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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.03.2004
Aktenzeichen: I-23 U 80/03
Rechtsgebiete: ZPO, EGBGB, StBerG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 529
ZPO § 513
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
StBerG § 68
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. April 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit auch im einzelnen zutreffender Begründung abgewiesen. Die Entscheidung des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Lediglich ergänzend ist mit Blick auf die Berufungsbegründung das Folgende auszuführen. Soweit es auf die Anwendung bürgerlichen Rechts ankommt, ist das bis zum 31.12.2001 geltende Recht maßgeblich, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB. Ob die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus positiver Vertragsverletzung vorliegen, kann offen bleiben, weil der Anspruch jedenfalls verjährt ist, § 68 StBerG. Das führt zur Unbegründetheit der Klage sowohl hinsichtlich des Zahlungsantrags zu 1. als auch hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 2. I. Gemäß § 68 StBerG verjährt der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem Steuerberaterverhältnis in drei Jahren ab Entstehung des Anspruchs. Entstanden ist ein Anspruch, wenn seine Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind. Dazu gehört auch die Entstehung eines Schadens. Letzteres hat das Landgericht unter zutreffender Bezugnahme auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Recht mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides angenommen, wenn - wie hier - ein Steuerberater steuerliche Nachteile seines Mandanten verschuldet hat (vgl. zuletzt nur Urteil des Senats vom 14.10.2003 - 23 U 222/02 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats). Entgegen der Auffassung der Klägerin sind für den Verjährungsbeginn subjektive Umstände auf Seiten des Gläubigers, das heißt hier der Klägerin, nicht maßgeblich. Es kommt nicht auf deren Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen an. Anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der allein auf den objektiven Umstand des Zugangs des belastenden Steuerbescheids abstellt. Nur zur Herleitung dieses Ergebnisses führt der Bundesgerichtshof die "in der Regel" mit dem Zugang dieses Bescheids bestehenden Erkenntnismöglichkeiten des Steuerschuldners an. Das bedeutet aber nicht, dass dessen Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis in jedem Einzelfall zusätzlich zu prüfen wäre. Das widerspräche der gesetzlichen Regelung. II. Dem Beklagten ist es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt, sich mit Erfolg auf den Eintritt der Primärverjährung zu berufen. Dabei kann offen bleiben, ob die genannten Umstände - wegen der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts Herausgabe der Buchungsunterlagen erst am 11.6.1999 nach Zahlung des Honorars durch die Klägerin - überhaupt geeignet sind, die Berufung des Beklagten auf die Einrede der Verjährung als treuwidrig erscheinen zu lassen. Selbst wenn man insoweit der Klägerin folgen wollte, so hätte ihr nach Übergabe der Unterlagen noch ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, ihre Ansprüche zu prüfen und geltend zu machen. Zwischen dem Wegfall der die - unterstellte - Treuwidrigkeit begründenden Umstände Mitte 1999 und dem Eintritt der Primärverjährung im März 2001 lagen fast zwei Jahre. III. Dem Beklagten ist es auch nicht nach den Grundsätzen über die sog. Sekundärhaftung verwehrt, sich mit Erfolg auf den Eintritt dieser Verjährung zu berufen. Auch insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts und die zutreffende Wiedergabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwiesen werden. Das Landgericht hat den für die Annahme der Sekundärhaftung erforderlichen Anlass des Beklagten zur Überprüfung seiner bisherigen Tätigkeit zutreffend verneint. 1. Nach dem erstinstanzlichen Sach- und Streitstand endete das Mandatsverhältnis im März 1998. Das ist auch keine Unterstellung des Landgerichts, wie die Berufungsbegründung meint. Vielmehr beruht dies auf der eigenen Schilderung der Klägerin in ihrem vorprozessualen Schreiben vom 21.4.1999 (Bl. 103 f. GA). Danach wechselte die Klägerin nach ihrer eigenen Darstellung im März 1998 vom Beklagten zum Steuerberatungsbüro W... Nach Zugang des belastenden Bescheids im März 1998 war der Beklagte also mit der Buchhaltung des Jahres 1996 nicht mehr befasst, auch nicht im Zusammenhang mit der Prüfung, ob Rechtsmittel gegen den Steuerbescheid eingelegt werden sollen. Ein irgendwie gearteter Anlass zur Überprüfung der eigenen vorangegangenen Buchführungstätigkeit ergab sich nicht. Ob aus den in der Berufungsbegründung aufgeführten weiteren Handlungen des Beklagten nach März 1998 eine Fortsetzung des Mandatsverhältnisses über März 1998 hinaus gefolgert werden kann, ist sehr zweifelhaft. Das betrifft die Bezugnahmen des Beklagten in seinen beiden Schreiben vom 28.2.1999 (Bl. 187 GA) und vom 9.6.1999 (Bl. 188 GA) auf Arbeiten, die das Jahr 1997 betreffen (Jahresabschluss, Steuererklärungen). Aber auch wenn man diesen Vortrag der Klägerin als richtig unterstellt, folgt daraus kein Anlass des Beklagten für eine Überprüfung seiner Tätigkeit für 1996. Hiermit war er nämlich auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht mehr befasst. Seine weitere Tätigkeit hätte vielmehr allein das Jahr 1997 betroffen. 2. Wie bereits das Landgericht zutreffend angedeutet hat, kann sich ein Anlass, die Pflichtwidrigkeit des eigenen Verhaltens zu erkennen und den Mandanten auf den drohenden Ablauf der Verjährungsfrist hinzuweisen, freilich auch aus der Befassung mit derselben steuerrechtlichen Frage in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen ergeben, wenn der Steuerberater die Pflichtwidrigkeit aufgrund eines Dauermandats in den Folgejahren erneut begeht. Eine erneute Verletzung eines fortbestehenden Auftrags, die einen weiteren Schadensersatzanspruch begründet, kann nämlich zugleich die Erkenntnis eines zuvor begangenen Fehlers verhindern. Wäre die Vertragspflicht erfüllt worden, kann auf diese Weise ein ausreichender Anlass dafür bestanden haben, dass der Steuerberater über seine auf einer früheren Pflichtwidrigkeit beruhende Haftung und über die Verjährungsvorschrift belehre. Das hat auch dann zu gelten, wenn sich die gleiche Pflichtwidrigkeit bei der Bearbeitung der Steuererklärung für das nächste oder die folgenden Jahre im Rahmen eines einheitlichen Mandats wiederholt, der Steuerberater seinen Fehler also nicht erkannt hat (BGHZ 114, 150 = NJW 1991, 2828; Senat, GI 2002, 293 = OLGR 2002, 213 und Urteil vom 14.10.2003 - 23 U 222/02). So liegt der Fall indes nicht. Der behauptete Buchführungsfehler ist auf das Jahr 1996 beschränkt. Er beruht auf tatsächlichen Vorgängen dieses Jahres, mit denen der Beklagte bei der Buchführung des Folgejahres in keiner Weise befasst war. Es ist auch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ersichtlich, inwieweit die Höhe eines Kontos "Forderungen gegen den Gesellschafter" im Vorjahr (1996) für den Beklagten bei den Arbeiten für 1997 Anlass zu einer Überprüfung des Jahres 1996 hätte geben sollen. 3. Offen bleiben kann deshalb, ob die Sekundärhaftung des Beklagten auch deshalb entfällt, weil die Klägerin vor Eintritt der Primärverjährung bereits rechtlich über den Regressanspruch und die Verjährungsfrist unterrichtet wurde. Insoweit könnte der im Schreiben der Klägerin vom 21.4.1999 (Bl. 104 GA) erwähnten Übergabe des Vorgangs an deren Rechtsanwalt und der Beauftragung des Steuerberaters W.. eine Bedeutung zukommen. Auch die Beauftragung eines weiteren Steuerberaters kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof unter bestimmten Voraussetzungen dazu führen, dass die Sekundärhaftung des Steuerberaters entfällt (BGHZ 129, 386). IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Streitwert für das Berufungsverfahren: 19.456,40 EUR (18.456,39 EUR hinsichtlich des Antrags zu 1. und 1.000,-- EUR hinsichtlich des Antrags zu 2.).

Ende der Entscheidung

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