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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.02.2004
Aktenzeichen: I-23 U 29/03
Rechtsgebiete: EStG, EGBGB, AO, BGB, ZPO


Vorschriften:

EStG § 15 a
EStG § 26 Abs. 2
EGBGB Art. 229 § 5
AO § 164
AO § 268
BGB § 426
BGB § 705
BGB § 1353
ZPO § 531 II
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19. Februar 2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt den beklagten Steuerberater auf Schadensersatz in Anspruch, weil dieser sie im Jahre 1999, nachdem sie von ihrem Ehemann geschieden worden war, im Zusammenhang mit Steuernachforderungen für die Jahre 1993 bis 1997 nicht ordnungemäß beraten habe.

Die Klägerin ist Inhaberin eines Gewerbebetriebes, dessen Geschäftsführer ihr geschiedener Ehemann bis zum 31.12.1997 war. Die von dem Beklagten beratenen Eheleute wurden antragsgemäß gemeinsam steuerlich veranlagt. Die Steuerbescheide für 1993 bis 1997 wurden im Februar/März 1997 sowie März 1998 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen und ergaben jeweils einen Erstattungsanspruch der Eheleute. Die Erstattungsbeträge wurden einem Konto der Klägerin, die seit April 1997 von ihrem Ehemann getrennt lebte, gutgeschrieben. Die Ehe der Klägerin wurde am 26.11.1998 geschieden. Zuvor hatten die Eheleute am 30.10.1998 einen Ehevertrag zur Vorbereitung des Scheidungsverfahrens geschlossen, nach dessen § 4 mit Erfüllung der getroffenen Vereinbarungen alle wechselseitigen Verpflichtungen aus der Zeit der gemeinsamen Ehe, ob bekannt oder unbekannt, abgegolten sein sollten. Am 19.07.1999 erließ das Finanzamt aufgrund der Nachprüfung geänderte Steuerbescheide, die zuvor berücksichtigte Verluste nach § 15 a EStG nicht anerkannten, so dass sich eine Steuernachforderung von 265.272,18 DM ergab. Der Beklagte stellte für die Klägerin am 29.10.1999 einen Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld, den das Finanzamt mit Schreiben vom 23.06.2000 als unzulässig zurückwies, weil die Klägerin nach Rücksprache mit dem Beklagten die Nachforderung am 02.11.1999 ausgeglichen hatte. Die Klägerin machte daraufhin vor dem Landgericht München (1 O 756/01 LG München II) Erstattungsansprüche gegen ihren geschiedenen Ehemann geltend und schloss mit ihm am 23.05.2001 einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich dieser verpflichtete an sie 45.000 DM zu zahlen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angegriffenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beklagten zur unbedingten Zahlung von 486,75 EUR sowie zur Zahlung weiterer 50.653,42 EUR Zug um Zug gegen Abtretung eines Ausgleichsanspruches an den Beklagten verurteilt und die weitergehende Forderung abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Beklagte hätte für das Jahr 1996 zur getrennten Veranlagung raten müssen, weil dies für beide Ehegatten günstiger gewesen wäre. Für die übrigen Veranlagungsjahre seit 1993 habe er nachträglich auf die Möglichkeit einer getrennten Veranlagung nach Einlegung des Einspruches gegen die neuen Steuerbescheide hingegen nicht hinweisen dürfen, da er dann einseitig zu Lasten des Ehemannes tätig geworden wäre, den er während des Bestehens der Ehe mit vertreten hatte und der übereinstimmend mit der Klägerin die gemeinsame Veranlagung beantragt hatte. Der Beklagte habe zu verantworten, dass der Aufteilungsantrag zurückgewiesen wurde, da er der Klägerin zur Tilgung der gesamten Steuernachforderung geraten und zudem keinen Einspruch gegen die Zurückweisung des Aufteilungsantrages eingelegt habe. Da die Steuerschuld der Klägerin bei einer Aufteilung nur 135.114,71 DM betragen hätte, sei ihr ein Schaden von 129.069,47 DM entstanden, auf den die von dem geschiedenen Ehemann zwischenzeitlich aufgrund des gerichtlichen Vergleichs gezahlten 30.000 DM anzurechnen seien. Die Klägerin müsse aber ihren Ausgleichsanspruch, der ihr gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann zustehe, an den Beklagten abtreten.

Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Rechtsmittels vor:

Der Beklagte habe seine Pflichten als Steuerberater schon deshalb verletzt, weil er, obwohl er seit Ostern 1997 von der beabsichtigten Scheidung und von dem im Oktober 1997 geschlossenen Ehevertrag für den Fall der Scheidung gewusst habe, sein Mandat nicht wegen möglicher Interessenkollision niedergelegt habe. Bei Mandatsniederlegung hätte sie einen eigenen Berater beauftragt, der ihr zur getrennten Veranlagung geraten hätte, so dass ihr keine steuerlichen Nachteile entstanden wären. Das Landgericht habe zutreffend eine Pflichtverletzung darin gesehen, dass der Beklagte ihr nicht geraten habe, den Aufteilungsantrag erfolgreich durchzusetzen. Unrichtig sei allerdings die von der Einzelrichterin angenommene Abtretungsverpflichtung. Es sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte ihr zu dem gerichtlichen, mit einem Vergleich beendeten Vorgehen gegen ihren geschiedenen Ehemann geraten habe, statt einen Einspruch gegen die Entscheidung des Finanzamtes zu empfehlen. Wegen der noch nicht abgeschlossenen Veranlagung für 1997 sei auch der Feststellungsantrag begründet. Die Erstattungsbeiträge seien beiden Eheleuten hälftig zugeflossen, zudem sei das Vermögen der Ehegatten im Rahmen der Scheidungsauseinandersetzung hälftig geteilt worden. Bei korrekter Vorgehensweise hätte sie die gesamten Steuernachforderungen auf ihren Ehemann abwälzen können, dem wegen des Ehevertrages dann keine Ausgleichsansprüche zugestanden hätten.

Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 44.672,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002 zu zahlen, die Verurteilung zur Zahlung von 50.653,42 EUR nebst Zinsen ohne Zug um Zug-Abtretungsverpflichtung aufrechtzuerhalten, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr den Steuerschaden zu ersetzen, den sie für das Jahr 1997 erleidet, und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das Urteil des Landgerichts Wuppertal teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Beklagte führt zur Begründung seiner Berufung aus:

Er sei grundsätzlich nicht verpflichtet gewesen, eine getrennte Veranlagung anzuraten, so dass auch der vom Landgericht zuerkannte Schadensersatzanspruch von 952 DM für 1996 nicht gerechtfertigt sei. Wegen der vom Landgericht angenommenen Pflichtverletzung bezüglich des Aufteilungsantrages sei die Schadensberechnung fehlerhaft. Denn es könne nicht allein die steuerliche Aufteilung berücksichtigt werden, sondern es müsse in die Berechnung einfließen, dass die Klägerin die rückzuzahlenden Steuererstattungen der Vorjahre eingenommen habe und daher insoweit allein sie und nicht ihr geschiedener Ehemann im Innenverhältnis zu belasten sei. Bei Verrechnung dieser Zahlungen sei der Klägerin kein Schaden entstanden. Die Klägerin habe ihren internen Ausgleichsanspruch gegen ihren geschiedenen Ehemann in voller Höhe durchsetzen können, der Vergleichsbetrag sei das Ergebnis der Verrechnung anderweitiger Ansprüche des Ehemannes.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen. Die Akten 1 O 756/01 LG München II und 1 O 601/02 LG Wuppertal = 14 U 142/03 OLG Düsseldorf waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

B.

Beide Berufungen sind zulässig. Die Berufung des Beklagten hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage. Das Rechtsmittel der Klägerin ist hingegen unbegründet.

Auf das Schuldverhältnis der Parteien sind die bis zum 31.12.2001 geltenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden, Art. 229, § 5 EGBGB.

I.

Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen fehlerhafter steuerlicher Beratung (positive Vertragsverletzung) nicht zu.

Es kann dahin stehen, ob der Beklagte seine vertraglichen Pflichten dadurch verletzt hat, dass er die Klägerin und ihren Ehemann nicht darauf hingewiesen hat, er könne sie hinsichtlich der Steuerfestsetzungen für die Jahre 1993 bis 1997 wegen Interessenkollision nicht beraten und müsse sein Mandat insoweit niederlegen. Hierfür spricht allerdings, dass eine Interessenkollision, die dem Steuerberater ein Tätigwerden untersagt ( § 6 Abs. 1 Berufsordnung der Steuerberaterkammer) nicht nur dann vorliegt, wenn aufgrund von mehreren gleichzeitig bestehenden Mandatsverhältnissen widerstreitendende Interessen zu berücksichtigen sind, sondern auch, wenn sich der Interessenwiderstreit aufgrund einer früheren Mandatierung -der Beklagte war seit 1998 nicht mehr Berater des geschiedenen Ehemannes- ergibt. Letztlich bedarf diese Frage ebenso wenig einer Entscheidung, wie die Frage, ob der Beklagte eine weitere Pflichtverletzung dadurch begangen hat, dass er die Klägerin im Zusammenhang mit dem Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld falsch beraten hat. Denn auch wenn man die Pflichtverletzungen unterstellt, schuldet der Beklagte keinen Schadensersatz. Einen getrennte Veranlagung der geschiedenen Ehegatten hätte die Klägerin nicht mit Erfolg durchsetzen können; insoweit fehlt es an der haftungsausfüllenden Kausalität einer unterstellten Pflichtverletzung des Beklagten (dazu unter 1.). Im Falle der Aufteilung der Steuerschuld durch das Finanzamt hätte sich die Vermögenssituation der Klägerin letzlich nicht verbessert, weil sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von ihrem geschiedenen Ehemann auf Ausgleich in Anspruch genommen worden wäre; insoweit fehlt es am Schaden (dazu unter 2.).

1. Antrag auf rückwirkend getrennte Veranlagung für die Steuerjahre 1993 bis 1997

Die Klägerin hätte eine getrennte Veranlagung nicht durchsetzen können.

a) Es ist allerdings davon auszugehen, dass das Finanzamt einem entsprechenden Antrag der Klägerin zunächst nachgekommen wäre. Ehegatten werden getrennt veranlagt, wenn einer der Ehegatten diese Veranlagung wählt, § 26 Abs. 2 EStG. Dieses Wahlrecht bestand für die Klägerin noch im Jahre 1999, sofern sie zugleich gegen die auf gemeinsamer Veranlagung beruhenden Steuerbescheide Einspruch einlegte. Ehegatten können ihr Wahlrecht bis zur Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides - auch eines Berichtigungs- oder Änderungsbescheides - frei widerrufen (BFHE 171, 407; BFHE 189, 63; BFH/NV 1999, 160, 161; BFH/NV 1999, 1333-1335). Die Änderungsbescheide beruhen hier auf einer Nachprüfung nach § 164 AO. Damit stand noch 1999 die Steuerfestsetzung insgesamt zur Disposition und die Ausübung des Wahlrechts hätte dann zur Folge gehabt, dass die gesamte nicht rechtskräftige Steuerfestsetzung nach Maßgabe der getrennten Veranlagung neu durchgeführt worden wäre. Ausgeschlossen ist die geänderte Ausübung des Wahlrechts nur, wenn dies rechtsmissbräuchlich oder willkürlich ist (BFHE 171, 407; BFH/NV 1999, 1333ff), was hier nicht der Fall gewesen wäre. Das Finanzamt hat dementsprechend für 1997 auf Antrag der Klägerin die getrennte Veranlagung durchgeführt (siehe Anlage K 8 in dem Verfahren LG Wuppertal 1 O 604/02).

b) Der geschiedene Ehemann hätte aber die Klägerin - so wie für 1997 auch geschehen - auf Widerruf des Antrages auf getrennte Veranlagung und Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung gerichtlich in Anspruch nehmen können. Er hätte damit Erfolg gehabt, da die Klägerin aufgrund der Absprachen aus einer während der Ehe bestehenden Ehegatteninnengesellschaft verpflichtet war und ist, an der gemeinsamen Veranlagung festzuhalten. Es bedarf hier keines Rückgriffs auf die allgemeinen aus dem Wesen der Ehe folgenden Rechtspflichten, weil die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann eine Vereinbarung getroffen hatten, aus der sich eine Regelung für die Nutzung steuerlicher Vorteile im Wege der gemeinsamen Veranlagung herleiten lässt. Die Klägerin und ihr Ehemann hatten eine stillschweigende Abrede über ihre vermögensrechtlichen Beziehungen und über ihre Mitarbeit zur Bildung des Vermögens durch den Gewerbebetrieb getroffen, die sich nach den Regeln des Gesellschaftsrechts bestimmt. Eine Innengesellschaft der Eheleute ist anzunehmen, wenn die beiderseitigen Leistungen einen über den typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgen, indem sie durch den Einsatz von Vermögenswerten und Arbeitsleistungen gemeinsam ein Vermögen aufbauen oder berufliche oder gewerbliche Tätigkeiten ausüben (vgl. BGH in NJW 1999, 2962, 2964 mit weiteren Nachweisen). Maßgeblich ist, ob das gemeinsam geschaffene Vermögen wirtschaftlich betrachtet nicht nur dem formal berechtigten, sondern auch dem anderen Ehegatten zustehen soll. Indizien für eine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu bewertende Zusammenarbeit der Ehegatten können sich aus Planung, Umfang und Dauer der Vermögensbildung sowie aus Absprachen über die Verwendung und Wiederanlage erzielter Erträge ergeben (vgl. BGH in NJW 2003, 2982, 2983). Das Erfordernis der gleichgeordneten Mitarbeit darf hingegen im Hinblick auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Ehegatten nicht überbetont werden, solange nur ein Ehegatte für die Gesellschaft einen nennenswerten und für den erstrebten Erfolg bedeutsamen Beitrag leistet (BGH in NJW 2003, 2982, 2983). Demgegenüber spricht die Vereinbarung einer Gütertrennung nicht gegen das Zustandkommen eines Gesellschaftsverhältnisses. Denn daraus folgt nicht zwingend, dass die Ehegatten eine Teilhabe am gemeinsamen Vermögen von vorneherein ablehnen (BGH in NJW 1999, 2962, 2964). Bei Zugrundelegung dieser Kriterien bestand eine Ehegatteninnengesellschaft zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann. Die Klägerin stellte den Gewerbebetrieb als Vermögensgrundlage für beide Ehegatten, wobei dieses Vermögen durch die Tätigkeit ihres Ehemannes als Geschäftsführer erhalten und weiterentwickelt werden sollte. Auf den Gewerbebetrieb entfallende Verluste durch Investitionen sollten durch die gemeinsame Veranlagung der Parteien von den Einkünften des Ehemannes steuermindernd in Abzug gebracht werden. Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 21.10.2002 darauf verwiesen, dass die zunächst gezahlten Steuererstattungen noch nach der Trennung gemäß einer Absprache mit ihrem Ehemann als Einlage in den Gewerbebetrieb einflossen. Sie und ihr Ehemann haben während des Bestehens ihrer Ehe den Gewerbebetrieb als gemeinsames Vermögen in einer wirtschaftlichen Einheit betrachtet und für dessen Fortbestehen ihre beiderseitigen Leistungen erbracht. Dass der mit der Tätigkeit und der Vermögensbildung erstrebte Zweck wesentlich in der Sicherung des Lebensunterhalts bestand, steht dabei der Annahme einer Gesellschaft nicht entgegen (BGH in NJW-RR 1990, 736). Aus der Verpflichtung an der Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks mitzuwirken, § 705 BGB, folgt der Anspruch auf gemeinsame Veranlagung der Eheleute, der anders als ein nach § 1353 BGB hergeleitetes Zustimmungsverlangen nicht an die Bereitschaft geknüpft ist, dem anderen Ehegatten eventuelle steuerliche Nachteile zu ersetzen (BGH in NJW 2003, 2982, 2983).

Für das Veranlagungsjahr 1997, das Gegenstand des Prozesses 1 O 601/02 = 14 U 142/03 OLG Düsseldorf war, haben das Landgericht Wuppertal und der 14. Zivilsenat des OLG Düsseldorf ebenfalls eine Verpflichtung der Klägerin an der gemeinsamen Veranlagung bejaht, wenn auch mit anderer Begründung.

2. Antrag auf Aufteilung der Steuernachforderungen gemäß § 268 AO

Mit Hilfe eines neuen Steuerberaters hätte die Klägerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von vornherein einen Aufteilungsantrag gestellt und erfolgreich durchgesetzt. Dies hätte ihre Vermögenssituation jedoch nicht dauerhaft verbessert.

Bei Stattgabe des Aufteilungsantrages wäre sie zwar zunächst nur mit einer Steuernachforderung von 135.114,71 DM belastet worden, wie das Finanzamt nachrichtlich berechnet hat. Sie hat daher zunächst 129.069,47 DM zuviel gezahlt, für die sie gegenüber dem Finanzamt auch nicht gesamtschuldnerisch gehaftet hätte.

Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) wäre sie jedoch anschließend von ihrem geschiedenen Ehemann gerichtlich auf Erstattung der bei einer Aufteilung von ihm zu leistenden Steuernachzahlung in Anspruch genommen worden und zwar mit dem gleichen Erfolg, mit dem sich ihr Ehemann im Rahmen des Vergleichs vor dem Landgericht München ihr gegenüber durchgesetzt hat. Die Klägerin war nämlich im Innenverhältnis verpflichtet, die Steuernachforderungen zum überwiegenden Teil allein zu tilgen, weil ihrem Gewerbebetrieb zuvor im Jahre 1997 die Steuererstattungen für die Jahre 1993 bis 1995 und 1997 zugeflossen waren und ihr geschiedener Ehemann daran nicht beteiligt worden war.

Die Erstattungsbeträge aus den Steuerbescheiden vom 12.02.1997 (für 1995), vom 11.03.1997 (für 1993 und 1994) und vom 08.12.1998 (für 1997) wurden unstreitig auf ein Konto der Klägerin gezahlt und sind nach ihrem eigenen erstinstanzlichen Vortrag im Einvernehmen mit ihrem damals bereits von ihr getrennt lebenden Ehemann ihrem Gewerbebetrieb als Einlage zugeflossen. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz hiervon abweichend vorträgt, die Erstattungsbeträge seinen geteilt worden, ist ihr Vortrag unsubstantiiert, da Einzelheiten der Teilungsvereinbarung nicht mitgeteilt werden, und auch neu und daher mangels Vorliegen eines Zulassungsgrundes gemäß § 531 II ZPO nicht zuzulassen. Lediglich bezüglich des Erstattungsbetrages für das Jahr 1996 hat die Klägerin mit ihrem Ehemann am 19.11.1997 eine schriftliche Vereinbarung getroffen, wonach von der in Höhe von ca. 38.000 DM erwarteten Erstattung der geschiedene Ehemann 10.000 DM erhalten sollte. Diese Vereinbarung erfasst nicht Steuererstattungen für die Steuerjahre 1993, 1994, 1995 und 1997. Diese Steuererstattungen sind auch nicht Gegenstand des Scheidungsfolgenvertrages vom 30.10.1998. Hiervon geht auch die Klägerin auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 23.1.2004 aus.

Dem Vermögen der Klägerin sind durch die Steuererstattungen zugeflossen:

für 1993 71.531,93 DM für 1994 35.521,16 DM für 1995 87.408,07 DM für 1997 40.110,40 DM gesamt 234.714,90 DM

In Höhe dieser nicht verteilten Steuererstattungen bestand aufgrund der Ehegatteninnengesellschaft eine Verpflichtung der Klägerin, die nach der Scheidung für die Steuerjahre 1993-1997 festgesetzten Steuernachforderungen allein zu tragen. Wäre der Ehemann bei einer Steueraufteilung vom Finanzamt in Anspruch genommen worden, hätte er gegenüber der Klägerin aus § 426 BGB einen Ausgleichsanspruch gehabt, den er mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jedenfalls in einer Höhe durchgesetzt hätte, dass er -ebenso wie beim Vergleich vor dem Landgericht München- nur noch mit einem Betrag von 45.000 DM belastet gewesen wäre.

Die Abschlussklausel in dem Scheidungsfolgenvertrag vom 30.10.1998 hätte die Klägerin dem Ausgleichsanspruch nicht mit Erfolg entgegenhalten können. Diese Regelung bezieht sich nur auf wechselseitige Verpflichtungen aus der Ehezeit. Um eine solche Verpflichtung handelt es sich hier nicht, da die Forderungen des Finanzamtes erst nachträglich durch die Steuerfestsetzungen im Jahre 1999 entstanden sind.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 105.877,59 EUR (Berufung der Klägerin: Zahlungsantrag 44.672,08 EUR; Wegfall des Zurückbehaltungsrechts 5.065,34 EUR; Feststellungsantrag 5.000 EUR; Berufung des Beklagten: 51.140,17 EUR)

Ende der Entscheidung

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