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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.03.2008
Aktenzeichen: I-24 U 138/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 193 | |
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3 | |
BGB § 209 | |
BGB § 242 | |
BGB § 535 | |
BGB § 537 S. 2 | |
ZPO § 167 |
2. Eine "automatische" Mietanpassungsklausel setzt ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nicht voraus; dieses ist nur für den Verzug des Mieters mit den Erhöhungsbeträgen bedeutsam (vgl auch Senat, Urteil vom 11.3.2008- I-24 U 152/07- z.V.b.)
3. Der Mieter beruft sich rechtsmissbräuchlich auf fehlende Gebrauchsüberlassung, wenn er ohne Rücksicht auf den fortbestehenden Mietvertrag endgültig ausgezogen ist und keine Miete mehr gezahlt hat und er auf diese Weise den Vermieter zu einer Weitervermietung der Mietsache veranlasst hat.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 11. März 2008
In dem Rechtsstreit
hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z., S. und H. auf die mündliche Verhandlung vom 26.02.2008
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg - Einzelrichter - vom 14.06.2007 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.377,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2002 sowie weitere 7.654,04 € nebst Zinsen in Höhe von 11,25% aus 637,84 € vom 05.01.2003 bis zum 31.01.2003 und Zinsen in Höhe von 11% aus jeweils 637,84 € seit dem 01.02.2003, dem 05.02.2003, dem 05.03.2003, dem 05.04.2003, dem 05.05.2003, dem 05.06.2003, dem 05.07.2003, dem 05.08.2003, dem 05.09.2003, dem 05.10.2003, dem 05.11.2003 und dem 05.12.2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 7.282,09 €.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Mietzahlung für die von ihm mit Vertrag vom 19.01.1996 zum Betrieb einer Zahnarztpraxis im Haus A.-Str. 108 in O. angemieteten Räume für die Zeit von Februar 2002 bis Dezember 2003 in Anspruch.
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen wird, hat das Landgericht den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 6.749,04 € nebst gestaffelten Zinsen zu zahlen. Die von der Klägerin für das Jahr 2002 geltend gemachten Ansprüche hat das Landgericht als verjährt angesehen. Überdies hat das Landgericht die Voraussetzungen der in § 5 Ziff. 3 des Mietvertrages (im folgenden: MV) Mietzinsanpassungsklausel als nicht gegeben erachtet, weil die Klägerin den Zugang der Mieterhöhungserklärung vom 09.11.2001 nicht bewiesen habe. Ferner sei ein Teil des mit der Klage verfolgten Zinsschadens nicht schlüssig dargetan.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie macht geltend, das Landgericht habe den Lauf der Verjährungsfrist falsch berechnet. Zu Unrecht habe das Landgericht die Klage auch hinsichtlich des Erhöhungsbetrages der Wertsicherung abgewiesen; der Beklagte habe das Mitteilungsschreiben vom 09.11.2001 - dies ist im Berufungsverfahren unstreitig geworden - erhalten. Zudem habe das Landgericht die vorgelegten Kontojournale und Bankbelege unzureichend ausgewertet.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.377,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2002 sowie weitere 7.654,04 € nebst Zinsen in Höhe von 16,25% aus 637,84 € seit dem 05.01.2003 und Zinsen in Höhe von 16% aus jeweils weiteren 637,84 € seit dem 05.02.2003, 05.03.2003, 05.04.2003, 05.05.2003, 05.06.2003, 05.07.2003, 05.08.2003, 05.09.2003, 05.10.2003, 05.11.2003 und 05.12.2003 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache überwiegend Erfolg und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Die landgerichtliche Entscheidung, auf deren Entscheidungsgründe im übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, bedarf in drei Punkten der Korrektur:
1.
Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung der Miete nicht nur - wie zuerkannt - für das Jahr 2003 beanspruchen, sondern auch für das Jahr 2002. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind diese Ansprüche der Klägerin nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist begann gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB mit Ablauf des Jahres 2002. Zwar endete die Verjährungsfrist danach mit Ablauf des Jahres 2005. Durch die am 13.01.2006 erfolgte Zustellung des Mahnbescheids ist aber gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB Hemmung der Verjährung mit den Rechtsfolgen des § 209 BGB eingetreten. Der Antrag auf Erlass des Mahnbescheids ist bereits am 02.01.2006 bei dem Amtsgericht Stuttgart eingegangen. Da die nur wenige Tage später erfolgte Zustellung des Mahnbescheids "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO erfolgt ist, trat die Wirkung der Zustellung bereits mit dem Eingang des Mahnbescheidsantrags ein. Am 02.01.2006 aber konnte die Hemmung der Verjährung noch herbeigeführt werden, da der letzte Tag der Frist - der 31.12.2005 - auf einen Sonnabend fiel und der 01.01.2006 ein staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag war (und zudem auf einen Sonntag fiel). In entsprechender Anwendung von § 193 BGB (vgl. BGH WM 1978, 464; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1327; Münchner/Kommentar-Grothe, BGB, 5. Aufl., § 193 Rn. 8; Palandt/Heinrichs, 67. Aufl., § 193 BGB Rn. 2) konnte die Hemmung der Verjährung, wie hier geschehen, noch an dem nächsten Werktag, nämlich Montag dem 02.01.2006, bewirkt werden. Das seit dem 01.01.2002 geltende Verjährungsrecht gibt keinen Anlass, an der Rechtsprechung nur bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des BGB zur Verjährung etwas zu ändern, zumal § 193 BGB unverändert geblieben ist.
Auf den früheren Mahnbescheid, den die Klägerin am 24.10.2005 beantragt hatte, kommt es danach nicht mehr an.
2.
Die Klägerin hat Anspruch auch auf Zahlung der mit Schreiben vom 09.11.2001 ) verlangten erhöhten Miete (1.583,73 € monatlich - jeweils abzüglich der durch die Nachfolgemieterin gezahlten Beträge). Die Auffassung des Landgerichts, der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der nach § 5 Ziff. 3 Buchst. a) MV entsprechend der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindex erhöhten Miete setze den Zugang einer schriftlichen Mieterhöhungserklärung voraus, ist unzutreffend. Die Vertragsklausel § 5 Ziff. 3 Buchst. a) MV ist in ihrer Überschrift ausdrücklich als "Automatische Wertsicherung" bezeichnet und auch in ihrem Regelungsgehalt unabhängig von einem Mieterhöhungsverlangen ausgestaltet. Dies zeigt auch die gestrichene, nicht vereinbarte Alternative in § 5 Ziff. 3 Buchst. b) MV ("Anpassungs- bzw. Gutachterklausel"), die in Abweichung von a) ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters erfordert. Die in § 5 Ziff. 4 MV geforderte schriftliche Mieterhöhungserklärung, auf die das Landgericht zur Begründung seiner Rechtsansicht verweist, betrifft allein das optionale Mieterhöhungsverlangen nach von der Vermieterin vorgenommenen Wertverbesserungen des Mietobjekts. Überdies hat der Beklagte den Zugang der Mieterhöhungserklärung vom 09.11.2001 im Berufungsverfahren ausdrücklich zugestanden.
Wegen der Berechnung des Anspruchs auf Mietzahlung für das Jahr 2002 in Höhe von 6.377,09 € und des entsprechenden Anspruchs für das Jahr 2003 in Höhe von 7.654,04 € wird auf die Klagebegründung vom 27.06.2006, dort S. 5 (Bl. 16 GA), verwiesen. Der Senat hat die Berechnung der Mieterhöhung anhand der im Internet zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamtes (www.destatis.de) überprüft. Der im Vertrag vorgesehene Schwellenwert von 5 Indexpunkten (Lebenshaltungskostenindex eines Vier-Personen-Haushalts von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen, Basisjahr 1985 = 100 Punkte) war unter "Umbasierung" auf den Verbraucherpreisindex 2000 bereits im April 2001 erreicht. Im Januar 2002 war der Index bereits um 6,5 Indexpunkte bzw. 5% gestiegen. Die Anhebung der Miete um nur 4% hält sich deshalb im Rahmen des Vertrages.
3.
Dem Klageanspruch steht nicht entgegen, dass die Klägerin die vom Beklagten gemieteten Räume anderweit vermietet hat. Zwar schließt § 537 Abs. 2 BGB die Zahlungspflicht des Mieters für diejenige Zeit grundsätzlich aus, in der der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Berufen des Mieters auf die fehlende Erfüllungsbereitschaft des Vermieters aber regelmäßig rechtsmissbräuchlich, wenn er - wie hier - eine grobe Vertragsverletzung begangen hat, indem er ohne Rücksicht auf den weiter bestehenden Mietvertrag endgültig ausgezogen ist und keine Miete mehr gezahlt hat und er auf diese Weise den Vermieter zu einer Weitervermietung der Mietsache veranlasst hat (BGHZ 122, 163, 168 f.; BGH Urteil vom 19.12.2007 - XII ZR 13/06, NJW 2008, 1148-1150, ferner bei Juris).
Soweit der Beklagte in erster Instanz im Wege der Aufrechnung einen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution geltend gemacht hat, wird auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils verwiesen.
4.
Nur teilweise erfolgreich ist die Berufung, soweit sich die Klägerin gegen die Zinsentscheidung des Landgerichts wendet:
a)
Zwar hat die Klägerin durch Vorlage von Zinsbescheinigungen und Kontojournalen der Sparkasse D. belegt, dass sie im Jahre 2003 für Kreditmittel, die fortlaufend die Klagesumme überstiegen, 11,25% Zinsen bis zum 31.01.2003 und danach 11,00% Zinsen zu zahlen hatte. Aus den Journalen des Kreditkontos ergibt sich ein Debetsaldo, der im Verlaufe des Jahres 2003 von 66.679,74 € auf weit über 100.000,00 € anstieg. Der von der Klägerin geltend gemachte Sollzins entspricht den Angaben der Sparkasse in deren Mitteilungen vom 26.03.2003 und vom 23.07.2003 (Bl. 68, 69) und ist auch den Kontojournalen zu entnehmen. Die von der Klägerin in Fotokopie, deren Identität mit den Originalen nicht bestritten ist, vorgelegten Bankbelege erbringen im Rahmen der nach § 286 Abs. 1 ZPO vorzunehmenden freien Beweiswürdigung (vgl. BGH NJW 1986, 3086; Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 416 Rn. 4) den Nachweis für die ihnen zu entnehmenden Zinsbelastungen.
b)
Mit Recht hat das Landgericht aber die von der Klägerin vorgelegten Kontojournale als unzureichend für die Darlegung des von ihr in Höhe einer Überziehungsprovision von 5% geltend gemachten (weiteren) Zinsschadens angesehen. Den Journalen ist ohne weitere Erläuterung nicht nachvollziehbar zu entnehmen, in welcher Höhe diese Überziehungsprovision im Jahre 2003 Monat für Monat tatsächlich angefallen ist. Das Landgericht hat bereits in der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2007 und sodann auch in der angefochtenen Entscheidung auf jenen Mangel des Vortrags der Klägerin hingewiesen. Die Ausführungen der Berufungsbegründung hierzu sind unergiebig, da detaillierte Angaben dazu, ab welcher Höhe des Debetsaldos Überziehungsprovision zu zahlen war, fehlen. Überdies ergeben sich aus den Journalen zwar die Quartalsabschlüsse und daraus eine fortlaufende Steigerung des Debetsaldos. Konkrete Angaben zum Kontenverlauf innerhalb der Quartale, die gerade für Feststellungen zum Anfall der Überziehungsprovision erforderlich gewesen wären, hat die Klägerin aber nicht gemacht. Das mit der Berufungsbegründung vorgelegte Schreiben der Sparkasse vom 30.06.2007 enthält keine Angaben zum Jahr 2003, sondern nur zu den folgenden Jahren und ist deswegen für die Entscheidung ohne Bedeutung.
5.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Ende der Entscheidung
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