. 5; ablehnend Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. A., Art. 5 EuGVVO Rn. 10). Eine solche Vereinbarung würde jedenfalls zumindest eine - hier nicht gegebenen - einheitliche Bestimmung des Erfüllungsortes für sämtliche Verpflichtungen, mithin einschließlich der Kaufpreiszahlungsverpflichtung, erfordern. Dem genügt die Vereinbarung einer FOB-Klausel nicht.
dd. Eine deutsche Gerichtszuständigkeit ergibt auch dann nicht, wenn der Erfüllungsort nach materiellem nationalen Recht zu bestimmen ist. Dann wäre nach dem Klägervortrag aufgrund der FOB - Vereinbarung ("free on board") der Erfüllungsort die Türkei, aber wegen der Einheitlichkeit des Erfüllungsbegriffs bliebe er dies auch.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 183.743,47 €.
Ende der Entscheidung
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