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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.11.2003
Aktenzeichen: I-24 U 105/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 249
1. Die Differenz zwischen vereinbartem Restwert und Händlereinkaufswert steht nach der Verwertung des Leasingfahrzeugs grundsätzlich dem Leasinggeber zu.

2. Haben die Parteien eine Ausgleichspflicht des Leasingnehmers nur für den Fall eines niedrigeren Veräußerungserlöses vereinbart, so kommt ein Anspruch des Leasingnehmers auf einen den Restwert übersteigenden Erlös in Betracht.

3. Der Leasinggeber kann aber vorab Schadensersatz wegen Rückgabe des Leasinggegenstands in nicht vertragsgemäßem Zustand beanspruchen.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I-24 U 105/03

Verkündet am 6. November 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2003 durch seine Richter Z, E und T

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 13. März 2003 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.842,18 € nebst Zinsen in Höhe von 12,25 % für die Zeit vom 27. Juli 2000 bis zum 31. Dezember 2001 und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien schlossen im März/April 1997 einen Leasingvertrag über ein Fahrzeug. Dem Leasingvertrag lagen die AGB der Leasinggeberin zu Grunde.

AGB Nr. 16.3 lautet u.a.: ( ) Entspricht der Händlereinkaufswert des Leasinggegenstands nicht mindestens dem vertraglich vereinbarten Restwert (hier 31.470 DM), so ist der Leasingnehmer verpflichtet, dem Leasinggeber den Differenzbetrag zu erstatten. Bei der Bewertung bleibt eine schadenbedingte Wertminderung außer Betracht, soweit der Leasinggeber hierfür bereits eine Entschädigung erhalten hat.

Ende Mai 2000 erhielt die Klägerin den Verkaufswagen zurück. Durch Sachverständigengutachten wurde der Einkaufswert mit 52.900 DM beziffert. Wegen Reparaturbedürftigkeit des Fahrzeugs verlangte die Klägerin von dem Beklagten 14.028,50 DM abzüglich eines Vorteils von 941,20 DM. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte im Wesentlichen Erfolg.

Gründe:

I.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat ganz überwiegend Erfolg. Das Landgericht hat ihr zu Unrecht den beanspruchten Schadensersatz verweigert.

1.

Die Summe von 6.842,18 € steht der Klägerin als Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung zu. Nach dem Gutachten des Sachverständigen B. vom 17. Juni 2000 wies das streitige Leasingfahrzeug, ein Verkaufsmobil mit Hähnchengrill, erhebliche Schäden auf, die bei einer Reparatur Kosten von netto 14.028,50 DM hervorgerufen hätten. Unter Anrechnung von Vorteilen (neu für alt 941,20 DM) sowie der Gutachterkosten von 707,-- DM abzüglich der Gutschrift von 412,16 DM führt das zu der oben genannten Summe von 13.382,14 DM (= 6.812,18 €).

a)

Der Leasingvertrag der Parteien einschließlich der Leasingbedingungen sieht nur eine konkrete Regelung für den Fall vor, dass der Händlereinkaufswert nicht mindestens dem vereinbarten Restwert entspricht. Gemäß Nr. 16 Ziffer 3 Absatz 2 der Leasingbedingungen ist der Leasingnehmer dann verpflichtet, dem Leasinggeber den Differenzbetrag zu erstatten.

b)

Dieser Fall ist hier jedoch nicht gegeben, sondern das Fahrzeug wies trotz des oben genannten reparaturbedürftigen Zustands einen höheren Händlereinkaufswert auf als den vereinbarten Restwert. Die Differenz zwischen beiden Werten kommt der klagenden Leasinggeberin zugute, weil sie Eigentümerin des Fahrzeugs ist und eine andere, zugunsten des beklagten Leasingnehmers gehende Regelung nicht vereinbart ist (zur Zulässigkeit einer solchen vertraglichen Ausgestaltung vgl. Senat ZMR 2003, 422 = NJW-RR 2003, 775 unter 1. a) aa).

c)

Dies greift auch der Beklagte im Grundsatz nicht an. Er ist jedoch mit dem Landgericht der Meinung, dass die Vertragsgestaltung einen weiteren Ersatzanspruch der Klägerin ausschließe. Dem kann der Senat nicht folgen:

Entscheidend ist die Verpflichtung des Leasingnehmers, Wartungs- und Reparaturarbeiten pünktlich und unverzüglich ausführen zu lassen. Dies haben die Parteien gemäß Nr. 12 Ziffer 1 Satz 1 der Leasingbedingungen in zulässiger Weise vereinbart. Diese Verpflichtung hat der Beklagte, wie das oben genannte Gutachten deutlich ausweist, in erheblichem Umfang verletzt. Seine Behauptung, es seien nur Gebrauchsspuren aufgrund vertragsgemäßen Gebrauchs entstanden, wird durch das Gutachten widerlegt, in dem unter anderem eine gerissene Windschutzscheibe, eingedrückte Teile (Tür, Heckblech, Dachrandprofile, Wartungsklappe, Abdeckbleche, Seitenwand, Rückwand), beschädigte Teile (Verkaufsklappe, Hecktürschloss, Türschweller, Türfeststeller, Fußschalter für Hygieneschrank, Umrissleuchte, Gehäuse der HQI-Strahler, Außenspiegel) und fehlende Teile (Scheiben für Grill, Abdeckung Hygieneschrank, Grillspieße, Begrenzungsleuchten) aufgeführt sind. Angesichts der detaillierten Ausführungen des Sachverständigen genügte das bloße Bestreiten des Beklagten nicht, um die gutachterlichen Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Bei dieser Sachlage versteht es sich von selbst, dass der vom Sachverständigen geschätzte Händlereinkaufswert ohne die dort festgestellten Mängel erheblich höher ausgefallen wäre. Die Höhe dieser Differenz schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf die Höhe der vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten.

Würde nun der Klägerin verweigert, die Differenz zwischen dem Händlereinkaufswert bei beschädigtem Zustand und dem erhöhten Händlereinkaufswert in unbeschädigtem Zustand gegenüber dem Beklagten geltend zu machen, so würde dieser erhebliche finanzielle Vorteile dadurch erlangen, dass er das Fahrzeug entgegen seinen Verpflichtungen, notwendige Reparaturen sogleich ausführen zu lassen, in erheblich beschädigtem Zustand zurückgegeben hat. Eine solche Besserstellung des Leasingnehmers trotz erheblicher Pflichtverletzungen ist aber weder aufgrund der konkreten Ausgestaltung des Leasingvertrages einschließlich der Leasingbedingungen noch aufgrund der allgemeinen Grundsätze des Leasingrechts gerechtfertigt:

Der Grundsatz, dass der Leasinggeber je nach Gestaltung des Leasingvertrages im Wege der Voll- oder Teilarmortisation sein eingesetztes Kapital armortisiert zurückerhält, hat nicht zur Folge, dass er einen durch Vertragsverletzung des Leasingnehmers entstandenen finanziellen Nachteil gegenüber diesem nicht durchsetzen dürfte. Auch die Ausgestaltung des Leasingvertrages und der Leasingbedingungen zwischen den Parteien führt hier nicht zu einem anderen Ergebnis. Der hier gegebene Fall ist nicht ausdrücklich geregelt, so dass es - wie oben ausgeführt - bei dem allgemeinen Grundsatz verbleibt, dass dem Leasinggeber ein den Restwert übersteigender Händlereinkaufswert gebührt. Die Geltendmachung eines weitergehenden Schadens ist durch die Leasingbedingungen nicht ausgeschlossen.

Zwar mögen die Vereinbarung eines verbindlichen Restwertes am Ende der Leasingzeit, das Andienungsrecht des Leasinggebers zum vereinbarten Restwert sowie die weiter vereinbarte Ausgleichsverpflichtung des Leasingnehmers bei Nichterreichen des Restwertes auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, mehr als ein Ausgleich bis zum Restwert könne auf den Leasingnehmer am Ende der Vertragslaufzeit nicht zukommen. Diese Betrachtung ließe aber außer Acht, dass er selbstverständlich die ihm obliegenden Pflichten aus dem Leasingvertrag zu erfüllen und bei Verletzung dieser Pflichten für einen eventuellen Schaden einzustehen hat. Die Vertragsbedingungen geben keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass diese sich aus dem allgemeinen Recht ergebende Rechtsfolge hier nicht eingreifen sollte.

2.

Die Zinsentscheidung ergibt sich aus § 288 Abs. 2 BGB a. F. in Verbindung mit der Tatsache, dass die Klägerin die Inanspruchnahme von Bankkredit belegt hat, ab 1. Januar 2002 gilt § 288 Abs. 2 BGB in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz: 6.842,18 €.

Ende der Entscheidung

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