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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.07.2005
Aktenzeichen: I-23 U 17/05
Rechtsgebiete: EStG, ZPO, BGB


Vorschriften:

EStG § 4 d
EStG § 4 d Nr. 1 c Satz 4
EStG § 16
EStG § 34
EStG § 34 I
ZPO § 164
ZPO § 286
ZPO § 287
ZPO § 529
ZPO § 531 II
BGB § 249
BGB § 249 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 12.1.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Klägern zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Kläger (Zahnarzt und Ehefrau) verlangen von den Beklagten, die sie von 1981 bis 2000 steuerlich berieten, Schadensersatz wegen pflichtwidriger Beratung bei der Gestaltung / Ausführung mehrerer Verträge.

1. Dabei geht es zunächst um den Vertrag vom 18.12.1998 (Anlage 1), der in Ergänzung des Vertrages vom 7.8.1997 (Anlage B15) geschlossen wurde. Im Jahre 1997 hatte der klagende Zahnarzt mit 4 weiteren Zahnärzten eine Partnergesellschaft gegründet und dieser sämtliche in seinem Eigentum und Sonderbetriebsvermögen verbliebenen Wirtschaftsgüter seiner früheren Einzelpraxis zur Verfügung gestellt. Durch Vertrag vom 18.12.1998 übertrug er aus seinem Sonderbetriebsvermögen medizinische Geräte, Laboreinrichtung, sonstige Praxisausstattung, geringwertige Wirtschaftsgüter, Finanzanlagen und EDV-Software sowie seinen ideellen Praxisanteil zu je 1/3 auf 2 seiner Partner. Einen wesentlichen Teil seines Sonderbetriebsvermögens, die Praxisimmobilie, blieb in seinem Eigentum. Als Ausgleich für den Beteiligungserwerb zahlten die 2 Partner an den Kläger jeweils 1.050.000 DM. Im Jahre 2000 übertrug der Kläger den 2 Partnern zusätzlich in seinem Sonderbetriebsvermögen geführte Darlehn der A-Bank in Höhe von 250.000 DM und der V (Versorgungskasse für Zahnärzte und den Dentalmarkt) in Höhe von 440.804 DM zu je 1/3. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Anlage zum Ergänzungsvertrag vom 18.12.1998 mit dem Verzeichnis 1 des von der Übertragung erfassten Sondervermögens unter Aufführung auch der Darlehn gefertigt und später mit dem Vertrag vom 18.12.1998 dem Betriebsprüfer vorgelegt.

Die Beklagten erhielten den Entwurf des Ergänzungsvertrages am 4.12.1998 zur steuerlichen Überprüfung. Mit Schreiben vom 15.12.1998 (Anlage B 1) übersandten sie dem Kläger ein Inventarverzeichnis über sein Sonderbetriebsvermögen zum 31.12.1998, in dem weder die Darlehn noch die Praxisimmobilie erwähnt sind.

Die Kläger haben behauptet, die Beklagten hätten den Vertragsentwurf freigegeben. Die Beklagten haben behauptet, den Kläger nachfolgend am 16.12.1998 telefonisch darüber aufgeklärt zu haben, dass die Tarifbegünstigung für Veräußerungserlöse bei fehlender anteiliger Übertragung der Praxisimmobilie unsicher sei, dass hierzu höchstrichterliche Rspr. fehle, ein für den Kläger günstiges, aber nicht rechtskräftiges Urteil des FG Münster vorliege und die Meinungen in der Lit. unterschiedlich seien.

Das Landgericht hat über das Telefongespräch Beweis erhoben.

Das Finanzamt wendete in dem Einkommensteuerbescheid vom 19.6.2000 (Anlage 10) gemäß §§ 16, 34 I EStG den ermäßigten Steuersatz auf den Veräußerungserlös an. In dem Betriebsprüfungsbericht vom 1.6.2001 (Anlage 11) wurde der Veräußerungserlös um 2/3 Anteil der Darlehn der A-Bank und der V angehoben und ferner unter Hinweis auf die neue Rspr. des BFH vom 24.8.2000 entschieden, dass der Veräußerungserlös nicht nach §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt sei, weil ein wesentlicher Teil des Sonderbetriebsvermögens, nämlich die Praxisimmobilie, nicht anteilig mitübertragen worden sei. Dies führte zur Nachveranlagung im ESt-Bescheid vom 24.5.2002 (Anlage 17). Die Kläger beglichen die Nachforderung, legten jedoch Einspruch ein und nehmen im vorliegenden Prozess im Rahmen einer Feststellungsklage die Beklagten auf Ersatz der Steuernachzahlung in Anspruch.

2.

Der 2. Vertragskomplex, auf den die Kläger ihre Schadensersatzansprüche stützen, betrifft Versorgungszusagen, die der klagende Zahnarzt in den Jahren 1991, 1992, 1993 und 1995 gegenüber mehreren seiner Arbeitnehmer, darunter seine geringfügig beschäftigte Ehefrau, erteilte, und zu deren Deckung er Verträge mit der V (Versorgungskasse für Zahnärzte und den Dentalmarkt) schloss, die im Jahre 2000 auf die U(Unabhängiges Versorgungswerk für mittelständige Unternehmen e.V.) übergeleitet wurden.

Die Beklagten hatten den klagenden Zahnarzt und auch andere Mandanten mit Rundschreiben vom 24.10.1991 auf eine Informationsveranstaltung der VZD aufmerksam gemacht, auf der u.a. ein Herr S dem Kläger das Konzept einer steuergünstigen betrieblichen Altersversorgung vorstellte. Der Kläger wurde darauf Mitglied der V.

a. Die von ihm in den folgenden Jahren insgesamt 30 Arbeitnehmern erteilten Versorgungszusagen sahen Versorgungsleistungen von jeweils 250.000 DM, bei einem Arbeitnehmer von 100.000 DM, vor, die bei einem erreichten Lebensalter von 65 Jahren zunächst mit 50.000 DM und in den nächsten 4 Jahren jeweils mit weiteren 50.000 DM zur Auszahlung kommen sollten. Die vom Kläger als Trägerunternehmen zur Deckung der Rentenzahlung an die V als Unterstützungskasse erbrachten Zahlungen (Dotierungen) waren nur bis zum 55. Lebensjahr der Arbeitnehmer vorgesehen und erfolgten auch nicht in regelmäßig laufenden Jahresprämien. In den vom Betriebsprüfungsbericht vom 1.6.2001 (Anlage 11) erfassten Veranlagungsjahren 1995 bis 1998 leistete der Kläger nach den Feststellungen des Finanzamts eine Zahlung von 182.778 DM, und zwar in 1995. Die Beklagten tragen hierzu vor, diese Dotierung sei dem Grunde und der Höhe nicht nachvollziehbar. Für die Erfüllung der zu erbringenden Versorgungsleistungen schloss die VRückdeckungsversicherungen bei der ALebensversicherung AG ab. Sie verwendete die Dotierungen des Klägers als Versicherungsbeiträge. Nach ihrem Konzept leistete der Rückdeckungsversicherer eine verzinsliche Vorauszahlung (Policendarlehn), die sie, die V, als Darlehn an den Kläger weiterleitete. In dem vom Betriebsprüfungsbericht erfassten Zeitraum 1995 bis 1998 erhielt der Kläger von der V 2 Darlehnsbeträge ausgezahlt, und zwar am 17.4.1996 DM 41.740,- und am 30.11.1996 DM 80.000,-. Die Dotierungsbeträge wurden in den ersten Jahren steuerlich als Betriebsausgaben anerkannt. In dem Betriebsprüfungsbericht vom 1.6.2001 wurde der Betriebsausgabenabzug für 1995 beanstandet mit der Begründung, die Voraussetzungen für einen Abzug gemäß § 4 d EStG seien nicht erfüllt, weil nicht lebenslänglich laufende Versorgungsleistungen vereinbart, die Beiträge an die V nicht bis zum 65. Lebensjahr der Arbeitnehmer und auch nicht in laufenden Jahresprämien zu zahlen seien und außerdem gegen das Beleihungsverbot des § 4 d Nr. 1 c Satz 4 EStG verstoßen worden sei. Die Kläger haben gegen den darauf geänderten Einkommensteuerbescheid Einspruch eingelegt. Ihrem Einspruch wurde durch Bescheid vom 17.2.2005 (Anlage KB zum SS vom 19.5.2005) nur in geringem Umfang stattgegeben.

b.

Im Arbeitsvertrag vom 1.12.1992 erteilte der Kläger zu 1 der Klägerin zu 2, die damals 35 Jahre alt und bei ihm geringfügig beschäftigt war, eine Zusage über eine lebenslänglich laufende jährliche Rente in Höhe von 15.625 DM mit sofortigem Beginn der Rentenauszahlung. Das hierzu notwendige Deckungskapital (Dotierung) von 250.000 DM zahlte er an die V, von der er in gleicher Höhe ein Darlehn erhielt. Das Darlehn wurde 1997 durch ein Darlehn der A-Bank abgelöst. An Darlehnszinsen zahlte der Kläger jährlich 15.625 DM. Die Ehefrau erhielt in gleicher Höhe jährlich, beginnend am 30.12.1992 eine Rente ausgezahlt. Steuerlich wurden die Dotierung von 250.000 DM und die Darlehnszinsen als Betriebsausgaben abgesetzt. Zusätzlich wurde im Veranlagungsjahr 1998 die an die Ehefrau gezahlte Rente ohne Berücksichtigung der Rentenzahlung der V als Lohnaufwand abgesetzt. Die Steuerbescheide bis 1994 wurden bestandkräftig. Die Steuerbescheide für 1995 bis 1998 waren Gegenstand der oben erwähnten Betriebsprüfung. Dort wurde der Abzug der Darlehnszinsen als Betriebsausgaben und der Abzug des Lohnaufwandes beanstandet. Die Kläger haben die daraufhin erhobenen Einkommensteuernachforderungen gemäß Bescheid vom 24.5.2002 beglichen und gleichzeitig Einspruch eingelegt, der durch den Einspruchsbescheid vom 17.2.2005 zurückgewiesen wurde mit der Begründung, die Pensionszusage gegenüber einer Ehefrau im Alter von 35 Jahren, die einen sofortigen Beginn der Rentenzahlung beinhalte, halte einem Fremdvergleich nicht stand.

Zu 2 a. und b. haben die Kläger behaupet: Herr S sei, nachdem er mit dem Kläger die steuerbegünstigte Altersversorgung besprochen habe, mit den Beklagten zusammengetroffen und habe mit diesen die steuerlich optimale Dotierung des individuell steuerlich maßgeschneiderten Altersvorsorgemodells festgelegt. Unabhängig davon hätten die Beklagten von dem steuerrelevanten Sachverhalt aus den Verträgen mit der V anlässlich der nachfolgenden steuerlichen Bearbeitung Kenntnis erhalten und - ohne sie, die Kläger, auf das Risiko hinzuweisen - den Abzug der Betriebsausgaben beantragt, obwohl sie nicht abzugsfähig waren. Die Beklagten haben behauptet: Der Kläger sei von Herrn S und der C - Institut für Betriebliche Altersversorgung GmbH beraten worden. Letztere habe dem Kläger unterschriftsreife Verträge für die Betriebliche Altersversorgung vorgelegt und vom Kläger hierfür auch eine Vergütung erhalten. Ansprechpartner des Klägers bei der U sei Herr H gewesen.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Hinsichtlich der Beratung vor dem Vertragsschluss vom 18.12.1998 hätten die Kläger eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht bewiesen. Nach der Beweisaufnahme sei nicht widerlegt, dass die Beklagten den Kläger zu 1. am 16.12.1998 um 12.00 Uhr in einem 15 minütigem Telefonat auf die bestehenden steuerlichen Risiken ohne anteilige Übertragung der Praxisimmoblie hingewiesen hätten. Die nicht widerlegten Angaben der Beklagten hätten zur Risikoaufklärung ausgereicht. Eine Pflichtverletzung sei auch anzunehmen, wenn die Beklagten die steuerliche Lage für die Kläger als positiv bewertet haben sollten. Hinsichtlich der Ausgestaltung und Beleihung des Versorgungsmodells hätten die Kläger eine Verantwortlichkeit der Beklagten nicht substantiiert dargelegt.

Die Kläger haben Berufung eingelegt. Unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen begründen sie diese wie folgt:

Das Landgericht habe einen Teil ihres entscheidungserheblichen Vortrags übergangen, und zwar, dass die Beklagten den Entwurf des Vertrages vom 18.12.1998 bereits vor dem 16.12.1998 freigegeben hätten, dass die Übergabe der Anlage "Verzeichnis 1" zum Vertrag vom 18.12.1998 an das Finanzamt erst während der Betriebsprüfung erfolgt sei, in der Rechnung der Beklagten vom 19.1.1999 das umstrittene Telefonat vom 16.12.1998 nicht erwähnt sei und die Beklagten die Verarbeitung der Zahlen aus dem Versorgungsmodell und der Beleihung der Dotationen übernommen hätten. Die Entscheidung des Landgerichts beruhe auch auf fehlerhafter Rechtsanwendung. Nicht sie, die Kläger, sondern die Beklagten müssten die Existenz eines Telefonats am 16.12.1998 beweisen. Das Ergebnis der Beweisaufnahme sei außerdem falsch gewürdigt. Bei richtiger Würdigung hätte das Landgericht feststellen müssen, dass das streitige Telefonat nicht stattgefunden habe. Das werde auch durch die Kostenrechnung der Beklagten vom 19.1.1999 bestätigt. Im übrigen seien die von den Beklagten behaupteten telefonischen Hinweise unzureichend gewesen. Die Beklagten hätten dem Kläger pflichtgemäß empfehlen müssen, die Anteilsübertragung zu unterlassen. Wegen der steuerlichen Fehlberatung der Beklagten im Hinblick auf das Versorgungsmodell und die Beleihung der Dotationen komme es nicht auf den Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung an, sondern auf die anschließende steuerlich begleitende Betreuung der Kläger. Die Beklagten hätten spätestens bei der steuerlichen Verarbeitung der sich aus dem Modell ergebenden Zahlen sie, die Kläger, darauf hinweisen müssen, dass Betriebskostenabzüge nicht anerkannt werden würden. Das Versorgungsmodell hätte noch nach Vertragsschluss steuerkonform angepasst, die Beleihung der Dotationen rückgängig gemacht werden können. Schließlich sei die am 14.3.2005 durch das Landgericht erfolgte handschriftliche Ergänzung des Terminprotokolls verfahrensfehlerhaft.

Auf die Hinweise der Vorsitzenden vom 7.4.2005 tragen die Kläger ergänzend vor. Unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 12.3.2004 nebst Anlage 23 tragen sie zur Berechnung ihres Schadens aus dem Vertrag vom 18.12.2004 vor. Zum Versorgungsmodell und zur Beleihung der Dotationen wiederholen sie unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 26.5.2004, dass die Beklagten bereits im Vorfeld der Wahl des Versorgungsmodells intensiv eingebunden gewesen seien, und rügen, dass das Landgericht den Zeugen S nicht vernommen hat. Sie tragen vor: Wenn die Beklagten bereits vor Vertragsschluss ihrer Beratungspflicht nachgekommen wären, wäre es nicht zum völligen Unterlassen des Versorgungsmodells gekommen, sondern schlicht zu einem Modell, welches den steuerlichen Vorschriften entsprochen hätte. Dann hätten auch die Dotierungen, wie geschehen, erfolgen können. Aus dem "Glücksfall" der Altjahre könnten die Beklagten keinen gegenläufigen Bonus herleiten. Wären die steuergesetzlichen Vorgaben eingehalten worden, wäre unter sonst gleichen Bedingungen auch die steuerliche Anerkennung der Beleihung nicht versagt worden.

Sie beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihnen, den Klägern, alle bereits eingetretenen oder noch nicht eingetretenen Schäden zu ersetzen, die ihnen, so weit noch noch verjährt, aus der durch die Beklagten für die Besteuerungszeiträume 1995- 1998 durchgeführten fehlerhaften Steuerberatung, nämlich

a. die fehlende Berücksichtigung des Sonderbetriebsvermögens bei der Beratung zum Teilanteilsverkauf des Klägers an seine Mitgesellschafter Dr. A und Dr. H vom 18.12.1998,

b. die fehlerhafte Beratung bei der Wahl und der Durchführung des Versorgungsmodells V D, bzw. U H und

c. die fehlerhafte Beratung im Hinblick auf die Beleihung der Dotationen im Zusammenhang mit den Versorgungsmodellen V D, bzw. U H entstanden sind.

hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des LG Düsseldorf zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nehmen Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen ergänzend vor:

Die Rügen der Kläger zur Sachverhaltsfeststellung seien überwiegend nicht entscheidungserheblich, im übrigen nicht gerechtfertigt. Das Landgericht habe die Beweisregeln richtig angewendet und die erhobenen Beweise zutreffend gewürdigt. Ihre telefonische Beratung am 16.12.1998 sei pflichtgemäß und ausreichend gewesen. Im übrigen fehle hinsichtlich des Vertrages vom 18.12.1998 ein schlüssiger Vortrag zur Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Die Schadensberechnung im Schriftsatz vom 4.5.2005 sei gemäß § 531 II ZPO nicht relevant und auch falsch. Der erstinstanzliche Schriftsatz der Kläger vom 12.3.2004 sei ihnen erst am 3.6.2005 übermittelt worden. Hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung seien die Kläger durch Herrn S, die C GmbH, später Herrn H beraten worden. Sie, die Beklagten, seien nicht in die konkrete Ausgestaltung der Versorgungszusagen eingebunden gewesen; sie hätten keine Vorgespräche mit Herrn S geführt. Auch die Beleihung der Dotationen und die spätere Umschuldung von Darlehen auf die A-Bank seien nicht mit ihnen abgesprochen worden. Im übrigen fehle auch insoweit ein verständiger Vortrag zur Kausalität und zum Schaden. Außerdem müssten sich die Kläger ein Mitverschulden anrechnen lassen.

Wegen weiterer Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.

B.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Bei der Entscheidung ist die Protokollberichtigung des Landgerichts vom 14.3.2005 zu berücksichtigen. Diese Berichtigung entspricht den Anforderungen des § 164 ZPO. Sie erfolgte auf Antrag der Kläger (Seite 23 ihres SS vom 15.12.2005) nach Anhörung der Zeugin N-W und der Beklagten. Gemäß § 164 ZPO können Unrichtigkeiten des Protokolls jederzeit berichtigt werden. Der Berichtigung steht nicht entgegen der Vermerk des Landgerichts "Laut diktiert und genehmigt" unter der am 1.12.2004 protokollierten Aussage der Zeugin N-W. Sollte die nachträglich handschriftlich eingefügte weiter gehende Aussage der Zeugin auf dem Tonaufnahmegerät mit aufgezeichnet gewesen sein, wäre sie von der Genehmigung der Zeugin mitumfasst; die Protokollberichtigung hätte dann sogar ohne Anhörung erfolgen können. Sollte die nachträglich eingefügte Aussage nicht auf dem Tonaufnahmegerät aufgezeichnet gewesen sein, wäre sie von der Genehmigung nicht umfasst und die Berichtigung deshalb zulässig, weil mit dem Vermerk "Laut diktiert und genehmigt" die Zeugin nicht bestätigt hat, dass ihre gesamte Aussage auf dem Tonaufnahmegerät vorläufig aufgezeichnet wurde; sie hat vielmehr nur den aufgezeichneten Teil genehmigt. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Fall, den die Kläger im Schriftsatz vom 4.5.2005 unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Hamm (MDR 1983, 410) erwähnen, in dem nachträglich ein Vergleichsprotokoll berichtigt wurde, bei dem mit dem abschließenden Vermerk "vorgelesen und genehmigt" auch die Vollständigkeit bestätigt wurde.

Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

Die Klage ist unbegründet. Den Klägern steht gegen die Beklagten kein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung wegen fehlerhafter Steuerberatung zu.

I. Zum Vertrag vom 18.12.1998 (Klageantrag a):

1. Insoweit hat das Landgericht rechtsfehlerfrei einen Anspruch wegen fehlerhafter Beratung über die steuerlichen Auswirkungen der Nichtberücksichtigung der Praxisimmobilie schon deshalb verneint, weil die Kläger eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht bewiesen haben.

Dabei kann unterstellt werden, dass die Beklagten vor dem 16.12.1998 den ihnen vorgelegten Vertragsentwurf ohne Äußerung steuerlicher Bedenken in Anwesenheit des von den Klägern benannten Zeugen Dr. B freigegeben und auch in Gegenwart der von den Klägern benannten weiteren Zeugen H, A, S und O nie erwähnt hatten, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß §§ 16, 34 I EStG problematisch sei.

Durch die vom Beklagten zu 1 und der Zeugin N-W nach dem korrigierten Beweisaufnahmeprotokoll des Landgerichts geschilderten telefonischen Hinweise gegenüber dem Kläger zu 1. am 16.12.1998 ist eine etwaige vorangegangene Freigabeerklärung der Beklagten ausreichend korrigiert worden. Eines ausdrücklichen Widerrufs einer etwaigen Freigabeerklärung bedurfte es nicht. Die telefonischen Hinweise entsprechen den Anforderungen des BGH und des Senats an die Belehrungspflichten des Steuerberaters und sind von den Klägern nicht widerlegt worden.

a.

Im Rahmen seines Auftrags hat der Steuerberater seinen Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Insbesondere muss der Steuerberater den sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung unterbreiten. Er hat den Mandanten in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interesssen wahren und eine Fehlentscheidung vermeiden zu können (BGH NJW 1995, 2108). Welche konkreten Pflichten aus diesen allgemeinen Grundsätzen abzuleiten sind, richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des Falles. Die Hinweise und Belehrungen des Beraters haben sich an der jeweils aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung auszurichten, dies sogar dann, wenn er selbst deren Ansicht nicht teilt (BGH NJW 1993, 2799).

Nach der im Jahre 2000 entwickelten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteile vom 12.4.2000, NJW 2001, 534; 24.8.2000, DStR 2000, 1768) ist, wenn ein Mitunternehmeranteil auch Sonderbetriebsvermögen umfasst, das zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen zu rechnen ist, bei der Veräußerung eines Teilanteils der dabei entstehende Gewinn nur dann gemäß § 34 I EStG ermäßigt zu besteuern, wenn auch ein entsprechender Bruchteil des Sonderbetriebsvermögens veräußert wird. Die Praxisimmobilie des Klägers stellt eine wesentliche Betriebsgrundlage im Sinne dieser Rspr. dar.

Fehlt, wie es hier im Beratungszeitraum Dezember 1998 der Fall war, eine höchstrichterliche Rspr., so ist ein Steuerberater verpflichtet, weitere Quellen für die Rechtsprüfung auszuschöpfen, wie vor allem die Rechtsprechung der Untergerichte und das einschlägige Schrifttum (Senat, Urteil vom 20.1.2004 - 23 U 28/03 -veröffentlicht in NJOZ 2004, 2806 und in GI 2005, 92; Zugehör, DStR 2001, 1613, 1615). Darüber hinaus hat der Steuerberater auch eine feste Verwaltungsübung der zuständigen Finanzbehörden zu berücksichtigen (BGH NJW 1995, 3248; Senat a.a.O.). Die Intensität der gebotenen Prüfung der Rechtslage und der Beratung wird einerseits durch die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten, andererseits aber auch durch die Zeit, die für die Prüfung und Belehrung zur Verfügung steht, bestimmt. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus folgendes:

Anders als in dem Fall, den der Senat durch Urteil vom 20.1.2004 (a.a.O.) entschieden hat, blieb hier den beklagten Steuerberatern nicht viel Zeit zur Überprüfung und Belehrung. Sie hatten erst am 4.12.1998 den Vertragsentwurf erhalten und für die Überprüfung / Beratung nur rund 2 Wochen Zeit, da der Vertrag wegen der nach dem 31.12.1998 bevorstehenden Änderung des § 34 EStG und Einschränkung der Steuervergünstigung für Veräußerungserlöse noch im Dezember abgewickelt und damit schon vor Weihnachten abgeschlossen werden sollte. Aus diesem Grunde schied von vornherein der vom Senat im vorgenannten Urteil geforderte Weg der Einholung einer verbindlichen Auskunft des Finanzamtes aus.

Der nach Aussage des Beklagten zu 1 und der Zeugin N-W von den Beklagten am 16.12.1998 herangezogene Aufsatz von Fichtelmann (NJ 3/98, Seite 76 f / Anlage B 2) gab einen hinreichend genauen Überblick über den damaligen Stand der Rechtsprechung und Literatur zu den Anforderungen an die Gewährung der Tarifbegünstigung im Falle der Veräußerung einer Beteiligung bei vorhandenem Sondervermögen. Nicht zitiert war darin nur das Urteil des FG Münster vom 20.5.1998, veröffentlicht in EFG 1998, 1319. Auf dieses Urteil will der Beklagte zu 1 anlässlich eines Telefonats am 16.12.1998 von dem Steuerberater J hingewiesen worden sein.

Die telefonischen Hinweise des Beklagten zu 1 gegenüber dem Kläger, wie sie vom Beklagten zu 1 und der Zeugin N-W vor dem Landgericht geschildert worden sind, waren ausreichend und geeignet, den Kläger in die Lage zu versetzen, bei der Entscheidung über den beabsichtigten Vertrag seine Rechte und Interesssen zu wahren. Die Zeugin N-W hat bekundet, der Beklagte zu 1 habe auf die Risiken, die sie und die Beklagten vorher dem Aufsatz von Fichtelmann entnommen hätten, hingewiesen, wobei seine Prognose zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei der Veräußerung ohne die Praxisimmobilie eher positiv bzw. positiv bis neutral gewesen sei. Hiermit im Einklang stehen die Angaben des Beklagten, der bekundet hat, den Kläger darauf hingewiesen zu haben, dass nach der überwiegenden Literaturmeinung der Einbehalt der Praxisimmobilie steuerunschädlich sei und das FG Münster in einer nicht rechtkräftigen Entscheidung ebenfalls auf dieser Linie gelegen habe. Der Kläger musste diesen Hinweisen entnehmen, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf seinen Veräußerungserlös nicht sicher war. Auch ohne besondere Erläuterung des Beklagten zu 1, musste er erkennen, dass die nicht rechtskräftige Entscheidung des FG Münster im Rechtsmittelverfahren bis zum BFH in den nächsten Jahren abgeändert werden und die Abänderung seinen Veräußerungserlös noch erfassen konnte.

Dass der Beklagte zu 1 eine für den Kläger eher positive Prognose abgab, stellt ebenso wenig eine Pflichtverletzung dar, wie das Unterlassen einer Empfehlung, das geplante Geschäft zu unterlassen.

Die positive Prognose war angesichts der im Aufsatz von Fichtelmann dargestellten herrschenden Meinung in der Literatur (darunter der Standardkommentar Schmidt, EStG , 16. Aufl., 1997, § 16 Rdn. 410) und der Entscheidung des FG Münster gerechtfertigt. Dem Beklagten kann nicht vorgeworfen werden, er habe den Gegenmeinungen in der Literatur von Wollnig, FR 1989, 713; Weber, DB 1991, 2560 und Althans, BB 1993, 1060) und auch der Entscheidung des BFH vom 19.3.1991 (BStBl II 1991, 635 -aus dieser Entscheidung leitete der BFH im Jahre 2000 seine Rspr. zur Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ab-) zu wenig Bedeutung beigemessen. Die Anforderungen an einen in der Praxis tätigen Steuerberater dürfen nicht überspannt werden. Insbesondere können von ihm nicht schwierige Analysen erwartet werden. Seit der Entscheidung des BFH vom 19.3.1991, auf die sich die Gegenmeinung der Lit. stützte, waren immerhin schon 7 Jahre vergangen, ohne dass sich der Meinungsstand in der Literatur geändert oder Untergerichte die Entscheidung zum Anlass genommen hätten, gegen die damals herrschende Meinung zu entscheiden. Aus dem zitierten Fall 23 U 28/03 ist dem Senat bekannt, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Erlöse aus Veräußerung von Gesellschaftsanteilen auch ohne Mitübertragung des Sonderbetriebsvermögens im OFD-Bezirk Düsseldorf bis jedenfalls Ende 1996 einheitlich ständige Verwaltungsübung war. Auch wenn sich aus einer Einkommensteuer-Gruppenbesprechung bei der OFD Düsseldorf im Dezember 1996, bei der auch das Urteil des BFH vom 19.3.1991 besprochen wurde, ergibt, dass Überlegungen zur Änderung der ständigen Verwaltungsübung angestellt wurden, ist für Dezember 1998 eine klare Änderung oder sogar eine gegenteilige Verwaltungsübung beim Finanzamt Mülheim / Ruhr oder bei der OFD Düsseldorf nicht feststellbar. Die insoweit darlegungspflichtigen Kläger haben hierzu nichts vorgetragen, obwohl ihnen die Erheblichkeit der Verwaltungsübung für die Frage der Pflichtverletzung auf Grund des Hinweises vom 7.4.2005 auf das oben zitierte Senatsurteil bekannt war. Wie die Obergerichte auf Rechtsmittel gegen die Entscheidung des FG Münster vom 20.5.1998 entscheiden würden, konnten die Beklagten nicht vorhersehen.

Unschädlich ist, ob der Beklagte zu 1 dem Kläger den Rat von Fichtelmann, wegen der bestehenden Unsicherheiten Vorkehrungen zu treffen, weitergegeben hat. Abgesehen davon, dass die Kläger nicht dargelegt haben, durch welche Vorkehrungen ihnen hätte geholfen werden können, hätte hierfür im Dezember 1998 nicht genügend Zeit zur Verfügung gestanden.

Entgegen der Ansicht der Kläger brauchten die Beklagten ihnen keine bestimmte Empfehlung zu geben. Insoweit hat das Landgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass es nicht zu den Aufgaben eines Steuerberaters gehöre, eine Bewertung der Priorität der verschiedenen Ziele seines Mandanten (hier: Profitieren von der Steuerbegünstigung der §§ 16, 34 EStG in der Fassung bis 31.12.1998 und Behalten des Alleineigentums an der Praxisimmobilie) vorzunehmen und eine bestimmte Empfehlung auszusprechen. Diese Entscheidung obliegt allein dem Mandanten. Der Kläger zu 1 hatte durch die vom Beklagten zu 1 und der Zeugin Niebuhr-Weiler geschilderten Hinweise eine ausreichende Grundlage für seine Entscheidung erhalten. Den Umfang der Mehrsteuern für den Fall, dass die Tarifbegünstigung nicht gewährt würde, konnte er auch ohne genaue Berechnungen der Beklagten schätzen, da ihm bekannt war, dass sein Spitzensteuersatz über 50 % lag. Die erwartete hohe Steuerersparnis hatte ihn ja gerade veranlasst, die anteilige Übertragung seiner Wirtschaftsgüter aus seiner früheren Einzelpraxis noch vor dem 31.12.1998 vorzunehmen. Er (und die Klägerin zu 2) mussten entscheiden, was ihnen wichtiger war: die Steuerersparnis oder die Veräußerung der Wirtschaftsgüter aus der Einzelpraxis mit oder ohne Praxisimmobilie.

b.

Die Aussagen des vom Landgericht informatorisch angehörten Beklagten zu 1 und der Zeugin N-W sind weder durch die Aussagen des informatorisch angehörten Klägers zu 1 und des Zeugen K noch durch sonstige Umstände widerlegt.

aa.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Mandant die Pflichtverletzung des steuerlichen Beraters auch dann uneingeschränkt beweisen muss, wenn er behauptet, das gebotene Beratungsgespräch habe nicht stattgefunden. Diese Annahme steht im Einklang mit der Rspr. des BGH (NJW 1996, 2571 f; NJW 1994, 3295/3299; NJW 1987, 1322), wonach die Beweisschwierigkeiten des Mandanten dadurch ausgeglichen werden, dass der Steuerberater zunächst im einzelnen darzulegen hat, in welcher Weise er die Belehrung vorgenommen haben will, was hier geschehen ist (siehe aa.). Der im Schriftsatz vom 4.5.2005 von den Klägern aufgezeigte Unterschied der vorliegenden Fallgestaltung von dem Fall, über den der BGH entschieden hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es kommt nicht darauf an, ob ein einzelnes Beratungsgespräch an einem bestimmten Tag oder Beratungen über einen längeren Zeitraum zu einer konkreten Frage streitig sind.

bb.

Rechtsfehlerfrei ist auch die Beweiswürdigung des Landgerichts, der sich der Senat anschließt. Die mit der Berufung vorgebrachten Einwände rechtfertigen auch insoweit keine andere Beurteilung.

Selbst wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen sollten, dass der Zeuge Knepper unglaubwürdig oder sein Erinnerungsvermögen schwach ist, verhilft das allein der Klage / Berufung noch nicht zum Erfolg. Die Aussage des Zeugen K ist jedenfalls nicht überzeugender als die gegenteilige Aussage der Zeugin N-W. Das gilt auch für die von den Angaben des Beklagten zu 1 abweichenden Angaben des Klägers zu 1 anlässlich der informatorischen Anhörung. Die Einlassung des Beklagten zu 1, er habe am Morgen des 16.12.1998 "plötzlich" eine Art "Impuls" verspürt, den einschlägigen steuerrechtlichen Fragen nachzugehen, ist nachvollziehbar. Dem Senat ist aus eigenen Erfahrungen bestens bekannt, dass sich Rechtsprobleme oft nicht stellen, weil das Problembewusstsein fehlt, und erst nach Abschluss einer Fallbearbeitung plötzlich Zweifel aufkommen, die Anlass zur erneuten Überprüfung geben. Dass der Aufsatz von Fichtelmann am 16.12.1998 per Fax übersandt wurde, ergibt sich aus der oberen Faxleiste. Es besteht kein Anlass zu der Annahme, dass die Beklagten diese Faxleiste manipuliert haben. Plausibel ist auch, dass die Beklagten an Hand dieses Aufsatzes das Steuerproblem des Klägers untersucht und anschließend den Kläger hierüber unterrichtet haben. Der Inhalt des Aufsatzes, das Fax-Datum und auch der handschriftliche Vermerk des Beklagten auf der Rückseite des Aufsatzes (Anlage B3) "tel. am 16.12.98 12.00 mit Dr. W Problematik besprochen Anwesend Herr T und Frau N" erklären schließlich das Erinnerungsvermögen der Zeugin N-W und des Beklagten zu 1. Ein weiteres Indiz dafür, dass die telefonische Beratung entsprechend der Schilderung des Beklagten zu 1 und der Zeugin N-W stattgefunden hat, sind die Erläuterungen auf Seite 2 des Schreibens der Beklagten vom 29.1.1999 zur Rechnung vom 13.1.1999 (Anlage B 7), denen der Kläger nicht widersprochen hat. Nach diesen Erläuterungen haben die Beklagten zur Begründung von 44 Stunden Zeitaufwand u.a. erwähnt ihre Stellungnahme zu möglichen Risiken und Problemen bei der steuerbegünstigten Anteilsveräußerung unter Berücksichtigung von Rspr. und Literaturmeinung. Dieses Indiz wird zwar dadurch abgeschwächt, dass auf der Seite 1 unter "persönliche Besprechungen und Besuche" das Telefonat vom 16.12.1998 nicht erwähnt ist. Es wird aber nicht ganz bedeutungslos und allein das Nichtaufführen des Telefonats verhilft der Klage / Berufung noch nicht zum Erfolg.

2.

Auch wenn es nach den Ausführungen zu a. nicht mehr darauf ankommt: Selbst wenn man von einer Pflichtverletzung der Beklagten ausginge, könnte nicht mit der gemäß § 287 ZPO erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Pflichtverletzung für den von den Klägern geltend gemachten Schaden kausal ist.

a.

Zur Beantwortung der sich gemäß § 249 Satz 1 BGB zunächst stellenden Frage, ob zwischen der Verletzung der Vertragspflicht des Steuerberaters und dem vom Mandanten geltend gemachten Schaden der notwendige adäquate Ursachenzusammenhang (haftungsausfüllende Kausalität) besteht, ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters genommen hätten; insbesondere wie der Auftraggeber darauf reagiert hätte, und wie dessen Vermögenslage dann wäre (BGH NJW 2000, 1572/1573; NJW 2002, 593/594). Der hypothetische Zusammenhang ist vom Mandanten als Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen und im Regressprozess vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu beurteilen. Das Beweismaß des § 287 ZPO ist geringer als das des § 286 ZPO, es genügt eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit (BGH NJW 1996, 2501). Die Regeln des Beweises des 1. Anscheins sind nur dann anwendbar, wenn bei verständiger Betrachtung nur eine Entscheidung des Mandanten sinnvoll gewesen wäre, etwa weil diese ihm den größten Vorteil gebracht hätte. Der Anscheinsbeweis entfällt, wenn bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters verschiedene vernünftige Handlungsweisen in Betracht gekommen wären (BGH NJW 2002, 593, 594).

b.

Hier kamen bei Kenntnis der unsicheren steuerrechtlichen Beurteilung gem. §§ 16 / 34 EStG 4 Handlungsalternativen des Klägers zu 1 in Betracht, und zwar die anteilige Mitübertragung der Praxisimmoblie, ein Nachverhandeln über den Kaufpreis, der Abschluss des ausgehandelten Vertrages mit der Hoffnung auf Gewährung des ermäßigten Steuersatzes auf den Veräußerungserlös oder das Abstandnehmen vom Vertrag. Nach dem Vortrag der Kläger kann lediglich die Wahl der ersten beiden Alternativen ausgeschlossen werden, nicht dagegen die Wahl der 3. Alternative. Die Kläger haben nicht überzeugend dargelegt, dass der Kläger zu 1 nach der zuletzt genannten Alternative seinen Zielvorstellungen näher gekommen wäre als auf dem tatsächlich eingeschlagenen Weg der 3. Alternative. Es mag zwar stimmen, dass die bis 31.12.1998 geltende Steuervergünstigung für die Entscheidung des Klägers, sein Praxisvermögen anteilig auf 2 Partner zu übertragen, ausschlaggebend war. Das schließt jedoch nicht aus, dass es auch andere Gründe für das Geschäft gab, die ihn neben der verbleibenden Hoffnung, die Steuerermäßigung noch zu bekommen, doch veranlasst hätten, den ausgehandelten Vertrag durchzuführen. Zu den anderen Gründen zählen der zu erwartende hohe Kaufpreis, die bevorstehende Gesundheitsreform, von der die Ärzte Einnahmeeinbußen erwarteten, das Interesse an der Bindung wenigstens einiger Partner und schließlich der Umstand, dass in einigen Jahren der idelle Praxisanteil des Klägers in Folge der Wertaufbauregelung für die Partner gemäß § 5 des Vertrages vom 7.8.1994 nicht mehr so viel wert gewesen wäre und bei einem Verkauf nach dem 31.12.1998 die Steuervorteile des alten § 34 I EStG mit Sicherheit nicht mehr zu erhalten waren.

II. Wahl und Durchführung des Versorgungsmodells der VZD (Klageanträge zu b und c)

Insoweit wird unterstellt, dass die Beklagten in den Abschluss der Verträge zur betrieblichen Altersversorgung von vornherein eingebunden waren oder anlässlich der Erstellung der Steuererklärungen für die Veranlagungsjahre ab 1991 Kenntnis von diesen Verträgen erhalten haben und es außerdem pflichtwidrig unterlassen haben, den Kläger darauf hinzuweisen, dass die von ihm gewählten Vertragsgestaltungen nicht die von ihm gewünschten Steuervorteile bieten würden.

Schadensersatzansprüche können die Kläger hieraus nicht herleiten, weil sie nicht schlüssig dargelegt haben, dass ihnen in Folge der Pflichtverletzung der Beklagten ein Schaden entstanden ist.

1.

Unschlüssig ist bereits der Vortrag der Kläger zur haftungsausfüllenden Kausalität. Sie haben nicht mit hinreichender Klarheit dargelegt, was der Kläger getan hätte, wenn er vor Abschluss der Verträge mit der V von den Beklagten den Hinweis erhalten hätte, dass die zwischen ihm und der C GmbH ausgehandelten Verträge nicht den Anforderungen entspächen, die § 4 d EStG an den Betriebskostenabzug stellt, und die Darlehnszinsen bei dem für seine Ehefrau vorgesehenen Versorgungsmodell ebenfalls nicht als Betriebskosten abgezogen werden könnten.

So weit sie geltend machen, der Kläger hätte unabhängig von dem Versorgungsvertrag für seine Ehefrau ein Darlehen aufgenommen, übergehen sie, dass die Beleihung der 1992 erbrachten Dotation ein fester Bestandteil des für die Ehefrau gewählten Versorgungsmodells war. Die an die V jährlich gezahlten Darlehnszinsen von 15.625 DM wurden von dieser zur Auszahlung der jährlichen Rente von 15.625 DM an die Klägerin zu 2 verwandt. Der untrennbare Zusammenhang zwischen der Dotation und dem Darlehn ergibt sich auch aus Tz. 11 des Betriebsprüfungsberichts vom 1.6.2001 und aus den Ausführungen auf Seite 5 der Einspruchsentscheidung des Finanzamtes vom 17.2.2005, wonach in dem Schreiben der Agrippina vom 14.11.1996 der ausdrückliche Hinweis enthalten sein soll, dass nur bei rechtzeitiger Zinszahlung die Rente an die Ehefrau ausbezahlt werden könne. Dieser Hinweis erfolgte offenbar im Zusammenhang mit den Plänen der Umschuldung des Darlehns auf die A-Bank. Im übrigen wäre jedes Fremddarlehn zur Finanzierung der Rentenauszahlung der noch nicht im Rentenalter befindlichen Ehefrau ein privat veranlasstes Darlehn gewesen, dessen Zinsen nicht als Betriebsausgaben hätten abgesetzt werden können. Aus denselben Gründen ist auch der Vortrag auf Seite 38 der Berufungsbegründung, die Beleihung der Dotationen hätte noch nach Vertragsschluss rückgängig gemacht werden können, unschlüssig.

Soweit die Kläger auf Seite 38 der Berufungsbegründung außerdem vorgetragen haben, das Versorgungsmodell hätte noch nach Vertragsschluss inhaltlich steuerkonform angepasst werden können, ist ihr Vortrag unschlüssig, weil sie nicht mitteilen, welche den Anforderungen des § 4 d EStG entsprechende Änderungen sie mit der Z hätten aushandeln können und wollen.

Auf die Unschlüssigkeit des Vorbringens auf Seite 38 der Berufungsbegründung sind die Kläger mit der prozessleitenden Verfügung vom 7.4.2005 hingewiesen worden. Nachfolgend haben sie hierzu nicht weiter vorgetragen, sondern statt dessen mit den Schriftsätzen vom 19.5.2005 und 20.6.2005 ihren erstinstanzlichen Vortrag aus dem Schriftsatz vom 26.5.2004 wiederaufgegriffen und darauf abgestellt, dass die Beklagten bei ihren Vorgesprächen mit dem Zeugen S ein steuerschädliches Versorgungsmodell erst gar nicht hätten vorbereiten und absegnen dürfen. Auf Seite 17 des Schriftsatzes vom 20.6.2005 stellen sie dann klar, dass es bei pflichtgemäßer Beratung nicht zum völligen Unterlassen des Versorgungsmodells gekommen wäre, sondern schlicht zu einem Modell, welches den steuerlichen Vorschriften entsprach. Auch an dieser Stelle wird nicht mitgeteilt, wie genau das den steuerlichen Vorschriften entsprechende Steuermodell ausgesehen hätte. Ohne die Mitteilung des hypothetischen genauen Vertragsinhalts kann nicht beurteilt werden, ob dieser Vertrag den damaligen Zielvorstellungen des Klägers entsprach, die Z sich hierauf eingelassen hätte und ob der Vertrag zu den gewünschten Steuerersparnissen geführt hätte. Dies gilt insbesondere für das Versorgungsmodell, das der Kläger für seine Ehefrau ausgewählt hätte. Der jetzige Vertrag, der eine sofortige Rentenauszahlung ab dem 35. Lebensjahr der Ehefrau vorsieht, hat nichts mit betrieblicher Altersvorsorge zu tun. Er hätte durch einen ganz anderen Vertrag ersetzt werden müssen.

2.

Schließlich scheitert das Schadensersatzfestellungsbegehren daran, dass die Kläger die Wahrscheinlichkeit eines Schadens nicht ausreichend dargelegt haben.

a.

Ob und in welchem Umfang ein nach § 249 BGB zu ersetzender Schaden vorliegt, beurteilt sich nach einem rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis bewirkten Vermögenslage mit derjenigen, die ohne diesen Umstand eingetreten wäre; der haftpflichtige Berater hat den Mandanten vermögensmäßig so zu stellen, wie dieser bei pflichtgemäßem Verhalten stünde. Die hierzu erforderliche Differenzrechnung setzt einen Gesamtvermögensvergleich voraus, bei der alle Folgen des schädigenden Ereignisses zu berücksichtigen sind, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten oder mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Der Auftraggeber genügt seiner Obliegenheit zur Darlegung eines Schadens deshalb nicht bereits dadurch, dass er einen einzelnen ihm entstandenen Vermögensnachteil herausgreift und hieraus seinen Schaden ableitet; er hat vielmehr in die von ihm vorzunehmende Vergleichsrechnung alle -auch ihm günstige - Umstände einzustellen, die auf der Pflichtverletzung des Beraters beruhen (BGH NJW 1998, 982, 983; OLG Köln OLGR 1999, 265/267; Senat, Urteil vom 28.11.2002 (23 U 259/01 = GI 2003, 86).

Im Rahmen einer Feststellungsklage genügt eine summarische Darstellung, der mit der für ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Schadensersatzpflicht (§ 256 ZPO) erforderlichen Wahrscheinlichkeit der Eintritt wenigstens eines ersten Teilschadens entnommen werden kann (Senat, Urteil vom 29.1.2002, 23 U 78/01 = GI 2002, 277).

b.

Eine solche summarische Darstellung, der entnommen werden kann, dass die Kläger durch den Abschluss der Versorgungsverträge wahrscheinlich einen Schaden erlitten haben, fehlt. Auch die nach dem Hinweis vom 7.4.2005 in den Schriftsätzen vom 19.5.2005 und 20.6.2005 vorgenommene Schadensberechnung ist nicht schlüssig. Die Kläger haben lediglich die gewünschten, aber nicht erreichten Steuervorteile als Schaden angesetzt, ohne mitzuteilen, aus welcher konkreten hypothetischen Handlungsalternative sie diese Steuervorteile hätten erzielen können. Entgegen ihrer Auffassung müssen in einer Differenzrechnung bei der Beurteilung ihrer tatsächlichen Vermögenslage auch sämtliche seit 1991 erzielten Steuervorteile berücksichtigt werden. Es muss die gesamte Vermögenslage, wie sie sich seit 1991 auf Grund der Verträge mit der Z entwickelt hat, mit der Vermögenslage verglichen werden, wie sie sich seit 1991 bei Abschluss anderer Verträge (deren Inhalt die Kläger nicht substantiiert dargelegt haben) entwickelt hätte. Auszunehmen sind nur die tatsächlichen Vermögensentwicklungen, die nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten fallen.

C.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Anlass, die Revision zuzulassen.

Streitwert für die 2. Instanz: 432.985,98 Euro

Ende der Entscheidung

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