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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 15.01.2004
Aktenzeichen: I-24 U 186/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 536
BGB § 536 a
1. Öffentlichrechtliche Gebrauchshindernisse begründen einen Sachmangel nicht, solange für ein drohendes Einschreiten der Verwaltungsbehörde nichts ersichtlich ist.

2. Verwirkung von Gewährleistungsrechten bei jahrelanger, nicht beanstandeter Nutzung des Mietobjekts.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

I-24 U 186/03

In Sachen

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch seine Richter Z, T und B am 15. Januar 2004 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. Juli 2003 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannnes auf rückständigen Mietzins für Büroräume, die teilweise im Keller des Mietobjekts liegen, in Anspruch. Die Klägerin und ihr Ehemann erwarben das Gebäude vor etlichen Jahren. Die Beklagten traten zum 1.3.1999 in einen von der Klägerin und ihrem Ehemann mit einem Vormieter geschlossenen Mietvertrag ein. Die Beklagten nutzten die Räume bis Januar 2002 nicht als Büro, sondern allenfalls als Lager. Dann stellten sie die Mietzahlungen ein und beriefen sich u. a. auf zahlreiche Mängel, von denen die Vermieter einige beseitigten, und machten geltend, für die Kellerräume läge hinsichtlich der Büronutzung eine Baugenehmigung nicht vor. Die Beklagten fochten den Mietvertrag am 22.3.2002 wegen arglistiger Täuschung an und kündigten ihn hilfsweise fristlos. Auf Antrag des Ehemannes der Klägerin erteilte das zuständige Bauamt, das die Nutzung der Kellerräume als Büro niemals beanstandet hatte, am 5.3.2003 einen Bescheid, durch den das Bauvorhaben "belassen" wurde.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 6.881,49 € nebst Zinsen zu Recht stattgegeben. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 18. Dezember 2003. Darin hat der Senat ausgeführt:

1.

Das Landgericht hat zutreffend eine wirksame Abtretung zu Grunde gelegt. Ergänzend zu den Ausführungen der Einzelrichterin ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin die Abtretungserklärungen ihres Ehemannes erhalten und im Rechtsstreit nicht ohne sein Wissen verwendet hat, worin konkludent die Annahme der Abtretung liegt. Es wäre weltfremd anzunehmen, die Klägerin habe die Abtretungserklärungen ihres Ehemannes ohne sein Wissen verwendet. Überdies ist das durch den hilfsweise erklärten Beitritt des Ehemannes zum Rechtsstreit auch widerlegt. Die ausdrückliche Annahmeerklärung ist in einem Falle, wie dem hier erörterten, nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten, und auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gilt ein Abtretungsangebot konkludent als angenommen, wenn der Zedent die abgetretene Forderung einklagt (BGH NJW 1999, 2179). Gleiches gilt im übrigen gemäß § 151 BGB für den Zugang der Annahme. Ferner sind die Bedenken der Beklagten gegen die Wirksamkeit der Abtretung wegen Unbestimmtheit nicht begründet.

2.

Das Landgericht hat des Weiteren zu Recht die Wirksamkeit der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung verneint. Auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Urteil wird verwiesen. Entscheidend sind die Vorgänge vor und bei Abschluss des Mietvertrages. Hierzu ist der Vortrag der Beklagten zu Erklärungen und Kenntnissen der Klägerin und ihres Ehemannes zu allgemein gehalten, um auf ein arglistiges Verhalten schließen zu lassen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass die später an die Beklagten vermieteten Räumlichkeiten bei dem Erwerb des Grundstücks durch die Klägerin und deren Ehemann vor rund zwölf Jahren bereits als Büroräume benutzt wurden. Im Übrigen fehlt es nach wie vor an einem Beweisantrag der Beklagten zu ihren Behauptungen.

3.

Ferner hat das Landgericht mit Recht ausgeführt, dass die Beklagten den Mietvertrag nicht wirksam gekündigt haben, weil das Fehlen der Baugenehmigung in Bezug auf die Nutzung der Räume als Büro hier keinen Kündigungsgrund bietet.

a)

Es entspricht allerdings allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Beschränkungen Fehler der Mietsache im Sinne des § 536 BGB n.F. = § 537 BGB a.F. sind, wenn sie mit der Art, Lage oder Beschaffenheit der Mietsache zusammenhängen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (vgl. BGH NJW 1980, 777 zu Anforderungen der Warenhausverordnung; OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat, ZMR 1993, 275 zu Brandschutzmängeln; Senat, Beschluss vom 28. Februar 2000, 24 W 6/00 zur Genehmigungsfähigkeit einer Galerie n.v.). Dies ist nicht der Fall, wenn die Behörde trotz Verstoßes gegen ihre Bestimmungen oder Richtlinien den von den Parteien vereinbarten Gebrauch der Mietsache duldet (vgl. OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat, ZMR 1976, 218; Senat ZMR 2002, 739 = NZM 2003, 556; OLG Nürnberg NZM 1999, 419; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rdnr. 248; Schmidt/-Futterer/Eisenschmidt, 8. Aufl., § 536 Rdnr. 67). Die Androhung einer ordnungsbehördlichen Maßnahme kann jedoch einen Mangel begründen, wenn sie zu einer Ungewissheit über die Möglichkeit des künftigen Gebrauchs führt und hierdurch gegenwärtige Interessen des Mieters beeinträchtigt sind (vgl. BGH WM 1983, 660, 661; NJW 1971, 555; Wolf/Eckert/Ball a.a.O.).

b)

Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Dies folgt bereits daraus, dass trotz des Schreibens der Beklagten vom 22. Februar 2002 an das Bauordnungsamt der Stadt Duisburg zur Frage der Genehmigung der Kellerräume als Büroflächen keine Androhung einer ordnungsbehördlichen Maßnahme erfolgte. Folglich war es den Beklagten zuzumuten abzuwarten, ob die Behörde Ansätze zu einer Untersagung der Nutzung, etwa der Ankündigung von Maßnahmen nach Verstreichen einer bestimmten Frist, machen würde. Ein solches Vorgehen plante die zuständige Behörde aber gerade nicht. Sie hat später mit ihrem Belassungsbescheid vom 5. März 2003 überdies ausdrücklich beschlossen, dass das ausgeführte Bauvorhaben in der gegenwärtigen Form (Nutzung als Bürogebäude) belassen werden könne.

4.

Schließlich hat das Landgericht zutreffend entschieden, dass den Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht wegen sonstiger Mängel nicht zusteht.

a)

Das Landgericht hat sich im Einzelnen zutreffend mit allen im Schreiben der Beklagten vom 25. Januar 2002 aufgeführten 23 Mängel befasst. Hierauf verweist der Senat ausdrücklich.

Insbesondere hat das Landgericht die unstreitig nicht beseitigten Mängel Nr. 3, 5, 13, 14 und 15 als den Schönheitsreparaturen unterfallend und damit zu Lasten der Mieter gehend angesehen. Nach § 12 Ziff. 3 Abs. 2 des Mietvertrages umfassen diese insbesondere sämtliche Innenanstriche, das Tapezieren, Kalken oder Anstreichen von Wänden und Decken, das Anstreichen und Lackieren von Heizkörpern, Heizrohren, sonstigen Versorgungsleitungen, der Innentüren, Fenster und Außentüren von innen und außen. Diese Arbeiten schließen die Positionen 3, 5 und 13 - 15 ein.

Soweit die Beklagten geltend machen, die vorgelegten Planzeichnungen belegten das Vorhandensein von Bad und Küche, kann der Senat das auf den Unterlagen nicht erkennen.

Im Übrigen ist nach dem Vorbringen der Parteien davon auszugehen, dass die beanstandeten Punkte 6, 7 und 21 bereits bei Beginn des Mietverhältnisses vorhanden waren, so dass bei einer erst Jahre späteren Rüge Rechte hieraus verwirkt sind, § 536 a Abs. 1 BGB n.F. (vgl. BGH MDR 2003, 1103 = NJW 2003, 2601).

b)

Überdies sind in § 8 des Mietvertrages Minderungs- und Zurückbehaltungsrechte wirksam ausgeschlossen, und die Voraussetzungen des § 556 b Abs. 2 i.V.m. §§ 536 a, 539 BGB n.F., die dem Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts entgegenstehen könnten, liegen hier nicht vor.

Die hiergegen gerichtete Stellungnahme vom 30. Dezember 2003 bietet keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

1.

Zur Frage des nicht gegebenen Kündigungsgrundes in Bezug auf die fehlende Baugenehmigung, betreffend die Nutzung der Räume als Büro, haben die Beklagten keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, sondern die Umstände des Falles unter Berücksichtigung der Rechtsprechung nochmals umfassend gewürdigt. Nach erneuter Prüfung hält der Senat an seiner im oben genannten Beschluss erläuterten Rechtsauffassung fest. Entscheidend ist, dass trotz des Schreibens der Beklagten vom 22. Februar 2002 an das Bauordnungsamt der Stadt Duisburg zur Frage der Genehmigung der Kellerräume als Büroflächen die Androhung einer ordnungsbehördlichen Maßnahme nicht erfolgte. Das Antwortschreiben der Stadt Duisburg vom 12. März 2002 stellt keine solche Maßnahme dar, und hierin ist auch weder eine Androhung zu erkennen, noch ist eine Frist gesetzt. Folglich war bis zur endgültigen Klärung der Angelegenheit von einer Duldung der Nutzung auszugehen, die dann auch tatsächlich stattgefunden hat. Auf Betreiben der Vermieterseite hat der Belassungsbescheid vom 5. März 2003 dann die bestehenden Unklarheiten endgültig in dem Sinne beseitigt, dass das ausgeführte Bauvorhaben in der gegenwärtigen Form (Nutzung als Bürogebäude) belassen werden konnte. Für die Frage der Zumutbarkeit des Abwartens stellt der Senat, wie schon im Beschluss vom 18. Dezember 2003 ausgeführt, wesentlich auf das Verhalten der Behörde ab März 2002 ab, dem gemäß sie bis zur dauerhaften Klärung gerade keine zu Lasten der Beklagten gehenden Folgen eintreten lassen wollte. Der Bescheid vom 5. März 2003 erbrachte dann letztlich nur noch die förmliche Bestätigung, dass solche Maßnahmen nun auch endgültig ausgeschlossen waren.

2.

Im Übrigen greifen die Beklagten nur noch an, dass ein Zurückbehaltungsrecht wegen der Mängel im Bad (Positionen 6 und 7) verneint wurde. Auch diese Beanstandung greift nicht durch. Zum einen belegt eine Planzeichnung noch nicht, dass die Mieträumlichkeiten auch dementsprechend ausgestaltet wurden. Zum anderen - daran hält der Senat fest - waren nach dem Vorbringen der Parteien die beanstandeten Punkte bereits bei Beginn des Mietverhältnisses vorhanden, so dass bei einer erst Jahre späteren Rüge Rechte hieraus verwirkt sind, § 536 a Abs. 1 BGB n.F. (vgl. BGH MDR 2003, 1103 = NJW 2003, 2601). Die von den Beklagten behauptete Tatsache einer "Vorratsanmietung" ändert daran nichts. Der Senat weist darauf hin, dass es bei anfänglichen Mängeln keiner positiven Kenntnis bedarf, sondern es ausreicht, wenn dem Mieter der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Hiervon ist bei den von den Beklagten behaupteten leicht erkennbaren Mängeln auszugehen. Anders ist die Rechtslage nur zu beurteilen, wenn der Vermieter die Mängel arglistig verschwiegen hat (vgl. § 536 b Satz 2 BGB n.F., entsprechend § 539 Satz 2 BGB a.F.). Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich.

Schließlich weist der Senat nochmals darauf hin, dass in § 8 des Mietvertrages Minderungs- und Zurückbehaltungsrechte wirksam ausgeschlossen sind.

3.

Entgegen der Meinung der Beklagten liegen auch die Voraussetzungen von § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO vor, weil hier allein die Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend sind.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 6.881,49 €.



Ende der Entscheidung

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