Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.01.2005
Aktenzeichen: I-23 U 164/04
Rechtsgebiete: BGB, AO, HGB, ZPO, StBerG, StBGebV


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 812
BGB § 817 Satz 2
AO § 140
AO § 141
AO § 142
AO § 143
AO § 144
AO § 145
AO § 146
AO § 146 Abs. 1
AO § 147
AO § 148
AO § 158
HGB § 238 f
HGB § 239 Abs. 2
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
ZPO § 529
StBerG § 6 Nr. 4
StBerG § 5
StBGebV § 33 Abs. 1
StBGebV § 33 Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12. März 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe: I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten, die in dem hier maßgeblichen Zeitraum ein Reisebüro betrieben, Honorar für Buchhaltungs- und Jahresabschlussarbeiten betreffend die Veranlagungsjahre 1994 bis 1996, die sie in der Zeit von Februar 1997 bis Mai 2001 mit einem Zeitaufwand entsprechend der Stundenaufstellung GA 149 f erledigt haben will. Ihre an die Beklagten adressierten 7 Rechnungen (GA 47- GA53) weisen als Tätigkeit "EDV-Dienstleistungen", den Zeitaufwand und ein Stundenhonorar von 60 DM aus. Auf den Gesamtrechnungsbetrag von 77.805,40 DM leisteten die Beklagten (z.T. über Abtretung von Steuererstattungsansprüchen) Zahlungen von insgesamt 36.064 DM. Der Restbetrag von 41.741,40 DM (=21.342,04 Euro) ist Gegenstand der Klageforderung, die die Klägerin in 1. Instanz im Termin vom 10.10.2003 nach Rücknahme eines Teilbetrages von 3.000 DM für 50 Stunden Arbeiten zur Vorbereitung von Bilanzen und Steuererklärungen etc. nur in Höhe von 19.808,16 Euro geltend gemacht hatte, in 2. Instanz jedoch wieder in vollem Umfang geltend macht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme über die Stundenaufstellung GA 149 f die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass sie die in der Stundenaufstellung aufgeführten insgesamt 1.122 Stunden geleistet habe. Es bestünden erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Aufstellung und der Verdacht, dass sie nachträglich konstruiert worden sei, da sie mit den 7 Rechnungen nicht in Einklang zu bringen und der Klageschrift nicht begefügt gewesen sei. Willkürlich sei auch der Umfang der Klagerücknahme für Zuarbeitungstätigkeiten für den ehemaligen Steuerberater Wende. Der Kläger beanstandet mit der Berufung die Beweiswürdigung und rügt insbesondere, dass das Landgericht ihre mit Schriftsatz vom 10.11.2003 vorgelegten umfangreichen Anlagenkonvolute nicht berücksichtigt habe, und nimmt ergänzend Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Auf den Hinweis in 2. Instanz, dass der von ihr behauptete Vertrag mit den Beklagten wegen Verstoßes gegen das Verbot der unbefugten Hilfe in Steuersachen gemäß § 134 BGB nichtig sei, trägt sie ergänzend zu einem Anspruch aus § 812 BGB vor. Sie beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten gesamt schuldnerisch zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 21.342,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 5.1.2001 zu zahlen. Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Sie nehmen Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die Ausführungen des Landgerichts und tragen ergänzend vor. Sie meinen, die Klägerin habe zumindest leichtfertig nicht nur gegen das Verbot der unbefugten Hilfe in Steuersachen sondern auch gegen die Bestimmungen der §§ 146 Abs. 1 AO und 239 Abs. 2 HGB, wonach die Buchführung u.a. zeitgerecht vorzunehmen sei, verstoßen, und bestreiten, dass der Steuerberater Wende gegenüber der Klägerin erklärt habe, die Durchführung der Arbeiten durch die Klägerin unter seiner Einschaltung zu rein steuerlichen Themen sei nicht zu beanstanden. Des Weiteren bestreiten sie, Aufwendungen in einer die geleistete Zahlung übersteigenden Höhe erspart zu haben. II. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. So weit es auf die Anwendung bürgerlichen Rechts ankommt, ist das bis zum 31.12.2001 geltende Recht maßgeblich, Art. 229, § 5 Satz 1 EGBGB. Die Entscheidung des Landgerichts ist im Ergebnis zutreffend. Auf seine Beweiswürdigung kommt es nicht an. Die vom Landgericht in dem Hinweisbeschluss vom 17.10.2003 zu Gunsten der Klägerin geäußerte Rechtsauffassung, zwischen den Parteien sei ein wirksamer Vertrag zustandegekommen, ist rechtsfehlerhaft. Bei richtiger Rechtsanwendung ergeben die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen keinen Vergütungsanspruch, der die Zahlung von 36.064 DM übersteigt, und zwar weder aus Vertrag noch aus ungerechtfertigter Bereicherung. 1. Ein wirksamer Vertrag ist zwischen den Parteien selbst nach dem Vortrag der Klägerin nicht zu Stande gekommen. Haben sich die Parteien, wie die Klägerin behauptet, im März 1997 darauf geeinigt, dass die Klägerin die gesamte Buchhaltung der Beklagten bzw. der T-Reisen GbR übernimmt, darüberhinaus in Abstimmung mit dem Steuerberater Wende auch die Bilanzen und Steuererklärungen erledigt und sämtliche Arbeiten einschließlich derer des Steuerberaters Wende den Beklagten in Rechnung stellt, ist der Vertrag wegen Verstoßes gegen das Verbot der unbefugten Hilfe in Steuersachen (§ 5 StBerG) gemäß § 134 BGB nichtig. Dabei kann unterstellt werden, dass der Sachbearbeiter der Klägerin, der Zeuge W. C, der unstreitig kein Steuerberater ist, über die gemäß § 6 Nr. 4 StBerG erforderliche Ausbildung verfügt hat und daher befugt war, die Kontierarbeiten für die Beklagten zu erledigen. Gemäß § 6 Nr. 4 StBerG darf den dort genannten Personen lediglich die laufende Buchführung (Kontierung) überlassen werden. Die übrigen Buchhaltungsarbeiten (Einrichten der Buchführung / Aufstellen des Kontenplans / Erstellen von Abschlüssen) sowie die Umsatzsteuervoranmeldungen und sämtliche Steuererklärungen sind uneingeschränkt den steuerberatenden Berufen vorbehalten (Senat, Urteil vom 19.10.2001 = 23 U 29/01 = OLGR 2002, 210 = GI 2002, 31 mit Hinweisen auf die Rspr. und Lit.). Dies gilt auch dann, wenn die zur Hilfeleistung in Steuersachen nicht befugte Person die Arbeiten durch einen steuerlichen Berater als Erfüllungsgehilfen ausführen lässt (BGH NJW 1996, 1954; Senat, Urteil vom 20.4.2004 - 23 U 124/03). Der Vertrag lässt sich auch nicht in einen auf befugtes Kontieren gerichteten wirksamen und einen im übrigen unwirksamen Teil aufspalten. Er ist vielmehr im Ganzen unwirksam, obwohl er auch erlaubte Tätigkeiten umfasst haben mag (BGH NJW 2000, 69; NJW 2000, 1560 / 1562; Senat 23 U 124/03). Es liegen auch ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin geschäftsmäßig i.S.v. § 5 StBerG Hilfe in Steuersachen geleistet hat. Eine geschäftsmäßige Ausübung erfordert keine gewerbsmäßige Tätigkeit; es genügt eine einmalige Tätigkeit, wenn aus den Umständen der Wille erkennbar ist, eine derartige Tätigkeit zu wiederholen (Senat 23 U 29/01). Dies ist nach den Angaben des vom Landgericht als Zeugen vernommenen Steuerberaters Wende, er habe mit dem Zeugen W. Chodak bereits ein oder zwei kleinere Fälle ähnlich abgewickelt, anzunehmen. 2. Die Rückabwicklung des nichtigen gegenseitigen Dienstvertrages hat nach den Grundsätzen der sog. Saldotheorie zu erfolgen. Durch Vergleich der durch den Bereicherungsanspruch hervorgerufenen Vor- und Nachteile wird ermittelt, für welchen Beteiligten sich ein Überschuss ergibt. Dieser Beteiligte ist Gläubiger eines einheitlichen, von vornherein durch Abzug der ihm zugeflossenen Vorteile beschränkten, Bereicherungsanspruchs (BGH NJW 1999, 1181). Im Falle unzulässiger Rechts- oder Steuerberatung kann dem Berater gegenüber dem Mandanten ein Vergütungsanspruch (Wertersatzanspruch) aus ungerechtfertigter Bereicherung erwachsen, weil der Mandant die Dienste des Beraters auf dessen Kosten ohne rechtlichen Grund erlangt hat, so dass der Berater einen Anspruch auf Wertersatz hat (§§ 812,818 Abs. 2 BGB), der sich nach der Höhe der üblichen oder hilfsweise nach der angemessenen, vom Vertragspartner ersparten, Vergütung richtet (BGH NJW 2000, 1562). Die Dienstleistung auf Grund eines nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrages ist nicht wertlos, wenn der Mandant sonst eine andere - zur Geschäftsbesorgung befugte - Person beauftragt hätte und an diese eine entsprechende Vergütung hätte zahlen müssen. Diese Abwicklung nach Bereicherungsrecht soll nicht demjenigen, der eine gesetzwidrige Geschäftsbesorgung vornimmt, auf einem Umweg entgegen § 134 BGB doch eine Vergütung verschaffen, sondern nur verhindern, dass der Empfänger daraus einen ungerechtfertigten Vorteil zieht (BGH a.a.O.). Einer Umgehung dieser Vorschrift soll § 817 Satz 2 BGB vorbeugen. War sich der Leistende bewusst, dass er gegen das gesetzliche Verbot verstieß, so schließt diese Bestimmung einen Bereicherungsanspruch des Leistenden aus (BGH a.a.O.). Bei Anwendung dieser Grundsätze scheidet ein Anspruch der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung deswegen aus, weil diese nicht dargelegt hat, dass die Beklagten durch die Entgegennahme ihrer Leistungen Aufwendungen in einer Höhe erspart haben, die den gezahlten Betrag von 36.064 DM übersteigt. Ob ein etwaiger Wertersatzanspruch der Klägerin gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen wäre, kann offenbleiben. Durch die Entgegennahme der Buchhaltungsleistungen der Klägerin für die Veranlagungsjahre 1994 bis 1996 haben die Beklagten schon deswegen nicht Aufwendungen in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe erspart, weil die nachträglich in den Jahren ab 1997 durch die Klägerin vorgenommene Verbuchung von Geschäftsvorfällen der Jahre 1994 bis 1996 nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung entsprach. Die Leistungen der Klägerin waren für die Beklagten jedenfalls zu einem großen Teil wertlos. Sie bewirkten keine Änderung zu Gunsten der Beklagten hinsichtlich der für die Veranlagungsjahre 1994 und 1995 bereits bestandskräftigen Steuerschätzungsbescheide und boten auch keine ausreichende Grundlage für die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen hinsichtlich der Veranlagungsjahre ab 1996. Bei der Besteuerung dürfen gemäß § 158 AO nur die Buchführung und Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen zu Grunde gelegt werden, die den Anforderungen der §§ 140 bis 148 AO entsprechen. Zu den Anforderungen gehört bei einem Gewerbebetreibenden, dass die Buchungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen wurden. Das ergibt sich aus § 238 f HGB und § 146 Abs. 1 AO. Hier fehlte es zumindest an einer zeitgerechten Verbuchung. Der Bescheid des Finanzamtes Wuppertal-Barmen vom 13.6.2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1996 (GA 93 f) lässt den Schluss zu, dass die Buchungen der Kläger auch aus anderen Gründen beanstandet wurden, denn im Ergebnis wurden von dem in der Gewinn- und Verlustrechnung per 31.12.1996 erklärten Verlust von 233.114,63 DM ein Verlust von nur 125.276,01 DM anerkannt. Es kann unterstellt werden, dass die Leistungen der Klägerin für die Beklagten nicht völlig wertlos waren. Die Klägerin hat aber nicht schlüssig dargelegt, dass die Beklagten für den verwertbaren Teil der Leistung ein Honorar von mehr als 36.064 DM hätte zahlen müssen, wenn sie eine andere - zur Geschäftsbesorgung befugte - Person mit der Erbringung dieser Leistung beauftragt hätten. Dem Steuerberater Wende hätten die Beklagten ohne schriftliche Vereinbarung nur das in der StBGebV vorgesehene Honorar zahlen müssen. Dass dieses Honorar den Betrag von 36.064 DM überstiegen hätte, ist nicht feststellbar. Die Aufstellung der Klägerin auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 22.10.2004 zu den hypothetischen Steuerberaterkosten endet mit einem Betrag von nur 21.457,70 DM. Darin enthalten sind Aufwendungen von 2.583 DM für Steuererklärungen betreffend die Veranlagungsjahre 1994 und 1995 und 4.108 DM für Bilanzen / GuV 1994 und 1995, deren Notwendigkeit angesichts der bereits vorliegenden bestandskräftigen Steuerbescheide zu bezweifeln ist. Ebenfalls nicht schlüssig begründet hat die Klägerin ihre Behauptung, die Beklagten hätten einem Steuerberater zusätzlich zu den in der Aufstellung aufgeführten Buchungsgebühren gemäß § 33 Abs. 1 StBGebV Zeitgebühren in der von ihnen geltend gemachten Höhe nach § 33 Abs. 7 StBGebV zahlen müssen. Die Gebühr nach § 33 Abs. 1 StBGebV erfasst grundsätzlich sämtliche Buchführungstätigkeiten. Dass "sonstige Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Buchführung", die der Steuerberater gemäß § 33 Abs. 7 StBGebV gesondert mit der Zeitgebühr hätte berechnen können, angefallen sind, ist der Stundenaufstellung und dem weiteren Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen. III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen. Streitwert der Berufung: 21.342,04 Euro

Ende der Entscheidung

Zurück