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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.04.2009
Aktenzeichen: I-24 U 163/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 535 | |
ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1 |
2. Legt der Vermieter seiner Betriebskostenabrechnung Belege zu Grunde, die nicht an ihn, sondern an einen Dritten adressiert sind, wird nicht die formelle, sondern allenfalls die materielle (inhaltliche) Wirksamkeit der Abrechnung berührt.
3. Dem Vermieter ist es nicht gestattet, gegen den Mieter Nachforderungen aus einzelnen Nebenkostenabrechnungen durchzusetzen, wenn der Vermieter nur einen Teil der Nebenkosten formell wirksam abrechnet, die Abrechnung anderer Teile der Nebenkosten (und Nebenkostenvorauszahlungen) aber unwirksam ist.
4. Vor Abgabe der Mahnsache (nach Widerspruch) an das Prozessgericht und Eingang der Verfahrensakten wird eine anderweitige Rechtshängigkeit nicht begründet.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 21. April 2009
In dem Rechtsstreit
hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die am 10. März 2009 geschlossene mündliche Verhandlung unter Mitwirkung seiner Richter Z., T. und S.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. Juli 2008 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird kostenpflichtig zurückgewiesen mit der klarstellenden Maßgabe, dass die mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Teile der Widerklage auf Zahlung des Saldos aus der Nebenkostenabrechnung 2005 (660,36 €) und des Saldos aus der Wassergeldabrechnung 2005 (637,41 €) derzeit unbegründet sind.
Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger zu 73% und die Beklagte zu 27%; die Kosten des zweiten Rechtszuges werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
A.
Der Kläger ist Mieter in dem von der beklagten Gesellschaft bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 betriebenen Einkaufzentrum, das von der "BZ. GmbH" (künftig: Verwalterin) im Auftrag der Beklagten verwaltet wurde. Neben der vereinbarten Miete für das Ladenlokal hatte der Kläger die Heizkosten nach Maßgabe der Heizkostenverordnung (§ 10 Mietvertrag [MV]) sowie die sonstigen näher bezeichneten "Nebenkosten" (§ 5 Nr. 3 Abs. 2 lit. a - p MV) im Verhältnis der Gesamtmietfläche (34.113,47 m²) zur gemieteten Fläche (191,35 m²) anteilig zu tragen, soweit nicht einzelne Kostenarten verbrauchsabhängig ermittelt werden. Gemäß § 5 Nr. 1 MV hatte der Kläger eine "Nebenkostenvorauszahlung" monatlich zu entrichten.
Am 17. Oktober 2006 erteilte die Beklagte dem Kläger die "Heizkostenabrechnung 2005", die unter Berücksichtigung der "Abschlagszahlung inkl. MwSt" zu einem Saldo zugunsten des Klägers führte (1.186,72 €). Am 18. Oktober 2006 erteilte die Beklagte dem Kläger auf der Grundlage der Nebenkostenzusammenstellung nebst Kostenübersichten die "Nebenkostenabrechnung 2005" (künftig: Nebenkostenabrechnung), die unter Berücksichtigung der "Vorauszahlung inkl. Mehrwertsteuer" (7.876,10 €) sowie des Guthabens aus der Heizkostenabrechnung (1.186,72 €) zu Lasten des Klägers zu einem Saldo von 660,36 € führte, den er nicht ausgeglichen hat. Am 17. Oktober 2006 erteilte die Beklagte dem Kläger auf der Grundlage der abgelesenen Zwischenzählerstände die "Wasserkostenabrechnung 2005", die zu Lasten des Klägers mit einem Saldo von 637,41 € endet, den er auch nicht bezahlt hat. Schließlich stellte die Beklagte in einer ergänzenden Nebenkostenabrechnung 2005 dem Kläger zusätzlich Centermanagementkosten in Rechnung (1.664,67 €), die zwar Anlass für den vorliegenden Rechtsstreit gewesen, aber nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Nebenkostenabrechnung sei komplett unrichtig. Insbesondere seien die zum Betrieb des Einkaufszentrums ausgelösten Kosten und die ihnen zugrundeliegenden Leistungen (jedenfalls ganz überwiegend) nicht der Beklagten, sondern der Verwalterin in Rechnung gestellt worden seien, der er vertraglich zu nichts verpflichtet sei. Der Kläger hat behauptet, die mit den Betriebskosten des Einkaufszentrums belastete Verwalterin habe diese tatsächlich der Beklagten nicht weiterbelastet. Solange die Beklagte mit den Betriebskosten nicht belastet werde, schulde auch er selbst, der Kläger, der Beklagten keine Nebenkosten. Deshalb sei die Beklagte verpflichtet, die im Jahre 2005 geleisteten, vom Kläger als "Guthaben" bezeichneten Nebenkostenvorschüsse (7.876,10 €) zurückzuzahlen.
Die Beklagte ist dem Begehren des Klägers entgegengetreten und hat um Klageabweisung gebeten. Sie hat widerklagend beantragt, den Kläger zur Zahlung der Centermanagementkosten (1.664,67 €), des Nebenkostensaldos (660,36 €) und des Wassergeldes (637,41 €), insgesamt zu 2.962,44 EUR (nebst Zinsen) zu verurteilen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht Klage und Widerklage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung allein der Beklagten. Sie nimmt die Abweisung der Centermanagementkosten (1.664,67 €) hin. Sie bittet im übrigen um die Abänderung des angefochtenen Urteils und entsprechend dem aufrecht erhaltenen Teil des Widerklageantrags um die Verurteilung des Klägers zur Zahlung von (660,36 € + 637,41 €) 1.297,77 EUR (ohne Zinsen). Der Kläger, der die Abweisung seiner auf Vorschussrückzahlung (7.876,10 €) gerichteten Klage hinnimmt, bittet um Zurückweisung der Berufung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
B.
I. Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat auch den mit der Berufung weiterverfolgten Teil der Widerklage (Nebenkostensaldo: 660,36 € Wassergeld: 637,41 €) im Ergebnis zu Recht abgewiesen, so dass es insgesamt bei der Abweisung der Widerklage bleiben muss.
1. Die Widerklage scheitert indes, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht bereits an ihrer fehlenden Zulässigkeit wegen anderweitiger Rechtshängigkeit. Ohne Einfluss auf die Zulässigkeit der Klage bleibt der Umstand, dass die Beklagte denselben Streitgegenstand anderweitig im Mahnverfahren anhängig gemacht hat. Der im Mahnverfahren geltend gemachte Anspruch wird rechtshängig im Sinne des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO erst dann, wenn das Mahngericht das Verfahren nach Widerspruch alsbald an das Prozessgericht abgibt, und zwar frühestens mit dem dortigen Eingang der Verfahrensakte (vgl. BGH, Beschl. v. 16. 11. 2006, Az. IX ZR 206/03, DStRE 2007, 1000 und bei juris m. w. Nachw.). Da eine Abgabe im anderweitigen Mahnverfahren vor Eintritt der Rechtshängigkeit im vorliegenden Verfahren unstreitig nicht stattgefunden hat, könnte allenfalls die Durchführung jenes Verfahrens an der Rechtshängigkeit des vorliegenden Verfahrens scheitern, nicht aber umgekehrt.
2. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Widerklage betreffend die Nebenkostenabrechnung 2005 aus sachlichen Gründen abgewiesen. Der Kläger schuldet der Beklagten derzeit keine Betriebskostennachzahlung. Die dem Kläger für die Abrechnungsperiode des Jahres 2005 erteilte Abrechnung vom 18. Oktober 2006 ist in wesentlichen Teilen formell unwirksam, so dass ein in Betracht kommender Nachzahlungsanspruch der Beklagten derzeit nicht fällig ist.
a) Ohne Erfolg beruft sich der Kläger allerdings darauf, die Nebenkostenabrechnung sei schon deshalb unwirksam, weil die ihr zugrunde liegenden Kosten- und Leistungsbelege nicht auf die vermietende Beklagte, sondern auf die (frühere) Verwalterin ausgestellt seien. Das ist keine Frage der formellen Wirksamkeit der Nebenkostenabrechnung, sondern allenfalls eine solche ihrer inhaltlichen Richtigkeit (vgl. zur Abgrenzung BGH NJW 2009, 283 f sub II.1a; NJW 2008, 2258 jew. m. w. Nachw.; Senat ZMR 2003, 569 und 2008, 45, Blank NZM 2008, 745, 748 f Schmid DWW 2009, 50 ff). Der Kläger verkennt hier, dass es nach der allein maßgeblichen mietvertraglichen Vereinbarung nicht darauf ankommt, wer im Verhältnis zwischen der Beklagten und der von ihr beauftragten Verwalterin letztlich mit den Betriebskosten der Immobilie belastet wird. Insbesondere ist irrelevant, ob die Verwalterin Kosten der Centerbewirtschaftung, mit denen sie von leistenden Unternehmern belastet worden ist, an die Beklagte "weitergereicht" hat. Dazu hat der Senat für das vergleichbare Beziehungsgefüge des Zwischenverpächters zum Unterpächter bereits entschieden, dass es hinsichtlich der Haftung des Unterpächters für ihm pachtvertraglich auferlegte und tatsächlich auch entstandene Betriebskosten nicht darauf ankommt, ob der Zwischenverpächter nach dem Inhalt seines Vertrags mit dem Hauptverpächter für diese Betriebskosten in gleicher Weise einzustehen hat (Senatsurteil v. 24. Juni 2008, Az. I-24 U 82/07 sub B.I.2 [n.v.]). In dem hier maßgeblichen Verhältnis der Parteien zueinander kommt es, wie stets in schuldrechtlichen Leistungsbeziehungen, allein darauf an, dass der Kläger nach dem Mietvertrag (anteilig) für die Betriebskosten haftet, die bei der Bewirtschaftung des Grundstücks im maßgeblichen Abrechnungsjahr 2005 tatsächlich angefallen sind. Dass die von der Beklagten mietvertraglich geschuldeten Leistungen erbracht worden sind, bestreitet der Kläger gar nicht. Wie und durch wen die Beklagte die Leistungen erbringt, ist ebenso unmaßgeblich, wie die Abreden, die sie in diesem Zusammenhang mit den leistenden Unternehmen und/oder der Verwalterin darüber getroffen hat. Der Kläger schuldet als Gegenleistung die Zahlung.
b) Formell unwirksam und deshalb nicht fällig ist die Nebenkostenabrechnung deshalb, weil ihr eine ordnungsgemäße Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben im Sinne des § 259 BGB fehlt.
aa) Nach den Grundsätzen des § 259 BGB muss die Abrechnung so gestaltet sein, dass der Mieter in die Lage versetzt wird, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Das kann der Mieter aber nur, wenn er erkennen kann, welche einzelnen Betriebskosten angesetzt werden und wie (in welchen Rechenschritten) deren Umlage erfolgt ist. Dabei ist auf das Verständnis eines durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters abzustellen. Nur allgemein verständliche Verteilungsmaßstäbe bedürfen keiner näheren Erläuterung. In die Abrechnung sind, soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, bei Gebäuden mit - wie hier - mehreren Mieteinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen:
- geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten,
- Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel,
- Berechnung des Anteils des Mieters und
- Abzug der Vorauszahlungen.
(vgl. BGH NJW 2009, 283 f; NJW 2008, 2258 und 2260; NJW 2005, 219 sub II.1b; NJW 1982, 573, 574 sub I.2a jew. m. w. Nachw.; Senat ZMR 2008, 708).
bb) Diesen Anforderungen wird die hier umstrittene Nebenkostenabrechnung nicht gerecht. Ihr fehlt insbesondere die mietvertraglich in Verbindung mit § 259 BGB geschuldete geordnete, d. h. für den durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter nachvollziehbare Zusammenstellung der Gesamtkosten, und zwar unter einer zweckmäßigen und übersichtlichen Aufgliederung in einzelne Abrechnungsposten (vgl. BGH NJW 1982, 573, 574 sub I.2a). Dabei unterstellt der Senat zugunsten der Beklagten, dass dem Kläger mit der Einzelabrechnung nicht nur die Nebenkostenzusammenstellung und das "Übersichtsblatt" zu der unter Nr. 1 der Nebenkostenzusammenstellung genannten Position "Bewachung" übermittelt worden ist, sondern ebenso alle weiteren "Übersichtsblätter" zu allen folgenden Positionen der Nebenkostenzusammenstellung, die die Beklagte nicht hier, sondern exemplarisch vollständig nur in dem parallel geführten Rechtsstreit 2 O 248/07 LG Duisburg (= I-24 U 160/08 OLG Düsseldorf z.V.b.) vorgelegt hat. Auch unter dieser Voraussetzung genügt die Nebenkostenabrechnung nicht den dargelegten allgemein geltenden Anforderungen an eine geordnete Zusammenstellung der Nebenkosten unter einer zweckmäßigen Aufgliederung nach Abrechnungsposten.
(1) Ausgangspunkt für die zu fordernde, zweckmäßige und übersichtliche Aufgliederung der Gesamtkosten in einzelne Abrechnungsposten ist der Mietvertrag, in dem geregelt sein muss (vgl. dazu BGH NJW-RR 2006, 84, 85 sub II.4; Senat ZMR 2003, 22 jew. m. w. Nachw.) und hier auch geregelt worden ist (§§ 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a - q, 9 f MV), welche einzelnen Nebenkosten der Mieter zu tragen hat (Kostenarten). Die geschuldete Zusammenstellung der Gesamtkosten wird sich in der Regel an den im Mietvertrag genannten und auf den Mieter abgewälzten Nebenkostenpositionen orientieren müssen. Denn regelmäßig nur unter Einhaltung dieser im Mietvertrag strukturell vorgegebenen Aufgliederung in der Abrechnung kann der Mieter selbstständig und in der gebotenen einfachen Weise erkennen, ob auch nur solche Kosten in der Abrechnung berücksichtigt worden sind, die er nach dem Mietvertrag schuldet und ob und in welcher Höhe Kosten im Bereich der jeweils auf ihn abgewälzten Kostenarten im Abrechnungszeitraum angefallen sind (vgl. BGH NJW 1982, 573, 574 sub I.2b; NJW 2007, 1059, 1060 sub II.2b; 2009, 283 f sub II.1c; OLG Hamburg ZMR 2003, 180 sub II.1; Staudinger/Weitemeyer, BGB, [2006], § 556 Rn 83; Beyerle in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 2. Aufl., Kap. 11 Rn 118; Wolf/Eckert/ Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl. Rn 502; Blank NZM 2008, 745, 748 aE; Schmid, Formelle und materielle Fehler der Mietnebenkostenabrechnung, DWW 2009, 50, 51 sub III.6 m.w.Nachw.).
(2) Die Beklagte hat die Nebenkostenabrechnung nicht in dieser gebotenen Form aufgegliedert.
(a) Formell nicht zu beanstanden sind allerdings die in der Nebenkostenzusammenstellung (GA 50) genannten Kostenarten "Bewachung", "Fremdreinigung innen/außen" (künftig: "Reinigung"), "Stromkosten" und "Straßenreinigung". Sie entsprechen im Mietvertrag (§ 5 Nr. 3 Abs. 2 MV) genannten, auf den Kläger abgewälzten Kostenpositionen (vgl. wegen weiterer formell wirksam abgerechneter Positionen noch die nachstehenden Erwägungen sub B.I.3a).
(b) Dagegen sind unzureichend aufgegliedert die in der Nebenkostenzusammenstellung ferner genannten Positionen "Rechnungen für Lieferungen und Leistungen", "Personalkosten", "Wasser/Entwässerung", "Versicherungen" und "Wartungsverträge".
(aa) Die Position "Lieferungen und Leistungen" ist keine im Mietvertrag ausgewiesene Kostenart. Die unter dieser Position zusammengefassten Kosten (225.523,70 €) kann der Mieter nicht als vertraglich geschuldet klassifizieren. Das kann er auch nicht unter Zuhilfenahme der "Übersichtsblätter", weil auch aus ihnen nicht die nach dem Mietvertrag geschuldeten Kostenarten hervorgehen, sondern (im günstigsten Fall) nur die Branche des leistenden Unternehmens. Diese Information ist indes ambivalent und ermöglicht eine zweifelsfreie Zuordnung der jeweiligen Lieferung und Leistung zu einer geschuldeten Kostenart nicht. Die "Lieferungen und Leistungen" müssen deshalb aufgegliedert und den mietvertraglich vereinbarten Kostenarten jeweils zugeordnet werden. Das gilt insbesondere auch für die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten der gemeinschaftlich genutzten baulichen und maschinellen Anlagen, die (nach Gruppen getrennt) aufzugliedern sind. Denn für diese hat der Mieter gemäß § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) ohnehin materiell nur einzustehen, wenn sie mietvertraglich der Höhe nach begrenzt sind (vgl. BGH NJW-RR 2006, 84, 85 sub II.3).
(bb) Auch die Position "Personalkosten" (670.231,77 €) ist unter diesem Titel im Mietvertrag nicht vorgesehen. Geschuldet werden vielmehr nur Kosten für das "Bereitstellen von Parkplatzwächtern" (§ 5 Abs. 2 Nr. 3c MV), die "Bereitstellung von Betriebspersonal" (§ 5 Abs. 2 Nr. 3f MV), "Unterhalts- und Betriebskosten eines gemeinschaftlichen Kindergartens" (§ 5 Abs. 2 Nr. 3m MV), Kosten für den "...Betrieb, die Unterhaltung, Bewachung und Verwaltung [des gesamten Objekts]...einschließlich der Gestellung und Unterbringung des hierfür erforderlichen Personals" (§ 5 Abs. 2 Nr. 3p MV). Bei allen vorgenannten Kostenarten können und werden (auch) Personalkosten anfallen. Für eine formell wirksame Abrechnung ist es daher unerlässlich, die "Personalkosten" den einzelnen vereinbarten Kostenarten zuzuordnen, andernfalls der Mieter mietvertraglich nicht umzulegende Personalkosten, die bei der Verwaltung der Immobilie allein im Vermieterinteresse entstehen (z. B. Leerstandsmanagement, technische und konzeptionelle Betreuung bei Um- und Ausbauten, Steuerung nicht umlegbarer Kosten der Instandsetzung/Instandhaltung, vgl. § 5 Nr. 2 MV) nicht von solchen abzugrenzen vermag, die mietvertraglich umgelegt werden können (vgl. Beyerle in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 2. Aufl., Kap. 11 Rn 21 f m. w. Nachw.).
(cc) Das Gleiche gilt für die Position "Wasser/Entwässerung" (13.561,96 €); die Kosten der Wasserversorgung und die Kosten der Entwässerung dürfen nicht zusammengefasst werden, sondern sind entsprechend der vertraglichen Regelung (§ 5 Abs. 2 Nr. 3d und k MV) aufzugliedern.
(dd) Das gilt im Streitfall auch für die Position "Versicherungen"; die Kläger schulden anteilig nur die Prämien der "Brand-, Sturmschäden-, Gebäudehaftpflicht, Abwasser- und Leitungswasserversicherung" (§ 5 Abs. 2 Nr. 3l MV), wobei Risikozuschläge für bestimmte Gewerbe vorab der Höhe nach anzugeben und herauszurechnen sind (vgl. BGH NJW 2007, 1059, 1060 sub II.2b), während die sonst "...notwendigen und/oder üblichen Versicherungen...", die anteilig auch auf die Kläger abgewälzt worden sind (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 3p MV), wegen der Intransparenz dieser Regelung gar nicht geschuldet werden (BGH NJW-RR 2006, 84, 85 sub II.4).
(ee) Schließlich müssen auch die unter der Position "Wartungsverträge" zusammengefassten Kosten (66.451,04 €) entsprechend dem jeweils zu wartenden Gegenstand aufgeteilt werden, weil der Mieter nur so imstande ist zu prüfen, ob er für die Position dem Grunde nach überhaupt haftet (vgl. BGH aaO sub II.3).
(3) Die Kostenposition "Müllabfuhr" (66.440,89 €) entspricht zwar einer im Mietvertrag genannten Kostenart. Sie ist aber dennoch nicht formell wirksam abgerechnet worden. Grund dafür ist, dass der für die Kostenaufteilung verwendete so genannte "Verteiler" (Kostenschlüssel) ohne nähere Erläuterung nicht nachvollziehbar ist. Die Beklagte hat - mit Ausnahme der hier behandelten Kostenart - entsprechend der mietvertraglichen Regelung (§ 5 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 MV) die Kostenpositionen im Verhältnis der Gesamtmietfläche (34.113,47 m²) zur Einzelmietfläche (hier: 191,35 m²) aufgeteilt. Die Kosten der "Müllabfuhr" hat sie indes im Verhältnis eines nicht näher erläuterten Flächenmaßes von nur 23.779,97 m² , bei dem es sich eben nicht um die Gesamtmietfläche handelt, zur Einzelmietfläche des Klägers (191,35 m²) verteilt, was im Vergleich zu dem mietvertraglich vereinbarten Schlüssel zu einer höheren Belastung führt. Die erforderliche Transparenz bei der Abrechnung dieser Position hätte die Beklagte entsprechend ihrer Einlassung im Senatstermin nur dann hergestellt, wenn sie in der Nebenkostenabrechnung etwa durch eine Fußnote (z. B. "ohne Fläche des Ladens X") die abweichende Kostenverteilung erläutert hätte (vgl. dazu BGH NJW 2008, 2258 und 2260). Ohne diesen Hinweis ist das Verteilungsverhältnis aus sich heraus nicht verständlich.
cc) Die aufgezeigten zahlreichen Defizite machen die Nebenkostenabrechnung wegen der formell beanstandeten Positionen komplett unwirksam (vgl. BGH NJW 2007, 1059, 1060; 2005, 219). Dem Kläger ist es nicht zuzumuten, die mietvertraglich gebotene, von der Beklagten geschuldete Kostenaufteilung und -zuordnung selbst vorzunehmen, etwa mit Hilfe der ihm übermittelten "Übersichtsblätter". Diese gestatten, wie bereits ausgeführt worden ist, ohnehin nur zum geringen Teil eine Zuordnung zu den mietvertraglich vereinbarten Kostenarten, so dass eine eigenständige Kostenaufteilung und -zuordnung mit einem dem Kläger unzumutbar großen Aufwand verbunden ist, der ja durch die gemäß § 259 BGB geschuldete geordnete Kostenzusammenstellung gerade vermieden werden soll. Das führt dazu, dass eine Betriebskostenverbindlichkeit zu Lasten des Klägers nicht festgestellt werden kann. Werden nämlich nur die nicht zu beanstandenden Positionen "Bewachung", "Reinigung", "Stromkosten" und "Straßenreinigung" zugrunde gelegt, ergeben sich zu Lasten des Klägers Betriebskosten in Höhe von nur (34.734,40 € + 121.121,84 € + 122.278,55 € + 5.492,60 € = 283.627,39 € : 34.113,47 m² x 191,35 m² =) 1.590,93 EUR. Diesem derzeit allenfalls geschuldeten Betriebskostenanteil stehen indes Vorauszahlungen des Klägers in Höhe von 7.876,10 EUR gegenüber.
3. Die Kläger schulden derzeit auch nicht den Saldo aus der am 17. Oktober 2006 erteilten Wassergeldabrechnung 2005 in Höhe von 637,41 EUR.
a) Diese Abrechnung für sich betrachtet ist allerdings formal nicht zu beanstanden. Sie enthält, ähnlich einzelnen bereits oben [sub B.I.2b,bb(2)(a)] als formal wirksam abgerechnet gekennzeichneten Positionen aus der Nebenkostenabrechnung 2005, für sämtliche aus dem Mietvertrag übernommenen und hier abgerechneten Kostenarten (Wasser incl. des gesetzlichen "Biggebeitrags", Abwasser, Niederschlagswasser) alle notwendigen Parameter, sie gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Einer näheren Erläuterung der Umlegungsmaßstäbe bedurfte es mit Blick auf die der Abrechnung zugrunde gelegten Verbrauchs- und Gebrauchsabhängigkeit dieser Kostenpositionen nicht (vgl. BGH NJW 2008, 283).
b) Dennoch schulden die Kläger den zu ihren Lasten errechneten Zahlbetrag mangels Fälligkeit nicht, weil der Saldo aus der Wasserkostenabrechnung keine selbständige Betriebskostenverbindlichkeit bildet. Er ist trotz seiner äußeren Trennung in rechtlicher Hinsicht nur ein unselbstständiger Teil der von der Beklagten geschuldeten periodischen Betriebskostenabrechnung.
aa) Der erkennende Senat hat in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2005, 1499, 1500 sub II.3; 2006, 2552, 2553 sub II.1b,aa jew. zum Wohnraummietrecht) auch für das beendete Gewerberaummietverhältnis entschieden, dass es dem Vermieter, der einen zu seinen Gunsten errechneten Saldo aus einer formell unwirksamen Nebenkostenabrechnungen nicht einzufordern vermag, gemäß §§ 242, 273 BGB auch versagt ist, den ebenfalls zu seinen Gunsten errechneten Saldo einzufordern, der sich aus der - entsprechend den mietvertraglichen Vorgaben - getrennt geschuldeten, erteilten und (für sich gesehen) formell wirksamen Abrechnung über die Heizkosten ergibt (vgl. Senatsbeschl. v. 19. 06. 2007, Az. I-24 U 55/07, ZMR 2008, 708, 709 sub I.1c = OLGR 2008 513 f). Der Senat hat die Abrechnung aller Nebenkosten aus einer Abrechnungsperiode rechtlich als Einheit aufgefasst.
bb) An dieser Rechtsauffassung hält der Senat fest. Letztlich geht das auf die Überlegung zurück, dass die "Miete" im Sinne des § 535 Abs. 1 Satz 1, 2. Altn. BGB begrifflich auch die vertraglich auf den Mieter abgewälzten Nebenkosten (Betriebs- und Heizkosten, grundstücksbezogene Gebühren, Abgaben, Beiträge und sonstige Nebenkosten) umfasst, und zwar gerade auch dann, wenn sie neben der so genannten Grundmiete besonders ausgewiesen sind, sei es - wie hier - in einem Betrag für alle Nebenkosten, sei es in gesondert ausgewiesenen Einzelbeträgen für bestimmte Kostenarten oder -gruppen (vgl. nur Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 535 Rn 72). Aus diesem Grunde erfasst bei Mangelhaftigkeit der Mietsache die gemäß § 536 BGB kraft Gesetzes eintretende Minderung der "Miete" das gesamte für die Gebrauchsüberlassung vereinbarte Entgelt, also einschließlich der Nebenkosten (BGH NJW 2005, 1713 f m. w. Nachw.); ebenso bezieht sich der zur fristlosen Kündigung berechtigende Zahlungsverzug des Mieters (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) auf das insgesamt vereinbarte Entgelt, also ebenfalls auf die "Miete" einschließlich der Nebenkosten (vgl. nur Palandt/Weidenkaff, aaO, § 543 Rn 23).
(1) Von der "Grundmiete" unterscheiden sich die "Nebenkosten" rechtlich nur insoweit, als das letztgenannte Element der "Miete" wegen des bei Zahlung noch nicht feststehenden Umfangs der vom Vermieter geschuldeten Gegenleistung noch einer spezifizierten Abrechnung bedarf. Deshalb kann der Mieter nach Eintritt der Abrechnungsreife und unterbleibender Abrechnung bei fortbestehendem Mietverhältnis zwar künftige Vorauszahlungen auf die Nebenkosten, nicht aber die "Grundmiete" zurückbehalten (vgl. BGH NJW 2006, 2552, 2553; Senat ZMR 1998, 219) und bei beendetem Mietverhältnis zwar die Vorauszahlungen auf die Nebenkosten, nicht aber die "Grundmiete" zurückfordern (vgl. BGH NJW 2005, 1499, 1500; Senat, ZMR 2008, 708 f). Das Gleiche gilt bei zwar erteilter, aber formell unwirksamer Nebenkostenabrechnung, solange der Mieter den zu seinen Lasten ausgewiesenen Saldo nicht ausgeglichen hat (vgl. Senat, Urt. v. 21. 04. 2009, Az. I-24 U 160/08 z.V.b.).
(2) Damit endet aber schon in diesem Zusammenhang die unterschiedliche rechtliche Behandlung der beiden genannten Elemente der "Miete". Es gibt keinen rechtlichen Grund, das Mietelement "Nebenkosten" gleichsam in weitere Unterelemente aufzuteilen und rechtlich unterschiedlich zu behandeln. Wollte man diese Frage gegenteilig entscheiden, wäre es in die Disposition des Vermieters gestellt, für jede beliebige Kostenart oder -gruppe mietvertraglich besonders ausgewiesene Vorauszahlungen zu vereinbaren, auf diese Weise die Abrechnungen zu vervielfachen und ausgewählte Salden zu seinen Gunsten einzufordern, ohne Rücksicht darauf nehmen zu müssen, dass die fällige Abrechnung anderer Nebenkostenarten oder -gruppen entweder ganz unterbleibt oder nicht wirksam erteilt wird.
(3) Das gilt auch dann, wenn - was hier in Betracht kommt -, der vereinbarte Vorschuss nur die flächenbezogenen Nebenkosten, nicht aber auch das ge- und verbrauchsabhängig abgerechnete "Wassergeld" umfasst. Maßgeblich ist allein, dass der Mieter dem zu seinen Lasten gehenden Saldo aus der gesonderten Abrechnung einer Nebenkostenart den Vorschussüberhang aus der (unterbliebenen oder unwirksamen) Abrechnung anderer Nebenkostenarten entgegenhalten kann. An dieser Rechtslage ändert auch nichts der Umstand, dass die auf Vorschussrückzahlung gerichtete Klage mangels Rechtsmitteleinlegung durch den Kläger rechtskräftig abgewiesen worden ist. Damit ist für den Senat gemäß § 322 Abs. 1 ZPO bindend nur entschieden, dass der Kläger keinen auf den Vorschuss gerichteten Rückzahlungsanspruch hat. Damit ist nicht rechtskräftig entschieden, dass die Leistung auch ihren Rechtscharakter als Vorschuss eingebüßt hätte. Sein Rechtscharakter besteht ipso iure eben darin, abgerechnet zu werden. Alsdann kann er ggfls. einer berechtigten Kostenforderung des Vermieters entgegengehalten werden. Dies ist hier entgegen der Auffassung des Landgerichts weiterhin möglich.
(4) An der Beurteilung fehlender Fälligkeit beider Salden ändert auch nichts der Umstand, dass der Kläger und mit ihm alle anderen der etwa 80 Mieter des Einkaufszentrums jahrelang bis zum Jahre 2004 einschließlich die nach dem Vortrag der Beklagten stets in gleicher Form erteilten Nebenkostenabrechnungen beanstandungslos hingenommen und die zu deren Lasten ausgewiesenen Salden stets vorbehaltlos gezahlt haben. Das hatte lediglich zur Folge, dass der Kläger und mit ihm die anderen zahlenden Mieter die ihnen zustehenden Rechte aus der in Betracht zu ziehenden formellen Unwirksamkeit jener Abrechnungen verloren haben, ebenso wie übrigens die zahlreichen Mieter, die (dieses Mal im Gegensatz zum Kläger) auch den Saldo der hier umstrittenen Nebenkostenabrechnung 2005 gezahlt haben (vgl. Senatsbeschluss v. 03.03. 2009, I-24 U 156/08 n.v. und Senatsurteil v. 21.04.2009, I-24 U 160/08 z.V.b.). Diese können die in Betracht kommenden (im vorliegenden Verfahren gar nicht zu prüfenden) materiellen Unrichtigkeiten jener ausgeglichenen Abrechnungen nur noch unter den (nach Darlegungs- und Beweislast) erschwerten Voraussetzungen der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Altn. BGB geltend machen (vgl. Senatsentscheidungen aaO, in denen festgestellt ist, dass es keinem der dort auf Rückzahlung klagenden Mieter gelungen ist, eine Bereicherung der Vermieterin schlüssig darzulegen).
Aus dem kooperativen Verhalten des Klägers in den vergangenen Abrechnungsperioden kann die Beklagte indes für die hier umstrittene Periode 2005 zu ihren Gunsten nichts herleiten. Das in der Vergangenheit in Betracht zu ziehende (ggf. ungerechtfertigte) Vertrauen des Klägers in die Abrechnung der Nebenkosten ist nicht geeignet, auf Seiten der Beklagten Vertrauen dahin zu erzeugen, auch im letzten Jahr ihrer Funktion als Vermieterin im Verhältnis zum Kläger mit einer formell nicht korrekten Abrechnungsweise fortfahren zu dürfen. Der Anspruch des Mieters auf Erteilung einer formell korrekten Nebenkostenabrechnung entsteht in jeder Abrechnungsperiode neu. Sein früher passives Verhalten enthält keine Aussage darüber, ob und wie er seine künftigen Rechte wahrnimmt.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen; die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.
Berufungsstreitwert: 1.297,77 EUR
Ende der Entscheidung
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Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.