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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.10.2003
Aktenzeichen: I-24 U 115/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 780 | |
ZPO § 531 | |
ZPO § 139 |
2. Auf den Vorbehalt beschränkter Erbenhaftung muss das Gericht nach § 139 Abs. 2 ZPO nicht hinweisen.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
In dem Rechtsstreit
hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z, E und B am 20. Oktober 2003
einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27. März 2003 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Beklagte.
Gründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Hinweisbeschluss vom 18. August 2003. (wird ausgeführt)
1. und 2. .....(wird ausgeführt)
3.
Die ferner erstmals in der Berufungsbegründung erhobene Einrede der beschränkten Erbenhaftung ist ebenfalls gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.
a)
Der als Erbe des Schuldners Verurteilte kann sich auf die Haftungsbeschränkung nur berufen, wenn sie im Urteil vorbehalten ist, § 780 ZPO. Dieser Vorbehalt kann in das Urteil aber nur aufgenommen werden, wenn der Schuldner ihn auch geltend gemacht hat (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 62. Aufl., Rdnr. 7 vor § 1967). Auch die hierauf bezogene Einrede stellt ein Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO dar. Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne der genannten Vorschrift wie u.a. der §§ 282, 296 ZPO sind jegliche zur Begründung des Klageantrags oder zur Verteidigung gegen diesen vorgebrachten tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen, Einwendungen, Einreden und Beweisanträge, ferner das Bestreiten sowie die Geltendmachung der vor- oder innerprozessualen Aufrechnung, nicht dagegen Angriff und Verteidigung selbst, also Sachanträge wie Klage- und Widerklageantrag sowie deren Änderung, Erweiterung oder Konkretisierung (vgl. Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 530 Rdnr. 11; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 531 Rdnr. 22 i.V. m. § 282 Rdnr. 2, 2 a m.w.N.).
Die Einrede der beschränkten Erbenhaftung stellt danach ein Verteidigungsmittel in dem oben genannten Sinne dar, weil sie für den Erben den Anspruch des Gläubigers in der Weise beschränken soll, dass er nur insoweit durchgesetzt werden kann, als der Umfang des Nachlasses dies gestattet. Die Einrede ist demgemäss ihrem Charakter nach kein Sachantrag, sondern ein Mittel, mit dem die Durchsetzbarkeit des Klageanspruchs beschränkt oder - im Falle eines nicht werthaltigen Nachlasses - gar vollends blockiert werden soll.
b)
Diese Einordnung stellt auch die Beklagte letztlich nicht in Frage, meint aber, die Einrede könne ohne Weiteres in der Berufungsinstanz nachgeholt werden. Die von der Beklagten mitgeteilten Zitate in Kommentaren zur ZPO (Zöller/Stöber, § 780 Rdnr. 10; Stein/Jonas/Münzberg, § 180 Rdnr. 5; Münchener Kommentar/Schmidt, § 780 Rdnr. 19) scheinen diese Auffassung zu bestätigen; denn hiernach kann der Erbe die in erster Instanz nicht geltend gemachte Haftungsbeschränkung in der Berufungsinstanz nachholen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass dies nach der Novellierung der Zivilprozessordnung zum 01. Januar 2002 nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO möglich ist (so ausdrücklich Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 780 Rdnr. 5: In der Berufungsinstanz kann die Einrede vorbehaltlich § 531 nachgeholt werden). Die Kommentierung im Münchener Kommentar hat die Neufassung der ZPO noch nicht berücksichtigen können, weil sie aus dem Jahre 2000 stammt (2. Aufl.; eine 3. Auflage gibt es noch nicht). Die Kommentierung von Zöller in der 23. Auflage datiert zwar von 2002, das genannte Zitat findet sich aber zu § 780, und zwar wortgleich an derselben Zitatstelle wie in der (22.) Vorauflage, nicht jedoch zu § 531. Daher spricht viel dafür, dass die Kommentierung zu § 780 der neuen Gesetzeslage noch nicht angepasst worden ist. In den Neukommentierungen von Baumbach/Lauterbach (ZPO, 61. Aufl.), Musielak aaO. und Thomas/Putzo (ZPO, 25. Aufl.) ist die Problematik nicht angesprochen.
In jedem Falle folgt der Senat der differenzierenden Auffassung (vgl. Stein/Jonas a.a.O.); denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Einrede der beschränkten Erbenhaftung anders als andere Einreden behandelt werden sollte. Zwar mögen die zugrundeliegenden Tatsachen häufig keiner Beweisaufnahme bedürfen, so dass auch keine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits eintritt, aber anders als etwa in § 528 Abs. 1 u. 2 ZPO a.F. kommt es für die Frage der Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO n.F. nicht mehr auf eine Verzögerung an (vgl. Musielak aaO § 531 Rdnr. 3).
c)
Die Erhebung der Einrede beschränkter Erbenhaftung ist auch im ersten Rechtszug nicht infolge eines Verfahrensmangels unterblieben (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Denn das Landgericht hat die Beklagte nicht unter Verstoß gegen § 139 Abs. 2 ZPO uneingeschränkt verurteilt, weil diese erkennbar die Einrede übersehen hatte. Zwar hat die Beklagte erklärtermaßen den Rechtsstreit von Anfang an mit dem Ziel geführt, für die Nachlassverbindlichkeiten nicht eintreten zu müssen, weil der Nachlass überschuldet sei. Ob das Landgericht deshalb befugt gewesen wäre, die Beklagte auf die Einrede beschränkter Erbenhaftung hinzuweisen, mag dahinstehen (vgl. zu dem ähnlich gelagerten Fall der Verjährungseinrede bei unstreitigen, die Verjährung begründenden Tatsachen BGH NJW 1998, 612). Denn das Landgericht traf jedenfalls keine entsprechende Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO (so zutreffend Musielak aaO. § 139 Rdnr. 9). Abgesehen davon, dass die Erhebung einer Einrede im Gegensatz zur von Amts wegen zu beachtenden Einwendung typisch für die Dispositionsmaxime der Parteien ist, würde sich das Gericht einseitig zum Gehilfen eines Beklagten machen und den Kläger benachteiligen, wenn es auf ein bisher nicht in den Prozess eingeführtes Verteidigungsmittel hinwiese. Demgemäß ist der Hinweis auf ein Zurückbehaltungsrecht ebenso unzulässig, mithin erst recht nicht geboten (vgl. BGH NJW 1969, 691), wie auf die Möglichkeit einer Widerklage bei die Klageforderung übersteigender Aufrechnungsforderung (vgl. Piekenbrock NJW 1999, 1362) oder auf eine mögliche Klageerweiterung. Gleichermaßen ist nach h.M. nicht auf den Eintritt der Verjährung hinzuweisen (vgl. Zöller/Greger aaO. § 139 Rdnr. 17; Musielak aaO. m.w.N.).
4.
Schließlich liegen auch die Voraussetzungen von § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 19.374,89 €.
Ende der Entscheidung
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