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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.06.2006
Aktenzeichen: I-23 U 173/05
Rechtsgebiete: StBerG, ZPO, EGBGB, EStG, BGB, AO


Vorschriften:

StBerG § 68
ZPO § 287
ZPO § 529
EGBGB Art. 229 § 5
EStG § 34
BGB §§ 249 ff
BGB § 286
BGB § 288
AO § 233a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15.11.2005 verkündete Urteil der 14c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 63.164,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.1.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 87 % und der Beklagte zu 13 %.

Die Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und der Beklagte können eine Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen den beklagten Steuerberater einen Schadensersatzanspruch wegen einer fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit der Veräußerung seines Ingenieurbüros geltend. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 461.848,73 € stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:

Der Beklage habe seine Pflichten aus dem Steuerberatermandat verletzt, weil er den Kläger vor Abschluss des Unternehmensverkaufs im März 1996 nicht darauf hingewiesen habe, dass die Einnahmen aus den Zahlungen des Erwerbers für den übernommenen Forderungsbestand des Ingenieurbüros nicht einem ermäßigten Steuersatz als Veräußerungsgewinn unterliegen. Hierdurch sei dem Kläger ein Schaden von 367.645,50 € entstanden, da er im Hinblick auf diese Steuerersparnis von dem Käufer seines Unternehmens nur 77 % des Wertes der Außenstände gemäß der vertraglichen Vereinbarung erhalten habe. Bei richtiger Belehrung wäre der Verkäufer, so das Ergebnis der Beweisaufnahme, bereit gewesen, den Wert der Forderungen zu 100 % auszugleichen. Lediglich wegen des Inkassos hätte der Erwerber wahrscheinlich einen Abzug, der mit 3 % des Wertes der eingezogenen Forderungen zu bemessen sei, vorgenommen. Der Schadensersatzanspruch sei entgegen der Ansicht des Beklagten nicht verjährt. Zunächst habe das Finanzamt den ermäßigten Steuersatz akzeptiert, so dass sich das Vermögen des Klägers erst verschlechterte, als das latente Risiko der richtigen steuerlichen Bewertung sich anlässlich der Steuerprüfung im Jahre 2001 realisierte. Die Vermögenseinbuße habe sich erst durch die Außenprüfung des Finanzamtes manifestiert, wobei dahin stehen könne, ob die Schlussbesprechung vom 8.5.2001 oder der Abschlussbericht vom 25.7.2001 maßgebend sei, weil die dreijährige Frist des § 68 StBerG durch die Zustellung des Mahnbescheids am 8.1.2004 in jedem Fall gehemmt worden sei. Darüber hinaus habe der Kläger einen Zinsschaden von 94.203,23 € erlitten, weil das Finanzamt wegen der unrichtigen, erst durch die Außenprüfung korrigierten, Angaben zum Veräußerungsgewinn 368.491,50 DM Nachforderungszinsen festsetzte. Ein Schaden sei dem Kläger nur in Höhe von 50 % dieses Betrages entstanden, da er sich die Vorteile gezogener Zinsgewinne aufgrund der späteren Steuerzahlung anrechnen lassen müsse.

Der Beklage greift diese Entscheidung mit der fristgerecht eingelegten Berufung an, soweit er zur Zahlung von mehr als 63.164,70 € als Schadensersatz wegen der vom Finanzamt festgesetzten Nachforderungszinsen verurteilt wurde, und trägt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen zur Begründung vor:

Bis auf einen Teil des Zinsschadens sei die Ersatzforderung des Klägers verjährt. Der Schaden, den der Kläger geltend mache, bestehe darin, dass er gegenüber dem Erwerber auf 23 % des Wertes der übernommenen Forderungen aus Leistungen des Ingenieurbüros verzichtet habe. Dieser Schaden sei bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages am 14.3.1996 entstanden, so dass die Verjährungsfrist des § 68 StBerG ab diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe. Nicht entscheidend seien die Außenprüfung des Finanzamtes und die Steuernachforderung, weil der Kläger gerade keinen erst durch die Prüfung entstandenen Steuerschaden geltend mache. Es habe sich auch nicht erst durch die Prüfung des Finanzamtes ein Schadensrisiko verwirklicht. Auf die Kenntnis des Klägers vom Schaden komme es nicht an. Das Landgericht habe aber subjektive Elemente in den Schadensbegriff einbezogen. Dies gelte umso mehr, als die Steuernachforderung aufgrund der Außenprüfung nur zum Teil wegen des ursprünglich zu Unrecht mit ermäßigtem Steuersatz berechneten Veräußerungsgewinns erfolgt sei. Zudem seien die Feststellungen des Landgerichts zum Schaden reine Spekulation. Es sei nicht bewiesen, dass der Erwerber den Wert der Außenstände zu 100 % von dem Erwerber erhalten hätte. Der Erwerber hätte erhebliche, über die vom Landgericht angenommenen 3 % des Forderungswertes hinausgehende Abzüge zur Deckung seiner Inkassokosten vorgenommen. Richtig sei allerdings, dass dem Beklagten vorzuwerfen sei, 2.390.700 DM unzutreffend in den Steuererklärungen deklariert zu haben. Bei einem Steuersatz von 53 % beliefen sich die darauf entfallenen Nachforderungszinsen auf 123.539,42 DM = 63.154,70 €. Weitergehende Nachforderungszinsen habe er nicht verursacht.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 15.11.2005 teilweise zu ändern, soweit er verurteilt worden ist, an den Kläger einen über 63.154,70 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9.1.2005 hinausgehenden Betrag zu zahlen, also die Klage in Höhe von weiteren 398.684,03 € nebst Zinsen abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger nimmt auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug und trägt vertiefend vor:

Wegen des unrichtigen Rates des Beklagten habe er gegenüber dem Erwerber des Ingenieurbüros auf 23 % des Wertes seiner noch offenen Forderungen verzichtet. Hierdurch habe sich zunächst kein Schaden verwirklicht, weil dieser Einbehalt durch die steuerlichen Vorteile im Rahmen des ermäßigten Steuersatzes als Veräußerungsgewinn kompensiert gewesen sei. Erst durch den Wegfall dieser Kompensation habe sich ein Schaden verwirklicht, da erst dadurch dem Verzicht auf vollständige Zahlung des Forderungswertes keine steuerlicher Vorteile mehr gegenübergestanden hätten. Dies habe mit subjektiven Elementen der Schadensbetrachtung nicht zu tun, sondern sei lediglich die tatsächliche Verwirklichung des Schadens durch die Außenprüfung des Finanzamtes. Zutreffend sei auch die Argumentation des Landgerichts zum Schaden einschließlich der Nachforderungszinsen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einem Rechtsfehler, soweit dem Kläger ein über 63.164,70 € hinausgehender Schadensersatz zugesprochen wurde (§ 546 ZPO). Die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung.

Auf das Schuldverhältnis der Parteien sind die bis zum 31.12.2001 geltenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden, Art. 229, § 5 EGBGB.

A.

Die vom Landgericht zugesprochene Schadensersatzforderung des Klägers wegen des vereinbarten Einbehalts von 23 % des Wertes der durch den Erwerber eingezogenen ursprünglichen Forderungen des Ingenieurbüros des Klägers in Höhe von 367.645,50 € ist nicht gerechtfertigt. Der Beklagte beruft sich zu Recht auf Verjährung dieser Forderung.

1.

Unstreitig ist, dass der Beklagte den Kläger falsch beraten hat. Der Käufer des Unternehmens des Klägers sollte für die übernommenen Aktiva (= Anlagevermögen, gesamtes Vorratsvermögen, Vermögensgegenstände, noch nicht beendete Verträge, Auftragsbestand, sämtliche Geschäftsunterlagen insbesondere Kundendaten und "knowhow" ohne Forderungen des Ingenieurbüros für ausgeführte oder weitgehende ausgeführte Projekte) 6.250.000 DM zahlen. Der Erwerber übernahm zudem auch alle noch nicht bezahlten Forderungen des Klägers und verpflichtete sich bei Einzug der Forderung zur Zahlung an den Kläger. Nach der Vorstellung des Erwerbers, die der Beklagte auf Nachfrage des Klägers nicht beanstandete, waren die Zahlungen an den Kläger aus dem Forderungseinzug als Gewinn aus der Veräußerung des Unternehmens zum hälftigen Steuersatz von 28,5 % statt 57 % von dem Kläger zu versteuern. Durch diese Vorgehensweise, so die Idee des Erwerbers, konnte der Kläger erheblich Steuern sparen, die er hätte mehr zahlen müssen, wenn er die Außenstände selbst eingezogen hätte. Diese steuerlichen Vorteile sollten dem Kläger und dem Erwerber dann in der Weise zu Guten kommen, dass der Kläger nur 77 % des tatsächlich eingezogenen Forderungsbetrages erhielt. Die Annahme des Erwerbers und des Beklagten über die nach dem ermäßigten Steuersatz zu zahlenden Steuern, die der Beklagte geprüft und für richtig erachtet hatte, war falsch. Das Finanzamt akzeptierte zwar zunächst als Veräußerungsgewinn sowohl den Kaufpreis von 6.250.000 DM als auch die Zahlungen auf eingezogene Forderungen von 6.136.130 DM und berechnete mit Bescheid vom 22.1.1999 nach Abzug von Anlagevermögen, Vermögensgegenständen und halbfertigen Arbeiten einen Veräußerungsgewinn von 9.481.765 DM zu dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG von 26,3862 %. Aufgrund der Außenprüfung stellte das Finanzamt im Mai 2001 aber zu Recht fest, dass die Einnahmen aus dem Forderungseinzug mit dem vollem Steuersatz zu berechnen sind, was dazu führte, dass der begünstigte Veräußerungsgewinn nur noch 7.378.245,70 DM betrug und sich dementsprechend die zu zahlende Einkommensteuer erhöhte.

2.

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass der Kläger bei zutreffender Beratung des Beklagten mit dem Käufer eine Vereinbarung getroffen hätte, wonach der Käufer ihm unter Abzug lediglich einer Inkassogebühr den vollen einzuziehenden Forderungsbestand weiterzuleiten hatte. Dies entspricht dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Zutreffend sind auch die Erwägungen des Landgerichts, dass der Käufer wegen der Inkassokosten einen Abzug von 3 % des Forderungswertes verlangt und im Rahmen der Vertragsverhandlungen durchgesetzt hätte. Im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ist nicht darauf abzustellen, welche Kosten ein gewerbliches, gewinnorientiertes Inkassounternehmen für den Forderungseinzug verlangt hätte. Wie die vereinbarte volle Weiterleitung des Forderungswertes zeigt, sollte der Betrag der Forderungen dem Kläger zufließen. Der Käufer hätte daher nur auf Erstattung der tatsächlichen Personal- und Bürokosten, nicht auf die Erzielung eines eigenen Gewinns bestanden. Die anfallenden Einziehungskosten hat das Landgericht unter Würdigung der Art der Forderungen, die sich weitgehend gegen die öffentliche Hand richteten, richtig ermittelt.

Letztlich kann die Frage aber dahin stehen, weil ein etwaiger durch die falsche Beratung des Beklagten begründeter Schadensersatzanspruch verjährt ist. Nach § 68 StBerG verjähren die Ansprüche auf Schadensersatz aus dem zwischen dem Mandanten und dem Steuerberater bestehenden Vertragsverhältnis in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Verjährung des Anspruches des Klägers begann mit Abschluss des Vertrages über den Verkauf des Unternehmens am 14.3.1996 und endete mit Ablauf des 14.3.1999.

a)

Der maßgebliche Zeitpunkt für den Verjährungsbeginn ist nach § 68 StBerG die Entstehung des Schadensersatzanspruchs. Die Bestimmung der Entstehung des Schadensersatzanspruches hängt davon ab, welcher Schaden geltend gemacht wird. Der Schaden den der Kläger ersetzt verlangt, besteht nicht darin, dass er die Beträge, die er von dem Erwerber seines Unternehmens aus dem Forderungseinzug erhalten hat, zu dem vollen Steuersatz versteuern muss. Es besteht Einigkeit darin, dass diese Besteuerung zutreffend ist und der Kläger macht nicht geltend, dass er diese Besteuerung bei zutreffender Beratung des Beklagten hätte vermeiden können. Der Kläger macht keinen Steuerschaden, sondern sonstigen Vermögensschaden geltend. Er verlangt, dass der Beklagte den Vermögensnachteil ersetzt, der ihm entstanden ist, weil er mit dem Erwerber des Unternehmers rechtlich bindend die Zahlung von nur 77 % statt 100 % des tatsächlichen Wertes der auf den Erwerber übergegangenen Forderungen vereinbarte. Die in erster Instanz geäußerte Ansicht des Klägers, sein Schaden bestehe in dem teilweisen Wegfall der begünstigten Versteuerung als Veräußerungsgewinn, trifft nicht zu. Der Wegfall eines unberechtigten Steuervorteils ist, da darauf zu keinem Zeitpunkt ein rechtmäßiger Anspruch bestand, kein Vermögensschaden im Sinne der §§ 249 ff BGB.

b)

Ein Anspruch ist im Sinne von § 68 StBerG entstanden, wenn er klageweise, bei Ungewissheit über die Schadenshöhe durch Feststellungsklage geltend gemacht werden kann. Die nach § 68 StBerG für den Verjährungsbeginn maßgebliche Schadensentstehung ist anzunehmen, wenn der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag seine Höhe noch nicht beziffert werden können; ferner wenn durch die Verletzungshandlung eine als Schaden anzusehende Verschlechterung der Vermögenslage eingetreten ist, ohne dass feststehen muss, ob ein Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird, oder wenn eine solche Verschlechterung der Vermögenslage oder auch ein endgültiger Teilschaden entstanden ist und mit der nicht fern liegenden Möglichkeit weiterer, noch nicht erkennbarer, adäquat verursachter Nachteile bei verständiger Würdigung zu rechnen ist. Die Unkenntnis des Schadens und damit des Ersatzanspruchs hindert den Verjährungsbeginn nicht. Ist dagegen noch offen, ob ein pflichtwidriges, mit einem Risiko behaftetes Verhalten zu einem Schaden führt, ist ein Ersatzanspruch noch nicht entstanden, so dass eine Verjährungsfrist nicht in Lauf gesetzt wird (BGH Urt. v. 2.7.1992 - IX ZR 268/01, NJW 1992, 2766 = BGHZ 119, 69; BGH Urt. v. 23.3.1987 - II ZR 190/86, NJW 1987, 1887 = BGHZ 100, 228, 231; BGH Urt. v. 22.2.1979 - VII ZR 256/77, NJW 1979, 1550 = BGHZ 73, 363, 365; zur Risiko-Schaden-Formel BGH Urt. v. 24.1.2002 - IX ZR 228/00, NJW 2002, 1421, 1424; BGH Urt. v. 9.12.1999 - IX ZR 129/99, NJW 2000, 1263. 1264; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rdn.1233 ff, 1236 mit weiteren Nachweisen; Zugehör, Beraterhaftung nach der Schuldrechtsreform, Rdn. 273ff; Gehre, Steuerberatergesetz, 4. Auflage, § 68 Rdn. 8)).

Der Schaden des Klägers besteht nicht darin, dass ihm die zunächst unberechtigt zugeflossenen steuerlichen Vorteile der ermäßigten Besteuerung gemäß § 34 EStG aufgrund der Außenprüfung wieder entzogen wurden. Sein Vermögensnachteil liegt vielmehr darin, dass er sich wirtschaftlich nachteilig mit dem Erwerber seines Unternehmers einigte. Dieser Vermögensnachteil entstand mit Abschluss des Übertragungsvertrages vom 14.3.1996. Ab diesem Zeitpunkt bestand nicht nur das Risiko einer Vermögensverschlechterung, vielmehr war diese eingetreten. Mit dem zivilrechtlichen Vertragsschluss entsteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, ein Schaden (BGH Urt. v. 8.3.2005 - XI ZR 170/04, NJW 2005, 1579 mit weiteren Nachweisen; Senat Urt. v. 13.12.2005 - 23 U 235/04, OLGReport 2006, 413). Hat ein Mandant infolge fehlerhafter Beratung eine nachteilige Vermögensanlageentscheidung getroffen, dann beginnt die Verjährungsfrist nämlich in dem Zeitpunkt, zu welchem der Mandant sein Geld weggegeben hat und an das Beteiligungsobjekt rechtlich unwiderruflich gebunden ist, so dass er eine Vermögenseinbuße auch tatsächlich nicht mehr vermeiden kann. Danach tritt der Schaden des Beratenen aus der Empfehlung einer nachteiligen Vermögensanlage regelmäßig schon mit der rechtlichen Bindung an das Beteiligungsobjekt ein (BGH Urt. v. 27.1.1994 - IX ZR 195/93, NJW 1994, 1405; Urteil des Senats vom 29.4.2005 - 23 U 4/05). So verhält es sich auch hier. Mit Abschluss des Unternehmenskaufvertrages hat der Kläger eine vermögensmäßig nachteilige Disposition mit rechtlicher Bindung getroffen. Auch wenn der Schaden vorübergehend durch die unberechtigt erlangten Steuervorteile kompensiert wurde, ändert dies nichts daran, dass der Vermögensnachteil eingetreten war. Der Schaden des Klägers war bezifferbar und konnte klageweise geltend gemacht werden.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3.11.2005 (IX ZR 208/04, NJW-RR 2006,642) steht dieser Beurteilung der Verjährungsfrage nicht entgegen, da der Kläger keinen Steuerschaden geltend macht. Ein steuerlicher Schaden entsteht dem Mandanten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 12.2.2004 - IX ZR 246/02, WM 2004, 2034, 2037; Urt. v. 16.10.2003 - IX ZR 167/02, WM 2004, 472, 474) durch eine Falschberatung in einer Steuersache erst mit Zugang des nachteiligen Steuerbescheides. Diese Rechtsprechung beruht darauf, dass es oftmals unsicher ist, ob die Finanzbehörden einen steuerlich bedeutsamen Sachverhalt aufdecken. Das gilt auch, wenn die fehlerhafte Beratung erst im Rahmen einer Außenprüfung festgestellt wird und zu einer nachteiligen Steuerfestsetzung in dem Sinne führt, dass höhere Steuern erhoben werden, die ohne den Fehler des Steuerberaters auch nach dem Ergebnis der Außenprüfung nicht festgesetzt worden wären (BGH Urt. v. 7.5.1991 - IX ZR 188/90, NJW-RR 1991, 1125; BGH Urt. v. 12.2.2004 - IX ZR 246/02, GI 2004, 139; BGH VII ZR 256/77, NJW 1979, 1550). In seiner Entscheidung vom 2.7.1992 hat der Bundesgerichtshof (IX ZR 268/91, NJW 1992, 2766 = BGHZ 119, 69) hinsichtlich der Entstehung des Schadens danach unterschieden, ob die Vermögenseinbuße wegen des wirtschaftlich nachteiligen Vertrages geltend gemacht wird, oder ob Ersatz für einen Steuerschaden verlangt wird. Nur für letzteren stellte er auf den Steuerbescheid nach Außenprüfung ab. Auch in der Entscheidung vom 3.11.2005 (IX ZR 208/04, NJW-RR 2006, 642) differenziert der Bundesgerichtshof hinsichtlich des Verjährungsbeginns danach, ob die Schadensersatzforderung auf der Empfehlung einer nachteiligen Vermögensanlage beruht, oder ob der Steuerschaden aufgrund einer Fehlberatung in einer Steuersache Gegenstand der Klageforderung ist. Dem Kläger geht es vorliegend nicht um den Ersatz eines Steuerschadens. Die Steuerbescheide entsprechen der Sach- und Rechtslage. Der Kläger wirft dem Beklagten vor, ihm vor einer offen zutage liegenden Fehlentscheidung bei der Vertragsgestaltung nicht gewarnt zu haben. Infolgedessen verlangt er Ersatz der ihm daraus entstandenen vermögensrechtlichen Nachteile. Der Kläger argumentiert nicht, dass ein Schaden erst durch die Außenprüfung des Finanzamtes entstanden sei, sondern damit, dass aufgrund der Außenprüfung die steuerliche Vorteile, die seine seit Abschluss des Vertrages bestehenden Nachteile kompensierten, weggefallen seien. Sein Schaden besteht aber nicht im Wegfall der unberechtigten Steuervorteile, sondern darin, dass er bei Vertragsschluss auf die Bezahlung von 23 % des Wertes der verkauften Forderungen verzichtet hat.

c)

Der Lauf der Verjährungsfrist ist nicht unterbrochen oder gehemmt worden, so dass mit Ablauf des 14.3.1999 Verjährung eintrat.

3.

Dem Beklagten ist es auch nicht nach den Grundsätzen der Sekundärverjährung verwehrt, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen. Es bedarf keiner Erörterung, ob der Beklagte Hinweispflichten in Bezug auf die mögliche Verjährung eines gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruches verletzt hat. Der Sekundärhaftungsanspruch gegen den Beklagten ist ebenfalls verjährt. Für diesen Anspruch gilt ebenfalls die dreijährige Verjährungsfrist des § 68 StBerG, da es sich um einen Anspruch wegen vertraglicher Pflichtverletzung handelt. Er entsteht mit dem Eintritt der Primärverjährung (vgl. zu den Einzelheiten mit Nachweisen der Rechtsprechung Zugehör, a.a.O. Rdn.1296). Danach begann die Verjährung eines solchen Anspruches des Klägers mit Ablauf des 14.3.1999 und endete mit Ablauf des 14.3.2002. Verjährungshemende oder -unterbrechende Tatbestände ergeben sich nicht. Der Kläger hat seine Forderung erstmals nach Ablauf der Verjährungsfrist mit Schreiben vom 17.12.2003 geltend gemacht.

B.

Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der vom Finanzamt festgesetzten Nachforderungszinsen besteht nur in Höhe von 63.164,70 €.

1.

Das Finanzamt hat in dem Bescheid vom 25.7.2001 die Nachzahlungszinsen gemäß § 233 a AO für die Zeit vom 1.4.1998 bis 28.7.2001 nach einer Steuerschuld von 1.889.700 DM auf 368.491,50 DM festgesetzt. Das Landgericht hat die Schadensersatzforderung im Hinblick auf eine Vorteilsanrechnung des Klägers, der die nicht gezahlten Beträge nutzen und anlegen konnte, auf die Hälfte, das sind 184.245,50 DM oder 94.203,23 € reduziert. Diese Vorteilsanrechnung ist außer Streit. Der Beklagte wendet sich gegen seine Verurteilung nur, soweit er zur Zahlung von mehr als 63.164,70 € verurteilt wurde. Sein Berufungsangriff hat auch insoweit Erfolg.

2.

Voraussetzung für eine Haftung des Beklagten für Nachforderungszinsen nach § 233a AO ist, dass diese von ihm mitverursacht worden sind. Der Beklagte hat dargelegt, dass die nachträgliche erhöhte Steuerfestsetzung nur teilweise auf die unrichtig als Veräußerungsgewinn deklarierten Einnahmen zurückzuführen ist. Danach beruhen die Nachforderungszinsen zum Teil darauf, dass der Gewinn des Klägers bis zum Abschluss des Kaufvertrages am 14.3.1996 berechnet wurde und nicht, wie ursprünglich vom Kläger beabsichtigt nur bis einschließlich dem 31.12.1995. Der Zeitpunkt des Vertragsschlusses und die damit zusammenhängenden höheren Steuern sowie Nachforderungszinsen beruhen nicht auf einer falschen Beratung des Beklagten. Derartiges trägt auch der Kläger nicht vor. Soweit die Steuerfestsetzung und die Festsetzung von Nachforderungszinsen darauf beruhen, dass in 1996 eingegangene Beträge aus den Rechnungsdaten 1994 und 1995 herrühren und als Forderungen berücksichtigt werden müssen, ist ebenfalls ein Fehler des beklagten Steuerberaters weder ausreichend konkret vorgetragen noch unter Beweis gestellt. Die Ansicht des Klägers, dass jede Zinsnachzahlung, die aufgrund einer Steuernachzahlung zu leisten ist, das Fehlverhalten desjenigen belegen würde, der die Steuererklärung gefertigt hat, trifft nicht zu und ersetzt keinen konkreten Vortrag zur Pflichtverletzung und dem dadurch verursachten Schaden.

3. Der Zinsanspruch des Klägers ist aus Verzug begründet, §§ 286, 288 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf die Einrede der Verjährung zu, um eine Klärung der Frage, ob der Schaden bereits durch Eingehung des Vertrages oder erst durch den Wegfall vorläufig gewährter Steuervorteile als "Schaden einer Steuersache" im Sinne des § 68 StBerG entstanden ist, zu ermöglichen.

Ende der Entscheidung

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