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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 18.11.2003
Aktenzeichen: I-24 U 143/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 130 Abs. 1
1. Wenn der Vermieter mit dem Zugang einer Kündigung durch postalische Sendung zu rechnen hat, muss er für deren Empfang sorgen.

2. Dem Fall, dass ein misslungener Übermittlungsversuch zur Wahrung der eigenen Belange erfolgreich wiederholt wird (vgl. BGH NJW 1998, 976), steht es gleich, wenn der Empfänger die Sendung - verspätet - noch innerhalb der Lagerfrist bei der Post selbst abholt.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 143/03

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung seiner Richter Z, T und B am 18. November 2003 einstimmig

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 28. April 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

Die vom Kläger (Vermieter) mit der Berufung weiter verfolgten Ansprüche (Miete ab April 1999 und Betriebskostennachzahlungen) haben zur Voraussetzung, dass das Mietverhältnis über den 31. März 1999 hinaus fortgeführt worden ist. Das hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil zu Recht verneint. Das Berufungsvorbringen vermag an dieser Beurteilung im Ergebnis nichts zu ändern.

1. Die schriftliche Kündigungserklärung (Einschreibeübergabesendung) des Beklagten (Mieter) vom 25. September 1998, aufgegeben am 26. September 1998, ist dem Kläger zwar erst am 01. Oktober 1998 (Abholung der Sendung) und damit (förmlich) um einen Tag verspätet zugegangen, um das Mietverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 Mietvertrag mit Ablauf des 31. März 1999 zu beenden (vgl. BGH MDR 1998, 337). Der Kläger kann sich auf den verspäteten Zugang aber nicht berufen, weil das missbräuchlich ist. Das führt dazu, dass sich der Kläger rechtlich so behandeln lassen muss, als sei ihm die Kündigungserklärung spätestens am 30. September 1998 zugegangen.

a) Der Erklärende trägt gemäß § 130 Abs. 1 BGB das Risiko, dass die empfangsbedürftige Willenserklärung dem Empfänger (rechtzeitig) zugeht. Der Erklärende trägt demgemäß grundsätzlich die Verlust- und Verzögerungsgefahr. Zugegangen ist eine Willenserklärung erst dann, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass er nach dem gewöhnlichen Verlauf von deren Inhalt Kenntnis nehmen kann (BGH MDR 1977, 388). Für das Übergabe-Einschreiben bedeutet das, dass es (noch) nicht als zugegangen anzusehen ist, wenn der Empfänger postalisch darüber benachrichtigt wird, dass für ihn bei der bezeichneten Poststelle eine Sendung zur Abholung bereit liegt (BGH NJW 1998, 976). Zugegangen ist sie vielmehr erst dann, wenn der Empfänger die Sendung (innerhalb der einwöchigen Lagerfrist) abholt und dadurch in die Lage versetzt wird vom Inhalt der Sendung Kenntnis zu nehmen. Das war hier erst am 01. Oktober 1998 der Fall.

b) Der Kläger kann sich auf den verzögerten Zugang indes nicht berufen, weil es ihm nach den Umständen oblegen hatte, die Sendung unverzüglich nach Kenntnis von der Hinterlegung bei der Poststelle abzuholen bzw. abholen zulassen. Er wusste nämlich aus dem Gespräch, das der Verwalter des Klägers und der Beklagte Mitte September 1998 geführt hatten, dass der Beklagte das Mietverhältnis mit Ablauf des 31. März 1999 beenden wollte und dass der Verwalter eine schriftliche Kündigung gefordert hatte. Der Kläger musste deshalb damit rechnen, dass ihm bis zum Ablauf des 30. September 1998 eine schriftliche Kündigung zugehen werde, und zwar entgegen seiner Ansicht auch damit, dass die erforderliche schriftliche Kündigung durch eine Form erfolgen würde, die den Zugang und seinen Zeitpunkt in gerichtsfester Form beweisen könnte. Das wäre durch einen einfachen Brief oder ein Einwurf-Einschreiben nicht erfüllt worden (vgl. zu den Risiken des Einwurf-Einschreibens LG Potsdam NJW 2000, 3722ff; Saenger JuS 2001, 899; Hosenfeld NZM 2002, 93ff). Er musste seine Büroorganisation dementsprechend so einrichten, dass eine unverzügliche Abholung der Sendung vom Postamt gewährleistet gewesen war (vgl. MünchKommBGB/Einsele 4. Aufl., § 130 Rn. 38f; BAG MDR 1996, 1267). Nachdem sich am 25. September 1998 herausgestellt hatte, dass der Verwalter wegen einer ernstlichen Erkrankung für längere Zeit in stationärer Krankenhausbehandlung werde verbleiben müssen, mussten der Kläger oder sein Verwalter noch an diesem Tag für eine Vertretung sorgen, die die Büropost besorgte. Das hatten der Kläger bzw. sein Verwalter versäumt. Darauf beruhte die Abholung der Sendung erst am 01. Oktober 1998, statt spätestens zwei Tage nach der Benachrichtigung. In diesem Zusammenhang kommt es nicht entscheidend darauf an, ob dem Kläger ein eigenes oder ein gemäß § 278 BGB zurechenbares Verschulden des Verwalters zur Last zu legen ist. Maßgeblich ist vielmehr, dass das Zugangshindernis in der Sphäre des Klägers liegt und der Beklagte als Absender alles getan hat, was ihm für die Rechtzeitigkeit der Zustellung zuzumuten ist.

Der Bundesgerichtshof (NJW 1998, 976) hat allerdings für einen besonderen Fall ausgesprochen, dass sich der Empfänger eines nicht abgeholten Übergabe-Einschreibens dann kein rechtsbräuchliches Verhalten vorwerfen lassen müsse, wenn der Absender den misslungenen Übermittlungsversuch nicht unverzüglich wiederholt hat. Denn dieser bleibt dafür verantwortlich, dass die Sendung in den Machtbereich des Empfängers gelangt. Wird die Übermittlung wiederholt, kann sich der Empfänger nicht erfolgreich darauf berufen, wegen einer (inzwischen) abgelaufenen Frist sei der Zugang verspätet (BGH aaO). Für den Streitfall, in dem die Sendung zwar noch innerhalb der Abholfrist, aber nicht unverzüglich abgeholt worden ist, bedeutet das, dass sich auch hier der Empfänger auf den (inzwischen) eingetretenen Fristablauf nicht berufen kann. Eines zweiten Zustellversuchs bedurfte es nicht, weil die Sendung in den Machtbereich des Empfängers gelangt und nicht zum Absender zurückgesandt worden ist. Im Verhältnis zu einem Absender, der sogar noch einmal die Zustellung bewirken darf, wäre der Beklagte aber grundlos schlechter gestellt, obwohl der Kläger die Sendung erhalten hat.

Auf den Vortrag, der Gegenstand des Tatbestandsberichtigungsantrags ist, kommt es hiernach nicht an.

Auf diese Gründe hat der Senat durch Beschluss vom 27. Oktober 2003 hingewiesen und sich darin auch schon mit den Argumenten des Klägers auseinander gesetzt, die er im Schriftsatz vom 30. Oktober 2003 vorgetragen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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