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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.01.2009
Aktenzeichen: I-23 U 47/08
Rechtsgebiete: VOB/B, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 2 Nr. 5
VOB/B § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 286
ZPO § 287
1. Eine ausdrückliche oder konkludente Anordnung des Auftraggebers mit dem Inhalt einer Änderung des Bauentwurfs i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B i.V.m. § 1 Nr. 3 VOB/B oder eine andere Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B setzt eine rechtsgeschäftliche Erklärung voraus, für deren Wirksamkeit die Regeln einer Willenserklärung gelten.

2. Die Rechtsprechung des BGH zur Abgrenzung von Anspruchsgrund und Anspruchshöhe im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 6 Nr. 6 VOB/ und der entsprechenden Bemessung der Darlegungs- und Beweislast des Auftragnehmers gemäß § 286 ZPO bzw. § 287 ZPO (vgl. Urteile vom 24.02.2005, VII ZR 222/03, BauR 2005, 861 sowie VII ZR 141/03, BauR 2005, 857) ist im Rahmen eines vertraglichen Anspruchs auf Anpassung der Vergütung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

3. Für den Grund eines Anspruch aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B trifft den Auftragnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast, dass seine Leistungen für die Erfüllung des Vertrages notwendig waren.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08. Februar 2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.121,72 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. August 2001 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden zu 94 % der Klägerin und zu 6 % der Beklagten auferlegt.

Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz werden zu 85 % der Klägerin und zu 15 % der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann eine Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt Restwerklohn in Höhe von 300.121,91 EUR aus dem ihr von der Beklagten am 13.10.1999 erteilten Auftrag, eine Dichtwand in X-U herzustellen. Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung von Zeugen und Einholung von Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. P nebst schriftlichen und mündlichen Ergänzungen in Höhe von 123.332,25 EUR nebst Zinsen teilweise stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:

Hinsichtlich des Nachtrages 3 stehe der Klägerin nach § 2 Nr. 5 VOB/B ein weiterer Vergütungsanspruch in Höhe von 114.083,85 EUR (89.348,15 EUR zzgl. 16 % Mwst.) zu, weil die Beweisaufnahme ergeben habe, dass die der Ausschreibung zugrunde gelegten Bodenverhältnisse im Hinblick auf die in eine Leistungsbeschreibung gehörende Beschreibung der Böden nach Abschnitt 2.2 der DIN 18300, die auch Angaben zur Lagerungsdichte / zu Eindringwiderständen erfordere, nicht mit den tatsächlich vorgefundenen Bodenverhältnissen übereinstimmten und hieraus ein gemäß § 287 ZPO mit sachverständiger Hilfe gerichtlich zu schätzender Mehraufwand der Klägerin in der genannten Höhe entstanden sei.

Aus der Position 2.1.8 stehe der Klägerin ein Betrag von 9.223,40 EUR zu. Ausweislich des vom Beauftragten der Klägerin unterschriebenen Aufmaßblattes seien 4.333,85 qm Frostschutzschicht erstellt worden. Gegen diese Menge habe die Beklagte keine substantiierten Einwendungen erhoben. Die Klägerin sei berechtigt, diese Position in Rechnung zu stellen. Dass die Position ursprünglich in Titel II enthalten gewesen sei, der dann ausweislich des beauftragten Nebenangebotes 2 aus dem Angebot herausgenommen worden sei, bedeute nicht, dass diese erbrachte Leistung nicht abgerechnet werden könne.

Weitere Ansprüche ständen der Klägerin - abgesehen von 25 EUR brutto, auf die sich die Parteien hinsichtlich der Position 4.0.3 (Baggerstunden) geeinigt hätten - nicht zu.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt und trägt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Begründung vor:

Zum Nachtrag 3

Der nur für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau sowie Gründungsschäden (insbesondere im Bergbaugebiet) öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige Prof. Dr. P sei für die hier relevanten Fragen der Baupreisermittlung und -fortschreibung im Bereich von Spezialtiefbauarbeiten ungeeignet, wie auch die Unzulänglichkeiten seiner Feststellungen und die Widersprüche zu den Feststellungen ihres Privatgutachters B klar zeigten. Das Landgericht habe ihre Einwendungen gegen dessen persönliche Eignung und ihre drei Alternativvorschläge anderer geeigneter Sachverständiger übergangen und es im Hinblick auf die Unzulänglichkeit und Widersprüchlichkeit der Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. P und deren Abweichungen von den zutreffenden Feststellungen ihres Privatsachverständigen B pflichtwidrig unterlassen, ihrem Antrag auf Einholung eines Obergutachtens zu entsprechen (§ 412 ZPO). Die von Prof. Dr. P ohne empirische Erforschung oder sonstige Begründung anhand von bloßen Schätzungen gegriffenen Werte (prozentualer Flächenanteil mit Erschwernissen von 10-30 % bzw. 20 % als Mittelwert, kalkulatorische Schlitzleistung von 45 qm/h), die das Landgericht der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt habe, seien von ihm nicht kalkulatorisch, sondern nur mit "sachverständiger Erfahrung" begründet worden und daher nicht haltbar; sie würden durch die von ihrem Privatsachverständigen B zuverlässig anhand der Tagesberichte der Klägerin ermittelten Werte (prozentualer Flächenanteil mit Erschwernissen von 8,4 %, kalkulatorische Schlitzleistung von 38,08 qm/h, woraus nur ein Anspruch von 14.597,19 EUR folge) eindeutig widerlegt. Die kritiklos, ohne erkennbare eigene Rechtsprüfung und damit verfahrensfehlerhaft aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. P übernommene Rechtsansicht des Landgerichts, dass zu einer Leistungsbeschreibung neben einer Einstufung in Bodenklassen gemäß DIN 18313 auch deren Beschreibung nach Abschnitt 2.2 der DIN 18300, insbesondere auch Angaben zur Lagerungsdichte, gehörten, sei unter Berücksichtigung von Wortlaut und Systematik der DIN-Norm 18.300, die in Abschnitt 2.2. nur auf DIN 4022 Abschnitte 1 und 2 (nicht aber auf deren die Lagerungsdichte betreffenden Abschnitt 5) verweise sowie im Hinblick auf den Umkehrschluss aus der DIN 18311 und der DIN 18319 (die nur für Nassbaggerarbeiten und Rohrvortriebsarbeiten die Angabe der Lagerungsdichte ausdrücklich forderten) fehlerhaft. Besonderheiten der Bodenbeschaffenheit gehörten danach - soweit sie z.B. auf einer bestimmten Lagerungsdichte beruhten - zum Ausführungsrisiko bzw. zur unternehmerischen Chance des Auftragnehmers, so dass der Klägerin keine Vergütung für einen etwaigen Mehraufwand durch eine erhöhte Lagerungsdichte des Bodens zustehe. Das Landgericht habe die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin hinsichtlich des behaupteten Mehraufwandes im Rahmen der Schlitzwanderstellung fehlerhaft bestimmt. Es sei unzutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin der volle Beweis für den Haftungsgrund eines Mehrvergütungsanspruchs gelungen sei. Die Klägerin müsse bereits für den Grund des Nachtragsanspruchs - im Hinblick auf die auf Fälle des § 2 Nr. 5 VOB/B übertragbaren Urteile des BGH vom 24.02.2005 (VII ZR 141/03 und VII ZR 225/03, BauR 2005, 857 und 861) - konkret dazu vortragen, welcher Anteil des Gesamtaushubs von ca. 28.000 cbm Erdreich von der "erhöhten Lagerungsdichte" betroffen gewesen sei und welcher Mehraufwand aufgrund einer angeblich höheren Bodenklasse gegenüber dem Sollaufwand bei Boden der Klasse 1-4 entstanden sein solle. Der Vortrag der Klägerin und die diesbezüglichen bloßen Vermutungen und Schätzungen des Sachverständigen Prof. Dr. P genügten diesen Anforderungen nicht; § 287 ZPO sei auf die Frage des Haftungsgrundes nicht anwendbar. Das angefochtene Urteil gehe zudem nicht darauf ein, dass eine gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B notwendige Anordnung des Auftraggebers hier weder gegeben noch von der Klägerin schlüssig behauptet worden sei. Ein Anspruch aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 sei mangels Anerkenntnis nicht gegeben; ein Anspruch aus § 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B i.V.m. § 683 BGB scheide mangels Bausoll-/Bauist-Abweichung ebenfalls aus. Mangels Feststehen des Anspruchsgrundes sei das Landgericht zu einer gerichtlichen Schätzung der Anspruchshöhe gemäß § 287 ZPO nicht befugt gewesen; jedenfalls seien die Schätzungsgrundlagen aus den o.a. Gründen fehlerhaft.

Zur Position 2.1.8

Sie habe insoweit bereits in 1. Instanz (Schriftsatz vom 11.08.2003, Seite 23, 59 GA; Schriftsatz vom 26.02.2004, Seite 3, 180 GA) substantiierte Einwendungen erhoben, die das Landgericht verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt habe und die eine Beweisaufnahme erforderten. Die in Pos. 2.1.8 abgerechneten Leistungen seien neben anderen Positionen Bestandteil des Titels II der Ausschreibung gewesen. Gemäß Nebenangebot 2 habe die Klägerin für den Entfall des kompletten Titels II sowie einer angebotenen Alternativleistung einen Preisnachlass in Höhe von 180.000 DM eingeräumt und mit dieser Maßgabe den Auftrag erhalten. Damit hätten die Abrechnungsvoraussetzungen für die LV-Pos. 2.1.8 nicht vorgelegen, denn diese Leistungen seien Bestandteile des pauschal angebotenen und beauftragten Nebenangebots 2. Ein über die von ihr kulanzhalber anerkannte Abrechnungsmenge von 878,028 qm hinausgehender Anspruch der Klägerin bestehe daher nicht.

Die Beklagte beantragt,

1.

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen,

2.

hilfsweise das Urteil abzuändern und die Klage hinsichtlich eines weiteren Betrages in Höhe von 123.307,25 EUR abzuweisen.

Die Klägerin beantragt unter Klagerücknahme in Höhe von 8.059,42 EUR (zu Pos. 2.1.8., 927 R GA),

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vor:

Zum Nachtrag 3

Das Verfahren des Landgerichts bei der Auswahl des Sachverständigen sei nicht zu beanstanden (§ 404 ZPO). Die auf Anregung der Beklagten eingeholte Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. P zu seiner fachlichen Eignung (473 ff. GA) habe die Beklagte zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen. Der sachliche Qualifikationsbereich des Sachverständigen Prof. Dr. P (Bodenmechanik sowie Erd- und Grundbau) entspreche zudem exakt der des von der Beklagten eingeschalteten Privatsachverständigen B.

Die Voraussetzungen des § 412 ZPO lägen nicht vor. Das Landgericht sei mit ungeheurer Geduld auf jeden von der Beklagten im ersten Rechtszug vorgetragenen Einwand immer wieder eingegangen und habe - auch zu dem Entwurf eines Privatgutachtens des Privatsachverständigen B (561 ff. GA) - jeweils ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. P eingeholt (225/285/328R/512/650/698 ff. GA). Die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. P seien aus sich heraus nachvollziehbar und widerlegten die Annahme des Privatsachverständigen B. Sie beruhten nicht auf willkürlichen Annahmen, vielmehr habe der Sachverständige Prof. Dr. P im Einzelnen erläutert, dass bei der Ermittlung der zu kalkulierenden Schlitzleistung von 45 qm/Stunde die einzelnen Arbeitsschritte definiert und rechnerisch berücksichtigt worden seien (698 R GA). Auch bei der abschließenden mündlichen Anhörung vom 25.10.2007 (698 ff. GA) sei es zu keiner Rückfrage seitens der Beklagten gekommen, die Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen begründet habe. Der Sachverständige Prof. Dr. P habe mit aller wünschenswerten Deutlichkeit herausgearbeitet, dass im Leistungsverzeichnis die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben sei (im einzelnen: 233 ff. GA). Er habe in diesem Zusammenhang zutreffend festgestellt, dass für die Einstufung nichtbindiger Böden in die Bodenklassen nach DIN 18300 die Angabe der Lagerungsdichte immer dann erforderlich sei, wenn eine ungewöhnliche und nicht zu erwartende hohe Lagerungsdichte vorliege, da dann die Leistungsfähigkeit des Schlitzwandgreifers beeinflusst werde (237 GA). Davon sei hier im Hinblick auf die Widersprüchlichkeiten zwischen den Siebanalysen und den Bohrprofilen als Inhalt der Ausschreibungsunterlagen auszugehen (240 GA). Auch wenn in der DIN 18300 nicht speziell auf Abschnitt 2.5 der DIN 4022 Bezug genommen werde, heiße es doch eindeutig in Abschnitt 2.2, dass das Beschreiben von Boden und Fels das Aufzeichnen von Eigenschaften und Unterscheidungsmerkmalen sei. Die Lagerungsdichte des Bodens sei aber eine Eigenschaft und ein Unterscheidungsmerkmal von Boden (291 ff. GA). Bei diesen zutreffenden Feststellungen des Sachverständigen gehe es nicht um die Beantwortung einer Rechtsfrage, sondern um die dem Sachverständigen - mangels erforderlicher Sachkunde des Gerichts - in zulässiger Weise vom Gericht zugewiesene Tatsachenfeststellung, dass die Lagerungsdichte zu den Eigenschaften von Boden zählt und ein Unterscheidungsmerkmal von Boden darstellt. Unabhängig davon sei darauf hinzuweisen, dass nach der Systematik der DIN 4022 - auf welche die DIN 18300 vollinhaltlich verweise, auf welche wiederum die DIN 18313 verweise - und der Bezugnahme von DIN 4022 Abschnitt 1 auf DIN 4022 Abschnitt 5 bis 7 die Lagerungsdichte als "Beschreibungsmerkmal" eines Bodens in der Ausschreibung zu berücksichtigen sei, ohne dass es noch einer speziellen Verweisung der DIN 18300 auf einzelne Abschnitte der DIN 4022 bedürfe. Dies bestätige zudem auch der Privatsachverständige der Beklagten B (622 GA), so dass das Fehlen von Rammsondierungen sowie deren Auswertung und die fehlende Angabe der Lagerungsdichte einen Mangel der Baubeschreibung darstelle. Die Beklagte verkenne weiterhin, dass die Rechtsprechung des BGH zu § 6 Nr. 6 VOB/B auf einen Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B nicht übertragbar sei, wie klägerseits bereits in erster Instanz (732 ff. GA) im einzelnen dargestellt worden sei. Die Anordnung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B könne auch konkludent erfolgen, nämlich durch Hinnahme der Leistung durch den Auftraggeber in Kenntnis des geänderten Leistungsinhalts bzw. der geänderten Leistungsumstände. Dies sei hier geschehen, da die Beklagte in Kenntnis ihrer unstreitigen Mehrkostenanmeldung gemäß § 2 VOB/B vom 16.02.1999 unmittelbar nach Beginn der Arbeiten und in Kenntnis der geänderten Bodenkennwerte ihre weiteren Leistungen entgegengenommen und damit eine konkludente Anordnung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B getroffen habe (734 ff. GA). Auch die Einwände der Beklagten gegen die Zulässigkeit einer gerichtlichen Schätzung der Anspruchshöhe gemäß § 287 ZPO und die zutreffende Ermittlung der Schätzungsgrundlagen durch den Sachverständigen Prof. Dr. P (erreichbare Schlitzleistung von 37,5 qm/Stunde, zu kalkulierende Schlitzleistung von 45 qm/Stunde, 520 GA) seien aus den o.a. Gründen nicht berechtigt.

Zur Position 2.1.8

Die Beklagte sei - zutreffend - dem klägerischen Vortrag (115 GA) nicht entgegengetreten, dass das Nebenangebot 2 vom 16.09.1999 (wonach die Pos. des Titels II insgesamt sowie die Pos. 3.01, 3.02 und 3.06 im Umfang von insgesamt 927.107,00 DM entfallen seien, während stattdessen pauschal für die Herstellung der Baustraße und der Leitwand 747.107,00 DM angesetzt worden seien) auf den Vertragsunterlagen und den darin angegebenen Maßen bzw. Massen beruht habe. Es sei unstreitig, dass auf Veranlassung des Rheinischen Straßenbauamtes (RSBA) die Baustellenzufahrt abweichend vom Vertrag habe ausgeführt werden müssen, da u.a. eine zusätzlich bituminöse Befestigung gefordert worden sei. Das sei Gegenstand des von der Beklagten beauftragten Nachtragsangebots der Klägerin vom 06.03.2000 (Anlage K 20, 123/124 GA), welches ausdrücklich besage, dass alle für die Erstellung der bituminösen Befestigung notwendigen Leistungen (wie u.a. Sauberkeits- und Frostschutzschicht), die nicht in dem Angebot enthalten seien, neben dem Betrag von 76.864,17 DM netto aufgemessen und berechnet würden. Andernfalls hätte der das Bauvorhaben von der Planung an betreuende Bauleiter Dipl.-Ing. B auch niemals das Aufmaßblatt über 4.333,85 qm unterzeichnet (Beweisangebote 115/161 GA). Dabei spiele die flächenmäßige Ausdehnung der Zufahrt keine Rolle, denn Herr B und auch die Klägerin legten die verarbeiteten Mengen nach Tonnen zugrunde (pro qm Verarbeitung von 1,74 Tonnen, woraus sich 4.333,85 qm ergäben, Anlage K 17, Bl. 9). Da die Beklagte all dies unbeachtet lasse und wegen eines Missverständnisses auf die Zufahrtsfläche statt auf die verarbeitete Materialmenge abgehoben habe, habe das Landgericht deren Einwände zutreffend als unsubstantiiert behandelt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg.

A.

Die zuerkannte Klageforderung von 18.121,72 EUR setzt sich wie folgt zusammen: 16.932,74 EUR aus dem Nachtrag zu 3., 1.163,98 EUR aus der Pos. 2.1.8., 25 EUR aus der Pos. 4.0.3.

I.

Zum Nachtrag zu 3

Die Klägerin hat gegen die Beklagte insoweit einen Anspruch aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B in Höhe der von der Beklagten nicht bestrittenen Forderung von 16.932,74 EUR (28.549,62 DM bzw. 14.597,19 EUR zzgl. 16 % Mwst.).

Eine weitergehende Nachtragsforderung der Klägerin ergibt sich weder aus § 2 Nr. 5 VOB/B, noch aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B, noch aus sonstigen Rechtsgründen.

1.

Die Voraussetzungen eines Anspruchs gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B sind dem Grunde nach nicht erfüllt. Die Anordnung einer Änderung des Bauentwurfs oder eine andere Anordnung der Beklagten als Auftraggeberin, durch welche die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert worden ist, ist aus dem beiderseitigen Sachvortrag und dem sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und Beiakten, insbesondere den vorgelegten Niederschriften zu den Baubesprechungen und dem Schriftverkehr, im Sinne einer hierzu notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärung (dazu unter a.) und auch im Hinblick auf Inhalt und Umfang (dazu unter b.) nicht hinreichend ersichtlich. Dass ein zusätzliches Vertragsentgelt nur im Falle einer rechtsgeschäftlichen Anordnung des Auftraggebers i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B gefordert werden kann, benachteiligt die Klägerin nicht unzumutbar, da sie durch die Möglichkeit, ggf. ein Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen, hinreichend geschützt ist (dazu unter c.). Die Rechtsprechung des BGH zu § 6 Nr. 6 VOB/B ist in Zusammenhang mit § 2 Nr. 5 VOB/B weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (dazu unter d.).

a.

Eine ausdrückliche oder konkludente Anordnung der Beklagten als Auftraggeberin mit dem Inhalt der Änderung des Bauentwurfs i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B i.V.m. § 1 Nr. 3 VOB/B oder eine andere Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B ist nicht hinreichend ersichtlich. In beiden vorgenannten Fällen bedarf es nämlich für die Annahme einer Anordnung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung, für deren Wirksamkeit die Regeln einer Willenserklärung gelten, insbesondere auch das Vertretungsrecht (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2003, VII ZR 346/01, BauR 2004, 295). Der Auftraggeber muss eindeutig zum Ausdruck bringen, dass es sich dabei um eine verpflichtende Vertragserklärung handelt (BGH, Urteil vom 09.04.2002, VII ZR 129/91, BauR 1992, 759; Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 4. Auflage 2008, Rn 1906 mwN; Ingenstau/Korbion-Keldungs, VOB, 16. Auflage 2007, § 2 Nr. 5 VOB/B, Rn 26 mwN). Allein die Mitteilung des Auftragnehmers an den Auftraggeber, es lägen veränderte Umstände vor, rechtfertigt die Annahme einer vertragsändernden Leistungsbestimmung nicht (vgl. Thode, ZfBR 2004, 214/223; vgl. auch Zanner/Keller, NZBau 2004, 353); notwendig ist vielmehr zumindest ein Verhalten des Auftraggebers, aus dem eine rechtsgeschäftliche Anordnung abzuleiten ist (vgl. Kniffka, IBR-online-Kommentar, Stand 12/2008, § 631, Rn 415). Je weniger Einfluss der Auftraggeber auf die veränderten Bauumstände hat, um so weniger wird ein Wille zu einer Anordnung anzunehmen sein (Kniffka, a.a.O., Rn 416). Selbst wenn die Veränderung der Bauumstände - wie z.B. durch ein unzureichendes Leistungsverzeichnis - aus dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers stammt, rechtfertigt allein eine Bauablaufstörung noch nicht ohne weiteres die Annahme einer Anordnung (vgl. Kniffka IBR-online-Kommentar, Stand 12/2008, § 631, Rn 419 mwN). Vielmehr ist das Verhalten des Auftraggebers - unter Berücksichtigung des Kooperationsgebots (vgl. BGH, Urteil vom 10.05.2001, VII ZR 248/00, NJW 2001, 2167), wonach sich der Auftraggeber nicht hinter einem Schweigen verschanzen darf, sondern nach Treu und Glauben gehalten ist, sich zu erklären (d.h. eine Anordnung zu treffen oder diese zu verweigern, vgl Kniffka, a.a.O., Rn 423) - auszulegen. Bei dieser Auslegung darf indes nicht außer Acht geraten, dass stets ein echtes positives Einwirken des Auftraggebers auf den Vertrag feststellbar sein muss; ein rein passives Verhalten stellt regelmäßig keine einen vertraglichen Mehrvergütungsanspruch auslösende Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B dar, selbst wenn ggf. sogar eine Pflicht zum Handeln bestände (Vygen/Joussen, a.a.O., Rn 1913). Davon abzugrenzen ist indes eine stillschweigende Anordnung, die vorliegen kann, wenn sich die Vertragspartner stillschweigend auf eine tatsächlich veränderte Situation einstellen (BGH, Urteil vom 27.06.1985, VII ZR 23/84, BGHZ 95, 128; BGH, Urteil vom 11.03.1999, VII ZR 179/98, BauR 1999, 897), etwa durch das Ergebnis einer Abstimmung der Vertragspartner bei einem Baustellengespräch (vgl. Vygen/Joussen, a.a.O., Rn 1914).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und des aus der Akte ersichtlichen Ablaufs ist eine ausdrücklich oder konkludente rechtsgeschäftliche Anordnung einer Änderung des Bauentwurfs oder eine andere Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B durch einen bevollmächtigten Vertreter der Beklagten als Auftraggeberin, insbesondere eine Erklärung oder zumindest ein Verhalten, durch welches dieser eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass es sich dabei um eine verpflichtende Vertragserklärung handelt, nicht erkennbar. Die Beklagte hat auf die Mehrkostenanmeldung der Klägerin vom 16.12.1999 ausweislich der Protokolle der Baubesprechungen ab 20.12.1999 (Anlagen K 4/5, LO) vielmehr dahingehend reagiert, dass die Bodenbeschaffenheit kontrovers diskutiert worden ist und die Lagerungsdichte durch Rammkernsondierungen dokumentiert werden sollte. Wie sich schon aus den Protokollen vom 20.12.1999, 22.12.1999, 05.01.2000 und 12.02.2000 (Anlage K 4/5, LO) ergibt, ist es unzutreffend, wenn die Klägerin auf den Hinweisbeschluss des Senats ergänzend vorträgt (904 GA), die Beklagte habe "keinen Widerspruch" erhoben. Vielmehr wurde seit der Mehrkostenanmeldung vom 16.12.1999 an bis zuletzt die Bodenbeschaffenheit (wenngleich teilweise mit nicht den DIN-Normen entsprechender Begriffsbildung und ohne notwendige Differenzierung zwischen Bodenklassen einerseits und Lagerungsdichte andererseits, siehe dazu noch unten) kontrovers diskutiert. Die Beklagte hat sich zunächst ausdrücklich eine sachverständige Prüfung der behaupteten Erschwernisse mit dem Hinweis, die Beweispflicht liege bei der Klägerin (vgl. Protokoll vom 20.12.1999), vorbehalten, diese dann auch vorgenommen und auch nach Vorliegen und sachverständiger Auswertung der Rammkernsondierungen durch das von ihr beauftragte Büro S (Anlage K 10) den Umfang der von der Klägerin behaupteten Erschwernisse weiterhin bestritten (vgl. insbesondere Protokoll vom 12.01.2000: Es sei eine mitteldichte bis dichte Lagerung festgestellt worden, die für den Niederrhein nicht ungewöhnlich sei. Es würden in der 2. KW 2000 noch zwei weitere Sondierungen durchgeführt; vgl. auch Protokoll vom 23.02.2000: Herr B (für die Beklagte) stellt fest, dass die dichte Lagerung nur teilweise nachgewiesen worden sei). Die Beklagte hat zudem das von der Klägerin erstmals am 06.03.2006 (Anlage K 6, d.h. erst mehr als 2,5 Monaten nach der Mehrkostenanmeldung vom 16.12.1999 und erst 24 Tage vor Ende der eigentlichen Dichtwandarbeiten) vorgelegte Nachtragsangebot mit Schreiben vom 10.04.2000 (Anlage B 4, 145 GA) förmlich zurückgewiesen.

Soweit sich aus den Dichtwandprotokollen ergibt, dass am 22.12.2000 der Einsatz eines leistungsstärkeren Baggers diskutiert worden ist mit dem Vermerk, wenn ein schwereres Gerät zur Verfügung stehen sollte, werde die Klägerin von der Beklagten ermächtigt, dieses zu ordern, um den Zeitplan einzuhalten, ist es zum Einsatz eines leistungsstärkeren Baggers bzw. schwereren Geräts - insoweit unstreitig - nicht gekommen. Der Klägerin ist es verwehrt, diese von der Beklagten geäußerte Bemerkung im Sinne einer bloßen Option, die gerade nicht realisiert worden ist, in eine konkludente rechtsgeschäftliche Anordnung einer Änderung des Bauentwurfs bzw. eine andere Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B und demgemäß in eine die Beklagte verpflichtende Vertragserklärung des Inhalts umzudeuten, dass sie daraus für jedwede bis zum Ende der Baumaßnahme etwaig auftretenden Erschwernisse durch eine - unstreitig - nur stellen- und teilweise erhöhte Lagerungsdichte einen neues Entgelt unter Berücksichtigung der Mehrkosten fordern könne.

Auch aus den vorgelegten Dichtwandprotokollen folgt keine Anordnung einer Änderung des Bauentwurfs oder eine andere Anordnung der Beklagten im Sinne einer verpflichtenden Vertragserklärung der Beklagten gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B. Die Klägerin hat dort - und zwar durchgängig (d.h. auch an Tagen mit überaus hohen Tagesleistungen) mit jeweils im wesentlich identischer, textblockähnlicher Formulierung - erhöhte Lagerungsdichten vermerkt und ein Vertreter der Beklagten hat die Dichtwandprotokolle gegengezeichnet. Ein Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B liegt in dieser Gegenzeichnung der Dichtwandprotokolle - unabhängig von der Frage der Vertretungsmacht des Unterzeichners auf Beklagtenseite - schon deswegen nicht, weil der Klägerin bereits durch das o.a. Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten in den Baubesprechungen klar sein musste, dass darin keine rechtsgeschäftliche Anordnung bzw. verpflichtende Vertragserklärung der Beklagten hinsichtlich etwaig geänderter Leistungsumstände lag.

b.

Eine rechtsgeschäftliche Anordnung der Beklagten im Sinne von § 2 Nr. 5 VOB/B scheidet auch deswegen aus, weil aus dem Klägervortrag in Verbindung mit den vorgelegten Unterlagen jedenfalls nicht ersichtlich ist, welchen konkreten Inhalt und Umfang eine solche Anordnung gehabt haben soll. Es ist nämlich weder aus dem Klägervortrag noch aus den dazu vorgelegten Unterlagen hinreichend erkennbar, ob die Klägerin vortragen will, die Beklagte habe - nach jeweils von ihr einzeln und wiederholt gemeldeter Erschwernisse (in Gestalt vom Leistungsverzeichnis abweichender Bodenverhältnisse/-klassen/Lagerungsdichten) - einzelne und wiederholte rechtsgeschäftliche Anordnungen dahingehend getroffen, sie solle trotz dieser jeweils einzeln gemeldeten Erschwernisse weiter arbeiten, oder ob die Klägerin vortragen will, die Beklagte habe - nach von ihr anfänglich gemeldeten Erschwernissen - eine einmalige generelle rechtsgeschäftliche Anordnungen dahingehend getroffen, sie solle - trotz aller etwaigen Erschwernisse gleicher oder auch ähnlicher Art - weiter arbeiten.

c.

Die vorstehend beschriebenen und hier nicht erfüllten Anforderungen an die Darlegungslast des Auftragnehmers betreffend eine rechtsgeschäftliche Anordnung des Auftraggebers im Sinne einer verpflichtenden Vertragserklärung des Auftraggebers gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B benachteiligen die Klägerin als Auftragnehmerin nicht unzumutbar, da ihr während des Bauablaufs ggf. die Möglichkeit offen stand, ein Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2008, VII ZR 194/06, BGHZ 176, 34; BGH, Urteil vom 24.06.2004, VII ZR 271/01, BauR 2004, 1613), ihre Arbeiten bis auf weiteres einzustellen und auf eine Anordnung bzw. eine Einigung über einen geänderten Preis zu bestehen. Dies hätte ihre die Möglichkeit gegeben, ex ante und vor Ort genaue eigene Feststellungen und Dokumentationen darüber zu treffen bzw. ggf. durch Dritte sachverständig treffen zu lassen, ob und ggf. welche Erschwernisse von bestimmter Art und bestimmtem Umfang tatsächlich vorlagen und wie weiter zu verfahren war. Stellt sich in einer solchen Situation heraus, dass der Auftraggeber eine - die bisherigen Preisermittlungsgrundlagen ändernde - Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B hätte treffen müssen, diese jedoch unterlassen hat und es dadurch zu einer Behinderung oder Unterbrechung der Bauausführung gekommen ist, ist der Auftragnehmer durch Ansprüche aus § 6 Nr. 2 bzw. Nr. 6 VOB/B hinreichend abgesichert (vgl. Ingenstau/Korbion-Keldungs, a.a.O., § 2 Nr. 5 VOB/B, Rn 28 mwN; Vygen-Joussen, a.a.O., Rn 1911/1912/1913 mwN). An dieser Beurteilung der Verhaltensobliegenheiten der Klägerin als Auftragnehmerin vermag auch der Hinweis der Klägerin auf einen behaupteten Zeitdruck durch das zu befürchtende Frühjahrshochwasser 2000 (905 GA) nichts zu ändern.

d.

Die Rechtsprechung des BGH zur Abgrenzung von Anspruchsgrund und Anspruchshöhe im Rahmen von § 6 Nr. 6 VOB/B und der entsprechenden Bemessung der Darlegungs- und Beweislast des Auftragnehmers gemäß § 286 ZPO bzw. § 287 ZPO bei § 6 Nr. 6 VOB/B unterfallenden Sachverhalten (vgl. Urteile vom 24.02.2005, VII ZR 222/03, BauR 2005, 861 sowie VII ZR 141/03, BauR 2005, 857) ist für den hier streitgegenständlichen Sachverhalt weder unmittelbar noch in entsprechender Anwendung von entscheidungserheblicher Bedeutung. Eine rechtsgeschäftliche Anordnung des Auftraggebers, welche die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B ändert, verpflichtet den Auftragnehmer zur Leistung und den Auftraggeber zur Zahlung der (unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten zu vereinbarenden bzw. zu bestimmenden) neuen vertraglichen Vergütung. Dies ist der entscheidende Unterschied zu den Ansprüchen des Auftragnehmers auf Schadensersatz wegen einer Leistungsstörung in Gestalt der Behinderung bzw. Unterbrechung der Leistungsausführung aus § 6 Nr. 6 VOB/B bzw. § 642 BGB bzw.. § 280 BGB. Diese Differenzierung steht im Einklang mit dem Grundsatz, dass sich vertragliche Erfüllungsansprüche aus § 2 Nr. 5 VOB/B (infolge Änderungen des Bauentwurfs oder anderer Anordnungen des Auftraggebers) und Ansprüche wegen einer Leistungsstörung in Gestalt einer Behinderung oder Unterbrechung der Leistung aus § 6 Nr. 6 VOB/B gegenseitig ausschließen (vgl. Kniffka, a.a.O., Rn 393 mwN; Vygen/Joussen, a.a.O., Rn 1897-1899 mwN).

2.

Ein Anspruch aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B steht der Klägerin nur in Höhe der von der Beklagten nicht bestrittenen Forderung von 16.932,74 Euro zu.

Einen weitergehenden Anspruch aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Es ist nach ihrem Vortrag nicht feststellbar, dass ihre Leistungen, soweit sie nicht von der unbestrittenen Mehrforderung von 16.932,74 Euro erfasst werden, für die Erfüllung des Vertrages notwendig waren. Für die Feststellung, ob eine Leistung für die Erfüllung des Vertrages notwendig war, bedarf es eines Vergleichs der Soll- mit den Ist-Bauumständen. Die Klägerin hat lediglich schlüssig dargelegt, dass die Beklagte im Leistungsverzeichnis die Soll-Bauumstände unzureichend umschrieben hat (dazu unter a.); es fehlt jedoch eine nachprüfbare Darstellung der angetroffenen Ist-Bauumstände (dazu unter b.).

a.

Die Beklagte hat die Soll-Bauumstände im Leistungsverzeichnis unzureichend umschrieben. Gemäß DIN 18313 sind ergänzend zur DIN 18299 ("Allgemeine Regeln für Bauarbeiten jeder Art") aufgrund der Besonderheiten des Herstellungsverfahrens der Schlitzwände im Boden (Interaktion Baugrund-Herstellverfahren) weitere Hinweise für das Aufstellung der Leistungsbeschreibung erforderlich, um die geotechnischen, verfahrenstechnischen und geometrischen Randbedingungen der zu erbringenden Schlitzwandleistung klar zu definieren. Die Leistung muss eindeutig und erschöpfend i.S.v. § 9 Abs. 1 VOB/A beschrieben und dem Auftragnehmer darf kein ungewöhnliches Wagnis i.S.v. § 9 Abs. 2 VOB/A aufgebürdet werden; er muss über ausreichende Grundlagen verfügen, um eine einwandfreie Preisermittlung vorzunehmen. Der Auftragnehmer kann über sein Rügerecht gemäß § 101 Abs. 2 GWB den öffentlich-rechtlichen Auftraggeber dazu zwingen, die Leistungsbeschreibung um fehlende Angaben zu ergänzen (Englert/Katzenbach/Motzke, VOB/C, 2. Auflage 2008, DIN 18313, Rn 8). In der DIN 18300, auf welche die DIN 18313 Bezug nimmt, sind in Abschnitt 2.3 sieben Bodenklassen definiert, denen der jeweils im Baugrundstück befindliche Boden im Rahmen der Leistungsbeschreibung zuzuordnen ist. Die Beschreibung des Bodens bzw. Felses gemäß DIN 18300 muss in jedem Einzelfall die wahren Eigenschaften im Detail so exakt wie möglich darzustellen versuchen. Eine der DIN 18300 gerechte Beschreibung von Boden und Fels geht daher über die bloße Klassifizierung nach den sieben Bodenklassen hinaus. Beschreibung einerseits und Klassifizierung andererseits liefern sich ergänzende Informationen, um dem Bieter möglichst umfassende Informationen zum Aufbau des Baugrundes und zu seinen bautechnischen Eigenschaften zu geben. Die von der DIN 18300 u.a. in Bezug genommenen DIN 4022 (dazu Englert, BauR 2006, 1047) und DIN 18196 differenzieren ebenfalls zwischen "Benennen und Beschreiben" und "Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke" (Englert/Katzenbach/Motzke, VOB/C, 2. Auflage 2008, DIN 18300, Rn 39). Die alleinige Einstufung in die sieben Bodenklassen der DIN 18300 ist als Bodenbeschreibung nicht geeignet, da das Raster insoweit zu grob ist, als jede Bodenklasse einer Bandbreite unterschiedlichster Materialzusammensetzungen umfasst, die allein keine ausreichende Grundlage für die Planung einer Baumaßnahme und der zu erwartenden Kosten liefert (Englert/Katzenbach/Motzke, VOB/C, 2. Auflage 2008, DIN 18300, Rn 40; vgl. auch Englert/Grauvogl/Maurer, Handbuch des Baugrund- und Tiefbaurechts, 3. Auflage 2004, Rn 320 mwN in Fn 8). Für die DIN 18300 ergibt sich der Vorrang der Beschreibung von Boden und Fels vor deren Einstufung aus Ziff. 0.2.2.; danach sind zunächst die Eigenschaften und Zustände nach Abschnitt 2.2. und (erst) ergänzend ("sowie") die Klassen nach Abschnitt 2.3. in der Leistungsbeschreibung anzugeben. Mit dieser Rangordnung soll nach der Absicht des DIN-Ausschusses einerseits den Anforderungen des § 9 VOB/A an eine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung Genüge getan und andererseits den immer wieder aufkommenden Forderungen nach Einführung weiterer Boden- und Felsklassen begegnet werden. Bestätigt wird dies durch die Ausgestaltung der Bodenklassen in der 1988 herausgegebenen DIN 18311, welche die Klassifizierung mit Angaben zu bestimmten Eigenschaften der Böden kombiniert (Englert/Katzenbach/Motzke, VOB/C, 2. Auflage 2008, DIN 18300, Rn 41/42 mwN in Fn 22-24; vgl. auch DIN 18319). Der Berufungseinwand der Beklagten, das Landgericht habe die Systematik der DIN 18300 verkannt, die entsprechend dem Wortlaut in Abschnitt 2.2. ("Benennen und Beschreiben" von Boden und Fels) nur auf DIN 4022 Abschnitte 1 und 2 (nicht aber auf deren den Bodenzustand bzw. die Lagerungsdichte betreffenden Abschnitt 5), Bezug nehme, ist demgemäß nicht begründet. Die Verweisung der DIN 18300 auf die DIN 4022 ist keine Teilverweisung hinsichtlich einzelner Begriffe, sondern eine Gesamtverweisung für den Bereich "Untersuchen, Benennen und Beschreiben von Boden und Fels", wobei diese Begriffe (Verben) ersichtlich auf ein Objekt, nämlich den Zustand und die Eigenschaften/Unterscheidungsmerkmale des Bodens (zu dem bei grobkörnigen Böden gemäß DIN 18126 die Lagerungsdichte gehört) bezogen sind. Auch der von der Beklagten befürwortete Umkehrschluss aus den DIN 18311/18319, die Lagerungsdichte werde nur dort ausdrücklich angesprochen und sei insoweit im Rahmen der DIN 18313/18300 ohne Bedeutung, ist dementsprechend nicht gerechtfertigt (vgl. zu der mit der abweichenden Systematik dieser beiden DIN-Vorschriften verfolgten Absicht des DIN-Ausschusses: Englert/Katzenbach/Motzke, a.a.O.). Die Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. P stehen mit dem Wortlaut und der o.a. Auslegung der hier einschlägigen DIN-Normen in Einklang (vgl. insbes. 233-237, 244 ff., 328 R/329 GA). Dies gilt insbesondere auch für den Umfang der Verweisung der DIN 18313/18300 auf die DIN 4022 (vgl. 291 GA oben) und für die Unzulässigkeit eines Umkehrschlusses aus den DIN 18319/18311 (vgl. 292/329 GA). Auch der Privatsachverständige B hat ausdrücklich festgestellt, dass den Ausführungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. P bezüglich der Beschreibung der Baugrundverhältnisse durch den Auftraggeber nichts hinzuzufügen sei. Die Bestimmung der Lagerungsdichte und der Kornverteilung seien essenzieller Bestandteil einer umfassenden und gemäß ATV DIN 18299 geforderten Beschreibung der Baugrundverhältnisse (Seite 11 unten des Gutachtens vom 06.03.2007, 622 GA).

Die von der Klägerin gefertigte Leistungsbeschreibung erfüllt die vorgenannten an eine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung zu stellenden Anforderungen in mehrfacher Hinsicht nicht. Zu der durch die DIN 18313/18300 vorrangig geforderten "Beschreibung von Boden und Fels hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Zustände" enthält sie lediglich allgemeine Angaben unter Ziff. 2.9.1. der Zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZBV), dort Seite 11.; notwendige Angaben zur Lagerungsdichte, die nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. P für die Auswirkungen auf die Bauausführung einer Schlitzwand und die einwandfreie Preisermittlung erforderlich sind (292/293/297/329 GA), enthält sie hingegen nicht. Hierzu bestand indes Anlass, da im Bereich der Trasse - zumindest anteilig (insoweit unstreitig) - eine erhöhte Lagerungsdichte des auszuhebenden Bodens anzutreffen war/ist. Bereiche mit ungewöhnlich hohen Eindringwiderständen waren in fast allen Rammsondierungen der durchgeführten Nacherkundungen erkennbar, so dass nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. P davon auszugehen ist, dass im wesentlichen der gesamte Trassenbereich davon betroffen war, wobei indes die Dicke der Bodenschichten mit hohen Eindringwiderständen stark variiert (vgl. 247 GA unten; ebenso der Privatsachverständige B, 622/623 GA). Bei einer Einphasendichtwand von ca. 1,2 km Länge und einer Tiefe von bis zu 26 Metern und einer Fläche von ca. 28.000-30.000 qm sind bei naturgemäß zu erwartenden wechselnden Bodenschichten und Lagerungsdichten lediglich sieben Aufschlussbohrungen mit dort vorgenommenen 70 Siebanalysen/-linien nicht ausreichend, um eine zuverlässige Kalkulation für Schlitzwandarbeiten durchführen zu können, da der zutreffenden Ermittlung der Korngrößenverteilung wie auch der Lagerungsdichte bei einem Schlitzwandaushub als "erschwerter Aushubart" - wie oben ausgeführt - eine besondere Bedeutung zukommt. Gemäß Seite 11, Ziff. 2.9.1. (Seite 11) der "Zusätzlichen Vertragsbedingungen" (ZBV) werden die geologischen Verhältnissen mit historischer Entstehung beschrieben; dort heißt es u.a. "... Im Trassenbereich der Dichtwand wurden 7 Aufschlussbohrungen (s. Anlage 9.1.) durchgeführt. Sieblinien liegen vor und können im Ing.-Büro B ... eingesehen werden; ein Auszug ist als Anlage 9.2. bis 9.4. beigefügt. ... Die beigefügten Sieblinien sind repräsentativ. ...." (Hervorhebung durch den Senat). Der Sachverständige Prof. Dr. P hat überzeugend festgestellt, dass die sieben Bohrprofile (Anlage 9.1.) nur an zwei Stellen steinige Nebenanteile aufweisen. Die in der Ausschreibung/Leistungsbeschreibung als repräsentativ bezeichneten drei ausgewählten Siebanalysen (Anlagen 9.2.-9.4.) ständen teilweise in Widerspruch zu den sieben Bohrprofilen. Weitergehende Angaben zu den sieben Erkundungsbohrungen, Schichtenverzeichnisse nach DIN 4022 und ein hier notwendiges Baugrundgutachten (vgl. 295 GA) sowie ein hier notwendiger schriftlicher geotechnischer Bericht gemäß DINI 4020, Ziff. 9 (vgl. 328 R GA) lägen nicht vor; die Siebananlysen entsprächen zudem teilweise nicht den Vorgaben der DIN 18121. Die weiteren durch den Bieter im Ing.-Büro B einsehbaren 82 Siebanalysen ständen zudem teilweise in Widerspruch zu den drei als repräsentativ bezeichneten Siebanalysen und zudem auch in Widerspruch zu den sieben Bohrprofilen (238-240 GA). Der Sachverständige Prof. Dr. P hält fünf (nachträgliche) Rammkernsondierungen für die gesamte Strecke nicht für repräsentativ (vgl. 329 GA) und fordert ein Baugrundgutachten und einen geotechnischen Bericht (295/328 R GA). Die Beklagte hat unstreitig gestellt, dass die Lagerungsdichte des Bodens (nicht durch Siebanalysen/-linien, sondern) nur durch Feldversuche oder Rammsondierungen bestimmt werden konnte, die hier indes erst nachträglich nach Auftragsvergabe, Arbeitsbeginn und Mehrkostenforderung der Klägerin vorgenommen worden sind; sie hat dies indes unzutreffend für den vorliegenden Fall als unerheblich eingeordnet (50 GA oben/206 GA). Auch der Privatsachverständige B (622 GA unten) hat das Fehlen von Rammsondierungen sowie deren Auswertung und die fehlende Angabe der Lagerungsdichte ausdrücklich als einen Mangel der Baubeschreibung bezeichnet.

b.

Die Klägerin hat die angetroffenen Ist-Bauumstände in ihrer Bauablaufdokumentation indes ebenso unzureichend dokumentiert. Für die zur Erfüllung des Vertrages notwendigen Leistungen und deren Umfang trifft den Auftragnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast (§ 286 ZPO), der die Klägerin nicht hinreichend nachgekommen ist.

aa.

Die Klägerin hat zunächst vorgetragen, sie sei durch die abweichenden Bodenverhältnisse "während der gesamten Arbeiten" (so 9 GA) bzw. "über die gesamte Trassenlänge" (so 20 GA) bzw. "sehr oft" (so 20 GA) beeinträchtigt worden, gesteht aber später zu, dass sie höhere Lagerungsdichte nur "in bestimmten Lagen unter GOK" angetroffen hat (78 GA, genauer 85 GA oben). Die Klägerin bezieht sich zur Darstellung der von ihr behaupteten Bauablaufstörungen durch die ungenügende Leistungsbeschreibung auf die Dichtwandprotokolle Nr. 1-112 aus dem Zeitraum vom 14.12.1999 bis 31.03.2000 (Leitzordner 2, Teil 2). Dort befindet sich jeweils ein Diagramm mit den Rubriken "Bodenart und -beschaffenheit Unterstrom" und "m unter OK Leitwand" und "Bodenart und -beschaffenheit Oberstrom". Dort finden sich jeweils Eintragungen zur Bodenart (Sand/Kies/Kies sandig). Außerdem findet sich in den Dichtwandprotokollen Nr. 2 bis 15 (Nr. 1 war die Probelamelle) unter "Bemerkungen/Besonderheiten" jeweils der Eintrag:

"Die anstehenden Sande und schluffigen Sande sind sehr dicht gelagert und schwer zu lösen".

Ab Nr. 16-30 und von Nr. 32-112 heißt es dort jeweils:

"Die anstehenden sandigen Kiese sind sehr dicht gelagert und schwer zu lösen. Weite Bereiche bestehen aus Kieslagen mit sehr geringen Sandanteilen."

In Nr. 31 heißt es dort:

"Die anstehenden Sande und Kiese sind sehr dicht gelagert und schwer zu lösen."

In mehreren Dichtwandprotokollen wird unter der Rubrik "Bemerkungen/Besonderheiten" auf besondere vorgefundene Bodenarten mit Maßangaben zu Steinen/Geröll/Findlingen mit jeweils Angabe bestimmter Tiefenlage unter OK Leitwand (wohl im Rahmen von DIN 18313, Abschnitt 0.5.7., d.h. die Möglichkeit der Abrechnung der Beseitigung von Hindernissen). Auch aus der Zusammenschau des Diagramms mit Angaben zum vertikalen Bodenaufbau mit diesen Bemerkungen folgt nicht ohne weiteres, in welchen konkreten Bereichen die Klägerin die von ihr gerügte erhöhte Lagerungsdichte angetroffen haben will, in welchem sachlichen und zeitlichen Umfang sie hierdurch behindert worden sein will und inwiefern hierdurch die ihr vom Landgericht zuerkannten Leistungen gemäß Nachtrag NA 3 unter Berücksichtigung eines Vergleichs zwischen den Soll- mit den Ist-Bauumständen für die Erfüllung des Vertrages i.S.v. § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B notwendig gewesen sein sollen. Die Klägerin verhält sich insoweit widersprüchlich. Einerseits fordert sie von der Beklagten - insoweit zutreffend (s.o.) - eine Leistungsbeschreibung, die - nach entsprechend aufwändiger und horizontal und vertikal engmaschiger Baugrunduntersuchung durch Rammkernsondierungen - den Boden nicht nur klassifiziert, sondern eingehend - nämlich horizontal und vertikal ebenso engmaschig wie die Baugrunduntersuchung durch Rammkernsondierungen - hinsichtlich seines Zustandes und seiner Eigenschaften entsprechend der einschlägigen DIN-Normen beschreibt. Andererseits legt sie Dichtwandprotokolle als Dokumentation des Bauablaufs vor, die genauere Angaben zum konkreten Ort und zum konkreten Umfang der vorgefundenen Bodenschichten mit erhöhter Lagerungsdichte sowohl in horizontaler Hinsicht als auch in vertikaler vermissen lassen. Soweit sich den Dichtwandprotokollen und den dortigen textblockähnlichen Bemerkungen zur Lagerungsdichte entnehmen lässt, dass sich die Klägerin - horizontal - durchgängig im Bereich der gesamten Trasse durch die erhöhte Lagerungsdichte im Bauablauf gestört sah, steht dem bereits entgegen, dass sie nachweislich in - nach den Bemerkungen in den Dichtwandprotokollen - angeblich gestörten Teilbereichen teilweise überaus hohe Tagesleistungen erbracht hat. Den Dichtwandprotokollen lässt sich zudem nicht hinreichend entnehmen, in welcher Tiefe und in welcher Schichtendicke sie vertikal Boden mit erhöhter Lagerungsdichte vorgefunden haben will.

Im Ergebnis erfüllt die Klägerin also die von ihr im Rahmen der Leistungsbeschreibung an die Beklagte gestellten hohen Anforderungen im Rahmen ihrer eigenen Baudokumentationen selbst nicht. Jedenfalls nachdem die Klägerin als Auftragnehmerin erkannt hatte, dass die Beklagte ihre Mehrkostenanmeldung vom 16.12.1999 nicht einfach hinnehmen würde, vielmehr durch Bodenuntersuchungen und -gutachten prüfen würde, war sie gehalten, die bei den Dichtwandarbeiten vorgefundenen Bodenverhältnisse ebenso engmaschig zu dokumentieren wie sie es - zu Recht - im Rahmen des von der Beklagten gefertigten Leistungsverzeichnisses vermisst, um ihre etwaigen Ansprüche aus § 2 Nr. 5 VOB/B bzw. § 2 Nr. 8 VOB/B dem Grunde nach beweisen (§ 286 ZPO) bzw. zur Höhe nach hinreichende Schätzungsgrundlagen (§ 287 ZPO) vorweisen zu können.

Dem im Senatstermin vom 09.12.2008 erhobenen Beweisantritt der Klägerin, ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen, dass die Anforderungen an die Baudokumentation zu den vertikalen Erschwernissen (entsprechend Seite 10 des Senatsbeschlusses vom 18.11.2008) sich für den Fall der Schlitzwandherstellung nicht realisieren ließen (927 R GA), war nicht nachzugehen. Denn diese Behauptung der Klägerin wird bereits durch die von ihr selbst erstellten Schlitzwandprotokolle widerlegt, in denen - wie oben bereits ausgeführt - sich jeweils ein Diagramm mit den Rubriken "Bodenart und -beschaffenheit Unterstrom" und "m unter OK Leitwand" und "Bodenart und -beschaffenheit Oberstrom" mit jeweils erfolgten Eintragungen zu der in vertikaler Hinsicht vorgefundenen Bodenart (Sand/Kies/Kies sandig) befinden. Die Klägerin trägt insoweit nicht in verständlicher Weise vor, warum es ihr nicht möglich gewesen sein soll, die tatsächlich nur stellen-/teilweise erhöhte Lagerungsdichte auch in vertikaler und horizontaler Hinsicht so engmaschig zu dokumentieren, dass aus dieser Dokumentation in Verbindung mit den dokumentierten Tagesleistungen zu erkennen ist, dass die ihr vom Landgericht zuerkannten Leistungen gemäß Nachtrag NA 3 unter Berücksichtigung eines Vergleichs zwischen den Soll- mit den Ist-Bauumständen für die Erfüllung des Vertrages i.S.v. § 2 Nr. 8 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B notwendig waren.

Diese Anforderungen an die Dokumentationsobliegenheiten des Auftragnehmers sind weder unzumutbar streng noch stehen sie in Widerspruch zu dem o.a. Grundsatz, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber nicht auf Mängel der Ausschreibung hinweisen muss, denn der Auftragnehmer hat auch die weitere Alternative, seine Arbeiten im Rahmen des ihm zustehenden Leistungsverweigerungsrechts (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2008, VII ZR 194/06, BGHZ 176, 34; BGH, Urteil vom 24.06.2004, VII ZR 271/01, BauR 2004, 1613) einzustellen und auf eine Einigung über einen geänderten Preis zu bestehen (siehe bereits oben). An dieser Beurteilung der Dokumentations- und Verhaltensobliegenheiten der Klägerin als Auftragnehmerin vermag auch der Hinweis der Klägerin auf einen behaupteten Zeitdruck durch das zu befürchtende Frühjahrshochwasser 2000 (905 GA) nichts zu ändern.

bb.

Dass die Klägerin ihren o.a. Dokumentationsobliegenheiten nicht hinreichend nachgekommen ist, hat hier im übrigen auch zur Folge, dass sich die Parteien neben dem Anspruchsgrund auch zur Höhe etwaiger Ansprüche darum streiten, ob überhaupt hinreichende tatsächliche Grundlagen vorhanden sind für eine Schätzung gemäß § 287 ZPO, in welchem konkreten Umfang die Dichtwandarbeiten der Klägerin durch erhöhte Lagerungsdichte des Bodens beeinträchtigt worden sind und ob die Schätzung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. P zum Umfang von Erschwernissen (10-30 % mit Interpolation = 20 %) haltbar ist oder nicht. Einer Fortsetzung der Beweisaufnahme durch den Senat zur Höhe etwaiger Ansprüche der Klägerin bedarf es indes nicht, da die Klägerin - nach den vorstehenden Feststellungen - bereits für den Anspruchsgrund von § 2 Nr. 5 VOB/B (rechtsgeschäftliche Anordnung) und § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B (für die Erfüllung des Vertrages notwendige Leistung) darlegungs- und beweisfällig ist (§ 286 ZPO).

3.

Der Klägerin stehen auch aus sonstigen Rechtsgründen keine Ansprüche gegen die Beklagte zu. Ein Anspruch aus § 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B i.V.m. § 683 BGB scheidet aus, da eine ohne Auftrag ausgeführte Leistung der Klägerin im Sinne dieser Vorschrift mangels Bausoll-/Bauist-Abweichung nicht vorliegt. Die Voraussetzungen von § 2 Nr. 6 VOB/B (d.h. der Fall einer im Vertrag nicht vorgesehene Leistung) bzw. von § 2 Nr. 3 VOB/B (d.h. der Fall einer Mengenabweichung) sind hier nicht gegeben.

II.

Zur Position 2.1.8: Sauber- und Frostschutzschicht aus dem Material der Pos. 2.1.7.

Insoweit steht der Klägerin ein vertraglicher Vergütungsanspruch in Höhe von 1.163,98 EUR auf Basis folgender Berechnung zu:

 Pos.StückzahlLeistungEinzelpreisGesamtpreis
2.1.8.773,028 qmSauber- und Frostschutzschicht cm (10 cm x 1,7) (4,50 DM x 1,7)Netto DM 7,65 DM5.913,66 DM
    Netto EUR 3.023,61 EUR

Die Differenz zwischen dem vorgenannten Betrag von 3.023,61 EUR und dem von der Beklagten bereits anerkannten Betrag von 2.020,18 EUR beträgt 1.003,43 EUR zzgl. 16 % Mwst. = 1.163,98 EUR; auf diesen Betrag hat die Klägerin die ihr vom Landgericht zuerkannte Teilforderung von 9.223,40 EUR durch Teilklagerücknahme im Senatstermin vom 09.12.2008 in Höhe vom 8.059,42 EUR reduziert (927 R GA).

Aus dem LV zum Nachtragsangebot ergibt sich, dass auf einer Fläche von 833 qm der Baustraße im 43,80 Meter langen Anschlussbereich an die Straßenkante der Bundesstraße B 57 sowohl die Deckschicht (nunmehr Asphaltfeinbeton statt Kies-Sand-Gemisch) als auch - damit einhergehend - Unterbau und Tragschicht teilweise in Abweichung vom HLV ausgeführt werden sollten. Es ist daraus zwar nicht ohne weiteres ersichtlich, ob die im Nachtragsangebot genannte Fläche der nunmehr bituminösen Deckfläche der Baustraße von 833 qm in den im Hauptangebot enthaltenen Fläche von 20.000 qm enthalten sind oder nicht. Die Klägerin hat indes unter Bezugnahme auf zwei Skizzen vorgetragen (115/116 GA), die Rampe zur B57 habe nicht nur eine zusätzliche Deckschicht erhalten, sondern sei auch in größerer Fläche erstellt worden (nunmehr trompetenfömig statt zuvor rechteckig). Die Beklagte hat daraufhin ausdrücklich zugestanden, dass diese neue Rampe mit trompetenförmigen Anschluss eine Fläche von 878 qm habe, was von ihr kulanzhalber anerkannt und vergütet worden sei; sie hat aber hinzugefügt, es sei nicht verständlich, warum die Klägerin die fünffache Menge vergütet wissen wolle (141 GA). Die Klägerin hat daraufhin bestritten, dass die Mehrfläche der nunmehr trompetenförmigen Rampe 878 qm betrage (161 GA), hat indes nicht vorgetragen, wie groß diese Mehrfläche denn ihrer Ansicht nach tatsächlich ist. Aus ihrer Schlussrechnung zum Nachtragsangebot 1 folgt indes, dass es sich dabei um lediglich 773,028 qm handelt (vgl. Anlage 14 zu Pos. NA 1.7./1.8.).

Sie hat bereits in 1. Instanz (161 GA) und auch in der Berufungserwiderung (844 ff. GA) ausgeführt, ihr Nebenangebot 2 (Pauschalangebot) basiere auf den Vertragsunterlagen und den dort angegebenen Massen (so in 1. Instanz, 115 GA) bzw. Maßen (so in 2. Instanz, 845 GA). Die flächenmäßige Ausdehnung der geänderten Rampe spiele indes keine Rolle, denn Herr B (wie auch die Klägerin) legten die verarbeiteten Mengen nach Tonnen zugrunde (pro cbm Verarbeitung von 1,74 Tonnen, woraus sich - per Umrechnung - 4.333,85 qm ergäben, Anlage K 17, Bl. 9). Der Vortrag der Klägerin, die Beklagte lasse all dies unbeachtet und hebe wegen eines Missverständnisses auf die Zufahrtsfläche statt auf die verarbeitete Materialmenge ab, verkennt, dass sie selbst den Sachverhalt kaum verständlich und nur mühevoll nachvollziehbar dargestellt hat. Insbesondere ist das Aufmaß vom 14.09.2000 schon deswegen missverständlich, da die Klägerin danach auf einer Fläche von 4.333,85 qm eine Sauber- und Frostschutzschicht von 10 cm Dicke (vgl. 0,1 cbm/qm) aufgebracht haben will, obgleich sich die Mehrfläche der gegenüber der früheren Planung unstreitig trompetenförmig vergrößerten Rampe bereits nach ihren eigenen Angaben nur auf 773,028 qm beläuft. Der Streit der Parteien basiert darauf, dass für bei einer nunmehr bituminösen Deckschicht ein größerer Mutterbodenabtrag von 30-40 cm (vgl. Pos. 2 des Nachtragsangebots NA 1, 125 GA: als Zulage zu Pos. 2.1.2. aus Los II) erforderlich ist gegenüber einem bislang für eine Deckschicht aus Kies-Sand-Gemisch notwendigen Mutterbodenabtrag bis 20 cm (vgl. Pos. 2.1.2 (vgl. Seite 40 LV). Aus dem Vergleich der beiden LV ergibt sich zugleich, dass nach Mutterbodenabtrag in einer Mehrstärke von 10-20 cm auch das Schichtenpaket dementsprechend in entsprechender Mehrstärke von 10-20 cm einzubringen ist, um die alte Oberkante Gelände zu erreichen, wobei das Schichtenpaket bei einer bituminösen Decke/Asphaltdecke zudem anders aufgebaut wird, d.h. z.T. aus anderen Materialien besteht. Das bisherige LV sah bei 20 cm Mutterbodenabtrag eine Sauberkeits- und Frostschutzschicht von 10 cm eine Deckschicht von 4 cm und dementsprechend eine Tragschicht von weiteren 6 cm vor. Das beauftragte Nebenangebot (Pauschalpreis) bezog sich auf die im LV näher bezeichneten Massen bzw. Maße. Das LV zum Nachtragsangebot NA 1 sieht bei nunmehr auf 30-40 cm erhöhten Mutterbodenabtrag eine Sauber- und Frostschutzschicht nicht ausdrücklich vor, sondern nur eine Tragschicht von 10 cm, eine Schicht aus Bitu-Kies-Binder von 4 cm und eine Deckschicht aus Asphaltfeinbeton von 4 cm (also insgesamt 18 cm). Daraus folgt, dass die Sauberkeits- und Frostschutzschicht nunmehr (die restlichen) 12-22 cm dick (30-40 cm abzüglich 18 cm) sein müsste. Es ist also - mangels abweichendem Vortrag der Klägerin und im Hinblick auf die Flächenangaben in ihrer Schlussrechnung zu NA 1.6./1.7. - davon auszugehen, dass die zusätzliche Fläche des trompetenförmig geänderten Anschlusses der Baustraße an die B 57 sich auf 773,028 qm erstreckte und - unter Berücksichtigung des tieferen Mutterbodenabtrags und des damit einhergehenden dickeren Schichtenpakets - dass die Klägerin darauf eine 12-22 cm dicke Sauber- und Frostschutzschicht eingebracht hat.

Die Klägerin muss sich bei der Abrechnung daran festhalten lassen, dass sie im Nachtragsangebot 1 (Anlage K 20, 123 GA unten) mitgeteilt hat, dass sie alle übrigen für die Erstellung der bituminösen Befestigung notwendigen Leistungen wie "... Sauber- und Frostschutzschicht liefern und einbringen ...", die nicht im (pauschalierten) Nebenangebot enthalten seien, gemäß Haupt-LV Los I und II aufmessen und berechnen werde (Hervorhebung durch den Senat).

Der Einwand der Beklagten, die Abrechnungsvoraussetzungen für die LV-Pos. 2.1.8 hätten nicht vorgelegen, denn diese Leistungen seien Bestandteile des pauschal angebotenen und beauftragten Nebenangebots 2 und ein über die von ihr kulanzhalber anerkannte Abrechnungsmenge von 878,028 qm hinausgehender Anspruch der Klägerin bestehe daher schon deswegen nicht, ist nicht berechtigt, da das Nachtragsangebot hinsichtlich der Leistungs- und Massenänderung der Rampe infolge veränderter Anbindung der Baustraße an die Bundesstraße B 57 für die damit einhergehenden vom pauschalen Nebenangebot nicht erfassten Mehrleistungen ausdrücklich auf das Haupt-LV Bezug nimmt. Das Aufmass des Haupt-LV Los II (Seite 41) sieht indes eine Abrechnung zu Pos. 2.1.7. nach Verbrauch Kiesmaterial (Tonnen) und zu 2.1.8 nach Fläche (qm) und Stärke (cm) der Sauber- und Frostschutzschicht vor. Das Aufmaß der Klägerin vom 14.09.2000 (Anlage K 17, Blatt 50) stellt davon abweichend Umrechnungen von Tonne auf qm, die weder ihrem eigenen Nachtragsangebot entsprechen (Aufmaß gemäß Haupt-LV) noch hinreichend verständlich sind. Da die Klägerin auf der von ihr selbst in der Schlussrechnung zu NA 1 bezeichneten Mehrfläche von max. 773,028 qm und nach dem aus den zur Gerichtsakte gelangten Unterlagen ersichtlichen, auf dieser Fläche in Dicke und Aufbau geänderten Schichtenpaket eine Sauberkeits- und Frostschutzschicht zwischen 12 und 22 cm (d.h. im Mittel 17 cm) eingebracht hat, hat der Senat unter Zugrundelegung des mittleren Maßes die eingangs dargestellte Abrechnung vorgenommen.

III.

Zinsen schuldet die Beklagte aus §§ 286, 288 ZPO.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97, 269 Abs. 3 ZPO.

C.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

D.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

E.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird bis zum 08.12.2008 auf 123.307,25 EUR (114.083,85 EUR + 9.223,40 EUR), für die Zeit danach auf 115.247,83 EUR (114.083,85 EUR + 1.163,98 EUR) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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